Hochbegabung und LRS

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Rabaukenmama
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Rabaukenmama »

nosupermum hat geschrieben:Es ist aber nicht nur von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, sondern auch innerhalb einer Gemeinde? Ja sogar Schule. Meine Tochter hat nun bis Ostern 2 Wochen Schule. Eine Woche Präsenz und dann wieder zuhause.

Es gibt und gab noch nie Onlineunterrichtsstunden. Kinder aus anderen Klassen der selben Schule haben ihn bei Einführung neuer Themen. Aber man kann auch einfach keine neuen Themen machen. An anderen Schulen wird 1x am Tag eine Onlinestunde für Rückfragen gemacht, bei anderen 3 Stunden am Tag mit einer Selbstlernzeit zwischen den Videocalls.

Das finde ich nicht nur chaotisch sondern auch eine Bildungsungerechtigkeit.

Davon abgesehen werden nur die Hauptfächer unterrichtet, d.h. Fremdsprache aber nicht. In anderen Bundesländern alle Fächer. Kann man auch unnötig finden. Aber problematisch finde ich es, wenn die Kinder nun ins Nachbarbundesland auf die weiterführende Schule wechseln. Wo setzen die beim Wissensstand an?
Mein Sohn war ja zu Beginn des 1. Lockdowns 4. Klasse Grundschule. Da konnte man sich ein paar Zettel holen um diese zu Hause auszufülllen, und dann wieder in der Schule abgeben. Praktisch ein ganzes Semester lief das so. Neues gelernt hat da niemand, die Lehrerinnen waren schon froh, wenn die Kinder nicht alles vergessen haben.

Jetzt ist mein Sohn 1. Klasse Gymnasium. Neues lernt er dort auch nicht. Wissensstand? Individuell noch verschiedener als vor Corona! Manche Kinder schreiben Aufsätze wie Literaturnobelpreisträger, andere haben Probleme mit flüssigem lesen.

In der Grundschule war Mathe sein Lieblingsfach, jetzt ist es das Fach, was er am wenigsten mag. Begründung: "Wir machen seit einem Jahr immer dasselbe: Multiplikation von mehrstelligen Zahlen. Das einzige, was jetzt anders ist: wir muliplizieren jetzt auch Zahlen mit Kommastellen." Diese Aussage zeigt sehr deutlich wo bei klugen Kindern das Hauptproblem liegt. Es ist nun mal schwer, sich immer wieder zu was zu motivieren, was man schon längst kann. Daher braucht er, wenn er 10 Beispiele rechnen muss, auch beim letzten Beispiel länger als bei den 9 vorherigen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@Rabaukenmama

jetzt stell dir vor, dass an unserer Grundschule neuer Stoff ganz normal durchgepaukt wird. Lockdown hin oder her. Der Lehrer muss durch, wer wie viel davon mitnimmt, ist ihm egal. Meine Tochter, die locker den Sprachteil von HAWIK gedeckelt hat, hatte bei der gleichen Lehrerin für die erste Leseprobe in der 3. Klasse eine 5. Der Kleine hat zwar keine 5, aber inhaltlich haben sich die Ansprüche der Lehrerin nicht verändert. Sie wären sogar super für ein HB-Kind, wenn die Lehrerin, bevor sie was abverlangt, inahlte auch vermitteln würde. Die HSU Lehrerin kommt dazu, und unterrichtet auf dem Niveau der Abstraktion für die 6. Klasse des Gymnasiums. Man solle z.B. beim Thema Fahrrad die Entwicklung des Rades chronologisch verfolgen, die Eckdaten kennen und die Verbesserung der Funktionen technisch begründen und erklären können. Im Englisch wird sofort die richtige Rechtschreibung abverlangt, und die Tests bewertet, obwohl es in Bayern explizit ein Fach ist, das nicht bewertet werden darf. Es gibt ein halbes Dutzend Kinder in der Klasse, die das mitmachen können, der Rest paukt auswendig.
nosupermum
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von nosupermum »

@ Katze_keine_Ahnung: ich gebe dir mit dem sozialen voll Recht. Unsere Schule sieht Woche 1 nach dem Lockdown als Woche zum sich wieder an den Schulalltag gewöhnen. Lau Lehrerin hätten manche Kinder vergessen, welche Regeln gelten und daher stünde das sich wieder eingliedern im Vordergrund. Ich gebe zu, dass ich diesen Aspekt zu sehr aus den Augen verliere, da meine Tochter sehr/zu angepasst und eher eine Einzelgängern ist.
Auguste
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Auguste »

Bei uns wird an beiden Schulen (Gymnasium und Grundschule) auch neues Wissen vermittelt. Die gehen in den Lehrbüchern einfach weiter. Der neue Stoff wird per YouTube-Erklärvideo verlinkt. Videokonferenzen gab es bisher 3 (drei) für die Grundschüler, die waren aber freiwillig. Da ging es vordergründig darum, dass die Lehrer die Schüler mal wieder sehen und die Schüler Fragen zu den Aufgaben stellen können. Mein Sohn hat nur eine wahrgenommen. Auf die andere hatte er keine Lust (zu früh :mrgreen: ), bei der anderen hatten wir einen wichtigen Arzt-Termin, die hätte er sonst mitgemacht.

Mein Sohn durfte letzte Woche in Mathe Körpernetze aufmalen, ausschneiden, zusammenfalten und bunt anmalen. Die Ergebnisse mussten fotografiert und hochgeladen werden. Wir reden von der 6. Klasse, nicht vom Kindergarten. :gruebel: Mit der entsprechenden "Begeisterung" hat er sich dieser Aufgabe gewidmet. :schwitz: Der neue Stoff ist für den Kleinen keine Herausforderung - in keinem Fach. Der liest sich was durch, schaut evl. die Videos an (meist nicht mal das), erledigt die Aufgaben und fertig. Das dürfte für die Mehrheit in seiner Klasse aber ganz anders aussehen. Keine Ahnung wie die Schule damit umgehen wird und noch weniger Ahnung, wie die weiterführende nach den Sommerferien damit umgehen wird. Ich fürchte, dass mein Sohn sich im Gymnasium erst mal kräftig langweilen wird, weil der ganze Stoff der 6. Klasse nochmal im Schnelldurchlauf durchgekaut wird. :roll:

Sozial geht es bei uns noch, obwohl der Kleine eigentlich gar keine Kontakte zu Gleichaltrigen hatte (sein bester Freund wurde zur Oma geschickt und ist somit nicht "greifbar"). Die Große telefoniert/whattsappt viel. Wobei jetzt beide sagen, dass sie endlich wieder Gleichaltrige treffen wollen. Mein Sohn war am Wochenende mit einem Klassenkameraden draußen unterwegs, das hat ihm gutgetan.

Töchterchen haben wir jetzt eindringlich ermuntert, sich mit ihrer besten Freundin "in echt" zu treffen. Die Freundin darf und wir machen den Fahrdienst. Wenn wir nicht aufpassen, kommt das Kind den ganzen Tag nicht mal aus dem Bett - außer zum Essen. Sie müsste dringend wieder in die Schule (aus sozialer Sicht, nicht wegen des Stoffs), will das auch, aber für die Großen gibt es noch keinen Plan, außer dass sie bis 07.03. nicht gehen dürfen. :cry:
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Schulsystem so durchkommt. Einige Lehrer beschwerten sich schon nach dem ersten Lockdown, dass die Lücken nicht zu schließen sind. Es kamen einige Monate dazu. Unsere Schulen haben gar keinen Halt gemacht, weder die Grundschule noch das Gymnasium, nicht mal die Hauptschule. Es geht einfach weiter. Die Benotung ist für alle seit Monaten so gut wie nicht existent. Es besteht keine besondere Nachfrage für die Nachhilfestunden (meine Großen würden gerne welche geben). Entweder kommen alle so gut durch und haben Null Probleme, oder es wird bei der Wiedereinführung von Schulaufgaben böse Überraschungen und harte Konsequenzen geben. Sollte es keine Konsequenzen geben, wird es noch schlimmer. Die Kinder werden einfach wie im letzten Sommer mit den Lücken versetzt.
koala27
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von koala27 »

Hier in NDS. hat das Kultus ja DIE Lösung gefunden bezüglich Lücken etc.

wer will kann freiwillig zurückgehen, es wird nicht als sitzenbleiben gezählt...

ja, eine ganz tolle Lösung - nicht-- natürlich fäält es später auf, wenn man statt bspw. 3 Jahren 5-6 Jahre für ein Abi gebraucht hat...

aber Hauptsache, alle werden versetzt oder zurückgesetzt und niemand hat Schuld an dem Chaos...schon gar nicht das Kultus was es nicht auf die Reihe bekommt mal den Ausbau vom Netz voranzutreiben--- was nutzen Endgeräte wenn die Server zusammenbrechen, weil die Netze zu schwach sind....aber daran ist dann natürlich niemand Schuld.. man kann es sich auch einfach machen...

Hier im Gym wird ganz normal der Stoff weiter unterrichtet, der in der 7 auch sonst dran ist. Das Einzige was aktuell nicht geht sind Klassenarbeiten, aber die Lehrer haben schon angekündigt, dass die geschrieben werden, sobald die Schulen offen sind, ggfls. halt auch in 2 Gruppen...wenn die Klassen geteilt zur Schule kommen..

Der Kurze in Klasse 1 lernt auch normal weiter im Stoff--im Vergleich mit der Großen fällt mir auch nicht auf, dass da weniger vermittelt wird.

Ich denke allerdings dass bei der Großen im nächsten Frühjahr- also Halbjahr Klasse 8-- dann einige Kids abgehen werden vom Gym--und zwar die, die jetzt keine Lust auf VK haben oder einfach mal keine Lust haben ihre Aufgaben hochzuladen bzw. zu machen---wobei das immer die Kids sind, die auch ohne Corona eher wenig machen und eine 5 oder 6 in der Klassenarbeit kassieren und Vok eben nie lernen---ich denke, dass das weniger Corona geschuldet ist, als generell, dass die Kids eben am Gym nicht richtig aufgehoben sind. Sonst wären diese Kids sicher schon Ende Klasse 6 oder zum Halbjahr Klasse 7 gegangen, wurden so aber noch mitgeschleift.
Bei uns haben sich früher Ende Klasse 6 auch sehr viele Kids verabschiedet vom Gym und sind auf Real gegangen, von daher finde ich das nicht so ungewöhnlich, aber es wird sicher wieder mal so aufgebauscht werden, dass Corona daran Schuld ist, weil den Kids die Lehrer fehlen.
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Die Gymnasiasten, die sich nicht kümmern und daher rausfliegen stören mich gar nicht. So ist das Leben. Mir tun die Kinder am anderen Ende Leid - die Hauptschüer, um die sich zuhause keiner kümmert.
koala27
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von koala27 »

Hallo Katze,

die Kids die hier auf der OBS sind wurden aber schon ohne Corona eher alleingelassen mit dem Lernen— und das Niveau dort war schon vorher schlecht- leider.
Was ja hier ein Hauptgrund dafür ist, dass das örtliche Gym immer zu Beginn der 5 Klasse aus allen Nähten platzt...

Sicher wird es auch Kids geben, die leider trotz den ganzen Hilfen durchs Raster fallen, aber ich glaube nicht, dass es soviel mehr sind wie sonst auch...
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@koala

ich habe die Woche eine Bayern2 Reportage darüber gehört und es ist dramatisch. Wenn Eltern kein gutes Deutsch sprechen, können selbst die Gymnasiasten zuhause keine 5.Klässler Aufgaben alleine erledigen. Sie verstehen die Aufgabenstellung nicht. Das Gymnasium reagiert: "wir erklären nichts zusätzliches, wir sind hier ein Gymnasium!". Eine allein erziehende Mutter, die Schicht arbeitet hat nicht mal Kraft ihre Kinder vor dem Computer zu setzen. Früher waren Oma und Opa für die Kinder da, jetzt können sie nicht helfen. So geht es weiter. Wo schon vorher in der Familie kein langer Weg zur Gewalt führte, hat diser sich wegen der Schul- und Isolationsthemen noch verkürzt. Es haben sich nicht viel Eltern getraut, offen zu äußern. Eine Mutter berichtete, ihr Kind ist in der 4. Klasse um 2 Noten abgerutsch. In Bayern heißt das Hauptschulempfehlung...
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