Hochbegabung und LRS

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@Karen

Mein Großer hatte in Alter von Meiner3 ihrem Sohn im Konzentrationstest den T-Wert von 40, was wenn ich richtig verstehe PR 16 entspricht. Das Gehirn reift, und diesen Prozess kann man vermuttlich significant beeinflussen.
Meine3
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Meine3 »

Karen hat geschrieben:Katze - ist der Unterschied zwischen einem hibbeligem unkonzentriertem Kind und einem Kind mit ADHS nicht genau das, das erstes Konzentration steigern kann durch trainieren, und ein Kind mit ADHS das gar nicht kann?
Meine3 - es gibt sehr viel Unterschiedliche Verhaltenstherapien - manche sind sehr stark beziehungsorientiert - die andere ähneln eher Hundetraining mit Belohnungen und Bestrafungen. Weiss du schon wie es bei euch aussehen wird? Ich habe hier ein Kind mit ADHS in Freundekreis dass erst das Zweite Typ von Verhaltenstherapie erlebt hat und wurde dadurch fast traumatisiert. Dann haben sie eine andere Form gefunden und es passte perfekt.

Danke Karen. Ja, ich denke das genau ist der Unterschied zwischen Kindern mit ADHS und Kindern, die einfach so unkonzentriert sind (weil zu langweilig, zu eintönig, weil zu klug, zu überreizt, was auch immer). Wir machen schon vieles, sehr vieles, sehr viel mehr als alle Eltern die wir im Umkreis haben, in Richtung Förderung des Durchhaltevermögens, regulieren, erklären, konsequent sein. Es bringt fast null. Leider.

Die Verhaltenstherapie ist bislang so aufgebaut, dass die KJP mit dem Sohn spricht und mit ihm zusammen Dinge erarbeitet, die ihm helfen können, sich besser zu konzentrieren. Beispiel, soll er "KLICK" denken, wenn er sich beim Homeschooling wieder vom schreiben ablenkt, und dieses KLICK soll verknüpft sein mit Dingen, die ihn selbst motivieren, zu schreiben und am Ball zu bleiben (nämlich dass er auf seiner Schule bleiben möchte und nicht wechseln will, dass er aufs Gymnasium möchte, etc.). Diese Dinge haben sie zusammen erarbeitet. Das "Klick" hängt als Zettel auch über seinem Schreibtisch. Es gibt keine Bestrafungen oder Belohnungen. Es erinnert mich dennoch irgendwie an Hundetraining :?.

WIR als Eltern haben ein Chipsystem eingeführt, dass wie eine Art Hundetraining funktioniert, allerdings ohne Bestrafung. Ich mag sowas trotzdem gar nicht, mein Mann auch nicht, aber was tut man nicht alles aus Verzweiflung. ABER das alles passiert in Absprache mit dem Sohn und der Sohn sagt auch, dass es ihm hilft... Würde er sagen: ich will dieses bescheuerte System nicht, ich will die Therapie nicht, dann würde es auch nicht funktionieren, denn er ist schlau genug, den Sinn dahinter zu verstehen und vor allem kann er eben unheimlich resistent sein, wenn er etwas nicht will.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Meine3
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Meine3 »

Katze_keine_Ahnung hat geschrieben:@Karen

Mein Großer hatte in Alter von Meiner3 ihrem Sohn im Konzentrationstest den T-Wert von 40, was wenn ich richtig verstehe PR 16 entspricht. Das Gehirn reift, und diesen Prozess kann man vermuttlich significant beeinflussen.

ADHS wird, zumindest nach außen, mit der Pupertät in einigen Bereichen weniger oder milder, WEIL das Gehirn nachreift und ADHS vielen Studien zufolge dadurch verursacht wird, dass eben bestimmte Areale im Gehirn "unreif", bzw. nicht altersgemäß ausgereift sind. Wenn dein Sohn jetzt im Jugendalter also viele seiner Probleme, die er früher hatte, nicht mehr hat, dann liegt das vermutlich nicht am Geige spielen, sondern daran, dass er schlicht älter ist. Und vermutlich hat er ADHS oder ADS oder eben eine isolierte Konzentrationsschwäche, wenn die Konzentrationswerte so im Keller war als Kind.

Stand jetzt, mit den Erfahrungen die ICH mit meinem Sohn gemacht habe und dem Wissen, was wir alles bereits versucht haben, wie viel und oft wir uns den Mund fusselig geredet haben, wie konsequent wir in vielen Dingen sind, mit den Erfahrungen, die sich quasi decken, von anderen Eltern betroffener Kinder, helfen jegliche Erziehungsmaßnahmen eben herzlich wenig. ADHS ist KEIN Erziehungsfehler. Und kann auch nicht durch eine andere, "richtige" Erziehung geheilt werden. Der "richtige" Umgang mit betroffenen Kindern kann lediglich bewirken, dass das Kind besser zurecht kommt, als wenn zusätzlich auch noch die Erziehung völlig inkonsequent ist, aber signifikant beeinflussen, das halte ich für unrealistisch.

Genau diese Diskussionen mit anderen Eltern, die meinen, wir als Eltern müssten lediglich in der Erziehung etwas ändern, sind sehr frustrierend.

Die KJP hat mir zurück gemeldet, dass wir sehr viel richtig machen und nichts signifikant falsch. DENNOCH ist mein Sohn nach außen hin ein mißratenes, "unerzogenes" Kind. Er schmeißt nicht mit Schimpfwörtern um sich, er ist nicht grundlos aggressiv oder unverschämt. ER ist das Gegenteil von hinterhältig und überhaupt nicht boshaft.

Aber er ist oft distanzlos und hat eben wirklich ein großes Problem mit seiner Impulsivität. Er handelt grundsätzlich bevor er über die Folgen nachdenkt. DAS ist SEIN Hauptproblem. DAZU ist er noch konzentrationsschwach und DAZU ist er noch motorisch extrem unruhig. Und zu alle dem kommt noch, dass er oft einfach die Gefühle und Bedürfnisse anderer nicht (rechtzeitig) erkennt oder sie falsch einordnet. Wie gesagt: obwohl er auf die meisten erst einmal wie ein fröhliches, offenes und charmantes Kind wirkt, kann sich das nach 10 Minuten mit ihm ganz schnell ändern, einfach weil er sich nicht im Griff hat.

Umd zum Thema Geige spielen: er hat so viel Potenzial in so vielen Bereichen herausragend zu sein. Das klingt eingebildet, aber es ist so. ABER er kann es nicht nutzen. Durch diese hohe Ablenkbarkeit hat er eben auch NULL Durchhaltevermögen. Allein das Flöte spielen ein paar Mal die Woche ist immer mit sehr viel Überredung und Motivation verbunden. Ich bleibe da hartnäckig, weil ich eben wie du denke, dass ihm das sehr zu Gute kommt und einen positiven Effekt auf vieles hat. Aber Berge versetzen kann man mit solchen Maßnahmen bei meinem Sohn leider nicht.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Rabaukenmama
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Rabaukenmama »

Meine3 hat geschrieben:
Katze_keine_Ahnung hat geschrieben:@Karen

Mein Großer hatte in Alter von Meiner3 ihrem Sohn im Konzentrationstest den T-Wert von 40, was wenn ich richtig verstehe PR 16 entspricht. Das Gehirn reift, und diesen Prozess kann man vermuttlich significant beeinflussen.

ADHS wird, zumindest nach außen, mit der Pupertät in einigen Bereichen weniger oder milder, WEIL das Gehirn nachreift und ADHS vielen Studien zufolge dadurch verursacht wird, dass eben bestimmte Areale im Gehirn "unreif", bzw. nicht altersgemäß ausgereift sind. Wenn dein Sohn jetzt im Jugendalter also viele seiner Probleme, die er früher hatte, nicht mehr hat, dann liegt das vermutlich nicht am Geige spielen, sondern daran, dass er schlicht älter ist. Und vermutlich hat er ADHS oder ADS oder eben eine isolierte Konzentrationsschwäche, wenn die Konzentrationswerte so im Keller war als Kind.

Stand jetzt, mit den Erfahrungen die ICH mit meinem Sohn gemacht habe und dem Wissen, was wir alles bereits versucht haben, wie viel und oft wir uns den Mund fusselig geredet haben, wie konsequent wir in vielen Dingen sind, mit den Erfahrungen, die sich quasi decken, von anderen Eltern betroffener Kinder, helfen jegliche Erziehungsmaßnahmen eben herzlich wenig. ADHS ist KEIN Erziehungsfehler. Und kann auch nicht durch eine andere, "richtige" Erziehung geheilt werden. Der "richtige" Umgang mit betroffenen Kindern kann lediglich bewirken, dass das Kind besser zurecht kommt, als wenn zusätzlich auch noch die Erziehung völlig inkonsequent ist, aber signifikant beeinflussen, das halte ich für unrealistisch.

Genau diese Diskussionen mit anderen Eltern, die meinen, wir als Eltern müssten lediglich in der Erziehung etwas ändern, sind sehr frustrierend.

Die KJP hat mir zurück gemeldet, dass wir sehr viel richtig machen und nichts signifikant falsch. DENNOCH ist mein Sohn nach außen hin ein mißratenes, "unerzogenes" Kind. Er schmeißt nicht mit Schimpfwörtern um sich, er ist nicht grundlos aggressiv oder unverschämt. ER ist das Gegenteil von hinterhältig und überhaupt nicht boshaft.

Aber er ist oft distanzlos und hat eben wirklich ein großes Problem mit seiner Impulsivität. Er handelt grundsätzlich bevor er über die Folgen nachdenkt. DAS ist SEIN Hauptproblem. DAZU ist er noch konzentrationsschwach und DAZU ist er noch motorisch extrem unruhig. Und zu alle dem kommt noch, dass er oft einfach die Gefühle und Bedürfnisse anderer nicht (rechtzeitig) erkennt oder sie falsch einordnet. Wie gesagt: obwohl er auf die meisten erst einmal wie ein fröhliches, offenes und charmantes Kind wirkt, kann sich das nach 10 Minuten mit ihm ganz schnell ändern, einfach weil er sich nicht im Griff hat.

Umd zum Thema Geige spielen: er hat so viel Potenzial in so vielen Bereichen herausragend zu sein. Das klingt eingebildet, aber es ist so. ABER er kann es nicht nutzen. Durch diese hohe Ablenkbarkeit hat er eben auch NULL Durchhaltevermögen. Allein das Flöte spielen ein paar Mal die Woche ist immer mit sehr viel Überredung und Motivation verbunden. Ich bleibe da hartnäckig, weil ich eben wie du denke, dass ihm das sehr zu Gute kommt und einen positiven Effekt auf vieles hat. Aber Berge versetzen kann man mit solchen Maßnahmen bei meinem Sohn leider nicht.
Meine3, du sprichst mir mit jedem einzelnen Wort total aus der Seele. Mittlerweile hasse ich das Wort "konsequent" (vor allem, wenn es aus den Mund von ahnungslosen Lehrern oder Eltern kommt :twisted: ), weil ich mir zu 100% sicher bin, dass die Schwierigkeiten unseres Sohnes NICHT durch noch so konsequentes Verhalten (von uns als Eltern) besser werden. Mein Sohn hat ja exakt dieselben Probleme wie dein Sohn und leider zeigt sich immer mehr, dass mit zunehmenden Alter das Verständnis von Außenstehenden eher weniger als mehr wird :( .

Ich selbst hat auch im erst Teenager- und jungen Erwachsenenalter gelernt, meine Impulse zu kontrollieren und meine Frustrationsschwelle gaaaaaanz langsam zu erhöhen. Dabei habe ich "nur" ADHS und nicht noch zusätzlich Autismus, wie mein Sohn. Das ist eigentlich der Haupt-Unterschied zwischen mir früher und meinem Sohn heute. Ich habe schon als Kind die Gefühle und Bedürfnisse meiner Mitmenschen wirklich DEUTLICH besser erkannt und korrekter eingeordnet. Das sehe ich heue auch als Hauptschwierigkeit, die bei meinem Sohn durch den Autismus ausgelöst ist. Ansonsten sind es bei ihm exakt dies selben Baustellen, wie sie es bei mir waren: Emotionskontrolle, Frusttoleranz, Durchhaltevermögen und das alles in Kombi mit deutlich überdurchschnittlichen kognitiven Fähigkeiten.

Da ich nie Geige gespielt habe und das Gitarre-spielen mit 12 aufgehört habe (nachdem mein geliebter, alter Gitarre-Professor verstorben war) kann ich bei mir selbst defintiv sagen, dass mir der Knopf nicht durch das Üben eines Instrumentes aufgegangen ist. Aber aufgegangen ist er mir sehr wohl noch. Daher bin ich auch zuversichtlich, dass es mein Sohn auch noch schaffen wird (und deiner auch, Meine3 ;) )!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

ich glaube nicht, dass die von anderen Eltern unterstellte Unkonsequenz die Probleme verursacht. Neben der genetischen Vorlage, die das Kind mitbringt, spielt die Umgebung eine große Rolle. Mein autistischer Neffe hat auch lange versucht sich den anderen Menschen zuzuwenden, bis er in dem Kindergarten durch unqualifiziertes Personal zum agressiven Verhalten gebracht worden. Auch mein Großer war in seinen jungen Jahren diesbezüglich ziemlich gefährdert. Aber er hatte immer Glück mit Lehrern, so blieb er offen, kooperativ und motiviert. Das hätte auch anders laufen können.

Der Kleine hat jetzt ein großes Pech mit der Lehrerin, und ich sehe wie er durch ihre Inkomepetenz leidet. Alleine ihre Forderung, er solle sich besser konzentrieren, hat ihn an Rand der Vezweifelung gebracht. Er ist ein eineser Schüler, der eher selten stört. Er hat Lob erwartet. Stattdessen wurde an seinem Schriftbild gemekert und seinen Flüchtigkeitsfehler. Seine absolut herausragende Leistung in Mathe wurde nur flüchtig am Rande erwähnt. Auf dieser Wiese durchgeführte Lerngespärch verursachte einen erheblichen Motivationsabfall. Er hat der Lehrerin gleich gesagt, er will gar nicht dass Lockdown endet, er lernt lieber zuhause.
Rabaukenmama
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Rabaukenmama »

@Katze: Es ging mir (auch) um deine Aussage, die Konzentration von Kindern könne man signifikant steigern. Diese Aussage ist nicht komplett falsch, weil sie auf neurotypische Kinder weitgehend zutrifft. Aber bei nerotypischen Kindern lässt sich auch die körperliche Fitness durch Training nachweislich steigern, während das bei körperlich schwer eingeschränkten Kindern nur mit viel mehr Mühe und trotzdem in deutlich geringerem Erfolg möglich ist.

Unfähige Lehrpersonen schaden beiden - neurotypischen und besonderen Kindern. Nur können sich NT-Kinder auch von anderen Personen (mit zunehmenden Alter von Freunden) Bestätigung und Motivation holen. Bei Kinder mit einer Einschränkung, welche soziale Kontakte deutlich erschwert, ist das kaum möglich. Hier liegt die Hauptlast des Ausgleichs fast ausschließlich bei den Eltern, was a la long sehr anstrengend ist. Ich weiß da leider, wovon ich spreche.

Darum will ich so Aussagen wie "Die Konzentration lässt sich signifikant steigern." nicht unkommentiert so stehen lassen.
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Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@Rabaukenmama

genauso wie bei der körperlichen Einschränkung ist das auch bei Kindern mit der Konzentrationsschwäche. Man kann mit viel Mühe eine Konzentrationsverbesserung erreichen. Die wird nicht genauso gut sein, wie bei nicht beieinträchtigen Kindern, jedoch significant besser. Für meinen Großen, der für die Schule trotz der Akzeleration nicht anstrengen musste, war eine forderndere Beschäftigung bitter nötig. Selbst mit 12 war er der Meinung, dass er sich zum Klavier setzt, und im ersten Lernjahr die Stücke vom Blattspiel, die sonst 2-3 Jahre Arbeit gefordert hätten. Er war fest überzeugt, er sei zu dumm, wenn er das nicht sofort kann. Genauso ging es im mit Lateinvokabeln in der 8. Klasse: "Ich habe sie mir schon zwei mal angeguckt, und ich kann sie immer noch nicht! Wutanfall an der Stelle.
Rabaukenmama
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Rabaukenmama »

Katze_keine_Ahnung hat geschrieben:@Rabaukenmama

genauso wie bei der körperlichen Einschränkung ist das auch bei Kindern mit der Konzentrationsschwäche. Man kann mit viel Mühe eine Konzentrationsverbesserung erreichen. Die wird nicht genauso gut sein, wie bei nicht beieinträchtigen Kindern, jedoch significant besser. Für meinen Großen, der für die Schule trotz der Akzeleration nicht anstrengen musste, war eine forderndere Beschäftigung bitter nötig. Selbst mit 12 war er der Meinung, dass er sich zum Klavier setzt, und im ersten Lernjahr die Stücke vom Blattspiel, die sonst 2-3 Jahre Arbeit gefordert hätten. Er war fest überzeugt, er sei zu dumm, wenn er das nicht sofort kann. Genauso ging es im mit Lateinvokabeln in der 8. Klasse: "Ich habe sie mir schon zwei mal angeguckt, und ich kann sie immer noch nicht! Wutanfall an der Stelle.
Du vergisst dabei, dass gerade von den Leuten, die sich hier tummeln, ohnehin schon sehr viel gemacht wird.Da ist kaum mehr Luft „nach oben“. Ich bin mir z.B. sicher, dass ein überwiegender Großteil der NT–Kinder in dem Alter bisher nicht annähernd die Zuwendung und individuelle Förderung erhalten hat, wie meine Jungs sie seit Jahren bekommen.

Bei NT–Kindern ist das auch nicht notwendig, weil sie einerseits DIESE Art von Problemen seltener haben, und wenn doch lässt sich mit verhältnismäßig wenig Aufwand an der richtigen Stelle schnell eine deutliche Besserung erzielen. So, wie wenn ein Kind mit Mathe–Schwierigkeiten einen guten Nachhilfelehrer bekommt.

Ich wüsste wirklich SEHR gern, mit welcher Art von „Mühe“ ein ADHS–ASS–Kind, welches (seit Jahren) individuelle Psychotherapie und Neurofeedback in Anspruch nimmt, und wo in enger Zusammenarbeit mit einem guten KJP auch schon verschiedene Medikationen ausprobiert wurden, noch signifikante Besserung in Sachen Emotionskontrolle, Frusttoleranz, Konzentration und Motivation zu erreichen ist. Wenn du es weißt, dann verrate es mir bitte!
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Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Ich versuche es noch mal zu erklären. Mir geht es nicht um Therapien und Zuwendung der Eltern. Ich will nicht sagen, man macht zu wenig, daher ist das Kind verhaltensauffällig. Meine Theorie ist, dass eine sehr intensive Beschäftigung in einem anspruchsvollen Bereich bei hoher Eigenmotivation des Kindes einem kognitiv sehr begabten, aber in einigen Bereichen wesentlich beeinträchtigtem Kind hift sich weiter zu entwickeln. Für meinen Großen war es Musik. Surfen und Segeln wäre auch gegangen, aber haben uns nicht dafür entschieden, deswegen ans Meer zu ziehen. Andere Kinder haben andere Schwerpunkte und Interessen. Intensive Beschäftigung ist in meiner Vorstellung kumulative Anhäufung von mehreren Tausend Stunden über viele Jahre. Ich glaube, dass auch die bekannten Autisten wie Temple Grandin oder Daniel Tammet durch diesen Weg ihr Leben mitgestaltet haben.
Rabaukenmama
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Rabaukenmama »

Temple Grandin und Daniel Temmet sind "reinrassige " Autisten. Bei ihnen fällt die ADHS-Problematik völlig weg.

Auch mein jüngerer Sohn ist (abgesehen von seiner Gehörlosigkeit) ein "reinrassiger" Autist. Er ist zu einer intensiven Beschäftugung in einem anspruchsvollen Bereich bei hoher Eigrnmotivation durchaus in der Lage. Sein älterer Bruder ist das - trotz kognitiver Fitness - leider nur bedingt. Die Konzntrationsspanne macht ihm da einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Die niedrige Frustrationschwelle vehindert das "duchbeissen" wenn es mal nicht ganz einfach ist. Das hat nichts mit dem Autismus zu tun, sondern kommt von der ADHS-Seite. Kenne ich übrigens sehr gut von mir selbst.

Ich habe übrigens nie behauptet, dass es nichts gibt, was einem ADHS-ASS- Kind hilft, sich weiter zu entwickeln. Es geht mir um die Aussage von dir, dass man den Prozess der "Nachreifung des Gehirns" signifikant beeinflussen kann. Blöderweise ist die Erwartungshaltung der Schule, die Nachreifung des Gehirns meines Sohnes so zu beeinflussen, dass er "herdenkonform" funktioniert, sich brav runterschraubt, wenn er was weiß, aber nicht mit der Antwort rausplatzt, keine unplanmässige Phantasie in den Schulalltag einzubringt und trotzdem hochkonzentriert mitarbeitet. Dabei sind die Voraussetzungen, unter denen er dieses Kunststück vollbringen soll, so überhaupt nicht an seine bekannten, offen kommuniziertrn Störungen angepasst. Das wird gerechtfertigt mit "Wir sind ja ein Gymnasium!" - so, als würde die Schulform an sich jede Differenzierung ausschließen.

Bei meinem Sohn funktioniert das "mit einem Ohr zuhören" während man sich sonst wegträumt, genauso wenig, wie es seinerzeit bei mir funktioniert hat. Mit viel Mühe und Training schafft er bei guter Motivation gerade mal 20min an Aufmerksamkeit für ein ihm großteils bekanntes Thema, dann ist er entweder im Kopf ganz woanders oder er stört frustriert den Unterricht, wenn Aufmerksamkeit und "Mitarbeit" eingefordert werden.

Wie gut sich mein Sohn derweil in anderen Bereichen entwickelt ist der Schule egal...
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