Von den Anzeichen im Kindesalter deutet hauptsächlich der letzte Satz auf Hochbegabung hin. Trocken sein, Rad fahren, usw. sind keine Anzeichen. Das Gespür für Stimmungen hat nichts mit Intelligenz zu tun, sondern mit ZUSÄTZLICH sehr gutem, sozialem Gespür. Ich kenne ein Mädchen mit IQ 72, welches extrem gut darin ist, instinktiv zu erkennen, was andere fühlen. Wenn man bei ihr nicht immer nur den IQ gemessen, sondern auch mal auf den EQ geschaut hätte, wäre sie in einer ganz anderen Schublade gelandet als "Naja, irgendwo zwischen Lernbehinderung und geistiger Behinderung".FamilyUndercover hat geschrieben: Mhm. E. war mit 2,5 Jahren trocken, Tag und Nacht , weil sie es wollte. Absolut zuverlässig. Sie konnte mit 2,5 Jahren Radfahren, Incl. der Verkehrsregeln- weil sie es wollte.
Sie hat ein unglaubliches Gespür für Stimmungen , erfühlt was andere denken- und ist ein Weltmeister der Anpassung.
Sie sagte mir ,z.B. die ganze alberne Teeniephase, wenn die Klasse über das Wort Penis ( oder ähnliches) in Gelächter ausbricht, hätte sie angewidert, aber sie hätte mitgelacht - um nicht aufzufallen.
Sie war immer schneller als die Anderen, hat aber extra getrödelt oder Fehler eingebaut.
Aber das extra trödeln und Fehler einbauen zeigt, dass deine Tochter ihre Andersartigkeit schon früh erkannt und außerdem als etwas "falsches" gesehen hat. Sie hat sich an den Kindern ihrer Umgebung orientiert und angepasst. Sogar mein sozial nicht gerad kompetenter älterer Sohn (Gesamt IQ 118 mit extremer Spitze im sprachlichen Bereich) hat sich bei seinen Stärken schon früh anzupassen gewusst. Hat man ihn mit zwei Jahren gefragt, wie alt er sei, meinte er (mit S-Fehler in der Sprache): "Noch bin ich zwei Jahre alt, aber am 3.3. werde ich 3 Jahre alt sein.". Hat man ihn mit 5 Jahren nach seinem Alter gefragt hat er 5 Finger in die Höhe gestreckt, weil er das bei seinen Kindergartenkollegen so beobachtet hatte.
Bitte hör schnell wieder damit auf, Dir Vorwürfe zu machen. Erstens bringen sie gar nichts, weder Dir noch deiner Tochter. Und "tragisch" ist es auch nicht.FamilyUndercover hat geschrieben: Ich finde das auch sehr tragisch und ich mache mir große Vorwürfe.
Ich bin Sozialpädagogin, habe selbst einige Kinder in der Diagnostik begleitet- und nein einiges geht unter.
Ich fühle mies, ehrlich gesagt.
Richtig mies.
Ich habe zwei Kinder, eines zumindest mit einer Teil-Hochbegabung und eines gehörlos und laut IQ-Test an der Kippe der Lernbehinderung (dieses Kind hat hier schon einige Beiträge verfasst und wird es vermutlich noch mal tun ). Meine Jungs sind beide Autisten, der ältere Sohn mit zusätzlich ADHS. Bei mir gibt es einige Dinge, die ich wirklich SEHR falsch gemacht habe, und die meinen Kindern vermutlich sehr geschadet haben. Eines davon ist, dass ich meinem jüngeren Sohn jahrelang gegen seinen Willen mit Gewalt die Zähne geputzt habe, weil ich der Meinung war, es wäre so unglaublich wichtig. Und mit den normalen Mitteln (Zeitplan, besprechen, zureden, Belohnungen,...) hat es eben nicht geklappt. Also hat ich mir mein Kind zwischen die Beine geklemmt und bin gegen seinem Willen mit der elektrischen Zahnbürste in seinem Mund rumgefahren. Mein Kind hat sich gewehrt gebrüllt, mir dann später (ab ca. 4 Jahren) die Zahnbürste aus den Händen gerissen sie ist über 3 Banden im Badezimmer rumgeflogen. Aber ich war stur und wollte "gewinnen". Dieses Verhalten meinerseits hat uns hunderte Abende zerstört und unser aller Nerven extrem belastet. Auch der älterer Bruder was in diesen Situation ganz verzweifelt und hat "Hör auf! Hör auf!" geschrieen, während ich immer noch der Ansicht war, das "Richtige" zu tun. Jetzt, während ich das niederschreibe, kann ich immer noch nicht ganz fassen, was mich damals geritten hat. Die Erkenntnis, dass mein Verhalten schlichtweg übergriffig und gemein ist, hatte ich dann binnen einer Sekunde. Ich habe sofort damit aufgehört und nach 3 Tagen hat mein jüngerer Sohn FREIWILLIG Zähne geputzt und zwar besser und genauer, als ich es jemals bei ihm geschafft habe.
Heute weiß ich, wie armselig mein Verhalten damals war. Ich mache mir aber jetzt KEINE Vorwürfe mehr dafür (obwohl es hier das Wort "tragisch" vermutlich besser trifft als bei nicht erkannter Hochbegabung) sondern mache es einfach jetzt, wo ich es erkannt habe, besser. Und genau das kannst du auch. Im Gegensatz zu meinem Fehlverhalten beim Zähne putzen hast du einfach einen wichtigen Aspekt bezüglich deiner Tochter nicht BEMERKT. Du warst nicht aktiv unfair oder bevormundend. Du bist Mutter von 4 Kindern und durch die sehr gute Anpassung deiner Tochter ist dir das Ausmaß ihrer Begabung einfach nicht aufgefallen. Hätte dich jemand gefragt, wie du ihren IQ einschätzt, vermute ich mal, dass du "um 120" geantwortet hättest .
Ok, damit wärst du zwar daneben gelegen, und wenn du "es" früher gewusst hättest, hätten vielleicht manche Entscheidungen bezüglich deiner Tochter anders ausgesehen. Aber "tragisch" ist das Ganze nicht. Dass du Sozialpädagogin bist erschwert die Sache insofern, weil du vermutlich eine sehr hohe Erwartung an dich selbst hast, auf Grund deines Berufswissens bei den eigenen Kindern alles möglichst "richtig" zu machen und auch so Dinge wie eine Höchtsbegabung rein auf Grund des Verhaltens zu erkennen. Vielleicht bist du selbst auch gerade Opfer deiner früheren Vorurteile gegenüber Eltern, denen wichtige Dinge beim eigenen Kind einfach nicht aufgefallen sind. Da helfen dann auch keine Selbstvorwürfe, sondern die Erkenntnis, es selbst früher falsch gesehen zu haben (und damit meine ich nicht die Hochbegabung deiner Tochter sondern wenn andere Eltern bei ihren Kindern wichtige Aspekte nicht bemerkt haben).
Wichtig ist auch, was jetzt, nach Erkennen der kognitiven Fähigkeiten, weiter geschieht. Deine Tochter ist 15 und sowohl sehr klug als auch sozial-emotional weit voraus. Wie steht sie selbst zu einem Klassensprung? Würde es sie interessieren, mal andere hochbegabte Jugendlichen kennenzulernen (sei es virtuell oder im echten Leben)?
Hier im Forum habe ich oft die Beobachtung gemacht, dass gerade sozial sehr kompetente Kinder in passender Umgebung aufblühen (wie Katze das von Ihrer Tochter beschreibt), obwohl anfangs vor so Entscheidungen wie einem Sprung immer Hemmungen von Seiten der Kinder da sind. Ein hoher IQ allein kann nicht verhindern, dass diese Kinder an sich selbst zweifeln, vermutlich zweifeln sie sogar mehr daran, als jene Kinder, die eigentlich allen Grund dazu hätten . Hier ist trotz der erstaunlichen Reife oft auch sanfter Druck von Seiten der Eltern notwendig, neue Wege auszuprobieren. Alles Gute von uns!