Mathematische Begabung

Mathematik, Musik, Kunst - alles zu spezieller Hochbegabung
Maca
Dauergast
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Re: Mathematische Begabung

Beitrag von Maca »

Koschka hat geschrieben:Nach der gestrigen Diskussion habe ich mir Gedanken gemacht, wie gerecht wäre es tatsächlich die Aufmerksamkeit der Lehrer, die ums "Überleben" für die Langsamen kämpfen, auf ein Schnelleres Kind zu verlangern. Nüchtern betrachtet hat ein langsames Kind die Wahl entweder um jede Note in den Problemfächern zu kämpfen oder auf eine andere Schulform zu wechseln. Wenn man früh genug anfragt, bekommt man auch bei uns einen Platz auf einer Realschule. Ein schnelles Kind hat dagegen keine Wahl. Es können nicht mal theoretisch alle Begabten in BY in den ganzen 8 Klassen für die Hochbegabten unterrichtet werden. Also das ist ganz im Gegenteil eher sozial ungerecht dem Schnelleren seiner Bedürfnisse zu ignorieren. Laut Statistik gehen in den bayerischen Städten mehr als 40% der Kinder aufs Gymnasium. Da sind wir gut in der Mitte von der Gaussglocke, so war es defintiv nicht gedacht.

In unseren Grundschule hat sich in den letzten 10 Jahren diesbezüglich sehr viel geändert. Hochbegabtenförderung gibt es zwar nach wie vor nicht, aber ein Kind, das die 1. oder die 2. Klasse überspringt wundert keinen mehr. Seitdem die flexible Eingangsstufe 1./2. eingeführt wurde, geht es relativ unproblematisch.
Na ja, aus der Perspektive eines leistungsstarken Kindes ist die Bevorzugung der Leistungsschwachen ungerecht.
Das Gymnasium ist mittlerweile aber nunmal eine Schule für die große Masse und nicht für die Elite, d.h primäres Ziel ist es, möglichst alle Schüler zum Abitur zu führen.
Das fitte Kind braucht daher keine weitere Aufmerksamkeit, um dieses Ziel zu erreichen.
Wäre das anders, stünde ihm die gleiche Förderung zu, wie allen anderen.
Nach deiner Argumentation, müssten alle Langsamen ihren bisherigen Aukmerksamkeitsanspruch mit den Schnellen teilen, was vermutlich die Reihen beachtlich lichten würde.

@Koschka, eigentlich bist du bei Elsbeth Stern, oder? D.h. max. 10% eines Jahrgangs (die intelligentesten natürlich) gehen aufs Gymnasium und werden dort optimal und ihren Begabungsschwerpunkten entsprechend, auf die Uni vorbereitet.
Ohne störende “Doofis“.

Weißt du, mein langsames Kind bereichert das Unterrichtsgeschehen durch ihre Beiträge regelmäßig und hat ihren kleinen Anteil an einer guten Lernatmosphäre. Das höre ich bei jedem, wirklich jedem Elterngespräch seit über 4 Jahren.
Bei meinem Sohn wurde das explizit noch nie erwähnt.
Meine Tochter ist kein Überflieger und versemmelt immer wieder Klassenarbeiten. Da die mündlichen Noten bei uns entscheidend sind, ist das nicht so erheblich. Ihre Sozialkompetenz ist hoch, sie übernimmt Verantwortung für ihre Mitschüler und kümmert sich bei Problemen, vermittelt, kommuniziert und hat einen sehr differenzierten Blick auf vieles.
Ich würde niemals wollen, dass mein Sohn auf ihre Kosten mehr qualitative Differenzierung bekäme.

Wenn ich hier so lese, was ihr schreibt, bin ich heilfroh, im Norden zu leben.
Das Schulsystem hier gewinnt mit den Jahren bei mir immer mehr.
Es ist wesentlich weniger mit diesem klassischen, starrren Bildungsdünkel behaftet, der für mich viel Selbstzweckcharakter hat und kommt mir wesentlich flexibler vor.
Die Begabtenförderung ist auf dem Vormarsch und für Ideen und Impulse sind die dafür zuständigen Lehrkräfte sehr offen.
Wenn mein Sohn stark unterfordert ist, bekommt er modifiziertes Unterrichtsmaterial oder darf frei arbeiten und die langweiigen Routine- und Vertiefungsaufgaben weglassen. Im Matheunterricht haben er und sein hochbegabter Freund regelmäßig die Anweisung, bestehende Aufgaben zu modellieren und der Klasse vorzustellen ( dass das keinen wirklich interessiert, merken die zum Glück nicht :mrgreen: ).

OK, vom Lehrermangel , Unterichtsausfall, unmotivierten und störenden Mitschülern, merkwürdigen Projektarbeiten u.a.
mal abgesehen. :fahne:
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Mathematische Begabung

Beitrag von Rabaukenmama »

Koschka hat geschrieben:Ein kleiner Ausschnitt aus der Realität. Heute war bei meiner Tochter die halbe Klasse wegen des Austauschprogramms nicht da. In der Doppelstunde Deutsch bekamen die verbliebenen Kinder die Aufgabe die gelben Merkkästen aus dem Buch abzuschreiben. Während dessen hat der Deutschlehrer irgendwelche Aufsätze korregiert. Mein Kind knirscht mit den Zähnen und fragt, Mama, warum darf er das???
Kommt mMn drauf an, wie oft es vorkommt. Wenn sich ein Lehrer wiederholt auf Kosten der Klasse einen schönen Lenz macht (schließlich bekommt die Stunden, die er eigentlich zu Hause korrigieren sollte, bezahlt) und die Schüler mit langweiligen Abschreib-Arbeiten beschäftigt, statt sie zu unterrichten, sollte man das mMn gemeinsam mit anderen Eltern beim nächsten Elternabend dringend zur Sprache bringen.

Wenn es eine einmalige Sache war (eben weil die halbe Klasse nicht da war) würde ich es nicht so eng sehen. Das kommt abgewandelt auch im Berufsleben immer wieder vor. Im Moment laufen in meiner Firma 7-teilige Seminare für "noch besser verkaufen", wo echt noch nichts dabei war, was ich noch nicht kennen würde. Und ich als 16-Stunden-Kraft muß dieselben 7x2 Stunden Arbeitszeit in Seminarräumen absitzen wie die Vollzeit-Kollegen. Tja, mitgefangen, mitgehangen :P !

In der höheren Schule hatte ich einen Lehrer in Betriebswirtschaftslehre, der hat gar nicht unterrichtet. Kam zu Beginn der Doppelstunde in die Klasse, meinte "Schlagt die Bücher auf und lest Seite 15-22", setzte sich an den Lehrertisch und las bis zum Ende der Doppenstunde in seiner Zeitung. Die Streber lasen diese Seiten, die normalen Schüler blätterten zumindest etwas in den Büchern rum und schrieben sich für das Wichtigste eine Zusammenfassung, diejenigen, die das Prinzip noch nicht verstanden hatten (ich eingeschlossen) fühlten sich nicht angesprochen. Das ging etwas jede 2. Unterrichteinheit so. Zur Schularbeit kam dann IRGEND ETWAS aus den Seiten, die wir selbst lesen sollten. Und SO WAS darf mMn nicht sein!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
alibaba

Re: Mathematische Begabung

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben:Ein kleiner Ausschnitt aus der Realität. Heute war bei meiner Tochter die halbe Klasse wegen des Austauschprogramms nicht da. In der Doppelstunde Deutsch bekamen die verbliebenen Kinder die Aufgabe die gelben Merkkästen aus dem Buch abzuschreiben. Während dessen hat der Deutschlehrer irgendwelche Aufsätze korregiert. Mein Kind knirscht mit den Zähnen und fragt, Mama, warum darf er das???
Natürlich ist das doof. Aber für Alle! Egal ob mit oder ohne Begabung. Aber das kommt vor und bei uns öfter als man denkt. Es ist immer irgend etwas. Da Musical, da Konzert, dort eine Klassenfahrt und da ein Schulaustausch, dann kommt die Grippewelle …. dann Abiturfeier, Lehrermeeting, Klassenlehrerkonferenz …… und hinzu kommt dann - für alle Kinder - das der verbleibende Unterricht in G8 gequetscht wird und pro Woche urplötzlich 3 Arbeiten geschrieben werden. All das dann (nein, ein halbes Jahr ist ja nicht Zeit) innerhalb von 3 Wochen. Super!

Ich bin jetzt seit 9 Jahren Schulmama und habe daran noch nie etwas ändern können.

VG
alibaba

Re: Mathematische Begabung

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben: Eines der großen Problemen des Schulsystems ist m.E., dass die Lehrer unantastbar sind. Sobald sie verbeamtet werden, ist jeder Widerstand gegen die Inkomepentz zwecklos.
Hinzu kommt, dass sich Einwände (und seien sie noch so berechtigt) immer negativ auswirken werden. Ich hab das schon einmal hinter mir - würde ich nie wieder machen. Nicht für die Zeit, die Schule letzten Endes dauert. Dann finden sich eben andere Wege. Viele Lehrer sehen sofort einen Angriff auf sie -warum auch immer.

Darum - weil eben die Probleme viel marginaler sind - wünsche ich Dir @koschka viel Erfolg bei der Umsetzung deiner großen Vorhaben. Ich mache nichts mehr - nur im Notfall - da hier Förderanliegen ganz weit unten auf meiner Prioritätenliste ständen. Das ist nicht das oberste Problem sondern nur ein geringes im Haufen der Vielfalt.
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