mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

hochbegabt oder ADS oder beides?
Meine3
Dauergast
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mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von Meine3 »

Hallo ihr Lieben,

mal wieder ein kleines Update zur aktuellen Lage bei uns.

Die KJP hat nun nach gründlicher Anamnese, Fragebögen und Beobachtung des Kindes einen Zwischenstatus abgeben:

sie geht mit großer Sicherheit davon aus, dass mein Sohn ADHS hat, zweifelt zwischenzeitlich das zweite IQ-Ergrbnis (IQ 128 mit SV bei 155+, VG und AGD hingegen „nur“ Ca. 100) auch nicht mehr an, nachdem sie Sohnemann in Aktion erlebt hat und wird noch weitere Diagnostik hinsichtlich ASS betreiben, da sie mittlerweile nachvollziehen kann, warum wir das zusätzlich in Betracht ziehen (meine Schwägerin und ich), bzw. nicht ausschließen.

Mein Sohn wird nun therapeutisch unterstützt. Auch das Thema Medis sprach sie an. Mein Mann ist aber zu 100% gegen Ritalin und co. Ich bin SEHR unschlüssig....Ich würde gern zuvor andere Maßnahmen ausprobieren wollen.

Abgesehen von Ergotherapie habe ich über Neuro-Feedback gehört. Wer kann mir dazu was erzählen? Auch über Kosten etc.... Wie ist eure Meinung zum Thema Medis? Ich spüre wie ich innerlich nicht mehr ganz so abgeneigt bin, da der Leidensdruck hier immer größer wird. In allen Bereichen...Habe aber Sorge, da diese Medis ja immerhin unter das BTM-Gesetz fallen und ich mich noch zu wenig auskenne.

Grüße von Meine3
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
2Cats2Kids
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Re: mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von 2Cats2Kids »

Bezüglich der Akzeptanz einer Medikation haben mir Aussagen von Betroffenen im Netz geholfen. Insbesondere die Beitrage von "How to ADHD" und der TedX-talk von Stephen Tonti haben mir mich berührt.
sinus
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Re: mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von sinus »

Hallo meine3. Wie gehts dir jetzt mit dem Ergebnis? Wird das schulisch was ändern? Weiß die Lehrerin jetzt schon Bescheid? Wenn ja - wie hat sie reagiert?
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Maca
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Re: mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von Maca »

Hallo meine3,

Die nahezu gesicherte Diagnose müsst ihr erstmal verdauen.
Dass dein Mann Methylphenidat erstmal kategorisch ablehn, muss ja nicht so bleiben. Es ist keine Wunderdroge, die bestmögliche Anpassung verlässlich generiert, kann aber den Leidensdruck (den du erwähnst) des Betroffenen lindern.
Bezüglich des Neurofeedbacks haben wir keine persönlichen Erfahrungen, im Austausch mit anderen Familien habe ich aber überwiegend positive Beurteilungen wahrgenommen. Der positive Effekt auf die Psyche, das Erleben von Selbstwirksamkeit und dass man durchaus gedankliche Handlungsmacht entwickeln kann, hat wohl einigen Kindern sehr gut getan. Ob das nachhaltig wirkt weiß ich natürlich nicht.

Meine Meinung zu einer eventuellen Medikamentengabe ist, dass ausschließlich der Leidensdruck des Kindes ausschlaggebend ist.
Methylphenidat ist eines der am besten erforschten Medikamente und gilt als ziemlich sicher.
Es kommt aber sehr häufig zu Wesensveränderungen ( bzw. zu Veränderungen der von außen wahrnehmbaren Emotionalität) und viele hyperaktive Adsler mögen das Gefühl des “Herunterfahrens“ nicht.
Meine Erfahrungen im Austausch mit anderen Eltern (Selbsthilfegruppe) war, dass die Medikamente vor allem bei Kindern mit schlechtem Selbstbild sehr hilfreich waren, ist dieses noch ausreichend stabil, darf man sich ruhig Zeit lassen und andere Dinge ausprobieren.

Meine ADS- Tochter war schon 12 als wir die gesicherte Diagnose erhielten und ihr Selbswerterleben war so extrem defizitär ausgerichtet, dass wir damals handeln mussten.
Bei ihr war der Zugriff auf ihre Ressourcen derart blockiert, dass sie ohne Medikation vielleicht dauerhaft absolut unzureichende Möglichkeiten der Potentialentfaltung gehabt hätte.
Die Kombination aus psychotherapeutischer Begleitung und Medikamentengabe haben sukzessive die angelegte gute Begabung für sie erst nutzbar werden lassen.

Heute ist sie in ihren Neigungsfächern und Leistungskursen noch auffälliger als ihr hochbegabter Bruder.
Die beiden im Doppelpack sind für MEIN Selbstwerterleben nicht förderlich. :mrgreen:

Das Verträumte, Chaotische, die hohe Ablenkbarkeit und die etwas unzureichende Alltagskompetenz sind aber leider nicht verschwunden und werden latent das Leben wohl immer etwas erschweren. :roll:

LG
Meine3
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Re: mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von Meine3 »

2Cats2Kids hat geschrieben:Bezüglich der Akzeptanz einer Medikation haben mir Aussagen von Betroffenen im Netz geholfen. Insbesondere die Beitrage von "How to ADHD" und der TedX-talk von Stephen Tonti haben mir mich berührt.

Hallo 2Cats2Kids,

danke für deinen Input. Ich werde mich mal auf englischen Seiten informieren. Ich habe grundsätzlich schon einiges an Theorie zum Thema ADHS (Netz, aber auch Fachlektüre, vor allem in Bezug auf die Abgrenzung zur Hochbegabung) gelesen und bin mir seit mein Sohn 6 ist schon eigentlich sicher gewesen, dass er ADHS hat. Da es aber einst mal recht harmlos begonnen hat, habe ich mich immer gegen Medikamente verwehrt. Mittleweile sind wir alle an einem Punkt, wo wir mal eine Verschnaufpause vom alltäglichen Wahnsinn mit einem hochbegabten ADHSler (und eventuell ist das nicht alles :schwitz: ) gebrauchen könnten.

Danke und Grüße
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Katze_keine_Ahnung
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Re: mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@Meine3

was sagt dein Mann zu dem Vorschlag sich auch durch die Fachliteratur erstmal zu informieren? Meine Meinung zu MPH hat sich geändert nachdem den Statement gelesen habe, dass im Gegensatz zur Laienmeinung, MPH sei an die Kinder verabreichte Droge, MPH zu einer niedrigeren Drogengefährdung von ADHSlern führt. Nicht nur dadurch, dass generelle innere Unruhe gemindert wird, sondern auch nicht unwesentlich durch die Verbesserung der sozialen Position und Erhöhung des Selbstwertes.

Wenn die Symptome nach der Gabe von MPH deutlich weniger werden, werdet ihr auch sehen können, ob und wie viel von ASS dabei ist.
Auguste
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Re: mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von Auguste »

Das hört sich ja so an, als ob ihr (trotz anfänglicher Skepsis) doch an eine kompetente KJP geraten seid.

Dass es die Diagnose ADHS nun "offiziell" gibt, ist doch in gewisser Hinsicht auch eine Erleichterung und Bestätigung für Dich, denn Du hast Dir nicht nur etwas eingebildet oder vorgemacht, da ist tatsächlich "etwas", was andere bisher nicht "sehen" konnten oder wollten.

Wenn ich mich recht erinnere, so war doch Dein Mann auch bei der erneuten Diagnostik eher zurückhaltend, bzw. wollte das nicht. Letztendlich hat er dann ja doch zugestimmt, weil er wohl auch gesehen hat, dass Euer Sohn und die ganze Familie leidet. Wahrscheinlich braucht Dein Mann jetzt einfach nur wieder Zeit und vor Allem Aufklärung, bevor er sich für das Thema Medikamente öffnen kann.

Was die Medis angeht, so weiß ich nur von einer Freundin, die das auch lange für ihren Sohn abgelehnt hat - bis es gar nicht mehr ging. Die ADHS Diagnose bekam er mit 8 Jahren (bei durchschnittlicher Intelligenz). Sie hat sich lange gegen die Medikamente gewehrt. Aber bei ihm haben Therapien nichts oder nur kurzfristigen Erfolg gebracht. Als der Junge 10 oder 11 Jahre alt war, haben sie die Medis probiert und bei ihm hatte es Erfolg. Er konnte in der Schule besser mithalten, die soziale Komponente wurde besser, weil er sein Verhalten besser im Griff hatte, in der Familie gab es weniger Stress. Der Junge war auch nicht "ausgeknockt" oder "ausgebremst" durch die Medis. Er konnte sich einfach besser konzentrieren, überhaupt seine Gedanken "sortieren", seine Gefühle besser reflektieren und steuern und stand nicht mehr ständig "unter Strom". In der Rückschau sagt die Freundin heute, sie hätte sich viel früher auf die Medikation einlassen sollen.

Das funktioniert natürlich nicht bei jedem so gut, aber einen Versuch ist es allemal wert, wenn Therapien und co. nichts oder nur wenig bringen.
Rabaukenmama
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Re: mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo Meine3!

Wir sind mit dem Ganzen, was du da beschreibst, schon "durch". Wir haben bei unserem ADHS-ASS-Sohn alles versucht: Kinderpsychologe, Verhaltenstherapie nach Mate Meo, Neurofeedback, Medikamente,...

...mein Fazit ist: Versuch und Irrtum! Den Luxus "gegen" was zu sein habe ich längst abgelegt. Wir haben ja zwei Autisten, einer mit zusätzlich ADHS und einer mit zusätzlich Gehörlosigkeit. Und es gibt immer wieder Tage, wo es uns allen schlecht geht und auch immer wieder mal "Auszucker" von mir :oops: .

Was Medikamente betrifft haben wir bei meinem älteren Sohn einiges ausprobiert und noch nicht das Gelbe vom Ei gefunden. Unretardiertes Ritalin hat (in steigender Dosierung) bei ihm gar keine Wirkung gezeigt und die retardierte Version mussten wir nach 2 Tagen wegen extremer Nebenwirkungen absetzen. Mittlerweile hat mein Sohn auch Risperidon ausprobiert, ein Medikament, mit dem wir bei seinem jüngeren Bruder sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Leider hatte das die Nebenwirkung "appetitanregend" und mein ohnehin schon übergewichtiger Sohn hat in nur zwei Wochen 3kg zugenommen. Spürbare Wirkung hatte es keine. Im Moment probiert mein Sohn ein anderes Medikament, welches von der Wirkungsweise ähnlich ist wie Risperidon, aber nicht so appetitanregend. Trotzdem hat er in den ersten Wochen noch 5kg zugenommen, aber das hat sich jetzt sein gut einem Monat eingependelt. Wirkung merken wir trotzdem keine, obwohl wir seit einigen Tagen nach Absprache mit unserem KJP die Dosis erhöht haben. Wenn sich trotzdem bis in 3 Wochen keine Wirkung zeigt werden wir das wieder absetzen.

Bei meinem jüngeren Sohn hingegen hat die Medikation eine wirklich DEUTLICHE Verbesserung gebracht. Sein Problem waren ja heftige, autistische Wutanfälle, sogenannte Meltdowns. Die sind durch die Medikation wirklich sehr viel weniger geworden: von 3-5 in am Tag in der schlimmsten Zeit auf aktuell 3-5 im Monat! Abgesehen davon erscheint mir mein Sohn durch das Medikament insgesamt ausgeglichener und aufnahmefähiger. Auch seine Persönlichkeit hat sich nicht verändert, eine Sache, die wir vor dem ausprobieren sehr befürchtet hatten. Wenn man auf den Beipackzettel des Medikamentes, welches alle diese positiven Veränderungen bewirkt, schaut, kommt einem das fürchten. Nur mein Sohn hat wirklich KEINE EINZIGE dieser Nebenwirkungen! Es ist echt sehr viel leichter geworden durch die Medikation.

Ein früherer Schulkamerad meines älteren Sohnes hat von unretardiertem Ritalin sehr profitiert. Der Junge hatte in der 1. und 2. Klasse Grundschule eine Schulbegleitung, brauchte dann aber keine mehr, weil er so gut auf das Ritalin angesprochen hat. Seine Mutter, eine Kinderärztin, hatte vorher alles mögliche andere versucht und sich erst für den Ritalin-Versuch entschieden als ihr Sohn vor Verzweiflung über sich selbst bitterlich geweint hat. Mittlerweile besucht dieser Junge die 3. Klasse Gymnsium ohne Schulbegleitung und nimmt das Ritalin nicht mehr regelmäßig sondern nur noch punktuell für Stresssituationen.

Daher hoffen wir ja auch beim älteren Sohn, noch was zu finden, was ihm und uns allen (die wir ja mitleiden) wirklich hilft. Und das kann man eben nur durch Versuch und Irrtum.

Neurofeedback hatte übrigens mMn durchaus einen positiven Effekt auf meinen älteren Sohn, nur war das ja dann durch den Lockdown nicht mehr möglich. Wir haben jetzt ein mobiles Neurofeedbackgerät zu Hause (kannst du auf "Brain Hero" googeln), nur leider gibt es da immer wieder technische Probleme, so dass wir es nicht so regelmäßig machen können wie ich es gerne würde (mein Sohn nicht, der findet es langeweilig :P ).

Mittlerweile ist er nebenbei noch beim 3. Kinderpsychologen und ich merke auch hier immer noch keinerlei positiven Effekt. Und man muss schon mindestens 10 bis 15 Einheiten machen um dann sagen zu können "bringt was" oder "bringt nichts".

Kurz, ich kann dir leider nicht viel raten, außer, es selbst auszuprobieren. Was fürs ausprobieren sprich ist, dass man das unretardierte Ritalin jederzeit absetzen kann und auch bei den retardierten Varianten (Ritalin LA, Concerta,...) wird ja erst mal niedrig dosiert und wenn so heftige Nebenwirkungen auftreten wie bei meinem Sohn setzt man es natürlich auch ab. Es entsteht also kein nachhaltiger Schaden.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Maca
Dauergast
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Re: mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von Maca »

koala27
Dauergast
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Registriert: So 31. Mai 2020, 18:26

Re: mein Sohn hat ADHS, nun offiziell...

Beitrag von koala27 »

Hallo Meine 3,

ich kenne einige Kids mit ADHS die gut mit Ritalin oder Medikinet zurechtgekommen sind.
Ein- damals 10 jähriger- war zum Einstellen extra in der KJP stationär- weil es anders wohl nicht ging.
Ich kenne aber auch Kinder, die dadurch so ruhig waren, dass sie im Grunde immer zu langsam für alles waren, was sie machen sollten.

Von daher kann man da sicher nur "ausprobieren" was hilft oder eben nicht.

Eine Bekannte von uns hat statt Ritalin- eben weil das unter BTM fällt- dann Zappelin ausprobiert und schwört darauf. zumindest bei ihrem Kind funktioniert das wohl sehr gut.
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