Entwicklungsvorsprung

Unsere Kinder sind ja nicht nur klug und begabt, es gibt sicher noch mehr zu erzählen
sinus
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von sinus »

Diese Reportage zum Thema hab ich grad neulich gesehen:

https://www.youtube.com/watch?v=2gY0OnkuBIo

Da fand ich vor allem erschreckend, wieviel der eigentlichen Freizeit (= Entspannung auch für die Mutter) für Fahrten draufgeht.
Diese Zeit hätte man so viel schöner gemeinsam nutzen können, als im Auto sitzend!
Und meine Tochter hat genauso wie das eine Mädchen im Film auf regelmäßige Termine reagiert: sie war häufiger genervt, dass sie ihr Spiel unterbrechen musste/los musste, egal, ob sie nun grad Lust drauf hatte in dem Moment oder nicht.
Da kann das, was an dem Termin selbst stattfindet, durchaus gefallen, aber ich frage mich schon, ob man schon ein Vorschulkind regelmäßig so drängen sollte loszuziehen, wenns grad mal eigentlich nicht passt.

Unser Leben ist insgesamt schon so durchgetaktet und voller Verpflichtungen, es gibt grad für Kinder oft schon so viel erwachsenengesteuerten Zeitdruck im Alltag - muss ich mir und dem Kind da freiwillig noch mehr davon antun?
Wer hat denn da am Ende wirklich was davon? Bzw ist es das wirklich wert?

Ansonsten kann ich noch empfehlen, sich bei "familylab" den Newsletter zu bestellen, da sind immer wieder sehr interessante Artikel dabei.
Zuletzt geändert von sinus am So 15. Jan 2017, 15:03, insgesamt 2-mal geändert.
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Smarti26
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von Smarti26 »

Sehr Interessant.
Danke für eure Antworten :)
Rabaukenmama
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von Rabaukenmama »

sinus hat geschrieben:Diese Reportage zum Thema hab ich grad neulich gesehen:

https://www.youtube.com/watch?v=2gY0OnkuBIo

Da fand ich vor allem erschreckend, wieviel der eigentlichen Freizeit (= Entspannung auch für die Mutter) für Fahrten draufgeht.
Diese Zeit hätte man so viel schöner gemeinsam nutzen können, als im Auto sitzend!
Und meine Tochter hat genauso wie das eine Mädchen im Film auf regelmäßige Termine reagiert: sie war häufiger genervt, dass sie ihr Spiel unterbrechen musste/los musste, egal, ob sie nun grad Lust drauf hatte in dem Moment oder nicht.
Da kann das, was an dem Termin selbst stattfindet, durchaus gefallen, aber ich frage mich schon, ob man schon ein Vorschulkind regelmäßig so drängen sollte loszuziehen, wenns grad mal eigentlich nicht passt.

Unser Leben ist insgesamt schon so durchgetaktet und voller Verpflichtungen, es gibt grad für Kinder oft schon so viel erwachsenengesteuerten Zeitdruck im Alltag - muss ich mir und dem Kind da freiwillig noch mehr davon antun?
Wer hat denn da am Ende wirklich was davon? Bzw ist es das wirklich wert?

Ansonsten kann ich noch empfehlen, sich bei "familylab" den Newsletter zu bestellen, da sind immer wieder sehr interessante Artikel dabei.
Habe mir jetzt den ganzen Bericht angeschaut. Sehr interessant, auch die Gespräche mit den "Profis". Generell denke, ich dass die Gesamtsituation in einer Familie entscheidend ist, was und wie viel man "fördern" will oder kann. Auch wenn ständig die Rede davon ist dass es "den Kinder Spaß machen soll" ist mMn die Machbarkeit eine wichtige Sache. Wenn es für alle in Streß ausartet dann lieber weniger als mehr.

Es gibt ja so viele Möglichkeiten, zu "fördern": Sport, Musik, schulischer Bereich, Kreativität,...

...da fängt das Dilemma schon mal an. Was davon ist essentiell, was kann man vernachlässigen? Wenn man EIN Kind hat, genügend Geld und vielleicht noch eine peergroup aus Verwandten und Freunden, die mithilft, kann ein Kind durchaus in all diesen Bereichen gefördert werden. Wie erfolgreich das dann langfristig ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber immerhin kann man es versuchen.

Wenn man - wie die Familie im Film - vier Kinder hat, muss man entscheiden, was wann und wie viel Sinn macht. Im Beispiel hat jedes der vier Kinder EINEN Kurs ausprobiert (das älteste Mädchen durch den bereits vorher vorhandenen Turnkurs zwei)- und die Kosten lagen bei Euro 240,- pro Monat zuzüglich Fahrt- und Materialkosten. Dieselben Kosten würden anfallen wenn EIN Kind 5 Kurse machen würde. Also spätestens ab dem Zeitpunkt wo das Baby auch alt genug für englisch, Klavier, Nachhilfe und Sport ist, über Euro 1000,- pro Monat. Weder finanziell noch zeitlich/organisatorisch für Normalo-Familien machbar!

Bei mir selbst ist die Situation ähnlich. Kleinsohn hat durch seine Behinderung viele Termine. Logopädie wegen der Gehörlosigkeit, Ergotherapie wegen der "Störung der sensorischen Integration" und Frühförderung. Üblich sind zwei fixe Termine pro Woche. Da ich drei Tage die Woche den ganzen Tag arbeite, sind die Termine natürlich an meinen "freien" Tagen. Die anderen Termine, die so anfallen (z.B. Artzbesuche von mir und den Kindern) sind natürlich auch an diesen Tagen einzuteilen.

Kann man da noch was kürzen oder erleichtern? In unserem Fall nicht, denn wer würde einem gehörlosen Kind die Logopädie und einem Autisten die Ergotherapie verweigern oder die von der Stadt Wien vollständig bezahlte Frühförderung ablehnen?

Was aber, wenn auch mein älterer Sohn was "machen" will. Drei Tage die Woche komme ich um 17h30 von der Arbeit heim. Da ist es zu spät für irgendwelche Kurse. Zwei fixe Termine pro Woche für den Bruder an meinen freien Tagen - also ein sehr kleines Zeitfenster, wo man zusätzlich noch fixe Kurstermine einplanen könnte! Sämtliche Betreuung durch andere (Babysitter, Leihoma, Großeltern) ist entweder kostenpflichtig oder nur schwer und langfristig organisierbar!

Und wenn doch - WAS soll ich fördern? Soll mein älterer Sohn ein Instrument lernen oder eine Sportart? Oder doch lieber was Kreatives machen? Wie kommt er hin und wer ist in der Zeit für den Bruder da?

Mein älterer Sohn will Kung Fu lernen seit er im Hort "Kung Fu Panda" gesehen hat (der erste Film, bei dem er nicht schreiend davongelaufen ist). Wir haben ganz in der Nähe eine Kung Fu Schule, also waren wir mal zu einem Schnuppertraining dort. Mein Sohn hat aber nur sehr halbherzig mitgemacht und die Trainerin meinte dann, in seinem Fall wären erst mal ein paar Einzelstunden sinnvoll bevor er - wenn er dann noch mag - in die Gruppe einsteigen kann. Also habe ich einen Zehnerblock Einzelstunden genommen und mein Sohn geht 1x pro Woche hin. Da das an den Tagen ist (man kann es sich Gott sei Dank einteilen), wo häufig auch sein kleiner Bruder zu Hause ist, muss der natürlich mit, wenn mein "Großer" sein Kung-Fu-Training hat. Und Kleinsohn würde ja auch so gerne Kung-Fu lernen, darf aber nicht mitmachen! :schwitz:

Und wenn Kleinsohn einen Termin hat muss der natürlich mitgeschleppt werden wenn ich den Großen in die Schule bringe und vom Hort abhole. Ganz ehrlich - mit 4 Kindern kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen!
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sinus
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von sinus »

@rabaukenmama: ich kam zum Glück nicht/kaum in die Verlegenheit bisher, da meine Tochter sich wie geschrieben fixen Terminen tendentiell eher verweigert hat. Selbst bei Kursen, die ihr an sich großen Spaß machten, moserte sie fast immer, wenn wir deswegen los mussten oder sagte: "Ich finds blöd, dass da der ganze schöne Nachmittag dafür drauf geht".
Sie war im Kigalter im Chor, im Malkurs, beim Sport und im Instrumentenkarussell. (allerdings nicht alles zeitgleich)
Innerhalb des Kindergartenalltags auch noch beim Tanzen.
Außerdem waren wir oft bei Konzerten, was aber damit zu tun hat, dass ich selbst gern gehe und sie mit musste und/oder dass ihre Cousins/Cousinen mit auftraten.
Mit den Großeltern ist sie mitunter ins Puppentheater o.ä. gegangen.
Ein umfassend gefördertes Einzelkind sozusagen. Was sich aber wie gesagt tendentiell dagegen eher widersetzt hat!

Ich habe als Kind auch zahlreiche Freizeittermine gehabt, schon weil meine Eltern beide voll arbeiteten und der Nachmittag irgendwie gestaltet werden musste. Ich war quasi jeden Nachmittag der Woche woanders. (Kosten waren damals vernachlässigbar glaube ich, war in der DDR)
Ich erinnerte mich dann, als Tochter wie beschrieben reagierte, dass ich im Grundschulater auch oft keine Lust hatte und sogar schwänzte! (Bzw oft einfach den Termin verpasste, weil ich auf dm Weg dahin bummelte oder vergasß, rechtzeitig loszugehen, weil ich so ins Spiel vertieft war.)
Später wählte ich dann aber irgendwann gezielt selbst aus und war dann auch motivierter.

Meiner Erfahrung nach ist es heutzutage vor allem oft zu früh, den Kindern schon im Kiga- und Grundschulalter so viel "aufzudrücken".
Selbst wenn sie sich dafür begeistern. Oft sind das aber auch vorrübergehende Interessen.
Und selbst wenn es den Interessen entspricht, wie bei meiner Tochter das Malen - es scheint ihr TROTZDEM wichtiger zu sein, ihre Zeit frei zu verbringen, als angeleitet.
Da vermute ich, dass das eine Altersfrage ist. Das Kigaalter ist im Normalfall einfach nicht die Zeit des angeleiteten Lernens, sonst könnte und würde man da ja die Kinder auch schon beschulen. Da lernen die Kinder genug und lieber und besser im Tun, im Alltag, im Zusammenspiel mit anderen.

Ich glaube, wenn ich noch mal entscheiden muss (z.B. bei Nr.2), werde ich einfach warten, bis das Kind selbst und über längere Zeit äußert, dass es dieses und jenes wirklich will.
Die Große fängt jetzt so langsam damit an: ihr Zweitinstrument hat sie ja auch "durchgesetzt", weil sie längere Zeit immer wieder darauf drängte.
Das ist das erste Mal, dass sie von sich aus etwas unbedingt machen wollte. (Ich selbst war/bin da gar nicht sooo dafür, wegen des Zeitaufwandes und der Kosten)
Im Nachhinein betrachtet hätte ich mir eigentlich fast alles an Kursen im Kigaalter sparen können. das hat nur unnötig den Alltag zerrissen und gekostet. Das Beste daran war eigentlich die Zeit der Wege dahin, die wir wegen fehlendem Auto oft zu Fuß erledigt haben und wo wir viel miteinander geredet und Geschichten erzählt haben.
(Eine Ausnahme: der "Musikgarten"-Kurs im Babyalter - das hat mir persönlich unglaublich viel gebracht und wirkt nachhaltig weiter. Soweit, dass ich und KInd Freundschaften dort geknüpft haben, die bis heute bestehen aus denen jetzt für mich eine kleine Musiziergruppe (Eltern) geworden ist. )

Ich sehe da übrigens hier im Umfeld einen Trend in der Richtung "reduzieren". Also dass Eltern sich dem "Kursdruck" widersetzen und ihre Kinder bewusst NICHTS machen lassen. Habe ich jetzt schon von mehreren Eltern in Kinds Klasse gehört. Also es gibt hier einige Grundschulkinder aus bemühten Akademikerhaushalten, die NICHTS machen oder nur Sport zusätzlich.
Das sind übrigens alle sehr leistungsstarke Kinder aus Tochters Klasse.
Die Eltern sagten ganz bewusst: Wir machen da nicht mit, wir wollen nicht, dass das Kind von Termin zu Termin rennt. Es beschäftigt sich wunderbar auch so - warum sollen wir da eingreifen?

Also ich würde ein interessiertes Kind sicher nicht ständig ausbremsen, aber man muss auch nicht "das volle Programm" auffahren, nur weil ein Kind klug und begabt und vielseitig interessiert ist. Und muss da wohl auch keine Angst haben, es könne was verpassen.
Das ist meiner Meinung und Erfahrung nach wohl zumindest im Kigaalter udn womöglich auch im Grundschulater noch ungerechtfertigt und unnötig.

Immer natürlich unter Vorbehalt, denn ich gehe natürlich von meinen Kindern und Beobachtungen nur in meinem Umfeld aus.
Und da weiß ich von fast niemandem IQ.
Vielleicht gibts auch die Kinder, die das alles fordern und brauchen. Ich kenne aber keines.
Die auffallend klugen Kinder im Kiga und Grundschulater, die MIR hier bisher begegnet sind, fallen eher durch Kreativität im freien Spiel auf und brauchten im Grunde vor allem Freizeit und Draußensein zum Glück.
(Ausgenommen ein mathematisch hochbegabter Junge mit Asperger, der seine Freizeit vor allem allein vorm Bildschirm verbringen mag)

Bei meiner großen Tochter (2. Klasse, 8 Jahre) kann ich sagen, war und ist bisher am nachhaltigsten für sie:
- die Zeit, die wir in Familie verbringen, am Liebsten draußen.
- unsere Urlaube. (Meer, Wandern in den Bergen, eine Fernreise, kleinere Ausflüge mit Freunden)
- sämtliche Verabredungen zum Spielen mit anderen Familien und Freunden.
(Was Kind (und ich selbst) DA alles für Impulse bekommt und lernt! Und mit jedem Spielfreund entsteht eine andere Dynamik und wird anderes gespielt!)
- Vorlesen. (Das ist ja wie gemeinsam auf Fantasiereise gehen)

Alles andere hätte ich getrost auch lassen können. :roll:
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Rabaukenmama
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von Rabaukenmama »

@sinus: Mein älterer Sohn ist gerne mit einem von uns (also meinem Mann oder mir) "exklusiv" unterwegs um was gemeinsam zu machen. Da schauen wir, dass wir an den Wochenenden - wenn zeitlich und organisatorisch möglich, was raussuchen, was ihm gefällt.
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Momo
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von Momo »

Sinus, das sehe ich ganz genau so und ich habe ähnliches erlebt. Ich selbst war bei meiner Tochter super aufgeregt und konnte es kaum erwarten, meine 3 Monate alte Maus mit zum pekip zu schleppen. Es folgten unzählige Kurse - Musik, Tanzen, Ballett, Klavier, malen, Kung-Fu, Aikido, Turnen... Wahnsinn! Natürlich auch alles nicht parallel, doch aus der heutigen Sicht viel zu viel. An die Kosten mag ich gar nicht denken. Ich hatte Spaß daran, meiner Tochter vieles zu ermöglichen. Doch sie selbst hatte häufig ebenfalls auch gar keine Lust oder verlor das Interesse. Weil sie im Grunde eines wollte - frei spielen zu Hause oder mit ihren Freundinnen. Dann war sie ausgeglichen und glücklich. Heute haben wir ihre Aktivitäten neben ihrer schule drastisch reduziert. Übrig geblieben ist Aikido, wofür sie sich wirklich begeistert. Hier ist sie sehr motiviert und total stolz, nach einigen Monaten nun ihre erste Prüfung ablegen zu dürfen. Auch interessant, da sie mit Noten und Prüfungen in ihrer freien schule überhaupt nicht konfrontiert wird.
Dann wünscht sich meine Tochter schon seit sie sprechen kann, richtig reiten zu lernen. Ihr diesen Wunsch zu erfüllen ist hier in Berlin nicht ganz einfach, gute Reithöfe sind weit weg und sehr teuer. Ihr Wunsch war aber so groß, dass sie sie selbst die Idee hatte, sich von ihren Großeltern zu Weihnachten anstatt von Spielsachen eine finanzielle Unterstützung ihres reitunterrichts zu wünschen. Eine tolle Idee, die auch den Großeltern gefiel. Nun wird ihr Traum also tatsächlich erfüllt ;)

Durch die Schule meiner Tochter kann ich übrigens auch sehr viel lernen, wo viele wunderbare Dinge angeboten werden. Aber nur, wenn die Kinder wirklich von sich aus wollen, können sie an den Angeboten teilnehmen. So begeistert wie jetzt in der Schule ist meine Tochter vorher nie zum kinderturnen gefahren! Jetzt freut sie sich morgens schon auf ihren Sport am Nachmittag und es ist jedes Mal ein Geduldsspiel, sie anschließend um Nachhausefahren zu bewegen. Sie hat ein Mal mitgemacht und seitdem ist sie jede Woche mit Begeisterung dabei. Genauso ist es bei anderen Kursen wie Yoga oder Englisch usw. Der Unterschied ist die Eigenmotivation!!! Die Frage ist: von wem geht die Motivation aus - vom Kind oder von den Eltern, Lehrern etc.? Dies ist entscheidend dafür, mit welcher Begeisterung das Kind einer Beschäftigung nachgeht und welche Freude und auch Ernsthaftigkeit es daran entwickelt und dieses Thema weiterverfolgt!
Das musste ich auch erst lernen und fest steht- dies werde ich beim nächsten Kind anders machen!!!

Liebe Grüße von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Momo
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von Momo »

Sinus, gerade habe ich mir die Reportage "Kinder auf der Überholspur- Bildung um jeden Preis?" angesehen. Ein sehr interessanter Beitrag- er spiegelt genau meine Erfahrungen wieder!

Momo
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Rabaukenmama
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von Rabaukenmama »

Ich habe es bei meinem älteren Sohn ruhiger und stressfreier gemacht. Wir haben in Wien das Glück, viele kostenlose (städtische und private) Angebote nutzen zu können. Also bin ich mit meinem Sohn als er ein Baby war nicht zum Pekip oder Eltern-Kind-Schwimmen gegangen sondern wir sind zu den kostenlosen Eltern-Kind-Treffs der MA11 und der Pfarre gegangen. Da macht kostenlos oder kostenpflichtig den Unterschied, dass man sich keinen Streß macht, wenn man 15 Minuten zu spät hinkommt, weil´s ja eh nichts gekostet hat :mrgreen:.

Das einzige, was ich mir wirklich sparen hätte können, war das Eltern-Kind-Turnen als mein Großer ca. 2 Jahre alt war. Das war echt total unnötig und hat (weil kostenpflichtig) auch Streß gemacht. Sohnemann wollte statt zu turnen die Aufschriften auf den Matten und Bällen buchstabieren, ich stand deshalb bei manchen Eltern als Eislauf-Mutter da, die ständig mit dem Kleinkind Buchstaben übt :roll: und ein streßfreier Spielplatzbesuch ohne Zeitdruck hätte allen mehr gebracht als dieser Kurs.

Dann hatten wir das Glück dass im Kindergarten meines Sohnes etliche Kurse (leider kostenpflichtig) angeboten wurden. Das war insofern stressfrei weil er ohnehin schon dort war und wir nicht ständig drängen, motivieren und rumkutschieren mussten. Er hat etliche Kurse besucht von Ballspiel über tanzen, kochen, Theater spielen, malen und basteln bis "Englisch für Fortgeschrittene". Und da waren sogar mal 4 Kurse paralell und es hat ihm echt alles super Spaß gemacht! Wenn es nach meinem Sohn gegangen wäre hätte er sogar noch mehr Kurse besuchen wollen, doch das war dann auch finanziell schwierig. Es war echt ideal, er war in vertrauter Umgebung unter Kindern, die er gut kannte und mit tollen, motivierten Kindergärtnerinnen als Kursleiterinnen!

Ihm diese Kindergarten-Kurse ermöglicht zu haben freut mich rückblickend, denn die Kurszeit war dann immer das Highlight des Tages (obwohl auch sonst dort viele interessante Dinge gemacht wurden, z.B. täglich englisch und täglich eine Turnstunde, viele Ausflüge, Feste, Theateraufführungen, usw.). Da bin ich schon der Meinung, dass gerade ein kognitiv sehr fittes und vielseitig interessiertes Kind durchaus von so zusätzlichen Angeboten profitieren kann. Nicht zuletzt deshalb ist mein Sohn vom ersten Tag an gern in den Kindergarten gegangen. Es gab immer Highlights, auf die er sich freuen konnte. Und in der Zeit ohne Kindergarten konnte er frei spielen und wir hatten keinen Streß von Kurs A zu Kurs B zu kommen :) .

Mit meinem jüngeren Sohn habe ich als Kleinkind dasselbe gemacht wie mit seinem großen Bruder: viele kostenlose Angebote genutzt. Das, was ich mit ihm extra gebucht habe, war Eltern-Kind-schwimmen. Das war aber hauptsächlich für mich (und ich habe es auch so gesehen), um mich mit anderen Müttern auszutauschen. Da war´s dann umgekehrt, ich selbst hatte gar nicht so viel davon weil die anderen Mütter durchwegs 1-Kind-Eltern mit großer peergroup waren und das einzige Kind natürlich gesund war. Da war Austausch über meine täglichen Sorgen und Probleme gar nicht so möglich (wäre mir selbst eher wie jammern vorgekommen). Dafür hatte mein Sohn wirklich deutlich mehr Spaß am planschen in Wasser, als ich zu hoffen gewagt habe.

Er geht in den Kindergarten seit er 2 Jahre alt ist und auch hier gibt es ein tolles, vielfältiges Angebot, was ihm viel Freude macht. Auch er geht gerne in den Kindergarten. Aber durch seine Behinderung hatten wir leider extrem viele Termine und sind irgendwie permanent "am Sprung" :cry: . Jetzt, wo ich entschieden habe, dass er die Horchis nicht mehr tragen muss, ist es um einiges leichter geworden :fahne: . Keine Horchi-Anpassung, keine HNO-Arzttermine vorher zum (schmerzhaften) Ohren-reinigen, keine Ohrstücke machen lassen, keine Audiogramme, keine Batterien besorgen,... Wir haben "nur noch" Frühförderung, Logopädie und Ergotherapie.

Ehrlich gesagt ist es mir einfach selbst zu viel Streß, jetzt auch noch auf Kursen zu bestehen, die sich die Buben nicht selbst ausgesucht haben. Mein älterer Sohn wird mal weiter Kung-Fu machen bis sein 10-er-Block aufgebraucht ist und dann sehen wir weiter ob es ihm noch Spaß macht und er in die allgemeine Gruppe wechseln will. Der kleine Bruder, der ja auch gerne Kung-Fu machen möchte, darf auch mal probieren. Aber wenn ich sehe dass keine Eigenmotivation dahinter ist hören wir wieder auf.

Mein älterer Sohn ist seit gestern krank und zu Hause. Da fördert er sich selbst. Am Vormittag haben wir eine Doku über die Entstehung der Erde auf DVD geschaut, dann hat er Comics gelesen, dann haben wir ein paar Gesellschaftsspiele ("Da ist der Wurm drin" und "4 gewinnt") gespielt und jetzt schaut er am Tablett eine Doku über das Sonnensystem.

Der Sprung vom Kindergarten in die Schule war bei uns leider nicht so erfolgreich. Zumindest behauptet mein Sohn immer wieder, nicht gerne in die Schule zu gehen und sich dort zu langweilen. Vielleicht liegt es daran, dass der Kindergarten wirklich sehr gut war. Vielleicht auch daran, dass mein Sohn generell gerne "auf Widerstand" geht und das, was man für ihn aussucht, eher mal ablehnt als sich darauf einzulassen. Dabei wird von Seiten der Lehrerinnen kein Druck gemacht und der Unterricht ist sehr frei gestaltet. Naja, ich hoffe sehr dass mein Sohn auch noch richtig in der Schule "ankommt".
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
charlotte12
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von charlotte12 »

Sohnemann wollte statt zu turnen die Aufschriften auf den Matten und Bällen buchstabieren, ich stand deshalb bei manchen Eltern als Eislauf-Mutter da, die ständig mit dem Kleinkind Buchstaben übt :roll:
:) Erinnert mich an den Schwimmkurs meiner damals 4 1/2jährigen Tochter - sie weigerte sich als einzige, vom Beckenrand zu springen, und begründete das hinterher mir gegenüber damit, dass da tatsächlich auf einem Schild am Rand stand "nicht vom Beckenrand springen". Sie konnte das als einzige vom Kurs lesen und war dann auch die einzige vom Kurs, die nicht schwimmen lernte (bis heute)...
Bliss
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Re: Entwicklungsvorsprung

Beitrag von Bliss »

sinus hat geschrieben: Ich sehe da übrigens hier im Umfeld einen Trend in der Richtung "reduzieren". Also dass Eltern sich dem "Kursdruck" widersetzen und ihre Kinder bewusst NICHTS machen lassen. Habe ich jetzt schon von mehreren Eltern in Kinds Klasse gehört. Also es gibt hier einige Grundschulkinder aus bemühten Akademikerhaushalten, die NICHTS machen oder nur Sport zusätzlich.
Das sind übrigens alle sehr leistungsstarke Kinder aus Tochters Klasse.
Die Eltern sagten ganz bewusst: Wir machen da nicht mit, wir wollen nicht, dass das Kind von Termin zu Termin rennt. Es beschäftigt sich wunderbar auch so - warum sollen wir da eingreifen?
War es denn jemals so, dass es diesen ominösen Kursdruck gab? Dass Kurse besucht werden, zu denen weder die Eltern noch die Kinder Lust haben? Das kenne ich höchstens vom Schwimmen. Da ist es halt so, dass das eventuell Leben retten kann. Was für Kurse meinst du denn? Und wer übt denn den gefühlten Druck aus?

Ansonsten wäre mein Zwischenfazit (meine großen Kinder sind 12,10 und 7): es lohnt sich. Vor allem auch schon im Kindergarten und Grundschulalter, da haben sie ja noch viel Zeit. Jedenfalls so Wenigschläferkinder wie meine. Auch wenn ich nicht gerade Hurra geschrien hab, als auch mein Jüngster mit Fußball anfangen wollte, aber wenn Kinder für etwas brennen ist es einfach unbezahlbar, auch wenn ein Satz Mannschaftstrikots waschen und Turniere am Wochenende auch uns Eltern einiges abverlangen.
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