Hochsensibel - depressiv - altklug - präpubertär ???
Verfasst: Di 8. Dez 2015, 16:44
Liebes Forum,
ich brauche mal Eure geballte Erfahrung und Klugheit. Stoße hier grad absolut an meine Grenzen, was es meine Tochter angeht.
Sie ist gerade 8 geworden, hochsensibel auf jeden Fall, hochbegabt weiß ich nicht. Langweilt sich in der Schule (2. Klasse) sehr, hat aber eine offene Lehrerin, die uns z.B. im letzten halben Jahr sehr interessiert beim forschenden Lernen begleitet hat (das war im Prinzip meine Aufgabe, nachmittags, aber die Lehrerin hat meiner Tochter dafür andere Hausaufgaben erlassen und ihr eine Mappe mit Checklisten und Arbeitsblättern gemacht etc. Das Thema, das meine Tochter sich - ganz alleine! - ausgesucht hat, war übrigens "Kinderarmut", ähem, dazu muss man erstmal was kindgerechtes finden...).
Wir haben eine sehr innige Verbindung zueinander, der Papa auch, und die Großeltern, die oft mitbetreuen, auch. Klar gibt es mal Streit, aber der legt sich immer schnell. Und mein Mann und ich hatten es nicht leicht im letzten Jahr, weil seine Eltern beide gestorben sind und das viele alte Geschichten aufgewirbelt hat.
Was schon immer ein großes Problem war, war die (ich nenne es jetzt mal so) geringe Selbstwirksamkeitserwartung meiner Tochter. Beispiel Geigenunterricht, den sie sich sehnlichst wünscht - aber wenn beim Üben was nicht sofort klappt, dann ist sie 100% überzeugt, dass das nicht geht und es ist ein höllisches Stück Arbeit, sie nochmal ans Ausprobieren zu kriegen. Wir haben es schon mit Spielen versucht (meine Tochter als Hund, der seine Pfoten sortieren muss), mit Belohnungen (Sticker), mit Innerem Team (was finden denn die Finger grad so schwer? Und was die Ohren?), mit ärgern, mit dann-geben-wir-den-Unterricht-halt-dran usw. Nichts hilft.
Ähnlich in der Schule. Ihre Spanne zwischen Langeweile und gefühlter Überforderung ist winzig. Sie will zeigen, dass sie fleißig ist, und bekommt beim drögen Abschreiben eines ganzen Blattes so einen Haß, dass sie sich mit ihrem Stift richtig an der Hand verletzt. Sie genießt es, Aufgaben zu haben, die ihr entsprechen, und traut sich aber nie, der Lehrerin zu sagen, wenn was zu leicht ist (das verstehe ich gut, das ist auch nicht einfach). Dabei ist alles, was sie macht, fast immer komplett fehlerfrei. Und auch noch wie gedruckt geschrieben.
Und dann kommen solche Sätze wie "Ich bin nichts wert." Oder "Du bist viel mehr wert als ich, weil Du alles richtig machst." Oder "Ich hasse mein Leben", oder neulich: "Ich bin doch für Euch nur eine Last, ich koste Geld, ihr müsst Euch um mich kümmern und habt dann keine Zeit zum Arbeiten. Das wichtigste im Leben ist Freiheit, und durch mich seid Ihr nicht frei." Das quält sie dann so, dass sie verzweifelt weinend unterm Flügel hockt und wir eine Stunde brauchen, um sie überhaupt wieder in den Arm nehmen zu dürfen.
Ich erlebe sie den größten Teil des Tages als fröhliches, neugieriges Kind, das alles mit Volldampf macht. Sie spielt noch sehr gern, Kuscheltiere, Playmobil stehen hoch im Kurs, basteln, malen, lesen etc. auch. Sie ist verschmust und offen, hat viele Freundinnen und ist in der Klasse beliebt. Die Lehrerin sagt, sie sei außergewöhnlich hilfsbereit und setzt sich immer sehr für ein gutes Klassenklima ein. All das sieht für mich nicht nach jemandem aus, der eigentlich innen drin irgendwie lebensmüde ist, aber diese Sätze (die nicht nur einmal gekommen sind) machen mir sehr zu schaffen. Hab schon überlegt, mal mit unserem Kinderarzt zu sprechen. Vielleicht trägt sie auch irgendwelche Geschichten mit sich rum, die mein Mann und ich für uns selbst noch nicht gelöst haben und die wir nicht sehen können? Wir haben z.B. beide hochgradig kriegs-traumatisierte Eltern, mit vielen Ängsten und üblen Glaubenssätzen, vielleicht hängt sie an sowas fest?
Habt Ihr Ideen? Oder kennt Ihr sowas? In meinem recht großen Bekanntenkreis ist jedenfalls niemand, der damit was anfangen kann (den meisten kann man nichtmal davon erzählen). Ich würde ihr gern helfen. Und ich würde gern rausfinden, ob es irgendwas gibt, was wir anders machen könnten, oder ob sie eben so ist und selbst lernen muss, mit sich klarzukommen.
Vielen Dank für Eure Antworten, bin jetzt sehr gespannt.
Antonia
ich brauche mal Eure geballte Erfahrung und Klugheit. Stoße hier grad absolut an meine Grenzen, was es meine Tochter angeht.
Sie ist gerade 8 geworden, hochsensibel auf jeden Fall, hochbegabt weiß ich nicht. Langweilt sich in der Schule (2. Klasse) sehr, hat aber eine offene Lehrerin, die uns z.B. im letzten halben Jahr sehr interessiert beim forschenden Lernen begleitet hat (das war im Prinzip meine Aufgabe, nachmittags, aber die Lehrerin hat meiner Tochter dafür andere Hausaufgaben erlassen und ihr eine Mappe mit Checklisten und Arbeitsblättern gemacht etc. Das Thema, das meine Tochter sich - ganz alleine! - ausgesucht hat, war übrigens "Kinderarmut", ähem, dazu muss man erstmal was kindgerechtes finden...).
Wir haben eine sehr innige Verbindung zueinander, der Papa auch, und die Großeltern, die oft mitbetreuen, auch. Klar gibt es mal Streit, aber der legt sich immer schnell. Und mein Mann und ich hatten es nicht leicht im letzten Jahr, weil seine Eltern beide gestorben sind und das viele alte Geschichten aufgewirbelt hat.
Was schon immer ein großes Problem war, war die (ich nenne es jetzt mal so) geringe Selbstwirksamkeitserwartung meiner Tochter. Beispiel Geigenunterricht, den sie sich sehnlichst wünscht - aber wenn beim Üben was nicht sofort klappt, dann ist sie 100% überzeugt, dass das nicht geht und es ist ein höllisches Stück Arbeit, sie nochmal ans Ausprobieren zu kriegen. Wir haben es schon mit Spielen versucht (meine Tochter als Hund, der seine Pfoten sortieren muss), mit Belohnungen (Sticker), mit Innerem Team (was finden denn die Finger grad so schwer? Und was die Ohren?), mit ärgern, mit dann-geben-wir-den-Unterricht-halt-dran usw. Nichts hilft.
Ähnlich in der Schule. Ihre Spanne zwischen Langeweile und gefühlter Überforderung ist winzig. Sie will zeigen, dass sie fleißig ist, und bekommt beim drögen Abschreiben eines ganzen Blattes so einen Haß, dass sie sich mit ihrem Stift richtig an der Hand verletzt. Sie genießt es, Aufgaben zu haben, die ihr entsprechen, und traut sich aber nie, der Lehrerin zu sagen, wenn was zu leicht ist (das verstehe ich gut, das ist auch nicht einfach). Dabei ist alles, was sie macht, fast immer komplett fehlerfrei. Und auch noch wie gedruckt geschrieben.
Und dann kommen solche Sätze wie "Ich bin nichts wert." Oder "Du bist viel mehr wert als ich, weil Du alles richtig machst." Oder "Ich hasse mein Leben", oder neulich: "Ich bin doch für Euch nur eine Last, ich koste Geld, ihr müsst Euch um mich kümmern und habt dann keine Zeit zum Arbeiten. Das wichtigste im Leben ist Freiheit, und durch mich seid Ihr nicht frei." Das quält sie dann so, dass sie verzweifelt weinend unterm Flügel hockt und wir eine Stunde brauchen, um sie überhaupt wieder in den Arm nehmen zu dürfen.
Ich erlebe sie den größten Teil des Tages als fröhliches, neugieriges Kind, das alles mit Volldampf macht. Sie spielt noch sehr gern, Kuscheltiere, Playmobil stehen hoch im Kurs, basteln, malen, lesen etc. auch. Sie ist verschmust und offen, hat viele Freundinnen und ist in der Klasse beliebt. Die Lehrerin sagt, sie sei außergewöhnlich hilfsbereit und setzt sich immer sehr für ein gutes Klassenklima ein. All das sieht für mich nicht nach jemandem aus, der eigentlich innen drin irgendwie lebensmüde ist, aber diese Sätze (die nicht nur einmal gekommen sind) machen mir sehr zu schaffen. Hab schon überlegt, mal mit unserem Kinderarzt zu sprechen. Vielleicht trägt sie auch irgendwelche Geschichten mit sich rum, die mein Mann und ich für uns selbst noch nicht gelöst haben und die wir nicht sehen können? Wir haben z.B. beide hochgradig kriegs-traumatisierte Eltern, mit vielen Ängsten und üblen Glaubenssätzen, vielleicht hängt sie an sowas fest?
Habt Ihr Ideen? Oder kennt Ihr sowas? In meinem recht großen Bekanntenkreis ist jedenfalls niemand, der damit was anfangen kann (den meisten kann man nichtmal davon erzählen). Ich würde ihr gern helfen. Und ich würde gern rausfinden, ob es irgendwas gibt, was wir anders machen könnten, oder ob sie eben so ist und selbst lernen muss, mit sich klarzukommen.
Vielen Dank für Eure Antworten, bin jetzt sehr gespannt.
Antonia