Hallo sinus, Hallo Katze,
ich bin nah beim Kind. Das stimmt. Auch oft zu nah, oft fehlt die nötige Distanz klar zu sehen. Ich hatte in der Schule auch soziale Probleme, ganz anders gelagert, aber ich fühle sehr mit ihm. Ich weiß, was es heißt ausgegrenzt zu werden und das Gefühl zu haben nicht dazu zu gehören.
Aber ich mache auch klare Ansagen. Grade meinem Sohn gegenüber. Wir hatten letztens Knatsch bei den Hausaufgaben. Er hatte keine Lust mehr. Ich sagte ihm er müsse jetzt die Popobacken zusammenkneifen und sich zusammenreißen und sie einfach schnell fertig machen. Ich erinnerte ihn daran, dass er derjenige war, der springen wollte und dass ich ihm von Anfang an klar gesagt habe, dass das die erste Zeit sehr anstrengend wird und das JETZT diese Zeit gekommen ist, die sehr anstrengend ist. Dass er sich gut überlegen soll, ob er wirklich die Langeweile in der 2. Klasse ertragen könnte, jeden Tag stundenlang. Oder ob er jetzt da durch will für ein paar Wochen, Monate und dann stolz ist, dass er es geschafft hat. Sowohl mit dem vielen Schreiben als auch mit den Mitschülern. Ich sagte ihm, dass er sich gut überlegen soll, was er will. Er kann nicht ständig seine Meinung ändern und müsse auch mal etwas beenden, etwas investieren, um ein Ziel zu erreichen. Es wäre seine Entscheidung. Wenn er aber zurückgeht, dann aber für IMMER. Dann gibt es keine Versuche mehr mit anderen Schulen oder Klassensprüngen oder ähnlichem. Dass das die letzte Möglichkeit ist, was daran zu ändern, dass ihm die Schule zu langweilig ist. Er seufzte, sagte "na gut..." und machte dann den Rest der Aufgaben in einem Rutsch fertig. Seitdem haben wir bei den Hausaufgaben keine Probleme mehr.
Ebenso haben wir auch schon oft große WAnderungen mit den Kindern zusammen unternommen
, wo man sie durch motivieren und auch mal hart bleiben dazu gebracht hat am Ende ein Ziel zu erreichen und dann sehr stolz zu sein. Es ist nicht so, dass ich jedem Gefühlchen gleich nachgebe, auch wenn das vielleicht so wirkt. Ich beziehe die Gefühle und Bedürfnisse meiner Kinder aber IMMER mit ein und ich bin schon auch bedürfnisorientiert, grundsätzlich.
Ich denke eher, dass es von vorn herein ein Fehler war, seinem Wunsch mit dem Sprung zu entsprechen. HIER hätte ich auf meine Intuition als Mutter hören sollen. Denn sozial gesehen war alles besser geworden, es kam endlich mal Ruhe rein. Nach über einem Jahr Anspannung und Stress. Es war richtig entspannt gegen Ende des Schuljahres. BIS zu dem Zeitpunkt als der Klassensprung zur Sprache kam, dann wurde es schlagartig wieder SEHR schwierig, vor allem sozial, auch zu Hause.
Wie ihr gewisse noch wisst: ich war nicht begeistert von dieser Idee mit dem Klassensprung. Ich hatte Bauchweh, dass er diese Umstellung emotional nicht packt und deswegen auch Sorge wegen dem Stoff. Das mit dem Stoff schien unbegründet, ich hatte die Befürchtung, dass ihn diese große soziale Veränderung auch kognitiv "hemmt". Ich denke, das tut es auch. Er könnte weit besser agieren, wenn er sozial nicht so überfordert wäre grade. Fakt ist, dass ich zu diesem Zeitpunkt zu nahe am Kind war (!), die falsche Entscheidung getroffen habe, weil sowohl Lehrerin als auch der Sohn so überzeugt schienen, dass das eine gute Idee ist. Ich war es NICHT.
Und jetzt? Jetzt sehe ich, dass mein Kind sozial vereinsamt. Der Kontakt zu seinem besten Freund besteht noch. Aber wie lang? Dieser wird sich durch den Alltag auch neu orientieren. Sie sehen sich 3 mal in der Woche morgens vor der Schule und laufen zusammen. Sie treffen sich einmal in der Woche. Aber das reicht nicht! Kinder brauchen mehr Kontakt zu Gleichaltrigen und damit meine ich wohlwollenden, guttuenden Kontakt. Keiner, der einem unentwegt das Gefühl gibt anders zu sein.
Gestern meinte mein Sohn:" Mama, ich verstehe das garnicht. Ich habe doch garnichts getan. Ich bin halt anders, sonst nichts" Das tut schon weh.
Ich erkläre ihm, was die Kinder stören könnte, warum es für die Kinder schwer ist ihn zu akzeptieren und sage ihm, dass es nicht seine Schuld ist, dass er "anders" ist, dass er gut so ist. ICh sage ihm auch, was nicht gut ist (angeben, reinrufen, schubsen). Das versteht er ebenso. Er versteht das kopfmäßig alles, aber er ist ein noch 7jähriges Kind und er ist verletzt. Er sagte mir gestern auch, dass er schon am 2. Tag bemerkt hat, dass der Sitznachbar ihn nicht so mag. Ich dachte er schnallt das nicht! Aber das ist garnicht so. Er hat es nur nicht erzählt, weil er mal wieder tapfer sein wollte und nicht "jammern"/petzen wollte. Er ist ein Mensch, der alles am liebsten mit sich ausmacht (so zwisschenmenschliche Probleme), die Dinge gern selbst regelt und in den Griff bekommt und ich merke immer mehr, dass ich ihm HIER helfen muss und erklären muss, dass man in Situationen wie einem Schulwechsel (der ist ja aus ganz ähnlichen Gründen gescheitert!) oder einem Klassensprung Hilfe braucht und auch fordern darf und dann annehmen muss.
Ich befürchte sozial betrachtet ist das Kind in den Brunnen gefallen. Die Kinder in seiner Klasse haben kein Interesse daran ihn näher kennen zu lernen. Sogar das Kind, das auch neu ist und anfangs neben dem Sitznachbar ein potenzieller neuer Freund hätte werden können, grenzt ihn nun aktiv aus. MEin Sohn meint:" Der will glaube ich zu den "Coolen" gehören. Deswegen macht er das." Endlich fängt mein Sohn an über so Dinge zu reden. Aber nicht von sich aus. Ich muss viel fragen.Jetzt denke ich, er versteht so viel, insbesondere zwischenmenschliches, aber er gibt es nicht preis und oft scheitert er im Alltag, weil er versucht alles alleine hinzubekommen. Ich dachte mein Sohn hat vielleicht Asperger, aber im Grunde versteht er die menschlichen Gefühlsregungen und Reaktionen und das Verhalten von anderen viel zu gut...
Wo er definitiv Probleme hat sind eben Impulskontrolle und Selbstregulation. Diese Probleme hat er seit er 5 ist sehr auffallend und durchgehend. Egal ob gute oder schlechte Phase. Esl ist mal mehr mal weniger auffällig, aber immer da. Das mit der sozialen Interaktion hängt EXTREM von den Umständen ab. In der Freizeit und zu Hause sind soziale Interaktionen problemlos. Er findet schnell Anschluss, egal wo wir hingehen, auch dauerhaft entstehen außerschulisch Kontakte mit Kindern, die er kennen lernt. In der Schule klappt es nicht, zumindest nicht in der neuen Klasse.
Gestern hatte mein Sohn 1 Chip, keine Strafarbeit. Gelobt wurde er nicht und seine Laune war unterirdisch nach der Schule. Er war sehr gereizt gegenüber seiner kleinen Schwester, da hat er den ganzen Frust abgeladen. Es ist teilweise auch eskaliert (sie hat ihn ausversehen mit einem Spielzeug gehauen, er hat sie direkt geschüttelt, anstatt, wie sonst erstmal zu sagen, dass das weh getan und sie das lassen soll). Der Sprung tut ihm nicht gut. Wenn die Lehrerin nicht mit dem Sohn an einem Strang zieht und bald versucht zu vermitteln, sehe ich hier keinerlei Chance, dass der Sprung dauerhaft gelingt.
Es ist ein echtes hin und her. Wir können grade keine klaren Ansagen machen, weil mein Mann und ich einfach beides sehen: Kognitiv ist er jetzt endlich mal ausgelastet. Sozial geht er total vor die Hunde. Und an einem Tag denken wir, das soziale könnte man in den Griff bekommen, am nächsten scheint es hoffnungslos. Aber die Tendenz geht zu hoffnungslos. Ich habe meinem Sohn gestern sein FReundebuch gegeben und gesagt, er soll es mit in die Schule nehmen und jemandem in der Klasse geben, den er mag. Er meinte:" bringt ja nichts, wenn SIE mich nicht mögen..." Er war sonst immer sehr selbstbewusst und hatte keine Angst auf andere zuzugehen. Jetzt zieht er sich immer mehr zurück.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.