Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Hochbegabung geht oft mit Wahrnehmungesstörungen Hand in Hand
charlotte12
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von charlotte12 »

. Aber seine Provokations-Experimente würde er NIE mit Fremden oder Personen, die er nur flüchtig kennt, machen. Auch Auslöser seiner Wutanfälle ist IMMER irgendwas vom Verhalten von nahestehenden Personen.
@ Rabaukenmama: Hast Du uns einen Tipp, was man tun kann, wenn man auf der anderen Seite steht? Die beste Freundin meiner Tochter zeigt nämlich dasselbe Verhalten meiner Tochter gegenüber, was für uns gerade ein großes Problem darstellt. Hat dieses Verhalten mit Autismus zu tun, oder gibt es das auch so?
Bliss
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Bliss »

charlotte12 hat geschrieben:
. Aber seine Provokations-Experimente würde er NIE mit Fremden oder Personen, die er nur flüchtig kennt, machen. Auch Auslöser seiner Wutanfälle ist IMMER irgendwas vom Verhalten von nahestehenden Personen.
@ Rabaukenmama: Hast Du uns einen Tipp, was man tun kann, wenn man auf der anderen Seite steht? Die beste Freundin meiner Tochter zeigt nämlich dasselbe Verhalten meiner Tochter gegenüber, was für uns gerade ein großes Problem darstellt. Hat dieses Verhalten mit Autismus zu tun, oder gibt es das auch so?
Für mich hat das nichts mit Autismus zu tun, denn die Autisten in meinem Umfeld sind da ganz anders. Da sind Situationen, die von der gewohnten Routine abweichen die Auslöser. also z.B die Lehrerin ist krank und es kommt unerwartet Vertretungslehrerin. Demzufolge zeigt sich extreme Verhaltensweisen eher bei Fremden, die halt gar nicht wissen was los ist und nicht bei nahestehenden Personen, die um die Triggerpunkte wissen.

Aber nicht umsonst heißt es ja: kennst du einen Autisten kennst du einen Autisten. Demzufolge gibt es leider auch keine Patentrezept für euer Problem. Ich würde meiner Tochter wohl raten ihre Grenzen zu wahren und aus der Situation rauzugehen und notfalls eine zeitlang den Kontakt zu minimieren.
Rabaukenmama
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Rabaukenmama »

charlotte12 hat geschrieben:
. Aber seine Provokations-Experimente würde er NIE mit Fremden oder Personen, die er nur flüchtig kennt, machen. Auch Auslöser seiner Wutanfälle ist IMMER irgendwas vom Verhalten von nahestehenden Personen.
@ Rabaukenmama: Hast Du uns einen Tipp, was man tun kann, wenn man auf der anderen Seite steht? Die beste Freundin meiner Tochter zeigt nämlich dasselbe Verhalten meiner Tochter gegenüber, was für uns gerade ein großes Problem darstellt. Hat dieses Verhalten mit Autismus zu tun, oder gibt es das auch so?
MMn kommt es darauf an, was dem Verhalten zugrunde liegt. Provokantes Verhalten können Kinder auch zeigen, wenn sie auf jemand anderen sauer sind, weil der z.B. anders gehandelt/entschieden hat, als sie es sich vorgestellt haben. Dann hat es einen Ursache, auch wenn das Kind vielleicht (noch) nicht beschreiben kann, was dabei genau in ihm vorgeht. Damit meine ich z.B. dass der Freund deiner Tochter sauer sein könnte, weil sie sich vorher zu viel mit einer Freundin abgegegen und ihn ignoriert hat. Oder weil nicht das gespielt wird, was er will,...da gibt es eine Menge Gründe. Klar rechtfertigen die keine Provokation, aber sie können eine Mißstimmung auslösen, aus der heraus dann das provokante Verhalten entsteht. So ein bisserl nach dem Motto "Du hast mich geärgert (wenn auch unwissentlich), jetzt ärgere ich dich!".

Bei meinem jüngeren Sohn haben die Provokations-Experimente keine spezielle Ursache, er ist auf niemanden sauer. Er entscheidet sich spontan, quasi aus "Experimentierfreude", dazu.

Bei meinem älteren Sohn schaut es anders aus. Der fühlt sich selbst häufig zu Unrecht provoziert, weil er ganz normales, menschliches Verhalten nicht richtig deuten kann. Es kann z.B. sein, dass er aggressiv auf ein Kind losgeht, weil das gelacht hat - und ER sich ausgelacht fühlt. Den Unterschied, wann wirklich ER ausgelacht wird, und wann jemand einfach aus anderen Gründen lacht (und dabei vielleicht zufällig hinschaut), erkennt er nicht. Mein Sohn kann sich provoziert fühlen, wenn ihm wer anderer ganz einfach was erzählt - und dann ABSICHTLICH zurück provozieren, weil er glaubt das Recht dazu zu haben, weil ja der andere "angefangen" hat. Daher kommt es immer wieder zu Missverständnissen, die ihre Ursache durchaus in seinem Autismus haben.

Weißt du, was ich meine? Es geht nicht so darum, was das Kind MACHT, sondern was es dazu BEWEGT eben das zu machen. Gerade bei Kindern, die man nicht näher kennt, ist das oft schwer festzustellen.

Unabhängig davon, ob im Fall des Freundes deiner Tochter Autismus dahinter steckt, ist ganz wichtig, das ihm gegenüber möglichst klar zu kommunizieren. Man kann auch später darauf zurück kommen, wenn die Situation vorbei und die unmittelbare Emotion raus ist. Sowohl Autisten als auch Nicht-Autisten brauchen klares Feedback, um sich zukünftig in ähnlichen Situationen vielleicht bewusst anders entscheiden zu KÖNNEN. (denn wenn sie es nicht wissen glauben sie, es sei alles ok!)

Wenn es deiner Tochter "zu viel" werden sollte, kann sie natürlich auch den Kontakt abbrechen. Wenn sie es eigentlich ganz locker wegsteckt, würde ich als Mutter immer wieder mal mit ihr drüber reden ("aktives zuhören" - ohne Wertung!), sie aber selbst entscheiden lassen, ob sie die Freundschaft erhalten will, oder nicht.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
charlotte12
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von charlotte12 »

Bisher war der Auslöser immer gewesen, dass meine Tochter im weiteren Sinne in einer Wettkampfsituation gewonnen hatte. Das andere Kind schlägt dann zu, und zwar heftig. Hinterher tut es ihm leid. Mir fiel nur auf, dass das andere Kind das erst macht, seitdem sich die beiden sehr gut kennen. Mittlerweise weiß ich, dass es das innerhalb der Familie auch macht. Da sah ich Parallelen - nur im sicheren Umfeld.
Rabaukenmama
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Rabaukenmama »

charlotte12 hat geschrieben:Bisher war der Auslöser immer gewesen, dass meine Tochter im weiteren Sinne in einer Wettkampfsituation gewonnen hatte. Das andere Kind schlägt dann zu, und zwar heftig. Hinterher tut es ihm leid. Mir fiel nur auf, dass das andere Kind das erst macht, seitdem sich die beiden sehr gut kennen. Mittlerweise weiß ich, dass es das innerhalb der Familie auch macht. Da sah ich Parallelen - nur im sicheren Umfeld.
Hallo Charlotte!

Genau DAS (nicht-verlieren-können) kenne ich von meinem älteren Sohn. Auch er wird dann sehr wütend auf den "Sieger", schreit, macht Drohgebärden in die Luft,...schlägt aber GsD nicht zu. Irgendwie kommt er sich in so Situationen persönlich schwer gedemütigt vor. Es ist, als wäre das "siegen um jeden Preis" das wichtigste in der Welt. Und ER ist IMMER verzweifelt und wütend, wenn er verliert, oder wenn wer anderer irgendwo offensichtlich "besser" ist als er - nicht nur in sicherem Umfeld.

Der Auslöser beim Freund deiner Tochter (sie hat in einer Wettkampfsituation gewonnen) ist mMn nicht typisch autistisch. Autistische Provokationen brauchen keinen Auslöser, die fallen dem Kind einfach spontan aus "Spaß an der Sache" (die Reaktion des anderen zu beobachten) ein. Bei autistischen Wutanfällen (Meltdowns) kann zwar durchaus die Situation "verlieren" ein Auslöser sein, das allein ist aber viel zu wenig, um auf Autismus zu schließen. Es kann auch ADHS dahinter stecken (kann ich aber aus der Ferne absolut nicht beurteilen) oder es ist einfach nur eine geringe Frustrationsschwelle.

Und in wie weit sich ein Kind in fremder Umgebung ´"gehen lässt" ist einfach Persönlichkeitssache. Da besteht das hartnäckige Vorurteil, dass Autisten nur dann wirklich Autisten sind, wenn sie sich "immer" (also in jeder Situation) gleich verhalten. Also IMMER wütend werden, wenn ihnen z.B. was weggenommen wird, oder NIE Körperkontakt wollen, IMMER Streit anfangen, wenn sie unter Kindern sind,... In Wirklichkeit ist das genauso verschieden wie bei neurotypischen Kindern. Das wollte ich Beany bzw. koschka nur sagen ;) .
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charlotte12
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von charlotte12 »

Spiele mit Wettbewerbs-Charakter kann ich abstellen. Aber die Schule ist leider ein einziger Wettbewerb, einmal war der Auslöser, dass mein Kind die bessere Note hatte, einmal war mein Kind als erstes mit den Aufgaben fertig. Da fällt mir auf, was "neu" ist, seitdem das andere Kind zuschlägt: die Noten. Seit diesem Jahr gibt es für alles mögliche Noten. Vermeidung dieser Situationen ist schwierig - ich versuche gerade gegenzusteuern, wenn mein Kind absichtlich langsam und schlecht die Aufgaben löst, um sich anzupassen. Wobei genau das den Wettbewerb aus der Situation nehmen würde...
Rabaukenmama
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo Charlotte,

aber wenn es an den Noten liegt, dann schlägt das Kind ja in der Schule zu, oder sehe ich das falsch? Bisher kam es mir so vor, als wäre die Situation nur dann kritisch, wenn der Bub z.B. bei euch zu Besuch ist - also, wie du geschrieben hast, im sicheren Umfeld (wenn die Kinder schon länger befreundet sind). Wie ist da nun wirklich?
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charlotte12
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von charlotte12 »

@Rabaukenmama: Bisher war es jedes Mal in der Schule gewesen. Da hatte ich mich nicht klar ausgedrückt - mit "sicherem Umfeld" meinte ich nicht einen Ort sondern eine Person, also dass das andere Kind meine Tochter mittlerweile sehr gut kennt. DIe Schule kennt sie mittlerweile übrigens auch gut, aber das wollte ich damit gar nicht sagen. Daheim wäre es mir lieber, da hätte ich mehr Einfluss bzw. könnte zur Not das andere Kind einfach nicht mehr einladen. Aber einige Ansatzpunkte habe ich schon gefunden - z.B. dass meine Tochter dem anderen Kind zukünftig ihre Noten nicht mehr verrät. Nur dass sie absichtlich langsam arbeitet wie sie es immer wieder macht(e), das geht einfach nicht, das ist keine gute Lösung.
Bliss
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Bliss »

Koschka hat geschrieben:Wenn wir schon beim Thema sind... Kennt jemand von euch wie man Provozieren aus Langeweile abstellen soll? Ich meine, was würdet ihr machen wenn ein Kind, das sich nicht bei vorhandenen Möglichkeiten/Fähigkeiten beschäftigen will, stattdessen seine Familienmitglieder ärgert?
Meine Nummer 3 macht das hin und wieder. Besonders als er kleiner war, war ihm das gar nicht so bewußt. Da hat es schon etwas geholfen, wenn wir das auch so formuliert haben. Also so was wie: DIr ist langweilig und dir fällt im Moment nichts anderes ein als deine Geschwister zu ärgern. Manchmal sind wir gemeinsam dann doch noch auf Alterntiven gekommen.Heute reicht meist ein: ich glaube du hast gerade Zeit dein Zimmer aufzuräumen, dann fällt ihm schon noch irgendwas anderes ein. Aber ein Patentrezept habe ich leider auch nicht.
Beany
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Re: Aspergerverdacht + sensibles Geschwisterkind

Beitrag von Beany »

Koschka hat geschrieben: Die Beschreibung klingt auf jeden Fall nach einem sehr seinsiblen Kind, das schnell überreizt wird.
Ich denke, das trifft es ganz gut. Seine Reaktion scheint zu sein, „dicht“ zu machen, um sich nicht mit allen Eindrücken auseinander setzen zu müssen.
Koschka hat geschrieben: Die Hauptfrage in dieser Situation gilt nicht der Diagnose,
Ganz ehrlich? Eine Diagnose wäre mir derzeit relativ egal, denn es würde an der Situation und seinem Wesen nichts ändern. Eine Diagnose macht für mich eher vor dem Hintergrund Sinn, dass er evtl. später Schwierigkeiten bekommt (z.B. in der Schule) und wir ihm so schneller und effektiver helfen können.
Koschka hat geschrieben: Ist das nur Eifersucht? Holt sich der Kleine auf diese Weise Reize, die ihm sonst fehlen?
Ich habe keine Ahnung. Nur Eifersucht ist es sicher nicht. Manchmal scheint er einfach „Lust“ darauf zu haben. Und er macht es durchaus auch bei uns Eltern. Nur längst nicht so oft und intensiv. Wir können aber anders damit umgehen, als der Bruder und sind dadurch in unseren Reaktionen nicht ganz so spannend.
Koschka hat geschrieben: Was mich auf jeden Fall sehr wundert, dass aus dem Kindergarten keine Beschwerden kommen. Kommt dieses Verhalten nur zuhause vor? Haben die Kindergärtnerinen was von seinem Einfühlungsvermögen erzählt?
Wenn ich von unseren Schwierigkeiten berichtet habe, schauten mich die Erzieherinnen nur verständnislos an. Bei ihnen ist er ein anderes Kind. Was das Einfühlungsvermögen angeht, ist er dort unauffällig. Er sagt Bescheid, wenn ein Kind weint, ist aber nicht auffallend emoti-onal. Eben so, wie alle anderen dort auch.

Die Psychologin meinte, dass das wohl bei kognitiv fitten Kindern öfter vorkommt. Sie passen sich auswärts nach Kräften an (mit zwei Jahren hat er andere Kinder dort noch gekratzt) und zu Hause entlädt sich dann die ganze Anspannung. Außerdem hätten sie wohl im Kin-dergarten keinen Partner, zu dem sie eine so starke Bindung haben, wie zu Eltern oder Ge-schwistern. Der Kleine hat halt einen wirklich guten Freund in der Kita. Ich glaube, es passt deshalb so gut, weil der Freund total in sich ruht. Der strahlt eine absolute Gelassenheit und Freundlichkeit aus, bedrängt ihn nicht und ist auch keiner, dem körperliche Auseinanderset-zungen wichtig sind. Das kommt dem Kleinen echt entgegen.
Koschka hat geschrieben: Durch die Geschichten versucht er das kognitiv zu verarbeiten, was ihm von der Intuition vielleicht nicht so leicht fehlt. Vielleicht wäre das für euch ein Kanal, ihm Umgang mit be-stimmten Situationen nähe zu bringen, ohne das man über seinen Fehlverhalten direkt spricht.
Den Gedanken hatte ich auch. Er liebt zum Beispiel Leo Lausemaus und versichert sich da auch immer wieder, ob er die Gefühle und Handlungen richtig verstanden hat.
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