nosupermum hat geschrieben:
Wie habt ihr das eigentlich verpackt? Ich tu mir da immer ein bisschen schwer. Vielleicht hat das ganze „Problem“ was damit zu tun, dass da was im Raum schwebt, was noch nicht verarbeitet wurde.
Ich muss mich immer erst selbst gedanklich damit auseinandersetzen und selbst zu einer Einstellung dazu kommen.
Wenn ich so weit bin, habe ich das innerlich immer "parat" und kann es einbringen, wenn es passt.
Selten "inszeniere" ich solche Gespräche, das würde meine Tochter meist dann auch gar nicht annehmen, weil sie dann nicht offen dafür wäre. Meistens ergeben sie sich nebenbei.
Wenn mich aber was sehr beschäftigt/sorgt, passe ich aber mitunter auch eine ruhige Minute ab und beginne ein Gespräch.
Sowas wie "Du, ich habe beobachtet dass/mir ist aufgefallen..., das geht mir nicht aus dem Kopf und ich habe viel drüber nachgedacht, warum das so ist. Ich würde es gern besser verstehen. Kannst du mir das vielleicht näher erklären...?" Und in so einem Gespräch kann ich dann auch irgendwann meine eigenen Gedanken dazu einbringen und sie fragen, ob ich da vielleicht richtig liege und es so sein könnte.
So in der Art.
Gute Gespräche ergeben sich hier meist abends, wenn ich mal wieder bei ihr im Bett schlafe (das wünscht sie sich recht regelmäßig und dann kann es schon mal sein, dass wir 2,3 Stunden reden) und bei Spaziergängen.
Meine Große läuft total gern (am See lang, im Wald herum) und wenn sie/mich im Zusammenhang mit ihr was beschäftigt, machen wir manchmal extra dafür Abendspaziergänge zusammen.
Oft ist es dann auch so, dass ich quasi erstmal nur "einen Samen" lege, einen Denkanstoß gebe und es dann erstmal ruhen lasse und irgendwann später, an einem anderen Tag, drauf zurückkomme.
Sie ist jetzt aber auch schon 12,5 Jahre alt... die Gespräche sind inzwischen anders, erwachsener als die damals im Grundschulalter.
Als meine Tochter so alt wie deine war (so 7-10/11), haben wir sehr viel durch Metaphern über Probleme gesprochen.
Ich schrieb hier schonmal davon - wir hatten das Bild des "inneren Gartens" mit einer hohen Mauer ringsherum und innen ein Dschungel/Garten aus Pflanzen und Tieren. Darüber haben wir dann gesprochen.
Bspw über ein verletztes Kätzchen, was sich im Garten versteckt: was ist dem Katzenbaby vielleicht passiert, warum versteckt es sich, wie kann man es herauslocken/heilen, was braucht es, was tut ihm gut...
Oder wie ist der momentane Zustand des Gartens, sind da gerade schöne Blüten oder eher stachelige Dornenpflanzen, gab es einen zerstörerischen Sturm oder scheint die Sonne von einem blauen Himmel herab, was möchte sie gern noch anpflanzen, ist das Tor zum Garten gerade offen oder nicht, wer darf rein und wer nicht und warum etc pp...
So habe ich wirklich viel über meine Tochter erfahren, ohne dass sie sich zu sehr öffnen musste. (ich denke, oft konnte sie selbst auch gar nicht klar sagen, was in ihr gerade los war, aber über Metaphern/Geschichten ging das.)
Über die Metaphern haben wir dann oft auch wieder in die Realität zurückgefunden. Immer so viel, wie sie aushalten konnte und wollte. (Metaphern/Geschichten gingen IMMER, die Übertragung in die Realität war oft schwieriger. Muss ja aber manchmal auch gar nicht sein.)
Ich weiß natürlich nicht, ob das was für euch ist. Für uns passt es hervorragend, denn wir sind beide Bilderdenker mit viel Fantasie. Und meine Tochter hat eine ganz besondere Beziehung zu Natur und Tieren. Das ist also ein äußerst individueller Weg.
Aber vielleicht gibts bei euch ja was ähnliches oder einen anderen, zu euch passenden Ansatzpunkt...
Entstanden ist das übrigens so: (passt sehr gut zum Thema!)
Die Lehrerin der Grundschule hatte für die Kinder ein Mutmachheft angefangen (irgendwie so hieß das, habe es aufgehoben aber grad nicht parat), da wurde regelmäßig was positives für die Kinder eingetragen. Mal vom Kind selbst, mal von der Lehrerin.
Einmal wollte sie (etwa in Klasse 2 muss das gewesen sein), dass wir als Eltern hineinschreiben, was die Kinder besonders macht, was sie gut können und was wir toll an ihnen finden.
Ich begann mit den üblichen Dingen: wie klug, musikalisch, sportlich, empathisch (..) sie sei... ich wusste aber genau, dass es ihr sehr schwerfallen würde, das anzunehmen. Sie würde garantiert auch gesagt haben: "Du musst das ja so schreiben, schließlich bist du meine Mama und Mamas lieben ihre Kinder und Kinder ihre Mamas ja so oder so und finden sie toll! Die anderen haben bestimmt fast dasselbe geschrieben."
Nachdem ich also mit der Liste fertig war, fand ich sie irgendwie nicht ausreichend, um das auszudrücken, was ich ihr über sie sagen wollte.
Darum beschrieb ich sie dann noch als verwunschenen, geheimnisvollen Garten, voller wunderschöner, exotischer Blüten und Tiere, manche wild, manche zahm, mit lauschigen Plätzchen, wilden, unerforschten Ecken und prachtvollen Blumenbeeten etc pp.
Und einer Mauer ringsherum und einem wunderschönen Eisentor, was nur manchmal offen steht, oft aber auch fest verschlossen ist.
Und dass der Garten so wunderschön und besonders sei, aber viele andere das gar nicht wissen, weil das Tor so selten offen ist und so wenige Menschen die Gelegenheit bekommen, hineinzugelangen oder auch nur hineinzuschauen.
Dann malte ich ihr noch die Mauer und das Tor und ein paar Ranken die über die Mauer schauten und Vögelchen darüber und eine Katze auf der Mauer...
Das mochte meine Tochter sehr und so haben wir fortan dann öfters über den Garten und seinen aktuellen Zustand geredet.
Als es damals darum ging, zu einer Psychologin zu gehen, was sie nicht wollte, habe ich ihr bspw gesagt, dass ich glaube, dass da irgendwo ein verletztes Kätzchen hockt (Katzen waren jahrelang ihr Hauptthema) und es vielleicht jemanden braucht, der es aus seinem Versteck locken kann, um es zu heilen, so dass es wieder frei durch den Garten schlendern kann...
Daraufhin hat sie sofort gesagt, sie möchte dem Kätzchen gern helfen und würde es mit der Psychologin versuchen!
Die Psychologin war ja dann leider ein Holzweg, aber auch da habe ich ihr dann gesagt, dass sie einfach nicht die richtige war dafür und wir vielleicht gemeinsam auch selbst dem Kätzchen helfen könnten... dass es vielleicht einfach auch nur jemanden braucht, der sich immermal wieder liebevoll um es kümmert und es dann sicher auch ganz von selbst irgendwann mal rauskommt...
Wenn ich jetzt drüber schreibe, erinnere ich mich, dass ich ihr auch schon früher Geschichten erzählt habe zu Themen die sie sehr beschäftigten. (Und sie mir! Als wir in Nepal waren, um ihren Vater dort zu besuchen - da war sie noch keine 3 Jahre alt - hat sie mir immer alles, was sie auf der Reise beschäftigte, von ihrem Kuscheltierhäschen erzählt. "Häschen war auch mal in einem fernen Land und hat..." etc pp)
Als sie so ca. 4 Jahre alt war, drohte sie eine Welt lang öfters mal, dass sie weg wolle, weit weg und nie zurückkommen werde. Und dass sie gern jemand ganz anderes wäre, z.B. ein einsames Tier im Wald. Und auch wie schön es wäre, wenn sie fliegen könnte. Dann würde sie einfach wegfliegen.
Daraufhin habe ich ihr eine Geschichte geschrieben über ein Kind, was immer die Vögel beoachtet hat und gern wie sie gewesen wäre und sich durch einen Zauber in einen Vogel verwandelt und einfach zum Fenster rausfliegt und ein Jahr lang das Leben eines Vogels führt. Samt Nestbau, Futtersuche, Hunger, Kälte, Gefahren durch Raubvögel etc.
Und nach einer langen Zeit doch wieder an die Mama gedacht hat und wie schön warm und gemütlich es zu Hause war und doch gern wieder ein Kind sein und nach Hause zurückkehren wollte.
Und natürlich kam es auch wieder zu Hause an und war dann sehr glücklich, wieder bei der Mama im Bett aufzuwachen...
Die Geschichte habe ich auch abgeheftet...
Irgendwann kriegt sie das alles mal, vielleicht zum 18. Geburtstag, Hochzeit, Geburt eines Kindes... oder so.