Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Hochbegabung geht oft mit Wahrnehmungesstörungen Hand in Hand
Beany
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Beany »

Rabaukenmama hat geschrieben:
Und wie jeder gute Experimentleiter müssen die Ergebnisse seiner "Forschungen" durch ständige Kontrollen überprüft werden. Also ob sich mit demselben Verhalten verlässlich immer dieselbe Reaktion beim anderen hervorrufen lässt.
So scheint es. Am Wochenende hat er nach langer Zeit mal wieder ausprobiert, was passiert, wenn er alles Mögliche beim Abendbrot anleckt (Brötchen vom Bruder, Deckel der Milchflasche, sauberes Besteck aus dem Schrank …) :roll: Aber nach einer Mahlzeit hat er offenbar beschlossen, dass die Reaktionen zu langweilig sind.
Rabaukenmama hat geschrieben: Klar kann man es auf Geschwistereifersucht schieben, wenn das Opfer mal wieder der ältere Bruder ist, aber das ist es nicht.
Das ist es zumindest nicht allein.
Rabaukenmama hat geschrieben: Es geht überhaupt nicht darum, dass meinen Sohn irgend ein konkretes Verhalten von seinem Bruder oder auch von uns gegenüber seinem Bruder geärgert hätte. Er will einfach nur seinen Spaß haben und experimentieren.
Ziemlich passende Beschreibung.
Rabaukenmama hat geschrieben: Und er ist ein Herdentierchen. Wenn alle essen gehen dann geht er widerstandslos auch. Wenn es (in der Gruppe) heißt "Wir gehen raus" oder "Wir basteln", etc. gibt es praktisch nie Widerspruch oder Widerstand. Er macht alles mit. Daher wird er auch in vielen Gruppen-Situationen von Außenstehenden als "problemloses" Kind angesehen.
Das ist genau mein Kind. Zuhause bleibt er bis heute nicht während der Mahlzeiten am Tisch. Wollen wir nachmittags spazieren (die Kinder radeln), gibt es immer Protest – und dann ist er ganz begeistert unterwegs.
Rabaukenmama hat geschrieben: Er fremdelt nicht und geht angstlos auf andere zu, ganz entgegen den Klischees von Autismus. Aber seine Provokations-Experimente würde er NIE mit Fremden oder Personen, die er nur flüchtig kennt, machen.
Genau wie bei uns. Die meisten meinen dann "Also schüchtern sind Eure Kinder wirklich nicht." ;) Ehrlich gesagt finde ich vor allem den Kleinen eher distanzlos.
Rabaukenmama hat geschrieben: Auch Auslöser seiner Wutanfälle ist IMMER irgendwas vom Verhalten von nahestehenden Personen. …… Wenn z.B. ich den Knopf drücke, um den Aufzug zu holen, ist das für unseren Sohn extrem ärgerlich, drückt die Oma (die er selten sieht) denselben Knopf, stört ihn das scheinbar gar nicht.
Genau. Bei der Oma würde er evtl. noch sagen „Aber ich wollte doch den Knopf drücken.“ Dann würde sie ihm versprechen, dass er beim nächsten Mal dran ist, und alles wäre gut. Wobei – seine Wutausbrüche sind mit denen von Deinem Kleinen nicht zu vergleichen. Ich kriege ihn da wirklich fix wieder raus (finde ich). Das weniger wütende, aber scheinbar berechnende „Nachtreten“ ist hier eher das Problem.
Rabaukenmama
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Rabaukenmama »

charlotte12 hat geschrieben:@Rabaukenmama: Bisher war es jedes Mal in der Schule gewesen. Da hatte ich mich nicht klar ausgedrückt - mit "sicherem Umfeld" meinte ich nicht einen Ort sondern eine Person, also dass das andere Kind meine Tochter mittlerweile sehr gut kennt. DIe Schule kennt sie mittlerweile übrigens auch gut, aber das wollte ich damit gar nicht sagen. Daheim wäre es mir lieber, da hätte ich mehr Einfluss bzw. könnte zur Not das andere Kind einfach nicht mehr einladen. Aber einige Ansatzpunkte habe ich schon gefunden - z.B. dass meine Tochter dem anderen Kind zukünftig ihre Noten nicht mehr verrät. Nur dass sie absichtlich langsam arbeitet wie sie es immer wieder macht(e), das geht einfach nicht, das ist keine gute Lösung.
So, wie du das jetzt beschreibst, ist es absolut nicht dasselbe, was mein jüngerer Sohn macht. Mir erscheint es eher, als wäre der Freund deiner Tochter es ein Kind mit wenig Selbstwertgefühl und geringer Frustrationsschwelle. Irgenwann ist ihm dann der erste Mal passiert, dass er "ausgerastet" ist, und es ist nichts für ihn "Schlimmes" passiert. Da sich deine Tochter das Verhalten gefallen lässt und sich sogar anzupassen versucht (durch egene, langsamere Arbeitsgeschwindigkeit) wird er jetzt immer mutiger und in der Richtung bestätigt. Vielleicht fühlt er sich durch den fehlenden Widerspruch/Widerstand mit seinem Verhalten auch irgendwie "im Recht". Gerade Kinder mit wenige Selbstwertgefühl richten ihr Verhalten häufig an den Reaktionen anderer aus.

Daher könnte ein einbeziehen der Lehrperson und eine zeitnahe "Meldung" deiner Tochter, wenn der Junge wieder mal ausrastet, durchaus Besserung bringen. Es kann auch hilfreich sein, wenn DU dem Jungen klar sagst, dass es so absolut nicht geht. Solange deine Tochter nachgibt und glaubt, das selbst mit "entgegen kommen" managen zu können, wird es eher schlimmer als besser werden. Wenn sie es selbst klären will, dann geht es nur mit klaren Ansagen und klaren Konsequenzen ihrerseits.

So, wie das Problem jetzt da steht, hat es für mich nichts unmittelbar mit Autismus oder ADHS zu tun, was ich natürlich beides, aus der Ferne, trotzdem nicht ausschließen kann.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Rabaukenmama
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo Beany,

dann haben unsere Jungs ja einiges gemeinsam ;). Auch das ablecken von Gegenständen oder essen (das anderen gehört) kenne ich von meinem Sohn. Wobei das schwierigste der absichtlichen Provokationen immer noch das erbrechen ist. In seiner exzessiven Phase hat er sich bis zu 20x hintereinander den Finger in den Schlund gesteckt und die Wohnung vollgekotzt, bis absolut nichts mehr raus kam. Da sind er und sein Bruder dann noch durchglatscht und haben die Sauerei in der ganzen Wohnung verteilt :schwitz: . Gott sei Dank ist diese exzessive Phase schon lange vorbei. Jetzt wird das mit dem erbrechen noch alle 1-2 Wochen mal "ausprobiert", aber damit habe ich umgehen gelernt.

Bei meinem jüngeren Sohn ist es auch so, dass er zu Hause längst nicht so "pflegeleicht" ist wie in manchen Einrichtungen. Im Kindergarten des Bruders gab es immer wieder mal realtiv preisgünstig "Samstags-Betreuung", wo auch Geschwisterkinder dabei sein durften. Mein jüngerer Sohn war einige Male dort und jedes Mal habe ich beim abholen gehört, wie brav er war, dass er überall gut mitgemacht hat, ordentlich gegessen, usw. Im eigenen Kindergarten war es nicht so, da war eine der Betreuerinnen eine Bezugsperson und bei der hat er sich ähnlich verhalten wie zu Hause.

Mein jüngerer Sohn bleibt zu Hause übrigens auch nur sporadisch während der Mahlzeiten am Tisch. Was die Wutanfälle betrifft, so braucht er zwar eine Bezugsperson als "Sparringpartner", hat die Anfälle aber überall, wo es sich dann ergibt - also durchaus auch mit fremden Personen als "Zuschauer" (die ihm dann natürlich völlig egal sind). Die Provokationen finden dagegen praktisch nur zu Hause statt - eine Zeitlang bin ich sogar extra deshalb oft mit ihm "raus", weil es dort einfach friedlicher war.

Dein Kleiner hat aber einen Riesenvorteil gegenüber meinen Jungs, und zwar den Freund im Kindergarten! Meine Jungs sind beide nach wie vor Einzelgänger. Beim jüngeren Sohn war noch nie eine Chance auf eine Freundschaft zu einem anderen Kind, obwohl sowohl im Kindergarten als auch jetzt in der Schule andere gehörlose Kinder sind, die auch Gebärdensprache können. Beim älteren Sohn war es im Kindergarten zumindest 2x so weit, dass es so ausgesehen hat, als würde sich zu einem Kind eine Freundschaft entwickeln. Leider sind beide Kinder (ein ein Jahr älterer Bub und ein Mädchen in seinem Alter) dann vorzeitig aus dem Kindergarten ausgetreten, so dass sich die Freundschaften dann nicht weiter entwickeln konnten. Seit Schuleintritt ist kein Freund mehr in Sicht. Ein älterer Junge aus der Paralellklasse, ebenfalls Asperger Autist, war da noch am nähesten dran, und hatte auch ähnliche Interessen wie mein älterer Sohn. Leider ist der mittlerweile ins Gymnasium gewechselt.

Dass dein Kleiner im Kindergarten einen Freund hat ist ein echter Glücksfall :) . Nicht umsonst heißt es "Allein hast du kein Asperger. Zu zweit ein kleines bißchen. Und mit jeder weiteren Person mehr,...". Den Spruch kann ich nur bestägigen. WENN es mal wirklich mit anderen Kindern klappt, dann IMMER in 1:1 Situationen. War bei mir selbst als Kind übrigens dasselbe. Aber ich hatte auch das Glück, im Kindergarten EINE wirkliche Freundin zu haben. Und in der Volksschule hatte ich zumindest in der 4. Klasse einen echt guten Freund. Vor allem mein älterer Sohn tut mir leid, denn dieses Glück hatte er bisher noch nicht. Dem jüngeren Sohn würde ich zwar auch Freunde wünschen, aber der hat nicht so viel Leidensdruck in der Richtung, weil er sich irgendwie "selbst genug" ist. Bei ihm habe ich - im Gegensatz zum älteren Bruder - absolut nicht das Gefühl, dass ihm was fehlt.

Hat dein älterer Sohn Freunde? Du beschreibst ihn als sehr sensibel, wie geht es ihm so allgemein (jetzt unabhängig vom Ärger mit dem kleinen Bruder)? Welche "Nische" nimmt er in der Familie ein? Vielleicht könnte ja der Ansatz sein, nicht so sehr bei der Änderung des Verhaltens des Kleinen anzusetzen sondern bei Dingen, die dem Großen Freude machen.

Bei mir schreibe ich übrigens nicht "der Kleine" und "der Große" weil meine Jungs schon seit über einem Jahr gleich groß sind - trotz 2 1/2 Jahren Altersunterschied :mrgreen: .
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Rabaukenmama
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Rabaukenmama »

Koschka hat geschrieben:Wenn wir schon beim Thema sind... Kennt jemand von euch wie man Provozieren aus Langeweile abstellen soll? Ich meine, was würdet ihr machen wenn ein Kind, das sich nicht bei vorhandenen Möglichkeiten/Fähigkeiten beschäftigen will, stattdessen seine Familienmitglieder ärgert?
Bei meinen Jungs habe ich da zwei grundverschiedene Ansätze. Den älteren Sohn würde ich in so einer Situation "zurückärgern", also bewusst was tun, was er nicht mag. Zum Beispiel kitzeln! Das kapiert er schnell und hört dann sofort auf.

Beim jüngeren Sohn würde ich ignorieren oder abzulenken versuchen. Denn "zurückärgern" versteht er nicht, das würde bei ihm nur noch verstärken. Und je mehr Reaktion er bekommt, desto interessanter wird das eigene Verhalten. Manchmal hilft auch "raus aus der Situation" also entweder die "geärgerten" Familienmitglieder, oder eben der Provokator. Denn je seltener es zu so Situationen kommt, wo mein jüngerer Sohn fix provoziert, desto seltener kommt er auf die Idee, das zu tun. Wenn es fixe Sitationen gibt, wo immer wieder provoziert wird, dann ändere ich die Situation. Das kann z.B. so gehen, dass die Kinder nicht gemeinsam sondern nacheinander am Mittagstisch essen, wenn in den Tagen davor immer beim essen provoziert wurde. Nach ein paar Tagen, wenn die "Luft raus" ist, kann man wieder zum alten Tagesablauf zurück finden.
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Beany
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Beany »

Hallo Rabaukenmama,
Rabaukenmama hat geschrieben:
Wobei das schwierigste der absichtlichen Provokationen immer noch das erbrechen ist.
Das stelle ich mir für alle Beteiligten sehr anstrengend vor.
Rabaukenmama hat geschrieben:
Dein Kleiner hat aber einen Riesenvorteil gegenüber meinen Jungs, und zwar den Freund im Kindergarten!
Ich hoffe auch, dass ihm der erhalten bleibt. Mein Kleiner ist sehr an Sozialkontakten interessiert, also absolut kein Eigenbrötler. Und er kommt auch z.B. in Geschäften problemlos mit anderen Kindern ins Gespräch, wenn die den ersten Schritt machen.
Rabaukenmama hat geschrieben: Die Provokationen finden dagegen praktisch nur zu Hause statt - eine Zeitlang bin ich sogar extra deshalb oft mit ihm "raus", weil es dort einfach friedlicher war.
Wir sind praktisch nur zu den Mahlzeiten drin. Genau aus dem Grund.
Rabaukenmama hat geschrieben:
Dem jüngeren Sohn würde ich zwar auch Freunde wünschen, aber der hat nicht so viel Leidensdruck in der Richtung, weil er sich irgendwie "selbst genug" ist. Bei ihm habe ich - im Gegensatz zum älteren Bruder - absolut nicht das Gefühl, dass ihm was fehlt.
Das kenn ich von mir. Ich hatte etwa ab der 5./6. Klasse keine feste Freundin mehr, kam aber mit allen super aus. Mir hat nichts gefehlt, aber ich weiß von meiner Mutter, dass das für sie bis heute schwierig ist.
Rabaukenmama hat geschrieben:
Hat dein älterer Sohn Freunde?
Ja, hat er immer gehabt. Er ist sozial sehr kompetent, so dass er grundsätzlich mit allen gut klarkommt. Feste Freunde hatte er immer ein bis zwei. Da er sich überhaupt nicht für Superhelden, Ninjago, Pokemon, Starwars und was es noch so gibt, interessiert und körperliche Wettkämpfe (Rangeln, Jagen …) nicht mag, ist die Auswahl etwas eingeschränkt ;)
Seinen derzeitigen besten Freund kennt er schon aus Kita-Zeiten. Seine Lehrerin hatte kürzlich bei einem Gespräch gemeint, die beiden passen gut, da der anderen auch ein höflicher, ruhigerer Typ und ein schlauer Kopf ist. Der ist halt nur nicht ganz so zurückhaltend und längst nicht so – mmh, ich nenn es mal vorsichtig. Also das passt echt gut. Von allen lauten, körperbetonten, „typischen“ Jungs hält sich mein Großer fern. Das passt einfach nicht.
Rabaukenmama hat geschrieben:
Du beschreibst ihn als sehr sensibel, wie geht es ihm so allgemein (jetzt unabhängig vom Ärger mit dem kleinen Bruder)?
Ich glaube, abgesehen vom Geschwisterstress (und da sind es auch eher einzelne Situationen), geht es ihm ganz gut. Es ist bei ihm immer etwas schwierig, weil er sehr zurückhaltend ist und über Probleme meist erst spricht, wenn er sie für sich gelöst hat. Laut Lehrerin ist er im Unterricht sehr zurückhaltend, obwohl seine Antworten und Ideen meistens sehr gut sind.
Rabaukenmama hat geschrieben:
Welche "Nische" nimmt er in der Familie ein?
Inwiefern?
Rabaukenmama hat geschrieben:
Vielleicht könnte ja der Ansatz sein, nicht so sehr bei der Änderung des Verhaltens des Kleinen anzusetzen sondern bei Dingen, die dem Großen Freude machen.
Lego bauen, Lego bauen und wenn dann noch Zeit ist, Lego bauen ;)
Nein, ganz so ist es nicht. Der Große interessiert sich für alles Mögliche und hat laut Erziehern/Lehrerin ein großes Allgemeinwissen. Die Lehrerin meinte, er denkt über wirklich viele Themen sehr tief nach. Vor kurzem hat er Ihr etwas über Palmöl erzählt, in der Kita hat er mit fünf Jahren den Kindern erzählt, wie die einzelnen Organe eines Schafes aussehen (wir waren beim Ausnehmen dabei und haben gleich etwas Anatomie-Unterricht vom Schäfer bekommen), er überlegt, wie man Plastemüll vermeiden kann etc. Dieses Wissen teilt er meist nur einem bestimmten Kreis mit (häufig Erwachsenen). Ich denke, er hat festgestellt, dass die meisten Kinder in seinem Alter sich nicht dafür interessieren und er mag es überhaupt nicht, im Mittelpunkt zu stehen..
Er hilft gern im Garten, liebt Wissensbücher und Opas Modelleisenbahn. Er kommt gern mit zu unserem Rentner-Pferd. Nicht zum Reiten, sondern einfach zum Knuddeln und Füttern und beknuddelt gern unseren Rentner-Hund.
Etwas schwierig ist eben, dass die Interessen des Großen (er experimentiert auch gern) eher eine etwas ruhigere Umgebung voraussetzen. Mit einem Zwerg, der immer wieder dazwischen geht (manchmal auch wirklich nur aus Interesse), ist es etwas … unruhig ;)
Rabaukenmama hat geschrieben:
Bei mir schreibe ich übrigens nicht "der Kleine" und "der Große" weil meine Jungs schon seit über einem Jahr gleich groß sind - trotz 2 1/2 Jahren Altersunterschied :mrgreen: .
Hatte ich schon gelesen – aber ich fand die Unterteilung für mich so schön einfach :fahne: :D
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo Beany,

mit "welche Nische nimmt dein Großer in der Familie ein" meinte ich, dass ja jeder irgendwie seinen Platz und seine Rolle hat. Also der Kleine ist bei euch der Aktive, Fordernde, Lebhafte, teilweise auch Provokante, der Große ist (wenn ich das richtig herausgelesen habe der Ruhige, Zurückhaltende, Sensible, zu intensiven Gefühlen fähige...dem aber nichtsdestotz die Provokationen des Bruders durchaus auch mal "zu viel" werden können.

Das interessante ist, dass egal wie viele Kinder in einer Familie sind, die Nischen fast immer verschieden besetzt sind. Meine Mutter hatte vier jüngere Brüder, jeder sowohl vom Aussehen als auch vom Wesen her komplett anders als die anderen.

Ich habe übrigens kein Problem mit deiner Bezeichnung "der Große" oder "der Kleine" - wollte nur erklären, warum ICH immer so umständlich vom älteren bzw. jüngeren Sohn schreibe ;) .

Mein älterer Sohn würde auch immer wieder mal Sozialkontakte suchen, ist aber leider vom Verhalten her so auffällig, dass bisher keine dauerhaften Freundschaften möglich waren. Liegt mMn daran, dass er sofort laut loskreischt, wenn was nicht nach seinem Kopf geht. Das dauert zwar nur kurz und er ist logischen Argumenten zugänglich und beruhigt sich schnell wieder - aber es ist natürlich trotzdem unangenehm und nicht altersgemäß. Zweitens textet er alle, ob Kind oder Erwachsener, mit "seinen" Themen zu und verschachtelt dabei die Sätze so, dass man ihm absolut nicht folgen kann, selbst wenn man wollte.

Bei Spielen ist es besonders schwer. Verlieren kann er gar nicht (Riesengekreische!) und er möchte immer wieder alle Regeln für alle Mitspieler vorgeben. Man darf sich z.B. beim toben im Bad nicht einfach gegenseitig anspritzen, sondern muß dass in einer von ihm vorgegebenen Reihenfolge machen, wobei man die verschiedenen Arten, sich anzuspritzen, vorher immer erst "freischalten" muss, wie bei einem Computerspiel. Auch beim spielerischen rangeln zu Hause ist alles total verkopft. Der kleine Bruder kann sich ganz darauf einlassen, wenn ich mit ihm spiele, mein älterer Sohn hingegen möchte immer Regie führen. Dann geht es ständig darum, was ich als nächstes machen darf, soll, muss oder eben nicht darf. Ich kann gut verstehen, dass das für andere Kinder einfach zu umständlich ist.

Laute, körperbetonte Jungs mag er übrigens auch nicht - da hat er was mit deinem Großen gemeinsam. Wenn schon Kontakte, dann eher zu (sozial kompetenten) Mädchen, die ihn so nehmen, wie er ist, und auch mal in die Schranken weisen.

So, wie du deinen Großen beschreibst, stelle ich ihn mir als sehr liebenswertes Kind vor, wenn ihr ihm hie und da mal die Möglichkeit gebt, ohne seinen Bruder was zu machen (z.B. eben experimentieren oder einen speziallen Kurs besuchen) wird er sich sehr wahrscheinlich gut entwickeln - auch wenn der kleine Bruder manchmal sehr nervig ist :) .
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Beany
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Beany »

Hallo Rabaukenmama,
Rabaukenmama hat geschrieben: der Große ist (wenn ich das richtig herausgelesen habe der Ruhige, Zurückhaltende, Sensible, zu intensiven Gefühlen fähige...dem aber nichtsdestotz die Provokationen des Bruders durchaus auch mal "zu viel" werden können.
Genau.
Rabaukenmama hat geschrieben: Zweitens textet er alle, ob Kind oder Erwachsener, mit "seinen" Themen zu und verschachtelt dabei die Sätze so, dass man ihm absolut nicht folgen kann, selbst wenn man wollte.
Meine Jungs haben keine Spezialinteressen. Der Kleine mag halt Musik, aber darüber muss er nicht reden, die macht er dann einfach :D Den Lärmpegel kann allerdings auch nicht jeder ab ...
Rabaukenmama hat geschrieben: Dann geht es ständig darum, was ich als nächstes machen darf, soll, muss oder eben nicht darf. Ich kann gut verstehen, dass das für andere Kinder einfach zu umständlich ist.
Das ist ja selbst für Erwachsene umständlich - und auf Dauer doch auch etwas anstrengend. Mein Kleiner gibt zwar auch gern vor, was ich im Spiel wann sagen und machen muss. Aber ich weiß, dass das auch bei dem Großen so war und sich nach und nach gegeben hat. Also bei uns ist das aus meiner Sicht noch alles im grünen Bereich. Und in der Kita passt er sich auch anderen an.
Rabaukenmama hat geschrieben: Wenn schon Kontakte, dann eher zu (sozial kompetenten) Mädchen, die ihn so nehmen, wie er ist...
Ja, mit Mädchen kann der Große auch gut - wenn die nicht gerade "Mädchenspiele" machen (Reitschule, Puppen, Einhörner ... ;) )
Rabaukenmama hat geschrieben: So, wie du deinen Großen beschreibst, stelle ich ihn mir als sehr liebenswertes Kind vor, wenn ihr ihm hie und da mal die Möglichkeit gebt, ohne seinen Bruder was zu machen (z.B. eben experimentieren oder einen speziallen Kurs besuchen) wird er sich sehr wahrscheinlich gut entwickeln - auch wenn der kleine Bruder manchmal sehr nervig ist :) .
Ja, wir versuchen es. Er ist wirklich ein toller Junge, auch wenn ich das im ersten dreiviertel Jahr noch nicht ganz so gesehen habe (er war ein Schreikind) ;) Er geht einmal in der Woche in einen naturwissenschaftlichen Kurs in der Schule. Da sind die 2.-4. Klassen gemischt und es gefällt ihm sehr gut. Ich war ganz froh, dass er freiwillig etwas macht, ohne dass ich ihn begleiten muss.
alibaba

Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben:Wenn wir schon beim Thema sind... Kennt jemand von euch wie man Provozieren aus Langeweile abstellen soll? Ich meine, was würdet ihr machen wenn ein Kind, das sich nicht bei vorhandenen Möglichkeiten/Fähigkeiten beschäftigen will, stattdessen seine Familienmitglieder ärgert?
Auskennen ist ja immer relativ, gell. ;)

Hier kommt diese Konstellation eigentlich immer nur von unten nach oben vor. Die Jüngere ärgert den Älteren. In aller Regel endet das von alleine, nämlich, das die Jüngere heulend davon rennt. Ich weise sie darauf hin, dass es enden wird, wie es endet und es endet dann auch immer so. Jedoch ohne das die Jüngere daraus Lehren zieht. Nun, das wird hier die Zeit bringen, da bin ich entspannt.

Grundsätzlich wissen sich meine zu helfen. Meine sind auch mittlerweile zu alt für solche Spielchen. Als sie noch jünger waren, habe ich den Störenfried oft einfach zu mir genommen. Nie eskalierte die Situation derart, dass sich keine Lösung fand. Jetzt klären sie das unter einander. Mein 14-jähriger schließt einfach seine Zimmertür ab. :lol: Und als Ablenkung reicht oftmals "Wer will Kuchen mit mir backen?". Das zieht fast immer. :mrgreen:

Kleine Terrorzwerge würde ich konsequent vom anderen Kind fern halten. Auf den Spielplatz schicken, einkaufen gehen, Spülmaschine ausräumen, Wäsche aufhängen … an mich an tackern. Das wollen die eh nicht lange.
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Rabaukenmama »

Beany hat geschrieben:
Rabaukenmama hat geschrieben: Und er ist ein Herdentierchen. Wenn alle essen gehen dann geht er widerstandslos auch. Wenn es (in der Gruppe) heißt "Wir gehen raus" oder "Wir basteln", etc. gibt es praktisch nie Widerspruch oder Widerstand. Er macht alles mit. Daher wird er auch in vielen Gruppen-Situationen von Außenstehenden als "problemloses" Kind angesehen.
Das ist genau mein Kind. Zuhause bleibt er bis heute nicht während der Mahlzeiten am Tisch. Wollen wir nachmittags spazieren (die Kinder radeln), gibt es immer Protest – und dann ist er ganz begeistert unterwegs.
Rabaukenmama hat geschrieben: Er fremdelt nicht und geht angstlos auf andere zu, ganz entgegen den Klischees von Autismus. Aber seine Provokations-Experimente würde er NIE mit Fremden oder Personen, die er nur flüchtig kennt, machen.
Nur zur Bestätigung des Beitrages: vor 3 Tagen hatten wir Elternabend in der Schule des jüngeren Sohnes. Und der eine Lehrer meinte allen Ernstes, was mein Sohn in Sachen Sozialverhalten noch lernen müsse, wäre, sich "zu wehren" :roll: . Weil er immer so nett und friedlich ist und sich von seinen Mitschülern alles wegnehmen und gefallen lässt...

...was wieder einmal zeigt, dass die Schwierigkeiten eines Kindes in unterschiedlichen Situationen auch total unterschiedlich sind.

Als ich dann erzählte, dass sich mein Sohn zu Hause sehr wohl "wehrt" (und oft noch deutlich darüber hinaus :schwitz: ), waren die einerseits erstaunt, berichteten aber dann von einer Phase, wo er den jüngeren der beiden Lehrer immer wieder absichtlich provoziert hat. Was wieder meine (eigene) Theorie von Bezugspersonen bestärkt. Dieser Lehrer, zu dem er offensichtlich mehr Bindung hat, gehört zur Gruppe der "Auserwählten", die die Gesamtbreite der Gefühle meines Sohnes abbekommen. Das meine ich übrigens nicht nur im negativen Sinn. Der Lehrer dürfte meinem Sohn wirklich sympathisch sein, weil er ihm auch schon nach dem 1. Kennenlernen von sich aus einen Abschiedskuss geben wollte. Und obwohl mein Sohn nicht schüchtern ist, mit Küssen ist er normalerweise sehr, sehr geizig :) .
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