Verweigerung und Eskalation

Mein Kluges Kind macht was es will
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: Verweigerung und Eskalation

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Ihr habt ja paradisische Verhältnisse mit so viel Auswahl an Schulen... Was spricht gegen die freie Schule?
Lou
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Re: Verweigerung und Eskalation

Beitrag von Lou »

Ja, Schulen gibt es grundsätzlich vor Ort. Gegen die Freie Schule spricht eigentlich nur die Lage: Nach der täglichen Fahrerei zum Waldorfkindergarten, wollten wir für die Schule eine ortsnahe Lösung. Die Freie Schule ist nicht durch öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen, sodass wieder die tägliche Autofahrt organisiert werden muss - mit mittlerweile drei Kindern und ab Sommer 2022 auch wieder meiner beruflichen Verpflichtung alles gar nicht so einfach unter einen Hut zu bekommen. Für die Schule spricht meiner Meinung nach die jahrgangsübergreifende Klassenstruktur (Jahrgang 2/3 in einer Klasse) und dass sein engster Spielkontakt diese Schule besucht, aktuell in Jahrgang 3, sodass sie in einer Klasse wären.

Das abgesprochene Telefonat mit der Lehrerin heute Nachmittag hat nicht stattgefunden.
Ich war den ganzen Nachmittag auf Abruf in Telefonnähe bis um halb fünf dann eine E-Mail der Lehrerin kam mit der Info, dass sie es heute nicht mehr schaffe. Die kurze schriftliche Rückmeldung war, dass er sich weiterhin sehr unauffällig verhält und in den Arbeitsphasen konzentriert arbeitet. Sie schlägt vor, ihn nächste Woche noch weiter zu beobachten.
Meine Anfang der Woche geschickten detaillierten Fragen zum Arbeitsverhalten, Zeitbedarf, ect hat sie nicht beantwortet.

Wie vermutet, brauche ich von dieser Lehrerin wohl keinen Erkenntnisgewinn mehr erwarten.

Heute morgen war der Gang zur Schule wieder beschwerlich. Mein Sohn wirkt morgens geradezu antriebslos, verzweifelt über der Aufgabe, sich die Zähne zu putzen und braucht für die üblichen Abläufe viel Unterstützung. Eigentlich legt er viel Wert darauf, sich die Kleidung selbst rauszusuchen. Im Moment scheint das schon eine Überforderung zu sein und ich muss ihm die Sachen rauslegen.
Wenn er dann mittags aus der Schule kommt, ist er eher überdreht, laut und ich muss ein Auge drauf haben, dass er seine kleinen Geschwister nicht zu kräftig drückt oder zickelt und ihn irgendwie erstmal runterfahren.
Auguste
Dauergast
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Re: Verweigerung und Eskalation

Beitrag von Auguste »

Dein Sohn passt sich in der Schule sehr an. Das ist anstrengend. Zu Hause fällt dann die Anspannung ab und er zeigt sich so wie er ist.

Deswegen fällt Dein Sohn in der Schule nicht auf. Das muss aber nicht so bleiben. Wenn er in der Schule auffällig wird, dann ist es nach meiner Erfahrung schon zu spät.

Wir haben damals auch zu lange gewartet mit dem Wechsel, weil unser Sohn nicht von seinen Freunden aus der Klasse weg wollte. Nach insgesamt 1,5 Jahren seit Beginn der Probleme war er dann so weit, dass er alles mitgemacht hätte, nur um von dieser inkompetenten Lehrerin wegzukommen. 6 Monate vorher wollte er absolut nicht. Mit dem heutigen Wissen würde ich meinen Sohn viel schneller und auch gegen seinen Willen "umsetzen" (bzw. versuchen, ihn nachdrücklich zu überzeugen) wenn wir merken, dass da wieder was schief läuft. Notfalls auch mitten im Schuljahr.

Für Euch wäre der Zeitpunkt jetzt ideal. Das Schuljahr ist fast um und nach den Sommerferien könnte Euer Sohn woanders neu starten. Nach dem was Du von der jetzigen Schule erzählst, glaube ich nicht daran, dass sich was ändern wird. So lange das Kind in der Schule unauffällig ist, wird keiner einen Grund sehen, was zu ändern. Und Euer Sohn leidet weiter.
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: Verweigerung und Eskalation

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Ich würde sofort die freie Schule nehmen. Die für die Fahrten verlorene Zeit wird sich durch den Gewinn von freundlicher Atmosphäre zuhause ausgleichen. Vielleicht bildet sich eine Fahrgemeinschaft. Je nach Strecke und Trainingsgrad können Kinder zu der 4. Klasse relativ sicher Fahrrad fahren.
Lou
Beiträge: 23
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Re: Verweigerung und Eskalation

Beitrag von Lou »

Ja, Fahrgemeinschaften wären eventuell möglich. Der Spielkontakt (Zwillingsmädchen) kommt genau aus der anderen Richtung, die Schule liegt mittig zwischen deren Wohnort und unserem.
Ich habe nochmal genau geschaut: Es sind 13km je Strecke von uns zur Schule und wir wohnen ländlich, das ist mit dem Fahrrad nicht zu machen. Aber es kommen sicher noch andere Kinder an der Schule aus unserer Richtung, sodass sich da eine Fahrgemeinschaft ergeben könnte.
Aus eurer Perspektive kann ich die Ratschläge zum kurzfristigen Wechsel verstehen - von außen würde ich wahrscheinlich auch dazu raten! Ich habe nur im Moment noch die kleine Hoffnung, dass durch den Lehrerwechsel zum nächsten Schuljahr auch ohne Schulwechsel Besserung eintritt bzw die Diagnostik in den Ferien Erkenntnisse bringt, die weitere Schritte begründen. Warum auch immer habe ich im Moment noch das Gefühl einen Schulwechsel übereilt vorzunehmen...
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: Verweigerung und Eskalation

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Ich bin ein anderer Mensch, mich prägen andere Erfahrungen, und ich kenne weder eure Familie noch euren Sohn. Nur sagt mir meine Lebenserfahrung, dass Kinder, die trotz des Missfits nicht kämpfen, nicht schlagen, nicht ausrasten und schreien, in einem tiefen Loch stecken. Die Anpassung geschiet auf Kosten des Selbstwerts und des Selbstbewusstsein.

Auguste hat mich schon am Anfang dieses Schuljahres gewarnt, dass die Situation meines Sohnes ungünstig ist und die Lehrerin völlig ungeignet ist. Ich habe gehofft, dass wird sich geben. Ein paar Monate danach saß ich beim Rektor des Schule aus dem Nachbarsdorf, ganz verzweifelt. Er konnte das Kind nicht nehmen: Corona, etc, hat selbst seine Sorgen. Zum Glück war kaum Unterricht, und der Einfluss dieser Lehrerin war nicht sehr groß. Nichtdestotrotz ging es schon in den ersten Tagen des Präsenzunterricht wieder Richtung Krise. Als mir klar war, das es keine Schule zu finden sein wird, habe ich einen Antrag auf Sprung gestellt. Mein Sohn wechselt mit frischen 8 Jahren ins Gymnasium. Es ist alles andere als sicher, dass die Entscheidung richtig ist. Aber das einzige was ich weiß, ist die Tatsache, dass in der aktuellen Klasse zu bleiben, dann deutlich falscher wäre.

Auch wenn die Diagnostik was einbringt, wird sie aus deinem Sohn kein Kind machen, dass sich auf Komando gerne hinsetzt und das lernt wozu er kein Interesse hat. Mein Junge ist in diesen Fragen ähnlich gestrickt. Er hat seine Meinung. Dieser Meinung Respekt zu erweisen ist viel einfacher und produktiver als dagegen zu arbeiten und das Kind in Form zu pressen. Ich habe in der Grundschule mit meinem Sohn weder lesen noch schreiben geübt, weil er das so gehasst hat. Lesen hat er angefangen in der Mitte der 3. Klasse. Letzte Woche hat er eine Geschichte geschrieben, die eine Seite lang war, und sie der Klasse vorgelesen. Weil er sich entschieden hat: jetzt kann ich das, jetzt mache ich das!
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