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erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Di 21. Jan 2020, 10:52
von Meine3
Hallo Ihr Lieben,

bei uns hat sich einiges getan.

Nach längeren interfamiliärer Diskussionen waren wir mit Sohnemann (7;3) gestern nochmal in einem Begabungszentrum zur Diagnostik (der Herr wurde uns vom DGhK empfohlen), da beim letzten Test, der vor rund einem Jahr war, das Testergebnis ja so dermaßen heterogen war, dass es nicht wirklich aussagekräftig war.´, wir aber weiterhin Probleme mit Sohnemann haben, sowohl mit gnadenloser Unterforderung in der Schule (die KL hat ihn sehr gut eingeschätzt und direkt auch nach Hochbegabung und ADHS gefragt?! Ist aber auch eher bei der Hochbegabung), als auch mit dem Sozialverhalten (schnelle Wut mit aggressiven Zügen gegenüber Kindern, reinreden und nicht abwarten können, Kinder korrigieren, wenn sie inhaltlich falsches antworten :oops: ).

Zudem ist dieser Mann insbesondere spezialisiert auf HB in Kombination mit ADHS und/oder Teilleistungsstörungen, sowie Kindern mit Hörminderung, was bei uns ja nicht zutrifft. Der Verdacht auf ADHS ist bei mir weiterhin vorhanden. Nur bei den Pädagogen, und Experten wird dies immer sehr schnell ausgeschlossen, da er sich dafür einfach zu gut konzentrieren könne...So auch dieser Experte. ADHS sei so gut wie ausgeschlossen, allerdings fällt ein übergroßer Perfektionismus auf, der ihn schon teilweise hindert und eine sehr geringe Impulskontrolle und damit verbundene große Ungeduld, die er, trotz großer Bemühungen sehr schlecht im Griff hat. So hat er teilweise mit dem Beginn der Aufgaben nicht mal abgewartet, bis der Tester den Startschuss gab :schwitz:, sondern vorher schon losgelegt, das nur als Beispiel...


Der Test fiel dieses Mal eindeutiger aus, da mein Sohn gut mitgemacht hat, ist aber weiterhin sehr heterogen, so dass die HB-Grenze knapp nicht erreicht wurde (zumindest wenn man nichts klammert, keine 5 Bonuspunkte gibt, etc.). Der Experte meinte dennoch, dass man bei unserem Jungen definitiv von einem hochbegabten Kind sprechen könne :gruebel: ...

Insgesamt hat er beim ersten drüber schauen (schriftliches Gutachten folgt) und schnellen summieren, einen Gesamt-IQ von 126, mit einer extremen Spitze im SV (150+...) und einem krassen "Absacker" in der Verarbeitungsgeschwindigkeit (also wie bisher, nur dass SV und VG dieses Mal jeweils ein höher ausfielen, die Diskrepanz zwischen beiden Bereichen ist aber weiterhin enorm hoch). Ich war dieses Mal die gesamte Zeit über anwesend und das war für mich als Mutter auch sehr aufschlussreich :mrgreen: .

Mein Sohn hat nach ca 30-45 Minuten DEUTLICH an Konzentration verloren, bzw. war diese eigentlich nicht mehr vorhanden, der VG-Test war einer der letzten Tests, da hat er auch ständig gegähnt und war echt fertig. Zudem hat er mit der Feinmotorik einfach echt so seine Mühe, das hat auch der Experte bemerkt.

Allerdings kam nach einer kurzen Pause nochmal 2 Untertests zu anderen Themen, in denen er ausgesprochen gut war (HB) und zwar einen zum fluiden schlussfolgern und einen zum visuell-räumlichen Verarbeiten. Hierbei hat mein Sohn wirklich gar nicht mehr richtig hingeschaut, ist nur noch auf dem Stuhl hin und her gerutscht, die Augen sind die ganze Zeit umher geirrt, es war sogar als Zuschauer schon echt anstrengend :schwitz: und er war eigentlich überhaupt nicht mehr bei der Sache :oops:. Ich habe mich echt gewundert, wie er mit der (nicht vorhandenen) Konzentration dann noch so ein Ergebnis raushaut. Auch der Experte meinte, wir hätten nun zwar alles aus ihm rausgeholt, was zu diesem Zeitpunkt möglich war, sah aber in den Bereichen (fluides schlussfolgern und räumlich-visuelle Wahrnehmung) noch sehr viel Potenzial (unter besseren Bedingungen, sprich: konzentriert).

Was dem Experten aufgestoßen ist, ist folgendes:

Mein Sohn hatte beim1. Test (Mosaik-Würfel/visuell-räumliches Wahrnehmen) mit voller Konzentration aber dafür großer Aufregung nicht gut abgeschnitten (105 IQ Punkte oder so?!) im Vergleich zum Rest, beim Test, der ebenfalls visuell-räumliche Wahrnehmung abfragt, aber 2dimensional eben ausgesprochen gut ( HB- obwohl dieser, wie gesagt am Ende und mit nur noch ca. 20% Konzentrationsfähigkeit absolviert wurde). Er meint, das sei sehr ungewöhnlich, dass zwei Untertests, die die selben kognitiven Fähigkeiten abfragen, so unterschiedlich ausfallen, zumal es nicht an der Konzentration gelegen haben kann, da der zweite Test ja der weitaus bessere war, und wir sollten unbedingt die visuelle Wahrnehmung, speziell die 3-dimensionale untersuchen lassen. Dabei war die Diskrepanz garnicht soo groß (ich weiß die Zahlen nicht ganz genau, weil ich das alles auf dem Kopf lesen musste :lol:, aber es müssten knapp 25-30 IQ Punkte gewesen sein)...

Er hatte schon als Kleinkind große Probleme mit diesen Steckwürfel-Spielen, puzzeln (je bunter, desto schwieriger) ist auch nicht seine Stärke. Aber 3dimensionale Knobelspiele aus Metall oder Holz gelingen ihm in Sekundenschnelle und mühelos. Das passt irgendwie auch nicht. Ich vermute daher, dass ihm puzzeln und Mosaikwürfel nunmal einfach nicht liegen :lol:.


Insgesamt muss ich sagen, dass er doch sehr nervös war und gestern eher einen schlechten Tag hatte (SEHR unruhig, fahrig, ablenkbar), und ich daher sehr stolz bin, dass er sich da so durch gekämpft hat. Auf das Ergebnis kann man nicht stolz sein, das ist ja keine erworbene Leistung, aber darauf, dass er gut mitgearbeitet hat, was bei meinem Sohn leider nicht selbstverständlich ist

Der Fachmann hat den dringenden Tipp gegeben, mit ihm einen Ergotherapeuten aufzusuchen, um die geringe Impulskontrolle und die Konzentrationsfähigkeit zu steigern und geraten, er solle mehr Sport machen (er macht Taekima, Tischtennis und Parcour, reicht anscheinend noch nicht :roll: ). Desweiteren wäre eine andere Schulform (Montessori) sehr viel besser geeignet. Mein Sohn will aber partout nicht wechseln, da er seine Klassenlehrerin so mag und er endlich auch Freunde innerhalb der Klasse gefunden hat und sein bester Freund mit ihm in der selben Klasse ist.

Im Halbjahresgespräch, das ebenfalls vor ein paar Tagen war, haben sowohl die KL als auch die Mathelehrerin zurück gemeldet, dass er sozial oft schwierig sei, weil er eben ständig reinredet :roll: :roll: und mit den Antworten raus platzt, gleichzeitig aber eben enorm viel wisse und überall überdurchschnittliche Fähigkeiten besäße, bis auf Feinmotorik, was auch für beide Lehrerinnen letztendlich der Grund war, nicht nach ein paar Wochen schon den Sprung in die 2. Klasse vorzuschlagen.

Der Experte rät aber dringlich auf einen Sprung, zumindest in Mathe, da hier der Sohn am meisten gelangweilt scheint (obwohl seine Begabungsspitze deutlich im sprachlichen liegt) und ich solle dies mit dem Gutachten in der Hand unbedingt versuchen durchzuboxen. Ich stelle mir einen Sprung lediglich in einem Fach recht kompliziert vor :gruebel: . Wie geht das mit den unterschiedlichen Stundenplänen zusammen, was passiert, dann in den weiterführenden Klassen und am Ende in Klasse 4? Wo "springt" er dann hin?



Wie gesagt, ist für mich das Thema ADHS immer noch nicht vom Tisch, hier einige Gründe. Mein Sohn:

-große motorische Unruhe (er kann stillsitzen, zappelt aber dafür sehr aufffallend mit den Fingern oder dem Oberkörper und das PAUSENLOS, dieses Verhalten ist mal extrem ausgeprägt, dann gibt es wieder Phasen, in denen es fast nicht vorhanden ist, diese sind aber leider selten)

- kann sich nicht allein beschäftigen (zwar im selben Raum allein spielen oder lesen, aber auch das nur bedingt), sprich: es muss immer jemand da sein oder sich mit ihm beschäftigen, wenn man dies verweigert, wird er ungemütlich (wird aggressiv, fängt an massiv zu stören, oder weigert sich sclhicht)

-er ist oft sehr schnell auf "180", reagiert dann leider auch aggressiv (in der Schule mit schubsen, etc., zu Hause mit schreien und Türen knallen, gegenüber den Geschwistern auch mit schubsen und hauen. Dieses Verhalten zeigt sich erst seit dem Kindergartenwechsel letztes Jahr und wird zunehmend schlechter)

-er hält sich nicht an Regeln, eigentlich grundsätzlich nicht. Dieses Fehlverhalten hat im letzten halben Jahr stark zugenommen. Und nein: es ist nicht erzieherisches Versagen. Wir diskutieren, regulieren und es folgen auch Konsequenzen, bringt alles NICHTS. Er ist auch gewillt und sieht die Wichtigkeit von Regeln ein, nickt und sagt:" das verstehe ich, Mama", bricht dann aber 2 Sekunden später wieder die Regel (Beispiel nicht auf dem Sofa hüpfen und toben)

-er ist eigentlich grobmotorisch sehr geschickt (überdurchschnittlich) und verletzt sich selten (eher CONTRA), ABER: er verletzt sehr oft andere Kinder versehentlich (rennt sie um, fährt mit dem Fahrrad zu nah am Auto vorbei und fegt fast den Spiegel weg, trifft andere Kinder oder Dinge mit Gegenständen/Stöcken, mit denen er rumfuchtelt- hier kommt auch wieder die Thematik mit der visuellen Wahrnehmung im 3dimensionalen Raum auf. Ich erwähne das explizit im Vergleich mit anderen, gleichaltrigen Kindern, denen dies natürlich auch MAL passiert, meinem Sohn passiert es aber ständig und in hohem Ausmaß..)

-ihm fällt es sehr schwer die Grenzen anderer zu "erkennen". Ist er in seinem "Film" (beispiel jagen und kämpfen), dann merkt er nicht, wenn es dem Gegenüber zu viel wird, auch wenn das Gegenüber sehr deutlich Bescheid gibt! Dass er es nicht wissentlich "bösartig" tut, merkt man, dass er meist sehr zerknirscht wirkt, wenn er dann merkt, dass er jemandem weh getan hat oder das Gegenüber weint. Auch entschuldigt er sich dann meistens aufrichtig und reuevoll

- er ist unheimlich ungeduldig und kann dies trotz großer Bemühungen seinerseits (die man ihm stark anmerkt), nicht kontrollieren (sehr niedrige Impulskontrolle

CONTRA:

- er kann sich ziemlich gut konzentrieren, bspw. auch bei lärmenden Geschwistern, im selben Zimmer bekommt er seine Hausaufgaben hin ( er weigert sich allein in sein Zimmer zu gehen :roll: :roll: :roll: ), die Morgen- und Abendroutine läuft gut und schnell ab ohne große Probleme, er ist zwar unorganisiert, aber nicht vergesslich, wenn er was vergisst, dann ist es absichtlich ;).



Mein Mann ist nach diesem Gang zum Experten und einem erneuten "nein, der hat kein ADHS, der ist nur sehr begabt und unruhig" nicht mehr gewillt, dies weitergehend zu verfolgen. der Experte erklärt diese Verhaltensweisen damit, dass das heterogene Intelligenzprofil des Sohnes auch zu einem heterogenen, sprich unausgeglichenen Erleben für das Kind selbst führt. Dass bei ihm nur hochbegabte Kinder landen, die nicht "einfach mitschwimmen", sondern immer die "Sorgenkinder", die unangenehm auffallen... Er hat dies überzeugen dargestellt und gut argumentiert. Aber ganz ehrlich: ich komme mit unserem Sohn echt an meine Grenzen...


Was soll ich jetzt tun? Haben die Experten recht oder muss ich das Thema "Verhalten" weiter verfolgen? :gruebel:


Gruß,

Meine3

Re: erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Di 21. Jan 2020, 13:43
von alibaba
Schwierig, schwierig, schwierig ………

Egal wie hoch der IQ ist, hier sehe ich Schwierigkeiten auf Euch zukommen:
Meine3 hat geschrieben: -große motorische Unruhe
- kann sich nicht allein beschäftigen
-er ist oft sehr schnell auf "180", reagiert dann leider auch aggressiv
-er hält sich nicht an Regeln, eigentlich grundsätzlich nicht.
-er ist eigentlich grobmotorisch sehr geschickt (überdurchschnittlich) -ihm fällt es sehr schwer die Grenzen anderer zu "erkennen". Ist er in seinem "Film" (beispiel jagen und kämpfen), dann merkt er nicht, wenn es dem Gegenüber zu viel wird, auch wenn das Gegenüber sehr deutlich Bescheid gibt!
- er ist unheimlich ungeduldig und kann dies trotz großer Bemühungen seinerseits (die man ihm stark anmerkt), nicht kontrollieren (sehr niedrige Impulskontrolle
Ob sich das mit einem Sprung verändern würde? Würde sich das grundsätzlich anders darstellen, wenn er "ausgelasteter" wäre?

Was denke ich: Ergotherapie halte ich für eine gute Idee. Es gibt aber auch "Verhaltenstherapien" bei Kinder- und Jugendpsychiatern. Vielleicht solltet Ihr das mal angehen. Dafür benötigst du aber eine ÜW vom Kinderarzt. Da ist der Vorteil, dass man die länger bekommt als Ergotherapie mit ihren 10 Einheiten. Ihr solltet, wenn Ihr die Möglichkeit habt (wir hätten so etwas gar nicht) mal eine Schnupperwoche in der Montessorischule vereinbaren. Ihr könntet einen Sprung auf Probe versuchen, wenn man dadurch eine Besserung der obigen Problematik vermuten würde.

Die Angabe mehr Sport, mehr Input, mehr außerschulische Angebote, mehr Musik ….. finde ich eine Standardantwort, die haben wir nämlich auch bekommen, obwohl Kind hier schon 3xWoche Sport aktiv macht, mehrere Instrumente spielt und auch kognitiv ab und zu gefordert ist und der Tag nur 24 Stunden hat ;)

Wenn Ihr jetzt weitere Diagnostik ausschließt, wäre es auch egal, ob nun ADHS oder eben nicht. Dann müsst Ihr selber schauen (letzten Endes muss man das ja eh immer) wie gut Schule eben durchlaufen wird. Vielleicht relativieren sich ja die oben aufgeführten Probleme im Laufe des "Größerwerdens". Fakt ist, je weiter die Schule umso weniger Verständnis wird für etwas gezeigt wofür man keinen "Schwarz-auf-weiß-Beleg" hat.

Was ich euch aktuell auf jeden Fall auch anrate: Ergotherapie.

Re: erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Di 21. Jan 2020, 16:10
von Meine3
alibaba hat geschrieben:Schwierig, schwierig, schwierig ………

Egal wie hoch der IQ ist, hier sehe ich Schwierigkeiten auf Euch zukommen:
Meine3 hat geschrieben: -große motorische Unruhe
- kann sich nicht allein beschäftigen
-er ist oft sehr schnell auf "180", reagiert dann leider auch aggressiv
-er hält sich nicht an Regeln, eigentlich grundsätzlich nicht.
-er ist eigentlich grobmotorisch sehr geschickt (überdurchschnittlich) -ihm fällt es sehr schwer die Grenzen anderer zu "erkennen". Ist er in seinem "Film" (beispiel jagen und kämpfen), dann merkt er nicht, wenn es dem Gegenüber zu viel wird, auch wenn das Gegenüber sehr deutlich Bescheid gibt!
- er ist unheimlich ungeduldig und kann dies trotz großer Bemühungen seinerseits (die man ihm stark anmerkt), nicht kontrollieren (sehr niedrige Impulskontrolle
Ob sich das mit einem Sprung verändern würde? Würde sich das grundsätzlich anders darstellen, wenn er "ausgelasteter" wäre?

Was denke ich: Ergotherapie halte ich für eine gute Idee. Es gibt aber auch "Verhaltenstherapien" bei Kinder- und Jugendpsychiatern. Vielleicht solltet Ihr das mal angehen. Dafür benötigst du aber eine ÜW vom Kinderarzt. Da ist der Vorteil, dass man die länger bekommt als Ergotherapie mit ihren 10 Einheiten. Ihr solltet, wenn Ihr die Möglichkeit habt (wir hätten so etwas gar nicht) mal eine Schnupperwoche in der Montessorischule vereinbaren. Ihr könntet einen Sprung auf Probe versuchen, wenn man dadurch eine Besserung der obigen Problematik vermuten würde.

Die Angabe mehr Sport, mehr Input, mehr außerschulische Angebote, mehr Musik ….. finde ich eine Standardantwort, die haben wir nämlich auch bekommen, obwohl Kind hier schon 3xWoche Sport aktiv macht, mehrere Instrumente spielt und auch kognitiv ab und zu gefordert ist und der Tag nur 24 Stunden hat ;)

Wenn Ihr jetzt weitere Diagnostik ausschließt, wäre es auch egal, ob nun ADHS oder eben nicht. Dann müsst Ihr selber schauen (letzten Endes muss man das ja eh immer) wie gut Schule eben durchlaufen wird. Vielleicht relativieren sich ja die oben aufgeführten Probleme im Laufe des "Größerwerdens". Fakt ist, je weiter die Schule umso weniger Verständnis wird für etwas gezeigt wofür man keinen "Schwarz-auf-weiß-Beleg" hat.

Was ich euch aktuell auf jeden Fall auch anrate: Ergotherapie.
Hallo alibaba,

mit dem Sprung in Mathe würden sich sicherlich nicht alle Verhaltensauffälligkeiten in Luft auflösen, so zumindest meine bescheidene Meinung als Mutter. Ich denke, es würde die große Frustration und die extreme Mathe-Unlust, die er in dem halben Jahr Schule bereits aufgebaut hat (bei vorher großem intrinsischem Interesse und hohem Wissensstand, gemessen am Alter) aber recht sicher schonmal "lösen". Nur stelle ich mir es eben nicht so einfach vor, rein organisatorisch. Da es die Lehrerin in Mathe aber von sich aus schon angedacht (und dann wieder verworfen) hatte, ist es wohl prinzipiell möglich.

Wir bekommen natürlich noch ein schriftliches Gutachten. Somit haben wir dann auch was schwarz-auf-weiß. Er meint, er wird es so formulieren, dass ich in der Schule damit weiterkomme, notfalls könne er auch zum Gespräch mitkommen. Er argumentiert das mit dem inhomogenen Profil (dass durch die Inhomegnität ja der Durchschnitt erheblich gedrückt wird) und der extremen Begabung im gesamten sprachlichen Bereich und im fluiden Denken :gruebel: ... Der Mann ist also wirklich engagiert und überzeugt, dass Sohnemann mehr gefordert werden muss und das einige Probleme auch lösen wird.

'Ergotherapie: ich werde mich auf jeden Fall darum bemühen, Versuch macht klug... Was die Psychotherapie angeht: da spielt mein Mann nicht mit. Der ist jetzt durch mit dem Thema Psychologen und co :roll:. WENN (was ich nicht hoffe!!), sich die Probleme drastisch verschlimmern würden, so wäre er da eventuell wieder gesprächsbereit. Aber als ich gestern vorsichtig angesetzt habe, dass wir das soziale Verhalten weiter beleuchten sollten, hat er sofort abgeblockt und gemeint, dass der Experte nun doch meinte, dass sich vieles mit dem inhomogenen Intelligenzprofil erklären lasse und das übrige einfach Charaktersache wäre. Mag ja sein, aber sein Verhalten ist nunmal einfach phasenweise sehr (!) auffällig und dann auch belastend für ihn selbst und die gesamte Umwelt. Dadurch, dass es immer wieder Phasen gibt, wo Sohnemann durchaus wie ein neurotypisches Kind agiert, ist man ja selbst auch immer wieder am zweifeln...

Die Zeit wird es bringen. Danke für deinen Input. Hattet ihr auch Ergotherapeuten und hat es euch geholfen?

Re: erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Di 21. Jan 2020, 17:31
von Rabaukenmama
Hallo meine3!

Ganz ehrlich - beim deiner Beschreibung deines Sohnes dachte ich echt die ganze Zeit, es ginge um MEINEN älteren Sohn. Kein einziger Punkt, den du beschreibst, trifft auf meinen Sohn NICHT zu - und der hat gesicherte Diagnosen für ADHS und Asperger Autimus.

Selbst die IQ-Tests schauen fast gleich aus: extreme Spitze in SV (150+) und individuelle Schwächen bei VG (91). Alles andere im überdurchschnittlichen Bereich (115-130) oder im oberen Durchschnitt (100-115) - rechnerischer Gesamt-IQ 118, trotz Totalverweigerung einiger Untertests, die er sicher gekonnt hätte...

Meiner Meinung nach (und auch laut Aussage unseres KJP und der Kinderpychologin) ist das ein typisches Ergebnis für ein kluges, wahrnehmungsauffälliges Kind. Ob die Auffälligkeit jetzt ADHS, ASS, AVWS oder eine Kombi davon ist, bedarf näheren Hinsehens. Bei meinem Sohn sind es eben ASS und ADHS. Mit ADHS habe ich selbst Erfahrung (bin mittlerweile 100%ig sicher, selbst ADHS-lerin zu sein), mit Autismus hingegen nicht. Daher kann ich ziemlich gut abgrenzen, was von seinen Auffälligekeiten welcher Störung geschuldet ist. Niedrige Frustrationsschwelle, schnell-aufgeben, Konzentrationsprobleme und Perfektionismus kenne ich z.B. sehr gut aus meiner eigenen Kindheit. Daher schreibe ich das der ADHS zu.Was ich hingegen nicht hatte waren die immer wieder kehrenden sozialen Missverständnisse, die sich bei meinem Sohn wirklich wie ein roter Faden durchziehen. Da sehe ich die Ursache in der ASS - nur ist das alles halt eine blöde Kombi, die es meinem Sohn trotz seiner Intelligenz nicht gerade leicht macht, Anschluß zu finden und vor allem sich selbst wohl zu fühlen.

Wir haben beide Diagnosen (ASS und ADHS) erst spät bekommen, weil eine unfähige Psychologin im SPZ sowohl Autismus als auch ADHS kategorisch ausgeschlossen hatte. Nur sind die Probleme eben nicht besser geworden. Sie haben sich nur verändert. Klar, unser Sohn hat sich weiter entwickelt, einiges ist besser geworden, anderes aber mit zunehmenden Alter immer auffälliger. So braucht unsere Sohn heute (mit 9,10 Jahren) nicht mehr ständig jemanden, der sich mit ihm beschäftigt, auch wenn ihm das immer noch sehr wichtig ist. Aber er kann mittlerweile gut mit einem "Gerade habe ich keine Zeit, aber in einer halben Stunde bin ich ganz für dich da!" leben. Vor 2-3 Jahren hat das noch ganz anders ausgeschaut.

Was nicht besser geworden ist sind die sozial-emotionalen Schwierigkeiten, meistens resultierend aus "typisch autistischen" Mißverständnissen. Mein Sohn schafft es in ganz normalen, sozialen Situtionen einfach nicht, die Haltung der anderen (vor allem Kinder) einzuschätzen. Er irrt sich ständig, was zu - für Außenstehende - seltsamen Verhalten aus heiterem Himmel, führt. So kann z.B. nur ein mißverstandener Blick oder ein Lachen, welches gar nichts mit ihm zu tun hat, dazu führen, dass sich mein Sohn persönlich provoziert fühlt und seinerseits mit provokantem, aggressiven Verhalten "reagiert" - obwohl eigentlich gar nicht gewesen ist! Umgekehrt kann er auch mißverstehen, wenn er WIRKLICH provoziert wird und steigt dann auf Gespräche ein, wo er eigentlich nur vorgeführt wird - ohne es selbst zu bemerken. Generell glaubt er (immer noch) die Welt dreht sich um ihn. Wenn die Hortbetreuerin einen Ausflug plant, dann sicher nur, um IHN zu provozieren. Wenn mein Rad beim Service ist und ich ihn damit nicht ins Judo-Training fahren kann unterstellt er mir allen Ernstes, ich hätte mein Rad "absichtlich" genau JETZT zum Service gebracht, um ihn zu ärgern. Bei weiteren, ruhigen Gesprächen sieht er seinen Irrtum meistens schnell ein und kann sich auch entschuldigen. Aber die Erstreaktion ist fast immer verärgerte Abwehrhaltung mit brüllen, kreischen, protestieren und Anschuldigungen, ihm absichtlich Schlechtes zu wollen.

Wir haben einiges ausprobiert, darunter auch regelmäßige Termine bei einer Kinderpsychologin, Neurofeedback und Medikamente. Auf die Medis hat mein Sohn entweder überhaupt nicht oder mit extremen Nebenwirkungen reagiert, so dass wir sie nach Rücksprache mit unserem KJP schnell abgesetzt haben. Die Termine bei der Kinderpsychologin hatten auch nach 4 Monaten noch keine merkbaren Auswirkungen. Daher haben wir es schließlich aufgegeben. Hingegen hat sich durch Neurofeedback (natürlich privat zu zahlen :evil: ) das Hauptproblem Impulskontrolle schon nach einigen Einheiten merkbar gebessert. Wir werden den Block mit insgesamt 20 Einheiten noch fertig machen (bis jetzt hat er 12 gehabt) und dann hoffen, dass die Besserung nachhaltig ist.

Mein Sohn hat trotz sehr guter logisch-schlußfolgernder Intelligenz noch kein Verständnis für die ToM. Das ist in seinem Alter wirklich schon ungewöhnlich. Die meisten neurotypischen Kinder können sich spätestens mit Schuleintritt instinktiv in andere hineinversetzen. Mein Sohn kann es - instinktiv - eben nicht! Hingegen kann er es sehr gut in fiktiven Situationen, was den deutlichen Widerspruch zwischen abgefragtem und tatsächlichem Verhalten noch augenscheinlicher macht.

In seinem Befund der Kinderpsychologin steht z.B. der sehr treffenden Satz: "Die ansonsten festgestellten Defizite im verbalen Reflektieren von Alltagssituationen zeigt M.... in der Testsituation nicht. Er verfügt in der Theorie über weit überdurchschnittliche Fähigkeiten im sozialen Verständnis."

Meine3, weißt du, WAS bei deinem Sohn Auslöser für seine Emotionsausbrüche sind? Spricht er darüber? Hast du Vermutungen? Könnten es - wie bei meinem Sohn - einfach nur Missverständnisse sein, die sich neurotypischen Menschen gar nicht erschließen? Bei uns hat übrigens auch das WISSEN um beide Diagnosen geholfen, dass wir (mein Mann und ich) uns mittlerweile besser auf unseren Sohn einstellen können und keine Dinge mehr von ihm erwarten, die er durch seine Störungen einfach (noch) nicht kann. Das hat schon mal viel Druck auf beiden Seiten rausgenommen. Wie schon geschrieben scheint auch das Neurofeedback eine positive Wirkung zu haben. Es ist nicht so, dass KEINE Missverständnisse mehr auftreten, aber mein Sohn entwickelt immer öfter Strategien, auch ohne lautem Gebrüll oder Drohgebärden (richtig gewalttätig war er ja auch früher kaum) mit seinem Frust zurecht zu kommen.

Habt ihr - außer ADHS - auch schon mal ASS "auf dem Schirm" gehabt? Wenn du dich mal von Eltern-Seite über beides (ADHS und ASS) informieren willst, kann ich Dir das deutsche Forum "Rehakids" sehr empfehlen. Da gibt es zu beiden Störungen eigene Unterforen wo wirklich viele geballte Informationen in Form von Fallgeschichten aufliegen. Und vor allem sind da ganz viele Eltern von Kindern unterwegs, deren Kinder auf Grund von Diagnosefehlern erst mal keine oder falsche Diagnosen bekommen haben.

So, wie du deinen Sohn beschreibst, kann ich zwar nicht genau sagen, was es bei ihm ist. Das wäre auch ziemlich vermessen, nur von deiner Beschreibung her. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es nicht Teil einer ganz normalen kindlichen Entwicklung ist und sich auch nicht "auswachsen" wird. Von der Warte würde ich auf jeden Fall dran bleiben.

Den vorgeschlagenen Klassensprung würde ich erst mal hinten anstellen, vor allem vor dem Hintergrund, dass dein Sohn selbst nicht wechseln will und sich momentan in seiner Klasse wohl zu fühlen scheint. Gerade bei Kindern mit Besonderheiten ist das Gold wert! Und bei Wahrnehmungsstörungen, die ein schwieriges Sozialverhalten zur Folge haben, ist Akzeleration eher mit Vorsicht zu genießen. Denn ein Kind, welches ohnehin schon einen mehr oder weniger deutlichen sozial-emotionalen Rückstand gegenüber Gleichaltrigen hat, wird eher Schwierigkeiten damit haben, später mal noch ein Jahr früher an die nächsthöhere Schule zu wechseln.

Von der Intelligenz her hätte mein Sohn mindestens einen, vielleicht sogar zwei Klassensprünge locker geschafft. Aber mittlerweile bin ich mir sicher, dass ich ihn mit einem Wechsel ins Gymnasium (mit 8 oder 9 Jahren) hoffnungslos überfordert hätte. Es wird schon regulär schwer genug werden. Ich schätze meinen knapp 10jährigen Sohn von der Intelligenz her aktuell auf ca. 12 Jahre, sozial-emotional auf ca. 6-7 Jahre. Da gibt es keinen "idealen Mittelweg", wo sowohl Intelligenz als auch Reife optimal gefördert werden. Es ist immer ein Kompromiss. Ich bin mir nur ziemlich sicher, dass bei einem sozial-emotional auffälligen Kind, welches früher eingeschult wurde oder gesprungen ist, viel von seinem Verhalten von Außenstehenden fälschlicherweise auf Überforderung durch den Sprung bzw. die Akzeleration geschoben wird. Und darunter hat dann leider oft das Kind zu leiden.

Hingegen halte ich Klassensprünge bei sozial kompetenten Kindern, die auf Grund von Langeweile und Unterforderung in der Schule Verhaltensauffälligkeiten entwickeln, durchaus für einen guten Weg. Wer das Kind aber am besten kennt, sind die Eltern. Sie können einschätzen, ob das Kind generell sozial-emotional "hintennach" ist oder ob es eine Reaktion auf ein Mißfit ist. Bei generell unterdurchschnittlichem Sozialverhalten wird mMn durch einen Klassensprung nichts besser.

Re: erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Di 21. Jan 2020, 20:58
von sinus
...ich schließe mich Raubaukenmamas Hinweisen an an - das Kind, was du da beschreibst, scheint dem Sohn eines Freundes verdammt ähnlich.
Sehr begabt und (erst) mit 13 Jahren wurde ihm schließlich ASS attestiert.
Der IQ Test war übrigens auch nicht eindeutig auswertbar wegen größerer Differenzen.
Nach der Diagnose und entsprechender Behandlung (z.B. Verhaltensschulung/gezieltes soziales Training) und entsprechdene Information an Lehrer und Klasse, warum er so tickt, wie er tickt, (er-)ging es ihm deutlich besser.
(Inzwischen ist er 15)

PS: Seit Vater hat sich bei der ganzen Geschichte übrigens damals sehr stark wiedererkannt und er denkt, er gehört wohl auch ins Spektrum.
Er ist durchaus mitunter etwas "sonderbar", aber beruflich und privat erfolgreich und glücklich.
(Er ist Professor, hat sehr viele anspruchsvolle Hobbys, einen interessanten Freudenschreis, eine Familie...)

Re: erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Mi 22. Jan 2020, 09:21
von alibaba
Meine3 hat geschrieben: Hattet ihr auch Ergotherapeuten und hat es euch geholfen?
Ich finde Ergotherapie durchaus sinnvoll. Ob es hilft, das hängt ja immer von den Problemen ab. Ich schlug Dir das mehr vor unter dem Aspekt einer weiteren Begutachtung von einem "Profi" mit dem Hintergedanken, dass sich dein Mann eventuell dann davon überzeugen lässt, sich nicht gegen weitere Diagnostik zu wehren. Ich denke, das der Ergotherapeut da gezielt eine Vermittlerposition einnehmen kann. Immerhin sehen die tagtäglich viele individuelle Kinder.

Ergotherapie kostet Euch ja erst einmal nichts, außer natürlich die Zeit. Schlecht ist es auch nicht. Hilfreich insofern, dass Du dich noch einmal mit einer weiteren Person besprechen kannst. Aufgrund der Vielzahl von Problemen bei Euch, weiß ich aber letzten Endes nicht, ob es im klassischen Sinne helfen wird. Ich verband das dann doch eher eben mit dem oben genannten Hintergedanken. Denn bei den vielen Problemen wüsste ich nicht, ob ich still sitzen kann.

Was nun der Grund für diese vielen Auffälligkeiten sein könnte, da kann ich Dir nicht weiter helfen. Mit Spekulationen halte ich mich zurück.

Re: erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Mi 22. Jan 2020, 09:49
von Meine3
Hallo Rabaukenmama,

danke für deine ausführliche Antwort. Dass unsere Söhne (also dein Großer und mein Großer ;) ) einiges gemein zu haben scheinen, habe ich auch schon immer gedacht. Insbesondere als dann auch das Testergebnis deines Sohnes kam... Mein Sohn hatte ja letztes Jahr schon einmal einen Intelligenztest, der auch schon ähnlich war wie der jetzige, aber eben in einigen Untertests hatte er weniger IQ-Punkte, weil ihm a) nicht bewusst war, was er da überhaupt tut und b) die Verlockung, mit der KJP spielen zu können, wenn er die Aufgaben erledigt hat, bewirkt hat, dass er eben schnell gesagt hat " ich kann/mag nicht mehr" obwohl er noch nicht alles gezeigt hatte.

Natürlich habe ich mir auch schon Gedanken über Asperger gemacht, sogar recht intensiv. Das passt aber irgendwie einfach nicht. Es ist nicht so, dass ich mich dagegen sperre. Ich habe berechtigte Gründe, diese Wahrnehmungsstörung eher auszuschließen, bzw. zu vernachlässigen.

Abgesehen davon, dass ich bereits mehrere "Online-Tests" gemacht habe zu dem Thema und die alle durchweg zurück gemeldet haben, dass ASS sehr unwahrscheinlich ist, finde ich es einfach persönlich auch nicht besonders nahe liegend. ADHS hingegen schon. Ich bin kein Experte und natürlich kann ich das nicht voll umfänglich beurteilen. Aber die letzte Diagnostik (letztes Jahr als die Verhaltensauffälligkeiten in dieser Art und Weise anfingen) lief bei einer KJP, die auf Autismus spezialisiert ist, die auch bei einem befreundeten Kind meines Sohnes Autismus vermutet (der ebenfalls kein Autist ist, wie ein Laie ihn sich so vorstellt ;) ), bei unserem Sohn hingegen hat sie das überhaupt mit keiner Silbe erwähnt, ADHS zog sie schon in Betracht, war sich aber unsicher. Daher kam es zu keiner gesicherten Diagnose.


Mein Sohn kann auch, wenn er nicht grade ungestüm und wild ist (nur in solchen Situationen erkennt er die "Grenzen der anderen Person nicht, ansonsten erkennt er sie gut, respektiert sie aber nicht immer), die Gefühle anderer zu gut deuten, interpretieren und korrekt einordnen, übrigens auch seine eigenen sehr treffend...

Ein Beispiel: letztens hatte mein Vater Todestag. Ich habe das beiläufig erwähnt, ohne groß was dazu zu sagen oder zu zeigen, dass ich traurig bin. Mein Sohn spürte aber irgendwie, dass ich traurig bin. Er hat gefragt:" Gell Mama, das mit deinem Papa macht dich grade traurig?" und schlug dann vor, dass wir auf den Friedhof fahren (der leider in einer anderen Stadt liegt). Es ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass er Gefühle sehr gut erkennen und auch die Hintergründe, bzw. Zusammenhänge begreift. Letztens hat er ein Kind getröstet, dass sich weh getan hatte, als einziger in der gesamten Gruppe (Taekima). Eigentlich hat er eine gute Sozialkompetenz. Nur ist er einfach extrem ungestüm und temperamentvoll und hat sich in bestimmten Situationen sehr schlecht unter Kontrolle.

Seine "Wutanfälle" kommen in den meisten Fällen auch nicht aus dem NICHTS. Sie sind schon nachvollziehbar, nur ist die Reaktion einfach oft viel zu überzogen, zu heftig, zu intensiv.

'Natürlich missversteht er auch mal etwas. Zum Beispiel hat er heute morgen übellaunig (er war sehr unausgeschlafen) behauptet, seine 3-jährige Schwester hätte doch merken müssen, dass sie ihm auf die Haare steigt, wenn sie da lang läuft (er lag auf der Matratze, sie spazierte darauf herum), und dass es bestimmt Absicht war, aber das geschieht wie gesagt nicht ständig oder auffallend oft, dass er die Beweggründe missinterpretiert.


Im letzten Jahr meinte die KJP auch, dass er gut auf andere eingehen kann im Spiel, außer er wird von seiner Idee und dem Eifer des Spieles "davongetragen". Das beschreibt es auch recht gut. WENN es aber dann so ist, dass er in seinem Spiel ist (und meist ist das dann eine kämpferische Situation oder ähnliches), dann bemerkt er nicht, dass es dem Gegenüber zu wild, zu grob oder schlicht zu viel ist, bzw. geworden ist. Er springt auch oft meinen Mann an, ist allgemein in Umarmungen und Liebesbekundungen recht grob, kann das aber gut regulieren, wenn man kurz "lieb!" sagt. Nur im Spiel mit anderen Kindern oder wenn er mit Erwachsenen "kämpft", gekitzelt wird oder ähnliches, findet er kein Maß, und braucht ein extrem lautes (oft auch mehrfaches) STOPP, um aufzuhören und auch dann fällt es ihm sehr schwer, aus seinem , ich beschreibe es mal als Kampfmodus, wieder herauszukommen.

Schwierig zu erklären. Für mich ist er in vielerlei Hinsicht sehr auffällig, aber es ist phasenweise und im Moment ist es halt grade wieder schlimm...
Und dann gibt es wie gesagt Phasen, da benimmt er sich völlig normal. Immer noch wild, aber eben "normal"...

Ich denke, den Tipp von @alibaba, die Ergotherapie als Möglichkeit zu nutzen, eventuell das Verhalten nochmal anders zu beleuchten, macht durchaus Sinn und dagegen sperrt sich auch mein Mann nicht ;). Vielleicht gewinnen wir so mehr Klarheit wo die Reise mit unserem Sohn hingeht.

Danke dir!

Gruß, Meine3

Re: erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Mi 22. Jan 2020, 10:54
von Nimoe
Hallo Meine3,

Ergotherapeut halte ich auch für eine gute Idee. Hast du schon mal von sensorischer Integrationsstörung gehört? Vielleicht wäre es gut, wenn du einen Ergotherapeuten findest, der sich damit auskennt und das abklären könnte. Ich hoffe selber gerade, in absehbarer Zeit einen Termin zu bekommen. Meine Tochter reagiert im taktilen Bereich sehr empfindlich (Kleidung, Verletzungen, Berührung). Ich bin leider erst letzten Herbst auf diesen Begriff gestoßen, aber es würde bei ihr vieles erklären. Ihr Umgang damit ist auch sehr abhängig von ihrer Verfassung.

Selber haben wir noch keine Erfahrung mit Ergotherapie, aber mein Neffe war in Behandlung. Ihm hat es gefallen und meine Schwägerin war auch zufrieden mit dem Ergebnis.

LG

Re: erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Mi 22. Jan 2020, 11:39
von Meine3
sinus hat geschrieben:...ich schließe mich Raubaukenmamas Hinweisen an an - das Kind, was du da beschreibst, scheint dem Sohn eines Freundes verdammt ähnlich.
Sehr begabt und (erst) mit 13 Jahren wurde ihm schließlich ASS attestiert.
Der IQ Test war übrigens auch nicht eindeutig auswertbar wegen größerer Differenzen.
Nach der Diagnose und entsprechender Behandlung (z.B. Verhaltensschulung/gezieltes soziales Training) und entsprechdene Information an Lehrer und Klasse, warum er so tickt, wie er tickt, (er-)ging es ihm deutlich besser.
(Inzwischen ist er 15)

PS: Seit Vater hat sich bei der ganzen Geschichte übrigens damals sehr stark wiedererkannt und er denkt, er gehört wohl auch ins Spektrum.
Er ist durchaus mitunter etwas "sonderbar", aber beruflich und privat erfolgreich und glücklich.
(Er ist Professor, hat sehr viele anspruchsvolle Hobbys, einen interessanten Freudenschreis, eine Familie...)

Hallo Sinus,

ich habe keine Angst vor einer möglichen Autismus-Diagnose ;) . Ehrlich gesagt, wäre mir das, wenn ich wählen könnte :P , sogar lieber als ADHS. Aber er ist kein Autist, ziemlich sicher...

Zum einen waren wir letztes Jahr ja bei einer KJP, die auf Autismus spezialisiert ist und die nicht mit einer Silbe einen Verdacht in dieser Hinsicht geäußert hat, sehr wohl aber Anzeichen auf ADHS bemerkte und zum anderen passt alles was ich über Autisten weiß (erworbenes Wissen, aber auch praktische Erfahrungen mit "betroffenen" Menschen), nicht zu meinem Sohn. Dass er die Grenzen oft nicht wahrnimmt, damit ist nicht gemeint, dass er Gefühle nicht wahrnimmt, das kann er ziemlich gut, wenn er nicht grade im "Kampfmodus" ist. Er kann die Gefühle auch gut interpretieren und sich selbst erklären wo sie herkommen etc. Er ist trotz dieser ungestümen, oft unpassenden Art, mit der er aneckt, auch sehr sensibel und sozial kompetent. Beispielsweise ist er oft der einzige, der spürt und wahrnimmt, wenn es einem anderen nicht gut geht... Es passt einfach nicht...

Auch ADHSler fühlen sich schnell angegriffen und ticken deswegen schneller aus, als neurotypische Kinder. Auch ADHSler haben oft Probleme die Grenzen anderer zu akzeptieren, nicht aus Bösartigkeit oder weil sie es nicht sehen, sondern weil das eigene Bedürfnis (wild zu sein, zu kämpfen, sich auszutoben...) grade stärker ist als das Bedürfnis auf das Gegenüber einzugehen...

Re: erneuter Test und Ausschluss von ADHS

Verfasst: Mi 22. Jan 2020, 12:06
von Meine3
Nimoe hat geschrieben:Hallo Meine3,

Ergotherapeut halte ich auch für eine gute Idee. Hast du schon mal von sensorischer Integrationsstörung gehört? Vielleicht wäre es gut, wenn du einen Ergotherapeuten findest, der sich damit auskennt und das abklären könnte. Ich hoffe selber gerade, in absehbarer Zeit einen Termin zu bekommen. Meine Tochter reagiert im taktilen Bereich sehr empfindlich (Kleidung, Verletzungen, Berührung). Ich bin leider erst letzten Herbst auf diesen Begriff gestoßen, aber es würde bei ihr vieles erklären. Ihr Umgang damit ist auch sehr abhängig von ihrer Verfassung.

Selber haben wir noch keine Erfahrung mit Ergotherapie, aber mein Neffe war in Behandlung. Ihm hat es gefallen und meine Schwägerin war auch zufrieden mit dem Ergebnis.

LG

Hallo Nimoe,

das liest sich erst einmal interessant, aber es passen doch einige Punkte überhaupt nicht. Hier ein Ausschnitt von einer Internetseite, was auf betroffene Kinder zutreffen soll und meine Einschätzung dazu:

Auffällig werden die Kinder durch z.B.

verzögerte motorische Entwicklung --_grobmotorisch ist er eher weiter entwickelt, feinmotorisch verzögert
häufiges Stolpern oder Fallen, „Tolpatschigkeit“ --- er ist grobmotorisch sehr geschickt, nur Entfernungen scheint er nicht gut abschätzen zu können, so kommt es öfter beim spielerischen kämpfen mit Stöcken zu Unfällen oder beim rennen durch die Turnhalle mit vielen anderen Kindern...
Angst und Unsicherheiten beim Klettern oder Schaukeln --- er macht Parcour und ist ein echter Klettermaxe und grade im Bereich klettern überdurchschnittlich weit entwickelt

mangelndes Sozialverhalten, z.B. plötzliche Wutausbrüche, Aggressivität, Ängste und mangelndes Selbstvertrauen -- das passt, ist aber eben auch durch andere Wahrnehmungsstörungen zu erklären, wobei die Wutausbrüche immer eine erkennbare Ursache haben, nur das Ausmaß ist oft nicht verhältnismäßig

mangelnde Körpereigenwahrnehmung, z.B. falsches Abschätzen von Gefahrenquellen und fehlende Kraftdosierung ---JA, das passt total!
Ungeschicklichkeit beim Malen und im Umgang mit einem Stift, einer Schere oder Besteck / Werkzeug --- Umgang mit Schere und Stiften ist ungeschickt, mit Werkzeug normal...

Verspätete und unklare Entwicklung der Händigkeit --- er war von Anfang an ganz klar Linkshänder, das war schon als Säugling ersichtlich

Mangelnde Konzentration und Aufmerksamkeit, wenig Ausdauer sich mit Spielen auseinanderzusetzen --- nein, er kann sehr konzentriert und lang spielen, WENN er nicht allein dabei ist. Manches klappt auch allein ganz gut (Gravitax zum Beispiel), aber leider viel zu selten

Schulische Leistungsfähigkeit ist behindert, z.B. Teilleistungsstörungen, Lese-Rechtschreibschwäche und Legasthenie
Dyskalkulie --- liegt nicht vor (lesen sehr gut, rechnen Stand Anfang 2. Klasse in Klasse 1)
Sprachliche Entwicklung ist verzögert --- gegenteilig! Er hat hier wie gesagt einen IQ von 150+ im Sprachverständnis und hat sehr früh gesprochen
Geräuschempfindlichkeiten --- ja, außer es geht um seine eigenen lauten Geräusche, die kann er gut ertragen :P

Wie du siehst, passt das erstmal nicht so wirklich...

Ich danke dir trotzdem für deinen Input und das mit der Ergotherapie machen wir in jedem Fall.