Mehr Privatsphäre mit 9??

Mein Kluges Kind macht was es will
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MichaAusDN
Beiträge: 2
Registriert: Di 18. Aug 2015, 19:50

Mehr Privatsphäre mit 9??

Beitrag von MichaAusDN »

Hallo,

vielleicht geht es ja hier irgendwem genau so, weil ich gerne wissen würde wie ihr damit umgehen würdet. Mein neunjähriger Sohn verlangt von mir dass ich mir weniger in seine Dinge einmische und sagt dann auch ganz klar dass es seine Sache wäre. Ich kann nicht mal mehr in seine Schulrucksack reinschauen ohne dass mir das hinterher vorgeworfen wird. Dabei war ich einfach nur interessiert und habe nichts "überprüfen" wollen oder ähnliches. Dazu gibt es auch keinen Grund weil er für sein Alter schon so gut organisiert ist. Nur geht das mittlerweile so weit, dass er nicht nur seine Sachen "selbst machen" will. Er hat z.B. auch einen eigenen PC und es kam vor kurzem das Thema auf dass er das Administratorpassword jetzt nur noch alleine haben will damit ich da nicht mehr reingucken könne. Obwohl ich sowas auch nie gemacht hätte. Dazu muss ich sagen dass er am PC sehr viel kann und versteht und es auf reiner Vertrauensbasis läuft dass er da nichts aufruft was er nicht aufrufen soll (ich habe ihn auch nie dabei erwischt dass er das getan hat). Wenn wir schwimmen gehen tut er manchmal fast schon so als wären wir gar nicht zusammen da, als wäre ihm das peinlich dass ich dabei bin. Wenn er bei seiner Mutter ist (wir leben getrennt) verhält er sich manchmal auch so. Verkrümelt sich in sein Zimmer und ist dann am liebsten alleine, so dass man schon fast das Gefühl hat dass man stört wenn man zu ihm ins Zimmer kommt.

Ich habe Angst den Bezug zu meinem Sohn zu verlieren wenn ich mich "aufdränge" aber auch dass das gleiche passiert wenn ich es nicht tue. Irgendwie habe ich das Gefühl dass ich was falsch mache, aber es ist sonst zwischen uns eigentlich alles OK. Ich habe ihn auch schonmal gefragt ob er wegen irgendwas sauer auf mich ist. Er verneinte das und fragte mich dann wieso ich das frage. Wenn ich ihm nun sage dass ich das schade finde dass er so oft alleine sein will, denke ich dass er das als Vorwurf sehen könnte. Manchmal reagiert er wirklich abweisend wenn er das Gefühl hat man würde ihn zu irgendwas drängen wollen.

Im Moment bin ich daher ratlos und weiss nicht so richtig wie ich damit umgehen soll.

Viele Grüße

Michael
Maca
Dauergast
Beiträge: 390
Registriert: Do 21. Mai 2015, 16:30

Re: Mehr Privatsphäre mit 9??

Beitrag von Maca »

Hallo Micha,
Ohne Eure Situation zu kennen ,könnte ich mir ganz objektiv vorstellen,daß so ein Verhalten bei Scheidungskindern nicht ungewöhnlich ist.
Sein Grundvertrauen in funktionierende ,familiäre 'Unversehrtheit ' wurde ein wenig erschüttert,nun mauert er erstmal,um sich vor weiteren Verletzungen zu schützen.
Seine Intelligenz und Selbststänigkeit machen es ihm leicht,sich dabei auch vermeintlich ganz souverän abzugrenzen,aus seiner Warte hat er dazu jedes Recht der Welt.Nun bist Du als verantwortungsvoller Vater in einer schwierigen Situation,denn auch wenn Du ihm vertraust,ist Dein Vertrauen in die Sicherheit des Netztes auch so groß?
Ich würde ihm immer Gesprächsbereitschaft signalisieren,ihm zeigen,daß ich mir Gedanken und Sorgen mache,daß er mir wichtig ist und ,daß ich auch unsicher und mit der Situation teilw. überfordert bin und daß ich bereit bin um die Beziehung zu kämpfen.
Momentan scheinst Du ihm mehr zu vertrauen als er Dir,daran wirst Du nun wahrscheinlich erstmal mit viel Geduld arbeiten müssen.
Daher würde ich nie ohne sein Einverständnis an seine Sachen gehen,sondern immer versuchen an seine Einsicht zu plädieren,daß Du als Verantwortlicher bei einem Neunjährigen noch eingreifen mußt.
Mein Sohn ist auch neun und war schon immer sehr selbstständig,aber wenn ich ihm eindringlich erkläre,daß ich manche Dinge noch für ihn entscheiden oder kontrollieren muß,versteht er daß,manchmal auch etwas verzögert :),durchaus.
glG Maca
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2953
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Mehr Privatsphäre mit 9??

Beitrag von Rabaukenmama »

MichaAusDN hat geschrieben: Ich habe Angst den Bezug zu meinem Sohn zu verlieren wenn ich mich "aufdränge" aber auch dass das gleiche passiert wenn ich es nicht tue. Irgendwie habe ich das Gefühl dass ich was falsch mache, aber es ist sonst zwischen uns eigentlich alles OK. Ich habe ihn auch schonmal gefragt ob er wegen irgendwas sauer auf mich ist. Er verneinte das und fragte mich dann wieso ich das frage.
Da erinnert mich viel an den älteren Sohn meines Mannes (aus erster Ehe) der früher viel übers Wochenende bei uns war. Da begann diese Art von Rückzug und Abgrenzung mit ca. 10 Jahren. Damals habe ich mir das Buch "Familienkonferenz" von Thomas Gordon gekauft, das war mir eine große Hilfe im Umgang mit diesen Situationen. Wenn auch nicht mehr ganz zeitgemäß (die Beispiele sind noch aus der der Erstfassung und haben nichts mit fernsehen, PC oder Internet zu tun sondern mit zur-Kirche-gehen, Haarlänge, Rocklänge und Ausgehzeiten) hat mir das Buch sehr geholfen, mit dem Bub "in Kontakt" zu bleiben.

Mittlerweile ist er 16 und geht seinen eigenen Weg. Der Kontakt ist nur noch sporadisch aber das Verhältnis zu mir ist (leider) wesentlich besser als das zu meinem Mann, also seinem Vater. Das Buch "Familienkonferenz" habe ich seitdem noch etliche Male gelesen weil es mir jetzt bei meinen beiden kleinen Kindern hilft.
MichaAusDN hat geschrieben: Wenn ich ihm nun sage dass ich das schade finde dass er so oft alleine sein will, denke ich dass er das als Vorwurf sehen könnte. Manchmal reagiert er wirklich abweisend wenn er das Gefühl hat man würde ihn zu irgendwas drängen wollen.
Ich würde es schon ansprechen, aber als klare ICH-Botschaft. Alles, was innerhalb einer Familie (egal, ob fix zusammen oder Patchwork) des Friedens willen unausgesprochen bleibt, belastet die Beziehung latent weiter. "Schade, dass DU so oft alleine sein willst" kann leicht als "So, wie ich bin, bin ich meinem Vater nicht recht" oder "Mit mir ist was nicht in Ordung" verstanden werden, auch wenn es noch so gut und wertschätzend gemeint ist.

Als ICH-Botschaft formuliert mit derselben Grundaussage kann es so aussehen "Ich würde gerne mehr Zeit mit Dir verbringen" oder in einer Situation, wo es mal für Dich gut gepasst hat, im nachhinein "Schön, dass wir heute so viel Zeit miteinander verbringen konnten. Das ist mir nämlich sehr wichtig." Da hat das Ganze dann keinen so belehrenden oder enttäuschten touch.

Kann natürlich trotzdem sein dass Dein Sohn sich weiterhin oft zurückzieht, aber dann ist zumindest ausgesprochen was du dabei empfindest. Wenn Du seinen Wunsch nach allein-sein akzeptierst wird sich das Verhältnis dadurch nicht deutlich verschlechtern und du bist ja da, wenn er wieder offen für mehr Nähe ist.

Lg und alles Gute!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
laurina
Dauergast
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Registriert: Mi 16. Feb 2011, 10:59
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Re: Mehr Privatsphäre mit 9??

Beitrag von laurina »

Hallo,
zum Thema Rückzug von Trennungskindern kann ich leider keine Erfahrung beisteuern, aber als ich deine Überschrift gelesen habe, hat mich das gleich an meine Tochter erinnert. Sie ist ebenfalls 9 und hat letztens heimlich still und leise das Passwort des Smartphones, das sie manchmal zum Spielen benutzen darf, geändert, damit ich es nicht mehr "kontrollieren" kann. War wohl ein Test, was ich dann mache ;) . Letztendlich haben wir uns darauf geeinigt, dass das nicht geht, aber aufgrund ihres ausgeprägten Gerechtigkeitssinns hat sie nicht wirklich eingesehen, warum sie im Gegensatz zu mir diese Privatsphäre (noch) nicht bekommt.
Ebenso ist es mit ihren Schränken, Taschen und Schubladen. Da sie in meinen Augen ein wenig zu sorglos mit dem Thema Ordnung umgeht, räume ich da manchmal (nach Ankündigung) ein wenig auf, bevor alles im Chaos versinkt. Und darüber ist sie oft richtig sauer, weil mich ihr Zimmer und ihre Sachen "nichts angehen".
Ich merke deutlich, dass sie ihre Geheimnisse vor mir hat und auch haben möchte. Manchmal frage ich sie ganz unbedacht, worüber sie mit Freundinnen gequatscht oder was sie gespielt hat, und bekomme zur Antwort, dass das privat sei.
Es fällt mir schon schwer, einer Neunjährigen das in dem Maße zuzugestehen, zumal sie auch dazu neigt, Dinge zu tun, die ich nicht gutheiße (heimlich Süßigkeiten kaufen, im Internet nach Wörtern googeln, sie sie interessieren - neulich z. B. "Sexsucht", weil sie das in der TV-Zeitung gelesen hatte ... man hält es nicht für möglich, wie schnell man da auf wirklich krassen Pornoseiten landet :schwitz: ) - aber wir sind beide bemüht, unsere gegenseitigen Bedürfnisse irgendwie zu respektieren.
Wobei ich den Vorteil habe, dass sie als Mädchen manchmal letzten Endes den Mund doch nicht halten kann und mir ein paar Tage später ihre "Geheimnisse" mitteilt - aber längst nicht immer.
Mein Sohn (11) ist übrigens auch einer, der sich gern stundenlang in sein Zimmer zurückzieht und auch sehr wenig aus der Schule etc. erzählt. Manchmal berichtet meine Tochter über Ereignisse aus der Grundschule, und er kommentiert dann, dass er das vor einem Jahr ja auch gemacht hätte - damals hat er aber kein Wort darüber verloren.
Ich denke, das Buch "Familienkonferenz" ist eine sehr gute Empfehlung von Rabaukenmama; uns hat es ebenfalls sehr geholfen.
Ansonsten ist es sicher am besten, sich nicht aufzudrängen, sondern immer wieder Gesprächsangebote zu machen (am besten während einer gemeinsamen Aktivität und nicht von Angesicht zu Angesicht), Verständnis für den Wunsch nach Privatsphäre zu zeigen, Interesse zu bekunden, ohne zu neugierig zu sein und vielleicht die eigenen Bedenken oder Sorgen eher mal im Nebensatz als Ich-Botschaft zu äußern und nicht zu sehr zum Thema zu machen.
Liebe Grüße, Laurina
Adonia
Beiträge: 18
Registriert: Mi 2. Dez 2015, 01:22

Re: Mehr Privatsphäre mit 9??

Beitrag von Adonia »

das ist mehr oder weniger normal in dem Alter. Die Jungs wollen nicht als Mamas Söhnchen erscheinen. Die Pubertät fängt an. Die Kinder werden erwachsen, sollen zu sich finden. sei für ihn da, er braucht dich, dränge dich aber nicht auf.
viel Erfolg :)
KKF
Beiträge: 16
Registriert: Fr 11. Dez 2015, 13:07
Wohnort: Dresden

Re: Mehr Privatsphäre mit 9??

Beitrag von KKF »

Stimmt, bei manchen fängt schon mit 9 Pubertät an.
Viele Grüsse,
KKF
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2953
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Mehr Privatsphäre mit 9??

Beitrag von Rabaukenmama »

Die Bedürfnisse von Menschen (Erwachsenen wie Kindern) sind einfach unterschiedlich. Während der eine 9jährige noch viel Nähe braucht ist dem anderen ist wichtig, vieles schon eigenständig machen zu können.

Zumindest unter den 9jährigen Buben, die ich kenne (und kannte) gibt es keinen einzigen, wo schon die Pupertät begonnen hat. Das kann man ja auch körperlich erkennen (wachsen der Hoden und Schamhaare, schnelles Körperwachstum, Stimmbruch,...).

Ein 9jähriger will einfach mehr Unabhängigkeit und Privatsphäre - da gilt es, für alle annehmbare Lösungen zu finden und nicht ein Schlagwort ("Pupertät" oder "Prä-Putertät") um dieses Verhalten zu erklären.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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