5 überspringen

ganz allgemein zu Hochbegabung und IQ, theoretisch und praktisch
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Willow77
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5 überspringen

Beitrag von Willow77 »

Hallo,

Ich hab mir da mal wieder ein paar Gedanken gemacht, die ich nicht geordnet bekomme.

Also, bei uns hier war es bisher so, dass es sehr schwierig für Kinder war, zu überspringen. Egal was sie schon alles konnten, egal was ein eventueller IQ-Test vorhergesagt hätte, überspringen war kaum möglich.

Nun scheint ein neuer Wind zu wehen. In der Jahrgangsstufe meiner Tochter sind dieses Jahr gleich 5 Mädchen (und 0 Jungen!) vom ersten Kindergartenjahr ins erste Schuljahr gesprungen! Meine Tochter versteht es nicht richtig. Ich glaube sie wäre auch gerne schon im 1. Schuljahr, allerdings glauben wir Eltern, dass dieses 2. Jahr Kindergarten ihr aber noch gut tut. Sie aber arbeitet jetzt im Kindergarten viel mehr, gibt sich deutlich mehr Mühe, ist deutlich schneller mit ihren "Aufgaben" fertig, was mir dann wieder zeigt, sie fühlt sich etwas zurückgelassen, da unter diesen 5 Mädchen gleich 3 gute Freundinnen von ihr sind.

Ich als Mutter stelle mir nun Fragen dazu. Wie machen sich Kinder denn generell, wenn sie überspringen. Und woran macht man das aus, ob ein Kind überspringen soll oder nicht? Ich meine, der IQ allein kann es ja nicht sein. Mein Sohn hätte damit allein nicht überlebt wenn er gesprungen wäre. Aber wenn der IQ nicht überdurchschnittlich ist, und diese Kinder nur im Augenblick etwas weiter sind als Gleichaltrige, wird sie die Realität dann nicht irgendwann einholen?? Wird das zu Lernende nicht irgendwann doch zu schwer für diese Kinder? Ich meine, als Lehrerin weiss ich was da bei uns als Wissen noch so alles verlangt wird bis ins 6 Schuljahr hinein. Das ist kein Zuckerschlecken! Und wie seht ihr, die ihr teilweise ja schon Erfahrung habt mit Kindern die Übersprungen haben, das: Sollten Kinder in dem Alter nicht doch noch Zeit zum Spielen haben? Und wie würde ich als Lehrerin später denn merken: Das Kind kann wirklich was, und es ist auch noch intelligent genug, UND spielen mag sie eh nicht mehr auf dem Niveau also soll sie ruhig springen - vs - Das ist ein ganz normal kluges Kind, die ist eigentlich gut da, wo sie ist, und es sind in dem Fall die Eltern die das mit dem Überspringen unbedingt wollen.

In der Schule meiner Kinder kenne ich nämlich mittlerweile die Kindergartenlehrerinnen, die haben das mit dem Überspringen dieser 5 Mädchen sicher nicht angezettelt. Ich habe den Verdacht, dass da die Eltern hinter dem Rücken der Lehrerinnen zum Inspektorat gegangen sind, und das dort eingefordert haben. (bei uns gibt es keine Schuldirektoren, es gibt Inspektoren, die solche Dinge gleich für viele Schulen gleichzeitig erledigen sollen, und die Vorgesetzten der Lehrerschaft sind). Gibt es das denn, so oft?? Eltern die das unbedingt wollen? Und was wird dann aus diesen Kindern? Ich meine hochbegabt sind ja wohl nicht gleich alle 5. Denn seltsamerweise kenne ich noch 2 Kinder aus der gleichen Jahrgangsstufe und der gleichen Schule hier, DIE würden das 1. Schuljahr auch locker schaffen. Meine Tochter vom reinen Intellektuellen her eigentlich auch, aber sie mag noch so sehr spielen...

Tut mir leid ich komme nur nicht aus dem Staunen raus. 5!

LG,
Willow77
mamma42
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Re: 5 überspringen

Beitrag von mamma42 »

Handelt es sich hier nicht um eine ggf. vorzeitige Einschulung oder ggf. (z.B.in Bayern) sogenannte Kannkinder? In welchem Bundesland seid ihr? Welche Regelungen gelten? Wenn die Kinder nur wenige Zeit nach dem Stichtag geboren sind (Kannkinder), dann ist frühere Einschulung nicht ungewöhnlich und und kommt sicher häufiger vor. Der IQ spielt da meist keine Rolle sodern eher der allgemeine Entwicklungsstand und andere Sachen, die in der Schule wichtiger sind (abwarten können, Durchhaltevermögen,sich etwas organisieren können,vielleicht auch der Wille, schulisches Lernen zu wollen). Springen würde ich in dem Fall nur sprechen, wenn im Laufe des ersten Schuljahres eingeschult wird, und das ist meistens gar nicht möglich. Wenn sich im Kindergarten die "Denke" der Erzieher geändert hat (z.B. durch Erzieherwechsel), dann würde icheher auf eine Elterndynamik tippen...
Edainwen
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Re: 5 überspringen

Beitrag von Edainwen »

Mein Sohn hat quasi auch das mittlere KiGa-Jahr übersprungen und wurde mit 5,3 eingeschult. Er wollte unbedingt in der Schule, durch die große Schwester wusste er auch, was auf ihn zukommt. Er ist jetzt in der 3. Klasse und bislang ist er nach wie vor dem Stoff Meilen voraus ....

In der Klasse über meiner Tochter waren damals auch 6 Kinder, die als Kann-Kinder (zwischen Oktober und Januar geboren) eingeschult wurden. Die sind mittlerweile alle 6. Klasse Gymnasium, auch wenn sie wahrscheinlich nicht alle hochbegabt waren. Meine Große ist jetzt ja in der 5. Klasse - also bisher konnte ich noch nicht feststellen, dass irgendwo besonders viel Wissen oder Lernaufwand erforderlich gewesen wäre, insofern sehe ich da keine Probleme ...

Mein Sohn findet und fand Schule übrigens deutlich besser als KiGa, da mehr Ruhe und Struktur. Und zum Spielen hat er immer noch genug Zeit :gruebel: ...
Ob das Kind wirklich was kann, kann man ja vielleicht daran sehen, wenn es Aufgaben, die deutlich über dem üblichen Niveau liegen, löst? Oder sich einfach für ganz andere Themen interessiert?

Im KiGa fiel mein Sohn nie auf - bis er dann als 4jähriger bei unserer speziellen Schule auch im Wahlangebot des KiGas in die Schule durfte. Dort löste er die Aufgaben für die 3.Klässler, schrieb kleine Referate und interessierte sich Null für den Käse, die die 1. und 2. Klässler verzapften sondern hing den 4. Klässlern bei ihren Vorträgen an den Lippen. Und die Erzieherinnen fielen fast vom Hocker und empfahlen trotz mangelnder Frustrationstoleranz den sofortigen Sprung in die Vorschulklasse, den wir bisher noch keinen einzigen Tag bereut haben.
Rabaukenmama
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Re: 5 überspringen

Beitrag von Rabaukenmama »

Wann am günstigsten eingeschult wird hängt immer von der Gesamtsituation ab, nie von einzelnen Faktoren wie z. B Alter, IQ oder sozialer Kompetenz. Das mit der "verlorenen Kindheit" (im Falle vorzeitiger Einschulung) ist genau so ein Vorurteil wie das mit dem "Hirnfutter" , welches ein kluges Kind angeblich nur bei vorzeitiger Einschulung in der Schule bekommen kann.

Vor allem ist wichtig, das tatsächliche Kind zu sehen und nicht die eigenen Wünsche, Vorstellungen oder Ängste auf das Kind zu projizieren. Die wenigsten Kinder sind bei ihrem Schulstart in allen Bereichen (kognitiv, sozial, emotional) voll fit. Müssen sie auch nicht sein, es zählt einfach alles zusammen. Nur auf Grund eines hohen IQ würde ich persönlich nicht vorzeitig einschulen, wenn der hohe IQ mit mindestes durchschnittlicher sozialer Kompetenz und Frusttoleranz auftritt, und das Kind außerdem von sich aus in die Schule will, durchaus.

Ich bin immer noch der Ansicht dass der Großteil der Eltern das eigene Kind ausreichend gut kennt um die Entscheidung wegen vorzeitiger oder regulärer Einschulung treffen zu können - jedenfalls eher, als irgendwelche Lehrer oder Psychologen, die das Kind maximal 2, 3 Stunden erleben ( meistens noch viel kürzer). Wie bei allen Eltern- Entscheidungen sind auch hier Irrtümer nicht ausgeschlossen. Aber meiner Meinung nach irren sich Eltern meistens dann, wenn sie eher Klischees und vorgefasste Meinungen folgen (egal in welche Richtung). Eltern, die tatsächlich das Kind anschauen und für sein Wohl auch bereit sind, eigene Ängste und Vorurteile zu überwinden, liegen meistens richtig.

Vor allem sollte man sich nicht von den verunsichern lassen, was ANDERE entscheiden. Die werden ihre Gründe haben, wie immer diese auch aussehen. Wenn sich das eigene Kind auf Grund seiner Beobachtung dann benachteiligt vorkommt sollte man genau hinhören. Ist der Wunsch, schon bald in die Schule zu kommen, wirklich so groß oder ist es vielmehr normale kindliche (nicht verwerfliche) Eifersucht nach dem Motto "Die xxx hat aber ein viel größeres Stück Torte bekommen" .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Bliss
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Re: 5 überspringen

Beitrag von Bliss »

Bei uns (Bayern) wird tendenziell immer noch viel mehr zurückgestellt als früh eingeschult.

In den Klassen meiner Kinder sind zwischen 3 und 7 Kinder, die zurückgestellt wurden und nur jeweils ein Kind, das nach dem Stichtag geboren wurde. 2 davon sind Kann-Kinder und eines ist früheingeschult.

Während eine Kann-Kind Einschulung relativ einfach geht, muss man für eine Früheinschulung schon einiges auf sich nehmen. Da müssen also die Eltern dahinterstehen.

Wie die Kinder zurechtkommen hängt glaub ich weniger vom Einschulungszeitpunkt, als von dem Temperament und der Arbeitseinstellung ab. Wenn ein Kind nicht damit zurecht kommt, auch mal langweilige Aufgaben zu erledigen, dann wirds das schwierig, egal wann eingeschult wird. Denn ein Jahr beschleunigen ändert wenig daran, dass manche Kinder einfach schneller verstehen als andere.
Maca
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Re: 5 überspringen

Beitrag von Maca »

Hallo willow,

Ich finde es toll, dass du dir als Lehrerin ernsthaft interessierte Gedanken zu diesem Thema machst und auch die Motivation im Einzefall im Blick hast.

Vor einigen Jahren ( noch vor der G8 Einführung :mrgreen: ) gab es in unserem unmittelbaren Umfeld ganz klar den Trend zur Früheinschulung , Klassensprung war auch ein wenig "in" kam aber weniger vor.

In der Klasse meiner Tochter sind zwei Kannkinder ( beides Mädchen, klar Jungen dürfen ja per se eher länger spielen ;) ) die noch Ende des Jahres 12 werden, während viele andere dann schon 13 werden.
Und ich muss ehrlich sagen, dass ich immer froh bin, wenn meine Tochter sich mit anderen Kindern verabredet.
Die Sozialkompetenz im Sinne von Kooperationsbereitschaft und Konfliktfähigkeit ist anders, als bei den älteren Mädchen.
Ob das am Alter liegt oder nur typbedingter Zufall ist, weiß ich natürlich nicht.
Kognitiv sind die Kinder eindeutig NICHT überfordert, emotional vielleicht schon eher.
Außerdem werden sie von den Klassenkameraden teilw. nicht vollständig akzeptiert. Das ist seit über zwei Jahren Thema bei jedem Elternabend, was einige Eltern stört. Das färbt dann wiederum auf die Kinder ab und die Konflikte zwischen den Mädchen bleiben.
Ein wenig mehr Aufeinanderzugehen, mehr Verständnis auch seitens der Eltern wäre hilfreich.
Klar geht manchmal Unterrichtszeit verloren, weil Streitigkeiten so hochkochen dass sie erstmal im Klassenverband verbal aufbereitet werden müssen. Einige Schüler und vor allem deren Eltern, haben dafür überhaupt kein Verständnis und würden die "unreifen" Kinder gerne loswerden.

Unser Sohn ist nach der 1. Klasse in die 3. gesprungen.
Das war unumgänglich, er ist aber auch "speziell" , saugt Wissen förmlich auf und ist nach wie vor kognitiv stark unterfordert. Seine Sozialkompetenz wurde im Zeugnis als " den Jahgangsanforderungen entsprechend" bezeichnet, also diesbezüglich passt er in seine Klassenstufe. Eine leichte Asperger - Symptomatik kommt noch hinzu, ist aber weitestgehend durch seinen Intellekt kompensiert .

Also grundsätzlich gibt es fürs Springen viele individuelle gute und weniger gute Gründe und ob es sinnvoll war, sieht man ja leider immer erst hinterher.
Obwohl ich nach wie vor nicht verstehe, warum man Kinder ohne akuten Leidensdruck springen lässt.

Als generelle Option, die man bei fitten Kindern einfach mal ausprobieren kann, vorausgesetzt die Noten stimmen, würde ich es nicht nutzen.

lg
Willow77
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Re: 5 überspringen

Beitrag von Willow77 »

Hallo an Alle,

Ich werde mal versuchen, allgemein zu antworten, da mir die Zeit einfach fehlt, auf eure lieben Antworten einzeln einzugehen:

Bei uns gab es das mit der vorzeitigen Einschulung von Kann-Kindern bisher nicht. Es galt immer das Stichdatum. Vorher Geburtstag = 1. Schuljahr, nachher Geburtstag = Kindergarten. Doch in der Tat handelt es sich bei diesen 5 Mädchen wohl um Kinder, die kurz nach diesem Stichdatum Geburtstag hatten, also im Laufe des 1. Trimesters 6 wurden. Das ist neu, dass manche Inspektoren das in unsrem kleinen Land (kein Bundesland, ein eigenständiges ganz kleines Land :-)) hier jetzt durchlassen. Das ist erst einmal gewöhnungsbedürftig für mich, auch als Lehrerin.

Bei manchen dieser Mädchen waren es aber sicherlich die (Eislauf)Eltern, die darauf bestanden, ihre Kinder schon einzuschulen. Und da frage ich mich dann halt, wie lange das gut gehen wird... Andererseits denke ich natürlich auch, dass Eltern ihre Kinder am Besten kennen, nur kenne ich auch die Kinder und ihre Eltern hier. Hier hat man das Gefühl, es müsste immer alles größer, schneller, besser sein, als bei den anderen. Mein Haus ist größer als deins / Mein Auto ist teurer als deins / Ich hab ne tollere Figur mit Markenklamotten drum herum / Ich spiele Tennis/Klavier/Golf, und duuuu? / Würde in diese Aufreihung nicht auch passen: mein Kind spielt Geige/Klavier/hat übersprungen/macht während allen Schulferien bei Sprachcamps mit/übt für den nächsten Marathon / ist besser als dein Kind???

Da kommen mir schon manchmal Gedanken, wie: Wenn alle anderen ihre Kinder so pushen, mache ich dann alles richtig mit meinen Kindern? Reicht es wirklich, das Kind mit seinen Fähigkeiten/Interessen wahr zu nehmen, oder sollten wir doch mehr Druck auf sie ausüben? Mehr von ihnen verlangen? Werden meine Kinder nachher ihren Platz in der Gesellschaft finden, glücklich sein, wenn ich sie jetzt tun lasse was sie wollen? Und was ist überhaupt Glück? ... Das ganze gekoppelt mit Zukunftsängsten. Immerhin ist es jetzt schon für viele fast unmöglich sich ein Eigenheim in unserem Land zu leisten. Meine Schwester und mein Bruder zum Beispiel wohnen über die Grenze, weil sie es sich hier gar nicht leisten können... Wie wird es dann für unsere Kinder sein, wenn sie nicht ganz vorne mitspielen wollen?

Naja, nur gut dass ich mir diese Gedanken nur manchmal mache und nur in meinem Kopf. Denn in Wahrheit würden meine Kinder, besonders mein Sohn sich sowieso nicht mehr pushen lassen. Er ist zu autonom und wehrt sich gegen jeden Druck von aussen. Er hat sich ja schon geändert, er tut ganz freiwillig und selbständig ein Minimum für die Schule. Nur wenn es ums mehr üben geht, für die Tests dann streikt er nach wie vor. Seine Lehrerin ist leider noch "von der alten Schule". Jede Woche ein Test, mal Mathe, mal Deutsch, mal Französisch, mit Bewertung, und Rechtschreibung als wichtigem Bestandteil,....

LG,
Willow77
alibaba

Re: 5 überspringen

Beitrag von alibaba »

Hallo willow,

ich würde mich nicht verrückt machen lassen. Hier geht die Tendenz eindeutig rückwärts, also lieber später als eher einschulen.

Das 5 Kinder springen, halte ich für ausgeschlossen. Es scheint sich dann bei euch um Kann-Kinder zu handeln. Das ist doch ok. Hat aber mit springen ja nichts zu tun. ;)

Hier gibt es immer wieder Kann-Kinder, manchmal ganz spontan und kurzfristig, manchmal länger geplant. Mit der Höhe des IQ hat das nichts zu tun. die Kinder die ich kenne, sind ganz normale Kinder. Jetzt aber diese Eltern als Eislaufmütter zu bezeichnen, das finde ich nicht angemessen. Jeder darf und soll seine eigene Entscheidung treffen. Ganz individuell. Neidvoll hinblicken muss man da nicht, das kommentieren aber auch nicht. Es juckt keinen ob man die Schule mit 17 oder 18 Jahren abschließt. Meine Kinder sind ganz junge Stichtagskinder, das ist nicht immer vorteilhaft, eigentlich gar nicht, wenn ich richtig drüber nach denke. Was bringt es meinen Kindern - nichts!

Ich bin, rückblickend, für eine entspannte Kigazeit. Zeit ohne Druck, Zeit zum spielen und einfach fürs Kindsein. Ich finde das absolut ok, wenn dein Kind noch ein Jahr im Kiga ist. Genießt diese Zeit.

VG
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2953
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: 5 überspringen

Beitrag von Rabaukenmama »

Willow77 hat geschrieben:Da kommen mir schon manchmal Gedanken, wie: Wenn alle anderen ihre Kinder so pushen, mache ich dann alles richtig mit meinen Kindern? Reicht es wirklich, das Kind mit seinen Fähigkeiten/Interessen wahr zu nehmen, oder sollten wir doch mehr Druck auf sie ausüben? Mehr von ihnen verlangen? Werden meine Kinder nachher ihren Platz in der Gesellschaft finden, glücklich sein, wenn ich sie jetzt tun lasse was sie wollen? Und was ist überhaupt Glück? ... Das ganze gekoppelt mit Zukunftsängsten. Immerhin ist es jetzt schon für viele fast unmöglich sich ein Eigenheim in unserem Land zu leisten. Meine Schwester und mein Bruder zum Beispiel wohnen über die Grenze, weil sie es sich hier gar nicht leisten können... Wie wird es dann für unsere Kinder sein, wenn sie nicht ganz vorne mitspielen wollen?
Ich finde schön und mutig dass du solche zweifelnden Gedanken hier teilst :) . Dazu fällt mir ein Zitat aus dem Lied "Einhandsegler" von Reinhard Mey ein, wo es heißt "du musst kreuzen gegen Dummheit und den Geist der Zeit". Es ist nur scheinbar einfach, sich nach dem zu richten, was die gefühlte "Mehrheit" macht - tatsächlich ist es gefährlich! Warum? Weil es den Anschein erweckt, es gäbe ein Patentrezept wie sich Kinder gut und gesund entwickeln können. Dabei gibt es das nicht und jedes Kind hat andere Bedürfnisse. Was ein Kind locker wegsteckt ist für das andere sehr belastend. Wo ein Kind sogar dringend braucht, gefordert zu werden, fühlt sich das andere nur dann sicher, wenn es hauptsächlich Aufgaben bekommt, die es sicher bewältigen kann.

Alles mit den eigenen Kindern "richtig" machen geht gar nicht. Das ganze Leben ist Versuch und Irrtum. Die Suche nach einem (Erziehungs-)Konzept, dem man ohne viel zu hinterfragen vertrauen kann, ist zum scheitern verurteilt. Alles, was wir als Eltern machen und entscheiden, zieht das feedback durch unsere Kinder nach sich. Manchmal unmittelbar, manchmal erst später. Und da ist es einfach wichtig, aufmerksam und flexibel zu bleiben. Wenn "Konzept A" beim Nachbarkind super funktioniert heißt das noch lange nicht, dass es auch das Patentrezept für mein Kind ist.

Wichtig ist vor allem, den Fokus auf dem Feedback der eigenen Kinder und auf DEREN Bedürfnissen zu haben. Ob andere eher früher einschulen oder eher zurückstellen lassen sollte unsere Entscheidungen nicht beeinflussen.

Real glaube ich nicht dass es viel Unterschied macht. Es gibt in Deutschland Bundesländer, wo reguläre Einschulung noch vor dem 6. Geburtstag stattfindet und wo man das Kind ausdrücklich zurückstellen lassen muss, wenn man das nicht will. Und es gibt Bundesländer, wo man Kinder, die am exakt selben Tag geboren sind, als sogenannte KANN-Kinder vorzeitig einschulen lassen kann. Tatsächlich macht es in dem Alter wirklich nicht viel Unterschied, ob ein Schulanfänger-Kind am 19. Juli, am 28. August, am 26. September oder am 6. Oktober geboren ist.

Wäre mein älterer Sohn nicht genau 3 Tage nach dem (österreichischen) Stichtag für KANN-Kinder geboren ( am 3. März) , hätte ich vielleicht auch mit 5,6 Jahren eingeschult. Warum? Weil er kognitiv einfach extrem voraus ist! So aber wäre es doch ein ziemlicher bürokratischer Aufwand gewesen, eine vorzeitige Einschulung zu erwirken und ich habe mir auch näher angesehen, was dagegen spricht. Das waren hauptsächlich die Defizite im sozial-emotionalen Bereich sowie die Tatsache, dass er selbst noch nicht in die Schule wollte.

Tatsächlich hatte mein Sohn regulär mit 6,6 Jahren seinen Schulstart. Und ich bin rückblickend durchaus froh, erst jetzt eingeschult zu haben. In Sachen sozialer und emotionaler Reife ist mein Sohn immer noch deutlich hinten. Das wäre er mit 5,6 Jahren auch gewesen, nur brauche ich mir das jetzt, wo er regulär eingeschult ist, nicht zum Vorwurf machen lassen :mrgreen: . Die Wahl der Schule erlaubt es, dass mein Sohn trotz regulärer Einschulung auf seinem Niveau lernen kann und nicht ständig was wiederholen muss, was er schon längst kann.

Da frage ich mich dann: wäre ich eine "Eislauf-Mutter" wenn mein Sohn am 28. Februar geboren wäre und mit 5,6 Jahren (bereits lesend, schreibend, rechnend, mit immensen Allgemeinwissen) seinen Schulstart gehabt hätte? Ich glaube nicht! Meine Entscheidung wäre nicht mit dem Hintergrund getroffen, meinen Sohn zu "pushen" sondern eher von Angst vor Unterforderung in einem weiteren Kindergarten-Jahr geprägt. Leider sind viele Entscheidungen von Eltern angstgesteuert, meine Beobachtung nach zu viele. Für mich ist heute wichtig, bei Entscheidungen für meine Kinder zu hinterfragen, wie sehr (diffuse) Angst mich bei der Entscheidungsfindung beeinflusst.

Leben mit Kindern ist nun mal Versuch und Irrtum. Meistens merkt man erst im nachhinein ob eine Entscheidung richtig oder falsch war. Das ist nicht schlimm, solange man flexibel ist und es nach dem erkennen der Fehlentscheidungen besser macht. Wie heißt es? "Das sind die Weisen, die durch Irrtum zur Wahrheit reisen. Die im Irrtum verharren - das sind die Narren!"
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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