Schulentscheidung

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2955
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Schulentscheidung

Beitrag von Rabaukenmama »

Danke an ALLE für Eure Anregungen. Ich bin dadurch schon um einiges weiter gekommen.

koschka & charlotte12: Ihr habt recht! Eine NMS ist eigentlich eine Hauptschule - und die Schule mit dem englischsprachigen Unterricht und dem Sprachenschwerpunkt ist eine NMS. Aufnahmekriterien gibt es keine (außer ein positives Abschlusszeugnis in der 4. Klasse Grundschule :P ), daher ist zu erwarten, dass ein Großteil der Kinder, die dort hingehen werden, die Aufnahmekriterien für ein Gymnasium nicht erfüllt. Was wiederum die Einwände von koschka und charlotte12 für mich glaubwürdig macht. Wie sollen durchschnittliche Schüler nach 4 Jahren einer Stunde pro Woche Grundschul-Englisch den Stoff aus Bio, Geschichte und Geografie in englisch verstehen, wenn er nicht stark vereinfacht wird? Danke fürs bewusst-machen :) !

Und natürlich ist auch der soziale Aspekt korrekt. Kinder aus schwierigen Verhältnissen werden eher eine NMS besuchen als ein Gymnasium. Natürlich ist mir klar, dass ich mit einem sozial-emotional deutlich beeinträchtigten Kind da keine großen Forderungen stellen darf. Aber ich denke doch, dass die allgemeine Motivation und auch der Einfluß der Lehrer an einem Gymnasium (zumindest in der Unterstufe) größer sind als an einer NMS. So gesehen spricht wieder alles fürs Autistengymnasium (ich nenne er der Einfachheit halber mal so, obwohl der Großteil der Kinder dort natürlich nicht autistisch ist).

@alibaba: Was die Leitbilder der Schulen betrifft kann ich Dir nur zu 100% recht geben. Ich richte mich auch nicht danach, sondern nach den persönlichen Erfahrungen, die ich im Austausch mit Eltern oder Fachleuten höre. Und da ist eindeutig das Autistengymnasium vorne. Ich kenne einen Asperger-Autisten, der dort hingeht, und seine Mutter, persönlich und beide sind sehr zufrieden. Unser KJP hat mehrere Kinder unter seinen Patienten, die dieses Gymnasium besuchen, und er hat bisher nur Gutes gehört. Und auch die Kinderpsychologin hat ein Kind unter ihrem Klientel, welches zufrieden dieses Gymnasium besucht.

Von der NMS mit sprachlichen Schwerpunkt kenne ich niemanden mit persönlichen Erfahrungen. Zwei andere Mütter haben mir aber auch zweiter Hand berichtet, jemanden zu kennen, dessen Kind dort hingeht, und wo alles passt. Aber das sind natürlich keine autistischen Kinder und auch nicht HB (wobei das vermutlich weniger Unterschied macht :P ).

Interessant finde ich ein Gymnasium in unserer Nähe, welches sich Diversität ganz groß auf die Fahnen heftet, die Wirklichkeit schaut aber anders aus. Ein Nachbarmädchen hat vor zwei Jahren auf diesem Gymnasium maturiert und ich habe mit ihr öfter darüber gesprochen, wie es in ihrer Klasse wirklich aussieht - auch aus Interesse wegen meinem jüngeren Sohn. Es war nämlich eine der Klassen, wo ausdrücklich Hörgeschädigte ERWÜNSCHT waren, aber de facto haben diese kaum Unterstützung bekommen. Für unser Nachbarmädchen war die Schule passend, denn sie ist das typische fleißige, sozial kompetente und perfekt angepasste Mädchen, das nie Schwierigkeiten macht. Trotzdem (oder gerade deshalb) ist ihr aufgefallen, wie sehr ihre hörgeschädigten Mitschüler im Regen stehen gelassen wurden.

Ich hatte auch Kontakt mit einer Mutter eines hochgradig schwerhörigen Siebzehnjährigen, der auf dieser Schule war, die hat mir diesen Unterschied zwischen Schein und Sein nur bestätigt. Und von unserem KJP weiß ich zumindest von einem Autisten, der auf derselben Schule massive Probleme mit Mitschülern UND Lehrern hatte. Und diese Schule hat ihrer Homepage gleich beim Einstieg auf der Homepage riesig die Parolen "Verständnis, Toleranz und gegenseitige Achtung" stehen :twisted: .

@sinus: Ja, ich habe vor, bei beiden Schulen den Tag der offenen Tür zu besuchen. Wobei man da natürlich nur einen kleinen Eindruck bekommt, aber besser ein kleiner Eindruck als gar keiner ;) . Mein Sohn hat beide Schulen noch nicht gesehen, ich habe aber vor, ihm beim Tag der offenen Tür mitzunehmen. In den letzten Tagen habe ich mehrmals versucht, mit ihm über den bevorstehenden Schulwechsel und die Möglichkeiten zu sprechen, er hat aber immer so getan, als ginge ihn das alles nichts an. Vermutlich verdrängt er den Schulwechsel noch, weil er vor Veränderungen generell Angst hat und sich gar nicht damit auseinandersetzen will :gruebel: .

Mein Sohn selbst würde ja gerne noch ein Jahr an der Grundschule bleiben. Das wäre theoretisch auch möglich (trotz Vorzugszeugnis, mit sozial-emotionalem Rückstand als Begründung), aber damit wäre die Sache nur ein Jahr verschoben. Denn ich bin mir sicher, dass seine Bereitschaft, sich auf was Neues einzulassen, in einem Jahr nicht größer sein wird als jetzt. Der Rückstand meines Sohnes ist so groß, dass er vermutlich auch in 3 Jahren nicht aufzuholen ist. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass seine Lernbereitschaft mit nahender Pupertät und einem weiteren "verbummelten" Jahr (denn darauf läuft es hinaus) größer wird :roll: .

Es gibt auch eine Hochbegabtenschule in Wien, die haben aber sehr strenge Aufnahmekriterien. Hier kann sich das Kind bewerben und trotzdem für eine andere Schule anmeldet. Pro Schuljahr werden die 48 Kinder ausgewählt, welche die besten Aufnahmetests schaffen. Ohne Hochbegabung keine Aufnahme und auch unter den HBs schaffen es nur die Besten. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass mein Sohn von den kognitiven Fähigkeiten her zu den besten zählen könnnte. Aber es scheitert (wie immer) am sozial-emotionalen Aspekt. Der Aufnahmetest dauert 4 Stunden und findet in Gruppen von 8-10 Kindern unter Aufsicht EINES Psychologen statt. Ganz ehrlich - ich kann mir bei meinem Sohn überhaupt nicht vorstellen, dass er 4 Stunden (wenn auch mit Pausen) in einem ihm unbekannten Raum mit lauter ihm fremden Kindern unter Aufsicht konzentriert arbeiten kann. Nach spätestens einer Stunde zuckt er dort aus, das brauchen wir nicht mal ausprobieren :schwitz: . Denn rückblickend ist es für ihn dann wieder ein Grund, sich selbst als Versager zu sehen :( .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Auguste
Dauergast
Beiträge: 287
Registriert: Do 4. Jul 2019, 22:34

Re: Schulentscheidung

Beitrag von Auguste »

@Rabaukenmama

Nach Allem, was Du bisher beschrieben hast, hört sich das "Autisten-Gymnasium" nach der besten Wahl an - auch wenn das Profil nicht "passt". Oft ist das "Drumherum" viel wichtiger als das Profil.

Unsere Erfahrung zum Thema Schulwechsel in die weiterführende Schule:
Wir hatten im letzten Jahr versucht, unseren Sohn in eine Begabtenklasse am Gymnasium zu bekommen. Zur Wahl standen hier im Umkreis 4 Gymnasien, die solche Begabten-Klassen haben.

In der engeren Wahl war bei uns anfänglich auch ein MIINT-Gymnasium, welches vom Profil her (Homepage) genau für unseren Sohn passen würde. Klang alles sehr toll (Förderung von Begabungen, Hilfe für Schwache, Toleranz...). Die Realität ist dann, dass die ganzen tollen "Förderungen" und Projekte aber nur den Schülern offen stehen, die gern im Rampenlicht stehen, an jedem nur erdenklichen Wettbewerb teilnehmen, sich dort entsprechend präsentieren und Preise abräumen.

Die große Masse der Schüler ist für die Lehrer und Schulleitung uninteressanter Ballast, der aber notwendig ist, weil die Schule sonst nicht existieren könnte. Kinder mit Defiziten werden hängen gelassen und gar nicht gefördert. Wenn man so etwas aus "erster Hand" erfährt, dann können die in ihr Profil schreiben was sie wollen. Für meinen Sohn kam diese Schule jedenfalls nicht mehr in Frage, nachdem wir einige Bekannte ausgequetscht hatten, deren Kinder auf dieser Schule waren. Die Kinder von den befragten Bekannten (darunter auch ein begabter Junge, der meinem sehr ähnlich ist), besuchen inzwischen alle andere Gymnasien - und haben die Probleme nicht mehr, die sie an dieser Schule hatten.

Wir haben dann gemeinsam mit dem Sohn ein Gymnasium ausgewählt, was einen anderen Ruf hat. Er hat es auf seinem Wunsch-Gymnasium zwar nicht in die Begabten-Klasse geschafft (Eignungstest versemmelt), aber er hat in zwei Jahren die Chance, in eine "normale" Klasse auf diesem Gymnasium zu kommen. Bis dahin darf die große Schwester das Wusch-Gymnasium schon mal "testen", weil sie in diesem Schuljahr dorthin gewechselt hat ("normale" Klasse). Vom Profil her "passt" die Schule eigentlich eher für den Sohn (Mathematisch/Naturwissenschaftliches Profil), aber dank neuem Direktor erweitern sie gerade ihr Angebot, um mehr Schüler anzusprechen. Im sprachlichen Bereich ist es noch etwas knapp - es fehlen die passenden Lehrer. Aber man gibt sich Mühe, alle Schüler zu erreichen und zu fördern- auch diejenigen, die Schwierigkeiten haben. Die Große ist bis jetzt (nach 7 Wochen) glücklich in der Schule und wir sind auch zufrieden (z.B. mit der Kommunikation zwischen Lehrern und Eltern).

Unser Fazit nach vielen Tagen der offenen Tür und etlichen Gesprächen ist: Sprich mit Leuten, die an der Wunsch-Schule Schüler sind oder waren. Sprich mit den Eltern der Kinder. Dann erfährst du auch, was hinter der Fassade geschieht. Das ist mehr wert als jedes Profil oder Versprechungen auf irgendeiner Webseite.

Gruß
Auguste
alibaba

Re: Schulentscheidung

Beitrag von alibaba »

-
Zuletzt geändert von alibaba am Do 31. Okt 2019, 15:40, insgesamt 1-mal geändert.
charlotte12
Dauergast
Beiträge: 518
Registriert: Sa 21. Mai 2016, 18:28

Re: Schulentscheidung

Beitrag von charlotte12 »

Auf der Homepage der Grundschule meiner Tochter steht etwas von Erkennen der Stärken und individuellem Eingehen auf den einzelnen Schüler. Gemerkt habe ich davon die ganze Zeit über von Schulleitungs-Seite nichts, im Gegenteil... Es hängt vom Engagement einzelner Lehrer ab, von der Passung Lehrer-Schüler, das macht die Wahl so schwierig. Aber eine Hauptschule würde ich für deinen Sohn nicht in Betracht ziehen, Rabaukenmama. Einfach, weil der Rest der Klasse dort garantiert kognitiv weniger anspruchsvollen Stoff braucht, das ist ja schließlich Sinn der Hauptschule. Und der Durchschnittlehrer wird sich im Unterrichtsniveau am Gros der Klasse orientieren.
Zuletzt geändert von charlotte12 am Mi 25. Sep 2019, 04:00, insgesamt 1-mal geändert.
Meine3
Dauergast
Beiträge: 1074
Registriert: Mo 11. Mär 2019, 10:55

Re: Schulentscheidung

Beitrag von Meine3 »

Hallo Rabaukenmama,

ich habe ja noch nicht viel Erfahrung mit Schule als Mutter. Aber die 1,5 Wochen Schule des Sohnes und mein schulischer Werdegang zeigen:

Es steht und fällt mit der Lehrkraft. Gehst du in eine Schule, in der Autisten grundsätzlich "unerwünscht" sind, sagt das schon einiges über den Rektor aus und die Grundstimmung in der Schule und dein Sohn wird dort nicht gut aufgenommen werden. Wie soll er sich unter diesen Umständen positiv entfalten? Ich sehe das nicht...

Ich würde mich auf jeden Fall für das Gymnasium entscheiden, das "autistenfreundlich" ist und dort vorab um ein persönliches Gespräch mit Rektor und, wenn es geht, der zukünftigen KL bitten.

Du hast ein "besonderes" Kind, da sollte das Personal verstehen, dass du eine andere Vorarbeit leisten musst als Mütter von "Stinos" (Stinknormalen ;) ).

Liebe Grüße,

Meine3
Zuletzt geändert von Meine3 am Di 24. Sep 2019, 11:01, insgesamt 1-mal geändert.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
alibaba

Re: Schulentscheidung

Beitrag von alibaba »

-
Zuletzt geändert von alibaba am Do 31. Okt 2019, 15:40, insgesamt 1-mal geändert.
alibaba

Re: Schulentscheidung

Beitrag von alibaba »

charlotte12 hat geschrieben: Aber eine Hauptschule würde ich für deinen Sohn nicht in Betracht ziehen, Rabaukenmama. Einfach, weil der Rest der Klasse dort garantiert kognitiv weniger anspruchsvollen Stoff braucht, das ist ja schließlich Sinn der Hauptschule.
Wie ist das denn in Österreich? Wie in Deutschland?

Wobei ich mal eine Lanze für die Hauptschulen brechen muss. Ich kenne dort Lehrer und so manches Konzept und Engagement ist wesentlich besser als bei einem Gymnasium. Denn Differenzierung ist an einer Hauptschule, mit vielen interessanten Schülern, viel stärker verankert als eben an einem Gymnasium, wo still sitzen, mitarbeiten, selber nachdenken, nicht erklären - hinwerfen von Unterrichtsstoff oder voraussetzen das zuhause gelernt wird, quasi erwartet und vorausgesetzt wird. Das ein Gymnasium "besser" ist, möchte ich so nicht unterschreiben wollen. Natürlich würde ich in Deutschland meine Kinder mit einer Gymnasialempfehlung auch an ein Gymnasium geben, aber bei @rabaukenmama gibt es ja eine Dinge die zusätzlich zu beachten sind. Ja, an einem Gymnasium ist das Ziel die Hochschulreife. Das hat natürlich ganz andere Voraussetzungen als eine Hauptschule, die ja gar nicht dafür konzipiert ist. Und dennoch ist natürlich immer der Weg das Ziel. Und die führen individuell dahin.
alibaba

Re: Schulentscheidung

Beitrag von alibaba »

-
Zuletzt geändert von alibaba am Do 31. Okt 2019, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.
alibaba

Re: Schulentscheidung

Beitrag von alibaba »

-
Zuletzt geändert von alibaba am Do 31. Okt 2019, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.
alibaba

Re: Schulentscheidung

Beitrag von alibaba »

-
Zuletzt geändert von alibaba am Do 31. Okt 2019, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.
Antworten