keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Rabaukenmama »

Flixe hat geschrieben: Er steckt in einem Teufelskreis zwischen Enttäuschung, negativem Selbstbild und fehlender Anstrengungsbereitschaft. Ich habe das Gefühl, dass er Leistung nicht mit Anstrengung sondern mit seinem Wert als Person attribuiert.
Genau so ist auch bei deiner Beschreibung rübergekommen. Ich würde die fehlende Anstrengungsbereitschaft bei deinem Sohn in erster Linie der Angst vor dem Versagen zuschreiben. So nach dem Motto "Je weniger ich mache desto weniger kann ich falsch machen".

Auch mein Sohn hat eindeutig fehlende Anstrengungsbereitschaft. Bei ihm ist aber eher das ökologische Prinzip dahinter, so nach dem Motto "Warum soll ich mich für einen Einser anstrengen, wenn doch auch ein 2er oder ein 3er positive Noten sind? Warum mehr tun als unbedingt notwendig?".

Die letzte Mathe-Schularbeit in der Grundschule war so ein Beispiel: mein Sohn saß schon 20min vor dem Abgabetermin untätig da. Von der Lehrerin dazu befragt meinte er, er wäre schon fertig. Die Lehrerin hat das Blatt dann überflogen und ihn aufmerksam gemacht, dass noch 2 Beispiele fehlen. Darauf meinte mein Sohn, das sei egal, denn ihm würde eine 2 genügen. Begründet hat er es mit "Ich hatte auf der ersten Schularbeit eine 1, ich hatte bei den 2 Tests je eine 1, ich bin mündlich gut, also muss ich im Zeugnis auch dann eine 1 bekommen wenn ich jetzt eine 2 schreibe." Die Lehrerin meinte dann, so wie die SA gerade aussieht würde es nicht mal für eine 2 reichen. Daraufhin hat mein Sohn sich den Notenschlüssel angeschaut, noch ein Beispiel ausgesucht, was er noch gerechnet hat und mit den Worten "Jetzt ist es eine 2" abgegeben :roll: .

Was bei meinem Sohn gerade in Mathe zusätzlich noch hinter diesem Verhalten steht, ist die ADHS. Im WISC IV war die Verarbeitungsgeschwindigkeit sein schlechtestes Teilergebnis - typisch für ADHS und das kenne ich auch von mir (erwachsene ADHSlerin). Daher ist gerade in Mathe, wo er "nur" gut, aber kein Überflieger ist, irgendwann mal die Konzentrationsfähigkeit zu Ende. Da geht dann nichts mehr. Mein Sohn hat manchmal als HÜ 10 gleich schwere Beispiele - und braucht für die letzten beiden dann doppelt so lang wie für die ersten 8. Das ist der ADHS geschuldet.

Bei deinem Sohn ist das komplett anders, das zeigt der sehr gute Wert bei der Verarbeitungsgeschwindigkeit. Wenn dein Sohn eine Arbeit vorzeitig abgibt, dann ist die Ursache vermutlich, dass er alles, was er auf dem ff kann, erledigt hat. Und allein aus der Angst, er könnte bei den Aufgaben, die ihm erst mal schwierig erscheinen, versagen, macht er sie gar nicht erst. Wenn das Ergebnis so einer Arbeit dann eben "nur" durchschnittlich ist, erscheint ihm das noch zusätzlich als Beweis, nicht gut genug zu sein und "es" nicht zu können.

Das ist ein Teufelskreis, der aber nicht mit einer Lerntherapie besser wird. Mir würde instinktiv eher Psychotherapie einfallen, wenn man da einen guten Therapeuten findet kann gezielt an solchen Ängsten gearbeitet werden. Aber auch hier würde ich bei einem Kind, welches ohnehin schon sehr an sich selbst und seinen Fähigkeiten zweifelt, vorsichtig sein. Dein Sohn könnte jegliche von Dir initiierte Hilfe, so gut sie auch gemeint ist, als Zweifel von DIR an ihm sehen.

Ansonsten könnte man deinem Sohn schwierigere Aufgaben als eine Art "Gratislos" verkaufen. Nach dem Motto: "Wenn du diese Aufgabe nicht erledigst bekommst du dafür 0 Punkte, wenn du sie erledigst und nur ein Teil richtig ist, bekommst du schon mehr, und wenn du sie komplett schaffst bekommst du die Höchstpunktezahl." Auch wenn einem klugen Kind das vom Kopf her sehr wohl bewusst ist, kann der Vergleich mit dem Gratislos vielleicht noch einige tief sitzende Ängste überwinden helfen.

Die nächste Frage ist, wie DU deinen Sohn siehst. Wenn du an seinen Wechsel ins Gymnasium denkst, was sind dann deine Hauptgefühle? Neugier? Angst? Stolz? Eine Mischung von allem? Wenn ja, in welchem Verhältnis?

Als Sonderpädagogin weißt du garantiert, dass sich auch unausgesprochene Ängste der Eltern in sensiblen Kindern (und so eines ist dein Sohn auf jeden Fall) eher manifestieren als ausgesprochener Zuspruch. Und zumindest mir kommt dein Herangehen sehr belastet vor und tatsächlich eher so, als würdest du deinem Sohn nicht viel zutrauen. Und das, obwohl alles, was du hier über ihn schreibst, nahe legt, dass er das schon schaffen wird.

Persönlich beobachte ich gerade bei intelligenten Eltern mit viel pädagogischem Wissen oft das Phänomen, dass sie ihre Kinder bei jeder Gelegenheit ermutigen und loben. Sie glauben, dass ein Kind das für seine emotionale Entwicklung braucht, was ja auch stimmt. Aber gerade wenn so häufig Lob und Ermutigung ausgesprochen wird, die Kinder aber spüren, dass sich die Eltern dennoch Sorgen um sie machen, ist das ein Widerspruch. Ich gehe jetzt nicht näher darauf ein, du weißt sicher schon, was ich meine.

Als unsere Jungs mit 3 und 5 Jahren extrem schwierig waren, habe ich mal spontan angerufen, nachdem ich eine Zeitungsannonce gelesen hatte "Sind sie mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert? Kinderschutzzentrum hilft schnell und unbürokratisch!". Tja, mein Mann und ich haben tatsächlich kurzfristig einen Termin dort bekommen und einer sehr netten Psychologin und Sozialarbeiterin unsere Situation geschildert. Ich dachte dann eigentlich, dass sie unsere Kinder sehen wollen, um festzustellen, wie man bei ihnen was bewirken kann, dass sie sich anders benehmen. Der Große hat damals Fäkalien an die Wände geschmiert, am Strand fremde Personen mit nassem Schlamm beworfen, kleinere Kinder geschubbst, der Kleine hatte fürchterliche Wutanfälle.

Tatsächlich bekamen mein Mann und ich dann in Wochenabständen Termine bei dieser Psychologin, wo wir einfach nur unser Herz ausschütten und unsere Ängste (vor allem beim Großen: Wie wird das weitergehen? Was wird aus ihm werden?) ablegen konnten. Später waren die Termine 14-tägig und dann nur noch 1x im Monat. Insgesamt hat sich nach 9 Monaten alles in Wohlgefallen aufgelöst, ohne dass unsere Kinder vom Kinderschutzzentrum auch nur angeschaut worden wären. WIR waren diejenigen gewesen, die Hilfe und Zuspruch gebraucht haben, nicht unsere Kinder ;) .

Daher wäre ein Vorschlag von mir, für DICH Hilfe zu suchen, damit du deinem Sohn WIRKLICH zutrauen kannst, den Schulwechsel gut zu schaffen und deine Ängste, er könnte ein Underarchiver werden, ablegst.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Zurück zum Sprung... was hat euch bewegt die Entscheidung über den Sprung zu treffen? Geht es dem Kind in seiner Klassengemeinschaft schlecht? Mit 8,5 in der 3. ist er zwar nicht extrem jung, aber wahrscheinlich immernoch einer der Jungsten. Wenn er mit 9 in der 5. ist, dann ist er der Jüngste. Kann er damit umgehen? Ist ihm das bewusst? Ich stelle so viele Fragen, weil ich mit meinen Zwillingen den Sprung von Ende 3 nach Anfang 5 mitgemacht haben. Wir haben es zwar im Homeschoolingmodus gemacht, trotzdem war es alles andere als einfach. Vor allem in den Schreibfächern musste man viel mehr schreiben. Es kamen Schreibformatte wie "schreib ein Interview", an die die Kinder überhaupt nicht vorbereitet waren. Insgessamt hat der Umfang sehr zugenommen, das Niveau auch, aber dann relativ gesehen doch weniger als der Volumen. Ich spreche mich meist für die Akzeleration aus. Meine Tochter ist mit 14 akutell in der 10. Klasse und macht ihr Abitur mit 16. Aber ich weiß nicht, ob in eurem Fall dieser Sprung einem arbeitsvermeidenden Kind das Gewünschte bringt... Es sei denn er springt in die Klasse, die aus anderen Hochbegabten besteht.
Flixe
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Flixe »

@Rabaukenmama: Ich schreibe dazu nochmal ausführlich.

@Katze_keine_Ahnung: Die Idee zum Überspringen der 4. Klasse kam ursprünglich vom Mathelehrer, der ja auch der Schulleiter ist. Beide Lehrer der Klasse haben jedoch gesagt, dass sie sich nicht in der Lage sehen, ihn in der 4. Klasse angemessen zu fördern.

Ich selbst war anfangs komplett gegen das Springen. Als Lehrerin war ich der Meinung, dass die Grundschule da eben eine Lösung finden muss... Nachdem die Situation immer problematischer wurde, habe ich ihn gefragt, ob er im Sommer ins Gymnasium gehen möchte. Zunächst war er komplett dagegen. Ich habe ihn dann in Ruhe gelassen. Nach einigen Tagen meinte er aus dem Nichts, dass er die 4. Klasse überspringen wird. Und seit dem ist das für ihn fix.

Bis zum Testergebnis hatte ich das Springen allerdings nicht erlaubt, weil ich das erst mal abwarten wollte. Dementsprechend hat er bei dem Test alles gegeben, damit ich es erlauben würde. Als ich ihm dann meine Zustimmung gab, hat er vor Erleichterung fast geweint...

In der Klasse wird er akzeptiert, aber er gilt als Sonderling. Nächstes Jahr wäre das allerdings auch nicht besser. Er hat einen besten Freund in der Klasse und zwei weitere Spielkameraden. Aber einer der Beiden will seit dem zweiten Lockdown nicht mehr mit ihm spielen. Warum ist nicht herauszufinden. Ich glaube ehrlich gesagt, dass das am Gymnasium durchaus schwierig wird. Daher ist der Schulsozialarbeiter bereits mit im Boot. Aber was soll er machen? Er sagt selbst, dass er nirgendwo hinpasst.

Ganz ehrlich? Ich glaube, dass das Hochbegabtengymnasium in der Nachbarstadt ab der 7. Klasse die beste Lösung wäre. Vielleicht findet er dort endlich Freunde...
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Was heißt denn angemessen fördern? Mein Kleiner (7) löst die Aufgaben aus dem Matheheft der 6. Klasse. Heft 3 hat er im letzten Lockdown in 3 Wochen vollständig bearbeitet. Heft 4 so gut wie übersprungen, da die Lehrerin dagegen war. Heft 5 größtenteils nach einer Erklärung meinerseits in diesem Lockdown gelöst. Jetzt ist er bei Heft 6. Tja. Trotzdem sitzt er in der 3. Klasse und wird dort bleiben, weil es eben angemessene Förderung weder eine noch zwei Klassen höher gibt. Dein Sohn ist natürlich ein Jahr älter als mein Kleiner, aber mein Kleiner ist in seine Klasse hereingewachsen, weil er mit 5 in die Schule kam. Überspringen ist dagegen eine härtere Nummer. Es ist alles andere als sicher, dass dein Kind in einem normalen Gymnasium eine bessere soziale Situation bekommt, als ein Freund in der Klasse und zwei Spelkameraden. Schlechter dagegen kann es relativ schnell werden. Es ist absolut sicher, dass ihn mit seiner Geschwindigkeit Matheunterricht zwei Monate nach dem Sprung genau so langweilen wird wie zuvor. Wenn ihr vorher Hausaufgabenkämpfe hattet, könnten sie noch heftiger werden. Es wird auf ein mal viel mehr verlangt. Vielleicht verschwinden die Ängste von alleine, vielleicht werden sie auch größer.
Flixe
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Flixe »

Ich bin dem Sprung gegenüber nach wie vor kritisch eingestellt. Nicht dass das hier falsch rüberkommt.

Es wird eine Probezeit von 6-8 Wochen geben. Danach entscheiden alle gemeinsam (inkl. Kind und Schulleiter der GS) an einem runden Tisch, was die beste Lösung für ihn ist. Es geht nicht darum, ob er es schafft (das wird er wohl), sondern ob das der richtige Platz für ihn ist. Sein Grundschulplatz bleibt ihm erhalten.

Es ist auch schön, wenn Kinder so individualisiert wie bei euch lernen können. Hier geht das nicht. Die Grundschule ist extrem konservativ. Die Klassenlehrerin arbeitet in ihren Fächern stupide die Schulbücher ab. Würde er dort also in seinem Tempo lernen, wäre er komplett isoliert. Das will er auf keinen Fall, diese Sonderrolle.
Auch in Mathe gibt es weitgehend frontales Lernen mit Übungsphasen. Aber immerhin muss da soviel von Hand geschrieben, dass die Kinder echt fix sind.

Zudem ist er hobbymäßig hier recht gut eingebunden und darüber auch weiterhin Kontakt zu seinem Freund / seinen Freunden.

Ich sehe das soziale Problem langfristig in seinen „seltsamen“ Interessen. Bis auf Minecraft sind die einfach definitiv nicht altersgemäß und auch nicht allgemeinkompatibel. Und sie werden es auch nächstes Jahr nicht sein. Eigentlich sucht er verzweifelt ein Kind, was so ist wie er.
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Ich will keinen falschen Eindruck erwecken. Alles was der Kleine in Mathe gelernt hat, hat er zuhause gelernt. In der Schule sitzt er einfach und starrt die Löcher in die Decke, oder kippelt auf dem Stuhl. Seine Lehrerin findet es ungerecht, dass er in der 3. Klasse das Heft der 4. bearbeitet. Frag mich nicht nach der Logik. Daher arbeitet er in der 5. und 6. Klässler Heft. Von der Lehrerin bekommt er dafür keine Hilfe. Da er bis jetzt gute Tests trotz des fehlenden Unterrichts geschrieben hat, gibt es auch keinen Krach. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der kommt, sobald der Klene sich miit den Proben vertan hat.

Was hat dein Sohn für Hobbies?
Flixe
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Flixe »

Dein Sohn hat meinen Respekt, dass er das vormittags so aushält.

Auch mein Sohn hält es vordergründig morgens gut aus. In Wirklichkeit ist das aber gar nicht so. In ihm drin sieht es aber anders aus. Er kommt regelmäßig bemalt nach Hause oder hat seine Schulsachen zerstört (Radiergummi, Stifte, Löcher in Arbeitsblättern, bemalte Hefte usw.). Immer wieder finde ich auch Kleidungsstücke mit Löchern nach Hause.

Nachdem er sich allerdings vormittags völlig angepasst hat, ist er nach Schulschluss oft einfach nur bedient. Die Hausaufgaben sind dann nur noch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Wenn all diese, für ihn, überflüssigen Pflichten dann erledigt sind, ist sein Hass auf Schule so groß, dass er damit nichts mehr zu tun haben will. Er will dann auch nichts mehr lernen sondern nur noch spielen, sich bewegen oder sich berieseln lassen. Sein Hass auf Schule ist im Moment sehr sehr groß.

Im Homeschooling hat er mit Bruchrechnung angefangen. Es war genial! Er war motiviert. Dann ging die Schule wieder los und die Luft und Lust war wieder weg. Wie löst ihr das im Alltag? Welche Arbeitshefte habt ihr denn für ihn?

Seine Hobbies sind Dampflokomotiven und Modelleisenbahn, Lego, Programmieren und Minecraft. Außerdem mag er Harry Potter und klassische und Filmmusik. Zur Auslastung spielt er Posaune, tanzt Ballett (auf eigenen Wunsch) und geht zum Judo. Aktuell möchte er unbedingt Physik lernen. Mal schauen, ob wir da mal einen Studenten finden o.ä.

In seiner Klasse mag kein Kind Eisenbahnen, Programmieren und PC-Umgang machen viele Kinder auch noch nicht, Harry Potter hat außer ihm noch niemand gelesen und sein Musikgeschmack trifft auch nicht auf Gegenliebe (sie dürfen in Kunst CDs mitbringen). Ballett macht es auch nicht leichter.
Mit Lego konstruiert er überwiegend Lokomotiven oder baut Maschinen. Rollenspiele und Welten bauen macht er nicht. Leider gilt er aber bei vielen Kindern eben schon lange als Sonderling, weil er das ewig gleiche Pausenspiel (Fischer, Fischer...) nicht mag und im Unterricht häufig Beiträge bringt, die viele Kinder nicht verstehen. Und natürlich will er sich auch manchmal über seine Interessen unterhalten. Auch das kommt nicht immer gut an.
Aus Verzweiflung hat er sogar schon Fußball mit den anderen Jungs probiert :oops: . Aber er mag es einfach nicht und kann es auch nicht.
Grundsätzlich findet er anfangs schnell Anschluss, bis die anderen Kinder gemerkt haben, wie er so ist.

Tatsächlich glaube ich auch, dass sein bester Freund auch deswegen so gerne zu uns kommt, weil ich mit den Computerzeiten großzügiger bin.
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Ich habe für den Kleinen im letzten Lockdown das erstbeste Matheheft der Realschule gekauft. Es ist Mathematik 5 von Westermann. Er hat damals noch stockend gelesen und das Realschulheft hat deutlich weniger Text als das aus dem Gymnasium. Für die 6. Klasse habe ich das Heft gekauft:

https://www.amazon.de/gp/product/312746 ... UTF8&psc=1

Weil ich diie Themen Bruchrechnen und Dezimalzahlen für ihn passend fand. Überraschend für mich hat er die Themen liegen lassen und beschäftigt sich zuerst mit Geometrie und Konstruktionszeichnungen.

Programmieren lernt der Kleine gerade mit Scratch. Für die anderen Sprachen fehlt ihm Englisch. Was macht dein Sohn in diese Richtung genau? Ich suche Fortsetzung für den Kleinen, nachdem er sein Scratchbuch durchgearbeitet hat...

Dein Sohn erinnert mich von dem Gesamtbild mehr an meinen Großen (14, 9. Klasse)... und daher bin ich sehr skeptisch dem Sprung gegenüber. Das normale Gymnasium ging gar nicht. Er hat sich irgenwann mal früh statt aufstehen mit dem Gesicht zur Wand gedreht und wollte nicht mehr. Inhaltlich eine Qual, null Kontakt zu den Klassenkameraden. Mathe genauso wie beim Kleinen - 1,0 ohne Unterricht. Aktiv geargert hat ihn keiner, oder nicht dass ich wusste. Nach dem Wechsel in die HB-Klasse wurde die soziale Situation schlagartig besser. Aber die Minimalaufwand und Langeweile blieben.

Der Große geht zur Schule, nur um seine Freunde zu sehen. Der Kleine mir zuliebe. Beide Jungs hassen Schule wie die Pest. Sie hätten gerne No-Schooling Model.

PS. Nicht als Angeberei, nur damit du das Gefühl bekommst, warum Sprünge keine inhaltliche Probleme lösen... Der Große stieg wegen des Schulwechsels in der 8. Klasse ins 4. Jahr Lateinunterricht ein. Nach einem Jahr schrieb er eine 3. in der ersten Schulaufgabe, die bewertet wurde. Er hatte keinen Nachhilfelehrer, keinen besonderen Ehrgeiz, nur mich als treibende Kraft. Ich habe mit ihm und seiner Zwillingsschwester jeden Tag eine Lektion aus dem Lehrbuch gemacht. Es sind etwa 100 Lektionen a eine halbe Stunde. Fetig. Vokabeln hat er explizit keine gelernt. Seine Schwester musste in der 9. von Null in die Originaltexte einsteigen. Daher hat sie für ihre erste Schulaufgabe eine 4. Aber es hat auch funktioniert, und sie gibt jetzt sogar Nachhilfe in Latein.

PPS Mein Sohn ist ein Jahr tiefer als seine Zwillingsschwester weil er explizit ein Jahr zurück wollte. Er fühlt sich unter etwa gleichaltrigen Jungen besser als unter zwei Jahre älteren. Inhaltlich ist beides eine Katastrophe, dann ist es eher wurscht. Meine Tochter wollte so bleiben wie es ist.
Flixe
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Flixe »

Puh - nun ist der Spielbesuch wieder zu Hause und ich antworte noch mal in Ruhe :lol: .

Die Hefte kenne ich sogar und eins davon müsste ich im Schrank haben :roll: . Ich frage ihn mal, ob er daran Interesse hat. Aber ich fürchte, dass er nachmittags oder in den Ferien keine große Motivation für schulische Themen aufbringen mag. Obwohl, gerade hat er gesagt, dass er mal ein Heft zum Schauen haben mag.

Programmiert hat er bisher auch mit Scratch. Das DK-Buch zum Spiele programmieren hatte er allerdings in ein paar Tagen durch. Auch wir suchen jetzt eine Fortsetzung. Aber bisher bin ich leider auch nicht fündig geworden.

Bzgl. des Sprungs gibt es zumindest für den Versuch erst mal keinen Weg mehr zurück. Er wäre, glaube ich, am Boden zerstört, wenn wir es nun doch nicht erlauben würden. Daher soll er die Probewochen mitnehmen und danach entscheiden wir. Bei der Entscheidung waren neben uns auch seine Lehrer, eine Beratungslehrerin vom Hochbegabtengymnasium und die Testpsychologin involviert und alle waren sich eigentlich einig in ihrer Empfehlung. Im Ganztag mag er in die Lego-Robotik-AG und in die Mathe-Spitzenförderung gehen. Vielleicht gibt es da Gleichgesinnte.

Die soziale Problematik sehe ich auch. Aber ich sehe keinen Unterschied zwischen diesem und dem nächsten Jahr, abgesehen vom Alter. Aber wenigstens muss er dann nicht noch das 4. Schuljahr absitzen. Auch ist mir völlig klar, dass das Überspringen seine Probleme nicht lösen wird.

Ich habe das Gefühl, dass er eigentlich sehr einsam ist. Er bräuchte dringend einen ähnlich gestrickten Freund. Als die Jungs heute beim Spielen beobachtet habe, habe ich mich richtig erschreckt. Er ist so damit beschäftigt, so zu sein wie alle anderen, dass er sich schon fast ausnutzen lässt.
Flixe
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Re: keine Anstrengungsbereitschaft oder Ängste

Beitrag von Flixe »

Und jetzt die Antwort für Rabaukenmama. Als kleinen Witz vorweg - ich arbeite an einer Hörgeschädigtenschule in BW :lol: .

In Vielem, was du geschrieben hast, hast du Recht. Mein Sohn ist schon immer sehr abhängig von äußerer Bestärkung. Die muss allerdings von einer Person kommen. Ein Verstärkersystem hat hier noch nie dauerhaft funktioniert. Er will gesehen werden. Das führt dann aber dazu, dass er in der Schule der Lehrerin laut sagt, wenn er etwas schon kann. Das wiederum kommt in der Klasse natürlich nicht gut an.

Und ja, ich war die Person, die lange gezögert hat, eine Entscheidung zum Überspringen zu treffen. Natürlich hat er das mitbekommen.

Da ich alleinerziehend bin, musste er wegen fehlender Betreuung schon sehr früh selbstständig sein. Schon in der 1. Klasse fuhr er mit dem öffentlichen Bus von der Monte-Schule mittags zum Bahnhof in der Stadt und lief zu meiner Schule. Dann konnten wir gemeinsam nach Hause fahren. Auch in der jetzigen GS fährt er völlig selbstverständlich mit dem Bus. Seit Corona läuft er sogar manchmal morgens alleine los. Alleine zu Hause bleiben ist auch schon lange kein Problem mehr. Er geht einkaufen und radelt selbstbewusst durch die Kleinstadt. Er ist also wirklich sehr selbstständig für sein Alter.

Zwischen einer Mathearbeit und dem Kängurutest gab es für ihn einen großen Unterschied. Die Mathearbeit wurde benotet und er wusste vorher, dass er alles konnte. Er war überzeugt von sich und dementsprechend gelang ihm auch das Ergebnis. Känguru wird ja nicht benotet und da wusste er durch Üben vorher sehr genau, dass er eben nicht alles kann und genau so war dann auch der Test. Es sind also eindeutig Versagensängste. Wenn man etwas gar nicht erst macht, dann kann man es auch nicht falsch machen.

Hier würde ich eben gerne externe Unterstützung suchen. Jemand, der sich mit ihm zusammen an die unbeliebten schwierigen Aufgaben setzt. Nicht damit er es kann, sondern damit er merkt, dass er es über den Berg schaffen kann. Wir hatten diese Situation schon so oft. Ich denke, dass eine Lerntherapeutin schon auch am Selbstwertgefühl und an der Motivation mit ihm arbeiten könnte. Alternativ könnte ich mir auch einen Studenten vorstellen, der einfach mit ihm bunt gemischte Forderaufgaben macht und nicht so viel Trara. Ich kann ihn da nicht fördern. Wir knallen immer aneinander.

Nun zur alles entscheidenden Frage. Wie sehe ich meinen Sohn? Diese, für mich, extreme Hochbegabung hat mich sehr überrumpelt. Es fällt mir schwer, das zu glauben, weil er eben nicht schon immer „über den Dingen schwebt“. Ich habe Ängste, ob er es schaffen wird oder ob er aufgeben wird, wenn er seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird. Ich habe Angst, ob er dieses Mal vielleicht besseren Anschluss finden wird oder wie der Lehrer so ein junges Kind generell aufnehmen werden.

Und ganz tief drinnen habe ich diese Alleinerziehenden-Angst, dass ich etwas falsch entscheide oder etwas falsch mache. Und auch wenn es schlimm klingt, ich hätte mit einer Lernbehinderung besser umgehen können. Du hast also völlig Recht, dass auch ich Unterstützung in dieser Situation brauche.
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