Hochbegabung und LRS

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Karen
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Karen »

Meine 3 - meine Tochter hat das gleiche Problem - Rechtschreibung geht noch so, sie schreibt kompliziertere längere Wörter immer richtig, und Sätzanfänge gross, aber ihre Texte sind voll mit "fiel, de, di, da, un, for, und typisch schweizerischen Abkürzungen: gewesen = gsi", usw. Und sie vergisst oft was sie überhaupt schreiben wollte weil ihr Kopf ist schon zwei Sätze weiter. Es ist sehr frustrierend für sie. Teils macht sie auch Mathe Übungen nicht vollständig oder Richtig wenn sie dort viel schreiben muss - also von Stoff her kein Problem, aber sie macht ja Mathe 4 Klasse und da gibt es mittlerweile solche Aufgaben dass Zwischenschritte aufgeschrieben werden sollen, und das ist sehr schwierig weil ihr Kopf schon zwei Schritte weiter ist. Es bringt sie durcheinander und dann gibt sie auf...
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Impulskontrolle ist das Schlüsselwort. In gewissen Maßen kann man sie auch trainieren.
Meine3
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Meine3 »

@Katze:..ich glaube nicht wenn die mangelnde Impulskontrolle physisch bedingt ist (wie bei ADHS). Das funktioniert über „lernen“ dann nur in sehr geringen Maße oder aber nur kurzfristig, da es so ein hohes Maß an Kompensation erfordert, dass dieser Energielevel nicht lange aufrecht erhalten werden kann.. Bei meinem
Sohn lässt jetzt die „Wirkung“
des Chipsystems auch wieder nach, obwohl er sich sehr bemüht.

@Karen: mein Sohn hat in Mathe ebenfalls Probleme mit den Rechrnwegen. Er schreibt immer erst die Aufgabe (14+37= 51) und dann schreibt er die Rechenwege untereinander, aber nicht als Aufgsbe sondern: erst die 10 in eine Zeile, die 4 in die drunter, dann die Rechenzeichen, dann die 30 neben die Zehn, die 7 darunter, etc. Weil das für ihn nur unnötiges Aufblähen einer Aufgabe ist. Ihn nerven die Rechenwege extrem. Leider wird ihm trotz versuchten Klassensprumg in die 3. und dort NACHGEWIESEN (durch entsprechend sehr gute Noten in Tests) Beherrschen des Stoffes der 2. Klasse jetzt in der 2. Klasse nichts erspart.

Dafür ist er relativ tapfer
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@Meine3

wo die Grenze zwischen einfach "impulsiv" und schon ADHS liegt weiß ich nicht. Ich habe rein praktische Erfahrung. Die neue Geigenlehrerin trainiert seit 3 Monaten den Kleinen. Als er zu ihr kam durfte er schon Geigenkonzerte für Kinder spielen, aber halt krumm und schief. Er fing neu an, bei den leeren Seiten, musste dabei penibel auf die rechte und linke Hand achten. Einmal Kratzen heißt neu anfangen. Es herrscht Nulltoleranz für Fehler. Nicht nur ein falsch Ton/Tonlänge ist ein Fehler, sondern ein krummer Finger, zu wenig Bogen, zu viel Druck, zu wenig Druck. Es ist hart und erfordert vom Kind den höchsten Maß an der Konzentration.

Vor dem Spielen innezuhalten, einfach den Bogen auf die Seiten zu legen und zu warten bis man Musik im Kopf hört, fiel dem Kind unglaublich schwer. Nach einer halben Stunde zitterte das Kind vor Konzentration. Nachdem es mit leeren Seiten besser klappte, durfte er eines seinen alten Stücke ausgraben, und das spielt er seit zwei Monaten. Der Große erlebte die gleiche Schule am Klavier. Ich habe schon das Gefühl, das diese Erfahrung auch auf die anderen Bereiche abfärbt. Auch die Rechtschreibung hat sich deutlich verbessert.

Ich glaube man kann es auch nicht nur durch Musik, sondern auch durch viele andere Bereiche trainieren, die hohen Maß an Präzision brauchen. Zum Beispiel durch Golfspielen oder Leistungsschwimmen. Der Vorteil von Musik ist, dass man es gewohnt ist, mindestens eine halbe Stunde pro Tag zu üben, ergibt pro Woche 3-4 Stunden, im Monat 12. Geht man zu einem Ergotherapeuten, ist man dagegen bei 2 Stunden monatlich.
Karen
Dauergast
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Karen »

Katze - meine Tochter übt 9-12 Stunden pro Woche Kunstturnen auf Leistungsniveau. Trotzdem ist da nichts mit Konzentration bei Schreiben (oder am Morgen sich anziehen, usw.). Schreiben findet sie doof, alles andere und Kunstturnen macht sie gerne. Wenn sie was doof findet, ist ihre Konzentration inexistent. Wenn sie es spannend findet - dann kann sie auch gut und lange konzentrieren. Bei was dazwischen - lässt sie sich von alles möglichen ablenken, aber verweigert nicht und macht es einfach langsam, oft in parallel zu was anderem geht fast am besten.
Was bei uns aber toll ist - dass ihr wegen Schreiben kein Druck gemacht wird - dann wird von Lehrerin akzeptiert dass sie halt nicht alle Aufgaben in Mathe macht, und gut ist. Sie macht sich eher selber Druck oder hat manchmal eine Art Blockade wenn sie was machen muss was sie doof findet. Und Hausaufgaben haben wir ja fast gar keine mehr - sie haben begleitete Individuelle Lernzeiten in der Schule wo sie entweder an ihren Schwächen oder Stärken arbeiten müssen und Hilfe bekommen wenn sie nicht vorwärts kommen.
Meine 3 - ich finde es so Schade dass deinem Sohn so viel Steine in Weg gelegt werden. Da habe ich das Gefühl dass wir noch in anderen Jahrzehnten leben was Schule angeht. Es ist wirklich Sinnlos dass ein Kind Wege für solche einfache Rechnungen aufschreiben muss wenn er es schon lange so kann. Respekt dass er es trotzdem mitmacht. Meine Tochter hätte es sicher komplett verweigert und dann wäre gar nichts mehr zu machen.
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@Karen

das stimmt schon, dass es eine Frage der Prioritäten ist. Wenn deine Tochter in der Lage ist, sich bei Kunstturnen zu konzentrieren, könnte sie es auch vermuttlich beim Schreiben. Nur hat sie sich das angewöhnt, die unliebsame Arbeit möglchst schnell hinter sich zu bringen. Leider versteht die Schule, dass weniger bei solchen Kindern mehr ist und besteht auf die unnötigen Volumen, die dann auf Kosten der Ordentlichkeit erledigt werden. Ein anderer Aspekt des Problems ist die Tatsache, dass die Schule eine ordetliche Arbeitsweise zwar lobt und fordert, aber gleichzeitig die Schlampigkeit nicht nennenswert bestraft.
Maca
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Maca »

Hallo,

Ich habe hier Erfahrung mit einer sehr ausgeprägten LRS, allerdings liegt keine klassische HB vor.

So hat meine Tochter Anfang der zweiten Klasse geschrieben ( dabei hat sie sich enorm angestrengt):

“Was ich in den Ferin gemact habe( das h verkehrt herum geschrieben).
Am Donnask war ich mit meinm okl schwomn bdm. Im schwomn bin ich seks mal die wserrosche geroscht und mein okl Hat mich gelobd(fast alle Buchstaben umgedreht) wal ich richge FL Geschmn ben.“

Im Lesetest erreichte sie mit 7 Jahren (fast 8) den Prozentrang 1,6 und konnte faktisch keine Textpassage sinnerfassend lesen.

Sie erhielt 5 Jahre außerschulische Lerntherapie.

Danach war die Schreibkompetenz in Ordnung, das Leseverständnis und die Geschwindigkeit lagen (laut Testung) bei Prozentrang 99.

Daher plädiere ich sehr für außerschulische Förderungen, allerdings sind sie wirklich nur bei ausgeprägter Legasthenie nötig und sinnvoll.

Bei deinem Sohn klingt das eher nicht danach. :)

LG
Meine3
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Meine3 »

@Katze:

mein Sohn könnte beim besten Willen diese Art von Disziplin garnicht aufbringen. Seine Konzentrationsfähigkeit und seine Impulakontrolle sind dafür viel zu schwach ausgebildet. Das ist ja das Problem.

Mein Sohn flötet. Kein schweres Imstrument, wirklich nicht. Aber aufgrund seiner Defizite, die er nunmal hat, ist das üben hier ebenfalls ein echter Kraftakt. Umso schöner ist es dann, wenn etwas nach mehrfachen Versuchen (mit Wutanfällen, fast Tränen und aufgeben wollen, weil es nicht beim 1. Mal gleich hinhaut :roll: :roll: ) gelingt und den Stolz, den er dann empfindet, kann ihm keiner nehmen und ist eine große Bereicherung.

Aber genau aufgrund solcher Erlebnisse mit meinem Kind und dem Vergleich mit anderen, ebenfalls begabten Kindern, werde ich immer wieder bestätigt, dass man hier nicht mit dem
selben Maß messen kann.

ADHS ist vermutlich ja physisch bedingt (neuronale Prozesse laufen anders, da Teile des Gehirns unausgereift sind. Dadurch funktioniert auch die Dopaminausschüttung nicht „normal“, etcpp). Da kann man mit disziplinären Maßnahmen nichts „heilen“. Nichts desto trotz braucht so ein Kind wie meines, viel konsequente Strenge. Leider. Weil er es sonst garnicht schnallt, aber auf Dauer können wir sein Verhalten nicht maßgeblich ändern durch solcherlei Dinge. Es hilft, daher auch die Verhaltenstherapie, behebt aber nicht. Das ist ebenso wie mit dem Versuch, mit Mineral- und Vitaminzugabe dem ganzen etwas die Spitze zu nehmen. Es ist vermutlich aber keine Lösung, die uns langfristig mit dem Schulproblrm große Erleichterung bringt. Es sind Versuche, das ganze zu mildern bis mein Mann den Medis zustimmt.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Katze_keine_Ahnung
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@Meine3

Das Problem ist mir sehr gut bekannt. Dass der Kleine sich jetzt eine Viertel bis eine halbe Stunde konzentrieren kann, ist das Ergebnis einer harten 2,5 Jahre langen Arbeit. Am Anfang war Üben nicht möglich. Kein Stillstehen, keine Korrekturen und erst recht keine Wiederholungen. Ein hibbeliges Kind wird nie so ruhig wie ein ruhiges, aber es kann bis zu einem gewissen Grad lernen, seine Prozesse besser zu steuern. Die Voraussetzung dafür ist nur, dass das Kind an dem Prozess selber interessiert ist. Der Kleine spielt Geige weil der Großer es auch macht. Dem Großen hat es geholfen, dass er sehr sehr früh in die Schule kam und dadurch noch in einem sehr plastischen Alter die Prozesse erlernte. Die erste-zweite Klasse waren noch spannend genug, um sein Interesse aufrecht zu erhalten. Er wollte mit den Älteren mithalten, um den sozialen Anschluss nicht zu verlieren. Routine kann er bis heute nicht ausstehen und wird es nie so richtig können. Es muss eine Herausforderung sein, sonst steigt er aus. Ich weiß gar nicht, was er in Homeschooling macht, aber gefühlt extrem wenig. Um 10:30 ist er schon mit allem (laut eingenen Angaben) fertig. Ich vermute, dass er nur das nötigste vom mininmalsten macht und damit durchkommt. Solange die Noten stimmen, mische ich mich nicht mehr ein. Etwa mit 13 hat er verstanden, dass einen Schulabschluss braucht.
Karen
Dauergast
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Re: Hochbegabung und LRS

Beitrag von Karen »

Katze - ist der Unterschied zwischen einem hibbeligem unkonzentriertem Kind und einem Kind mit ADHS nicht genau das, das erstes Konzentration steigern kann durch trainieren, und ein Kind mit ADHS das gar nicht kann?
Meine3 - es gibt sehr viel Unterschiedliche Verhaltenstherapien - manche sind sehr stark beziehungsorientiert - die andere ähneln eher Hundetraining mit Belohnungen und Bestrafungen. Weiss du schon wie es bei euch aussehen wird? Ich habe hier ein Kind mit ADHS in Freundekreis dass erst das Zweite Typ von Verhaltenstherapie erlebt hat und wurde dadurch fast traumatisiert. Dann haben sie eine andere Form gefunden und es passte perfekt.
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