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Mittelschule bei Hochbegabung - was meint ihr?
Verfasst: Fr 3. Mai 2024, 12:57
von Dani0815
Hallo Leute,
Wir haben hier ein sehr wahrscheinlich hochbegabtes Kind welches leider nicht den Notenschnitt fürs Gym erreicht hat.
Das Kind ist frustriert mit der Schule und den langen Schultagen, macht Hüs nur widerwillig oder gar nicht. Obwohl Tests und Schularbeiten immer gut waren (alle 1 oder 2) reichte es nicht für Zeugnis. Dank schwacher Mitarbeit und Mitschrift sind 3er im Zeugnis und keine Chance aufs Gym.
Jetzt kenne ich Kinder die sich richtig hart tun im Lesen, Schreiben und Rechnen, aber fleissig und brav sind. Die haben ein ähnliches oder besseres Zeugnis, insofern sind diese Volksschulnote nicht sehr aussagekräftig aber bestimmend für die frühe Selektion hier.
Das Kind ist mathematisch sehr begabt und interessiert - über die Schule hinaus, liest sehr gut, hat einen enormen Wortschatz, und kann sich auch locker auf Englisch unterhalten.
Trotzdem wird es die Mittelschule - hat jemand damit Erfahrung? Wie kann ich das Kind motivieren trotzdem gut mitzumachen? Kind ist sehr enttäuscht, dachte mit den guten Schularbeiten wird es aufs Gym können.
Danke
Re: Mittelschule bei Hochbegabung - was meint ihr?
Verfasst: Mi 8. Mai 2024, 11:32
von Rabaukenmama
Es steht und fällt alles mit den Lehrern und der Klassengemeinschaft. Mein älterer Sohn mit Autimus, ADHS und einer extremen Teilleistungsstärke im sprachlichen Bereich, ist im Gymnasium trotz I-Klasse und Schulbegleitung "untergegangen". Es war so krass, dass ich ihn nach 2 Jahren aus der Schule genommen und zu Haus beschult habe (hier in Österreich möglich). Aktuell besucht er ohne Schulbegleitung die 4. Klasse einer Mittelschule und es geht ihm sowohl psychisch als auch schulisch (Bewertung in allen Hauptgegenständen nach "Standard ADHS") deutlich besser als früher im Gymnasium. Das liegt aber nicht an der Schulform sondern an den Lehrern und deren grundsätzlicher Einstellung zu Schule und Kindern.
An Mittelschulen unterrichten Pädagogen, die auch eine entsprechende Ausbildung haben. Um am Gymnasium zu unterrichten ist das nicht notwendig, dafür haben viele Professoren "ihre" Gegenstände studiert und entsprechend gute Fachkenntnisse. das kann gut oder schlecht sein: gut, weil sie entsprechend Begeisterung für ihre Fächer mitbringen, schlecht, weil sie oft wenig Verständnis haben, wenn die Schüler nicht hochmotiviert sind. Auch mit der Dynamik einer Klasse können manche schlechter umgehen als ausgebildete Pädagogen, die sich schließlich mal BEWUSST dazu entschieden haben, Kindern und Jugendlichen beruflich Wissen vermitteln und sie begleiten zu wollen.
Aber das ist auch allgemein betrachtet. Du kannst im Vorhinein nicht absehen, wie sich dein Kind an einer neuen Schule entwickeln wird.
Zu deinen Fragen: Es ist NICHT deine Aufgabe, dein Kind ständig zu motivieren. Es klappt entweder, oder nicht, und die Eltern haben wesentlich weniger Einfluss darauf, als die Lehrpersonen und die Klassenkameraden. Da ist völlig egal, ob auf der Schule außen "Gymnasium" oder "Mittelschule" draufsteht. Wenn sich konkrete Probleme ergeben sollten reicht es, wenn du überlegst, wie du damit umgehst. Frei nach dem Motto "Ich krantze mich erst, wenn es juckt!"
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In meinem Freundeskreis kenne ich drei Kinder, die nach Mittelschulbesuch in den vergangenen Jahren erfolgreich maturiert haben. Da ist also auch alles offen.
Re: Mittelschule bei Hochbegabung - was meint ihr?
Verfasst: Mi 8. Mai 2024, 11:38
von Rabaukenmama
Nachtrag: gerade kluge Kinder, die nicht gut mitarbeiten, haben es oft an Gymnasien besonders schwer. Gymnasien wollen Hochleister, egal, ob hochbegabt oder nicht. Hochmotiverte Herdentierchen sind dort willkommen. Schüler, die langweilige Aufgaben nicht machen, weil sie die Sachen ohnehin schon können, passen nicht ins Konzept.
Wenn dein Kind schon in der Grundschule oft die HÜs nicht gemacht hat, kannst du davon ausgehen, dass es damit am Gymnasium massive Schwierigkeiten hätte (bei Mittelschulen wird das nicht IMMER so eng gesehen).
Re: Mittelschule bei Hochbegabung - was meint ihr?
Verfasst: Do 16. Mai 2024, 10:23
von Katze_keine_Ahnung
Hallo Rabaukenmama,
die Zeiten haben sich geändert. In der 7. Klasse meines Sohnes, der ein Gymnasium besucht, ist ein großer Teil der Kinder unmotiviert, und vom Verhalten im Unterricht eher schwierig. Im Englisch ist es so laut, dass der Lehrer sich beschwerte, er könne die Schüler nicht ausfragen, weil er sie akustisch nicht verstehe. Der Notenschnitt nach Schulaufgaben liegt nicht selten über 3,5. Die Kinder kommen alle trotzdem durch, nach der 6. hat keiner die Klasse verlassen müssen.
Hallo Dani,
Wenn es von der Intelligenz passt, und keine substantielle Teilleistungsschwächen bestehen, finde ich die Hauptschule für ein gut begabtes, aber bequemes Kind nicht optimal. Diese Kinder haben eine Tendenz zur Mitte und neigen dazu bei jeder Art der Anforderung lieber die Hälfte als das Ganze zu machen. Ein Gymnasium bietet neben dem Unterricht auch eine Menge außercurriculären Aktivitäten, wie AGs, Projekte und Klassenfahrten, die an der Mittelschule nicht zu finden sind.
Ich stimme der Rabaukenmama zu. Die Lehrer dort können besser mit Problemen umgehen, als die Gymnasiallehrer. Aber auch sie haben ihre Grenzen, und eine individuelle Förderung und permanente Motivationsschübe wird es auch da wahrscheinlich nicht geben. Gibt es denn bei euch gar keine Alternative zur Mittelschule? Alternative Schulformen?
Re: Mittelschule bei Hochbegabung - was meint ihr?
Verfasst: Fr 28. Jun 2024, 18:27
von Dani0815
Hallo,
Tut mir leid wegen der späten Antwort.
Danke für das Feedback - ich kann mich mit allen Punkten identifizieren.
Normal kluge, fleissige Kinder sind am erfolgreichsten im Gym bei uns. Mein Sohn ist das nicht, und hätte daher möglicherweise schnell Probleme. Andererseits kommt er mit Frontalunterricht und Prüfungen am besten zurecht, und mit Projekten, Mitarbeit um der Mitarbeit willen usw eher nicht.
Wahrscheinlich orientiert es sich an der Klasse, und in der Mittelschule kann das heissen, dass er noch weniger tut. Wenn er sich motiviert fühlt und mit seiner Intelligenz glänzen kann spornt ihn das eher an.
Naja jetzt ist es eben so, seine Mittelschule ist ganz ok, kein Brennpunkt oder so. Durchaus auch gute Schüler gehen dorthin.
Ich hoffe, in den nächsten Jahren kommt noch mehr Vernunft, und er wechselt eben nach der 4. Mittelschule auf eine höhere Schule.
Unser Schulsystem hier in Ö kann man vergessen für begabte aber unangepasste Schüler - die aber genau die wären, die später Innovation und Wertschöpfungen bringen könnten.
Re: Mittelschule bei Hochbegabung - was meint ihr?
Verfasst: Fr 28. Jun 2024, 19:12
von Roadrunner
Hallo,
Ich bin nicht der Meinung, dass normal kluge, aber fleißige Kinder am Gym am erfolgreichsten sind. Fleißig vielleicht ja, aber man muss schon auch recht klug sein, um erfolgreich zu sein (sicher nicht unbedingt hochbegabt). Vielleicht ist hier auch die Frage, was man unter normal klug versteht. Kann sein, dass wir auch dasselbe meinen. Jedenfalls: Hochbegabte machen vielleicht nicht immer das beste Abitur (muss ja auch nicht das Ziel sein) aber nicht erfolgreich sind sie in der Regel auch nicht. Klar gibt es die Underachiever, aber das macht meines Erachtens einen kleineren Teil aus als diejenigen, die gut klarkommen.
Fakt ist sicher: Hat das Kind irgendeine Art Problem, ist es für ihn im normalen Schulsystem schwieriger. Es kommt aber natürlich auf die Lehrkräfte an, wie diese sich dann engagieren. Kleinere Klassen, z.B. in Privatschulen, sind da bestimmt besser.
Re: Mittelschule bei Hochbegabung - was meint ihr?
Verfasst: Do 4. Jul 2024, 19:18
von Dani0815
Ja, da meinen wir das selbe - mit "normal klug" meine ich schon kluge Kinder die aber nicht sehr viel mehr als eine Perzentie vom Durchschnitt abweichen. Das sind ja auch die meisten im Gym würde ich annehmen.
Ich denke auch, dass die meisten Hochbegabten schon zur Matura kommen, aber eben oft nicht so besonders gut oder leicht wie man vielleicht glauben würde anhand des IQs. Das Gym ist eben für "normal kluge" Kinder ausgelegt, und die können (fast) alles schaffen. Das ist eigentlich das beste, was einem passieren kann: im guten Drittel der Intelligenzverteilung, aber doch Teil einer homogenen Zielgruppe.