sinus hat geschrieben:Hallo meine3. Wie gehts dir jetzt mit dem Ergebnis? Wird das schulisch was ändern? Weiß die Lehrerin jetzt schon Bescheid? Wenn ja - wie hat sie reagiert?
Hallo Sinus,
Versuch 3 dir zu antworten.
Da ich bei "wie gehts dir? Und wie hat die KL reagiert? Etwas ausholen muss, wurde ich zwischenzeitlich immer von meinen Kindern unterbrochen und konnte die Nachricht nicht zu Ende schreiben:
Nun habe ich alles erst in einem Word-Dokument geschrieben, da kann man bei Unterbrechungen weiterschreiben und muss nicht von vorn anfangen.
Also, zu Frage 1.
Mir geht es tatsächlich besser. Zuvor hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, ICH sei das Problem, nur ich sähe, dass mein Sohn nicht einfach einen miesen Charakter hat, sondern das eine reale Ursache hat. ES klingt vielleicht egoistisch, aber bestätigt zu bekommen, was man 2,5 Jahre lang sieht und gegenüber jedem „kämpfen“ muss fürs Kind (auch gegenüber dem Mann teilweise), damit dem Kind geholfen wird, das ist schon wirklich sehr ermüdend und diese rein psychische Last, „gaga“ zu sein und umsonst gegen Windmühlen zu kämpfen, ist von mir abgefallen. Ich gebe mir nicht mehr jeden Abend beim zu Bett gehen die Schuld für das miserable Verhalten meines Kindes. Ich weiß nun woher es kommt, kann die richtige Fachlektüre lesen, kann Elterngruppen besuchen, mich austauschen und anfangen zu akzeptieren. Auch für meinen Mann ist das grade eine sehr aufregende Zeit. Er war ja lange noch der Meinung unser Sohn sei völlig „normal“, nur weil ER als Kind ganz genau so war. Irgendwann hat er dann gemerkt, dass unser Sohn in vielen Situationen aber komplett anders reagiert und agiert als andere Kinder und dass er selbst wohl auch die selben zu Grunde liegenden Defizite hat wie mein Sohn.
Und dass er dadurch einen negativen Stempel kriegen könnte oder ähnliches: diese Angst habe ich längst nicht mehr. Denn den Stempel hat er längst
(. Mit einer Diagnose hat man wenigsten noch eine Begründung (die die wenigsten interessiert, daher hilft das einem am meisten selbst).
Mein Mann und ich können beide verständnisvoller sein, seit wir wissen, dass er wirklich in vielen Situationen sein bestes gibt und er nicht mit Absicht so „schwierig“ ist.
Wir haben bereits vor der Rückmeldung durch die KJP mit einem Chip-System begonnen zu Hause, was wir eigentlich „doof“ finden, weil wir mehr so in Richtung gewaltfreie Kommunikation gehen, aber bei unserem Sohn bringt das nunmal nichts mit der gewaltfreien Kommunikation (was ja schon frustig genug ist). Dieses Chip-SYstem belohnt richtiges Verhalten in Situationen, die schon mehrfach (oft über JAHRE) lang immer wieder besprochen wurden und die Regeln mehr als klar sind und dennoch für ihn schwer einzuhalten sind, die er also in Vergangenheit immer wieder in massiven Ausmaß misachtet hat (versehentlich). Wenn er es schafft, sich an die Regeln zu halten, bekommt er einen Chip. Missachtet er sie, kommt ein Chip weg. Zudem gibt es Chips für Helfen bei ihm unliebsamen Arbeiten, wie gute Mitarbeit beim homeschooling (ein guter Tag in der Schule), den Müll rausbringen, den Tisch decken. Wenn er das nicht macht oder hinbekommt, gibt’s keinen Abzug, das ist lediglich ein Bonus.
Es ist bescheuert, aber es hilft bislang überraschend gut. Ich bin gespannt wie lange. Die Belohnungen sind aber eben auch „cool“ (PC-Zeit oder Abend-Fernsehzeit mit den Eltern ohne Geschwister, was grundsätzlich alle Kinder ab 8 ab und zu bekommen, aber im Moment ist es für ihn eben ein Highlight mit Mama und Papa abends noch einen Film zu schauen). Im Normalfall gibt’s bei uns beides nur in ganz homöopathischen Dosen.Wir haben ihm gesagt, dass, wenn er es dauerhaft schafft, sich an die Regeln zu halten, wir das Chip-System wieder abschaffen und er dann feste Zeiten PC und Fernsehzeit mit den Eltern bekommt.Es soll ihm nur helfen, die Regeln zu verinnerlichen. Derzeit gibt’s das für ihn nur, wenn das Verhalten passt.
Wie gesagt, eigentlich mögen wir sowas nicht. Aber Kinder mit ADHS brauchen oft eine zusätzliche Motivation, sich an Regeln zu halten, die sie selbst unsinnig finden (z.B. Treppe nicht runter rasen, darauf niemanden überholen) und es scheint zu klappen.
Dann kam die vorläufige (noch nicht vollständige?) Diagnose und ich erzählte derKJP von unserem Chip-System. Die KJP war total begeistert, da sie sowas uns ohnehin vorgeschlagen hätte.
Zu Frage 2 und 3: Was die KL so sagt: nun, sie ist überaus höflich, umgänglich und freundlich. Sie ist eine wirklich sehr gute Lehrerin. Sozial und pädagogisch sehr kompetent. Nur das mit dem differentierten Unterrichtsstoff ist sehr begrenzt. Sozial geht sie schon jetzt sehr differenziert auf ihn ein. Er sitzt bei ihr vorne, allein. Sie berührt ihn, wenn er wieder zu viel vor sich hin murmelt oder kaspert oder träumt. Sie erinnert ihn öfter an seine Schulsachen als andere Kinder, er darf sich Auszeiten nehmen und kurz vor die Tür (ist derzeit problematisch, weil er zuletzt dann draußen Unfug gemacht hat), sie hat Kopfhörer ausprobiert (führt leider dazu, dass er lauter wird, anstatt lauter. Für ihn gut, für den Rest der Klasse doof). Sie bat mich, wenn ich Ideen habe, die ihr jederzeit mitzuteilen, damit sie es ausprobieren kann (sofern es umsetzbar ist). Ansonsten hat sie schon klar zu verstehen gegeben, dass SIE es für besser hält, wenn der Sohn entweder medikamentös eingestellt wird oder aber die Schule wechselt und am besten fände sie eine Schulbegleitung (die wir recht sicher mit einer Einzeldiagnose ADHS nicht erhalten). Sie schilderte sehr ausführich, wie schwierig der Unterricht mit ihm sei, nicht nur für sie, vor allem auch für die anderen Schüler der Klasse. Die Pausensituation sei derzeit am belastendsten, denn er verletze entweder sich oder andere Kind, eigentlich täglich
. Es ist ihm immer ganz arg und furchtbar unangenehm und er ist immer sehr betroffen. Er macht es nicht absichtlich, er bemüht sich immer, aber es geht halt immer schief.
Mein Mann würde eher noch einen weiteren Schulwechsel probieren als ihm Medis geben, ich gehe da eher nach dem Wunsch meines Sohnes, der UNBEDINGT an dieser Schule bleiben möchte und tendiere daher eher dazu, Medis auszuprobieren und den Schulwechsel nur anzustreben, wenn die Medis nicht greifen oder ihm nicht gut tun.
Also danke der Nachfrage, du siehst, es geht viel im Kopf rum und ist viel los.
Ich vermute, dass wir noch eine ASS-Diagnose erhalten, zumindest den VERDACHT darauf. Denn sein soziales Verhalten ist tatsächlich sehr oft begründet auf Misverständnissen oder schlicht Unverständnis gegenüber der anderen Person. Dieses "sich in andere hinein versetzen" ist für ihn sehr, sehr schwer. Mal sehen.
Grundsätzlich finde ich es wirklich undankbar, dass er einerseits mit so einem hellen Köpfchen gesegnet ist, gleichzeitig aber eben diese konträr dazu wirkenden Probleme hat.
Die KJP hat es ein wenig gewundert, dass beide "Experten" vorher das ADHS nicht gesehen haben
, es sei schon sehr deutlich...
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.