Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Mein Kluges Kind macht was es will
sinus
Dauergast
Beiträge: 1318
Registriert: Fr 26. Nov 2010, 10:52

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von sinus »

@orangenminze:
Diesen Ansatz haben wir ja auch probiert. Ergebnis war, dass der Frust umso größer war, weil sie dann eben mit so ganz reduziertem Üben das nicht konnte oder nicht gut genug konnte, was sie können sollte/wollte.

Beim Klavier übrigens scheint es etwas besser zu gehen, obwohl auch da Ausbrüche stattfinden. Aber da steht sie ja noch ganz am Anfang und es geht sehr langsam voran seitens der Klavierlehrerin und des Lehrwerkes.

Ich glaube, Saxophon ist einfach auch verdammt schwierig, es klingt einfach mies, wenn die Technik nicht stimmt.
Ich denke, man kann es nicht "einfach so" spielen, wie eben Klavier, wo man auch mal nur einfach so rumklimpern kann, wenn einem danach ist. Man muss beim Saxophon wirklich immer Körper und Geist zu 100% einsetzen sonst geht gar nichts.
Die Technik ist auch nicht so ohne, da es ja auch eines gewissen Lungenvolumens bedarf, um z.B. bis in die tiefen Lagen den Ton zu stützen. Wenn man da auch nur ein bisschen nachlässt, ist der Ton weg oder scheppert.
Und dann muss bspw das Blatt (am Mundstück) immer erst eingespielt werden, ehe es so richtig schön schwingt und wenn es lange und oft gespielt wurde, bekommt es dann schon erste Risse und muss dann bald entsorgt werden. Dann muss ein neues her und das wiederum muss wieder erst etwas eingespielt werden etc pp. Also es liegt nicht immer nur zu 100% in Tochters Hand, wie gut die Töne jeweils rauskommen.
So ein Blatt hat beim Kind übrigens eine Lebenszeit zwischen 3 Tagen und 3 Wochen.
Also ein Profi hat damit sicher keine Probleme, aber für sie macht es schon einen merklichen Unterschied, wie neu oder abgenutzt und von welcher Marke das Blatt ist. Es gibt auch Blätter, die sie gar nicht spielen kann, weil sie zu stramm sind und sie die gar nicht erst zum schwingen kriegt.
Wobei der aktuelle Lehrer auch für dieses Problem jetzt eine gute Lösung hat. Er hat immer mehrere Blätter gleichzeitig in Benutzung und nutzt nicht eines nach dem andren ab. Und sie soll die Blätter in einer Tupperdose in Wasser legen, statt sie trocken ans Instrument zu packen vorm Üben und es dann erst mühsam "einzuspeicheln". Alles wertvolle Tipps, die wir irgendwie jetzt ein Jahr zu spät gekriegt haben...

Naja, das alles gleichzeitig mit Noten lernen, Rhythmen usw usf. – das ist einfach ein Riesenpaket. Und wurde vom ersten Lehrer überhaupt nicht unterstützt und als die Leistung, die es war, wahrgenommen und gewürdigt.
Allein dieses "das reicht mir" mit dem Abhaken des Stückes... das finde ich sowas von daneben. Sie hat da echt eine Wahnsinnsleistung vollbracht, förmlich Blut und Wasser hat es sie mitunter wohl gekostet (das sehe ich übrigens erst rückblickend so richtig klar) und er sagt dann dazu nur: "das reicht mir". :evil:
Ich selbst kann das wie gesagt auch erst im Rückblick so richtig beurteilen, weil mir viel an Wissen rund um das Instrument anfangs ja fehlte und vom Lehrer auch keine Infos dazu kamen. Das Meiste habe ich mir im Netz selbst angelesen oder jetzt vom neuen Lehrer erfahren...
Und mir wurde auch selbst erst klar WIE schwer das Instrument anfangs zu spielen sein muss, als ich beim Vorspiel am Schuljahresende gehört habe, wie das bei einigen der anderen klang. :roll:
Eigentlich klang es nur bei einem der andren besser als bei Tochter und der Junge war 12 oder 13 und hatte schon 3 Jahre Unterricht gehabt. Ich meine damit jetzt übrigens NICHT das Niveau der Stücke, sondern rein den Klang des Instrumentes.

Ich würde das Instrument aus dieser Erfahrung heraus wirklich keinem so jungen Kind empfehlen und auch nicht als Erstinstrument. Nicht zuletzt auch, weil für die zugehörige Musikrichtung/den guten Klang meiner Meinung nach eine gewisse musikalische Erfahrung und Reife gut wären.
Aber sie wollte es ja unbedingt. Sie sagte damals: das oder keines.
(Ich glaube, dass sie sich erstens in die Optik des Instruments verliebt hatte, zweitens den Lehrer mochte und drittens merkte, dass sie das mit der Luft auf Anhieb deutlich besser hinbekam, als andere Kinder... was sicher Erbmasse vom Vater ist. Der hat eine "Hochgebirgslunge".)

Überall (im Internet, im Bekanntenkreis) hieß es dann erstmal, dass man damit frühestens ab 8 anfangen sollte und lieber vorher Flöte lernen sollte. Der aktuelle Lehrer und die Dame aus dem Instrumentenkarussell allerdings meinten, dass wenn sie unbedingt nur Saxophon wolle, es wohl nichts bringen würde, sie mit Flöte oder einem andren zu vertrösten.
Der Lehrer (also nicht der vom ersten Jahr sondern der jetzige, der sie damals aber so beflügelt hatte) sagte auch, er habe immerhin schon einmal einen so jungen Schüler gehabt und bei Tochter könne er sich das vorstellen, dass sie das packt.

Naja, sie ist ja jetzt auch erst 2 Monate bei ihm und auch noch in keinem Ensemble, was aber wohl auch noch kommen wird. Und die Technik wird ja merklich besser. Der Lehrer ist immer ganz angetan, dass sie schon einen so großen Tonumfang herausbekommt. (Ich glaube, sie hat jetzt sogar schon alle Töne, nur klingen die höchsten und tiefsten halt noch nicht immer perfekt)
Ich habe ihr all das, was ich hier gerade geschrieben habe auch schon mehrfach gesagt und dass ich es bewunderte, wie sie sich durchgebissen hat.
Sowas will sie aber immer nicht hören... 8-) Oder versteht es gar als Kritik an iher Instrumentenwahl. :?

Wir geben ihr und uns auf jeden Fall noch Zeit. Das mit den Aufnahmen und der CD momentan hat sie ja doch auch schon ganz schön "angefixt", so mein Eindruck.
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Momo
Dauergast
Beiträge: 976
Registriert: Mo 13. Jan 2014, 22:49

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von Momo »

Liebe Sinus,
wow, das Drumherum ums Spielen des Instruments klingt wirklich kompliziert, wie toll, dass Deine Tochter das trotzdem alles schafft! Ich glaube, mir würde die Geduld fehlen :oops: Doch mit diesen Informationen verstehe ich noch mal besser auch ihren Frust, wenn es mal nicht so klingt oder funktioniert, wie sie es sich vorstellt. Ein schwieriges Instrument... vielleicht schafft das Klavier dazu einen guten Ausgleich, dieses Instrument stellt wieder ganz andere Anforderungen.

Mir fällt noch ein- ich hatte früher einer jüngeren Freundin, die auch Geige spielte, beim Üben geholfen. Wir haben uns einmal in der Woche getroffen und dann zusammen Geige gespielt. Vielleicht wäre das auch etwas für Deine Tochter? Kennt Ihr Kinder, die auch Saxophon spielen?

Oder vielleicht hilft es auch, viele Konzerte (vielleicht auch Jazz?) zu besuchen, um ihre Begeisterung weiter zu wecken.

Schreibe mal, wie es weitergeht ;)

Liebe Grüße von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2955
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von Rabaukenmama »

sinus hat geschrieben: Sie hat sich ihr Instrument übrigens selbst gesucht (ich hab nicht so recht Zugang zu Blasinstrumenten) und will ja nun sogar ausdrücklich weitere lernen.
Das geht für mich wie geschrieben nicht ganz zusammen mit dem "keine Freude daran". :gruebel:
Solange sie selbst auch immer wieder sagt, dass sie nicht aufhören will --- wäre es wohl auch nicht der richtige Weg, mit der Begründung, dass ich die Übesituation nicht ertrage, einen Schlussstrich zu ziehen, oder?
Mit der Begründung, die Übesituation nicht zu ertragen, KÖNNTEST du sehr wohl einen Schlußstrich ziehen (oder einfach beim üben die Wohnung verlassen und die Tochter alleine toben lassen ;) ).

sinus hat geschrieben:
Ich kenne übrigens ähnliche intensive Ausbrüche von ihr vom Skifahren, von sportlichen Übungen, die nicht gleich klappen (Hüftumschwung an der Turnstange im Garten), als sie das Spiel SET das erste Mal spielte und vom Lesen lernen.
Allerdings sind das ja alles Sachen, die nicht täglich bzw regelmäßig stattfinden/stattfinden müssen.
Aber das zeigt, dass der Schlußstrich auch nicht viel Sinn machen würde. Auch wenn die Tochter keine Freude am spielen zeigt dürfte es ihr wichtig sein. Ausbrüche wenn was nicht gleich klappt, sind einfach Teil ihrer Wesensart und haben nichts mit der Sache selbst (in dem Fall: Instrument-üben) zu tun.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
sinus
Dauergast
Beiträge: 1318
Registriert: Fr 26. Nov 2010, 10:52

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von sinus »

Rabaukenmama hat geschrieben:
Aber das zeigt, dass der Schlußstrich auch nicht viel Sinn machen würde. Auch wenn die Tochter keine Freude am spielen zeigt dürfte es ihr wichtig sein. Ausbrüche wenn was nicht gleich klappt, sind einfach Teil ihrer Wesensart und haben nichts mit der Sache selbst (in dem Fall: Instrument-üben) zu tun.
...das glaube ich auch. Das Instrument bietet halt jede Menge hervorragende Anlässe sich zu ärgern. :mrgreen:
Insgesamt fällt sie sonst eher durch ein ausgeglichenes Wesen auf und wird eher als sehr "reif" beschrieben. (Von Kindergärtnerin und Lehrerin z.B. Letztere, die ich auch schonmal zu dem Thema befragt habe, konnte sich das ausgerechnet von meiner Tochter so gar nicht vorstellen. Sie sei doch immer so ausgeglichen und geduldig, kontrolliert und zurückhaltend.)

Ich könnte mir denken, dass sie insgesamt wirklich sehr kontrolliert ist, es sagten mir auch viele schon, dass sie immer so "focussiert" wirkt. Auch eher verschlossen wirkt sie außerhalb von daheim, also sie lässt sich nicht so leicht in die Karten gucken. (Die Lehrerin meinte in der ersten Klasse auch, sie habe sehr lange gebraucht, ehe sie "aufgetaut" sei.)
Ich denke ja fast, dass sie ein so vielfältiges, tiefes und reiches Innenleben hat mit so vielen Gedanken und Gefühlen und auch in der Umgebung immer so viel "erspürt", dass sie eine Art Schutzwall nach innen und außen um sich baut.
Sie spielt ja auch seit sie 2 ist und bis heute ständig Rollenspiele, und immer sind es wilde Tiere.
Das wird wohl auch eine Art sein, ihre eigene sonst kontrollierte "Wildheit" auszudrücken.
Womöglich ist das Instrumentüben ja nun ein weiteres Ventil, an dem ihre meist gezähmte Anspannung dann ausbricht. :?

Heute übrigens lief es ganz wunderbar. Wir haben vormittags geübt (hier ist heut Feiertag) und es gab nur ein einziges lautes "Mist!", als sie ausgerechnet den letzten Ton des Stückes zur CD spielend verhaute.
Aber das war halt auch ein Stück, was sie jetzt die zweite Woche aufhat und nun schon richtig gut kann...
Vorher hatte ich noch meine alte Jan Garabek-CD ausgegraben ("Officium"), auf der er auch Sopransaxophon spielt - also genau IHR Instrument.
Ihr Kommentar: "Schööööön, lass das laufen!". Und nach einer Weile: "Das ist so traurig, so wehmütig (damit hat sie recht), kannst du nicht lieber doch was fröhlicheres anmachen?"
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
sinus
Dauergast
Beiträge: 1318
Registriert: Fr 26. Nov 2010, 10:52

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von sinus »

@momo: Welches der von dir zitierten Bücher hast du nun eigentlich selbst und könntest sie mir mal ausborgen?
Unsere Stadtbibliothek hat leider gar nichts zum Thema Hochsensibilität...
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Bliss
Dauergast
Beiträge: 661
Registriert: Fr 21. Okt 2011, 23:43

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von Bliss »

Ich finde es problematisch, dass du durch die Schwierigkeiten mit dem ersten Lehrer quasi Zweitlehrer warst und überhaupt sehr stark involviert bist. Für mich sind die Hobbies der Kinder ihre Sache. Mein Part beschränkt sich (neben dem finanziellen) aufs Erinnern an die Ausrüstung und falls Üben fürs Hobby erforderlich ist ans erinnern. Ob sie es dann machen ist ihre Sache. Auf Wunsch höre ich mir natürlich auch Stücke an und gäbe es Durchhänger würde ich auch versuchen zu helfen. Aber fachlich nachhelfen, im Unterricht dabei sein oder beim Üben dabei sitzen würde ich nicht wollen und bei 3 Kinder, die 7 Instrumente spielen auch gar nicht schaffen.

Was mich nachdenklich machen würde ist, dass sie in den Ferien gar nicht von selber auf die Idee kommt zu spielen. Das kenn ich anders. Da üben sie zwar nciht unbedingt täglich, aber erinnern wie das im Alltag noch oft der Fall ist muss ich sie nicht. Sie üben dann auch anders, als für den wöchentlich Unterricht, das ist irgendwie die Phase, wo sie die Früchte des Übens ernten.

Wenn du dich jetzt zurücknimmst und sie dann eben nicht übt und dann mangels Fortschritte die Lust verliert ist es vielleicht einfach noch zu früh. Aber das heißt ja noch nicht, dass sie nicht in ein paar Jahren noch mal mit welchem Instrument auch immer starten könnte. Und dass ich nicht als Blitzableiter für Übungsfrust zur Verfügung stehe würde ich auch deutlich machen. Wenn sie es braucht vor sich hinzufluchen, dann bitte alleine.
sinus
Dauergast
Beiträge: 1318
Registriert: Fr 26. Nov 2010, 10:52

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von sinus »

@Bliss: die gleiche Diskusssion hatte ich an anderer Stelle (nicht hier) auch schonmal. Also online.
Da war man ebenfalls einhellig der Meinung, dass beim Üben assistieren und im Unterricht anwesend Sein ungewöhnlich wäre.
Das hat mich damals auch nachdenklich gemacht. An sich leuchtet mir das nämlich ein - wenn es das Hobby des Kindes ist, sollte Muddi das nicht zu ihrer Sache machen und dem Kind die Möglichkeit nehmen, es für sich allein zu entdecken.
Das Kind sollte ja nicht für die Eltern, sondern für sich spielen/lernen.

Beim alten Lehrer wäre das aber gar nicht gegangen. Kind wäre sicherlich direkt und komplett gescheitert.
Beim Klavier jetzt ist das Lehrwerk und der Unterricht bis jetzt so angelegt, dass es funktionieren kann. (Da sitzt die Oma zwar im Unterricht drin, aber nur, weil es sich nicht lohnt, für die 30 Minuten heim zu fahren)
Beim neuen Saxophon-Lehrer schlug ich jetzt gleich in der ersten Stunde vor, nicht mehr mit reinzugehen in den Unterricht.
Er meinte dazu, wir sollten das so machen, wie es fürs Kind am Besten passt. Tochter wollte, dass ich dabei bin und so war es für ihn ok.
Jetzt habe ich schon immer mal wieder gefragt und die Reaktion war immer gleich: Was willst du, Schülerin? Kind meinte daraufhin, ich solle dabei bleiben. Dem Lehrer wars recht.
Ich denke aber, das wird sich im Laufe der Zeit ändern, also im Laufe dieses Schuljahres.
Ich habe Tochter das auch so gesagt, dass es so jetzt nur eine Übergangsphase sein wird.
(Wobei ich die 45 Minuten leider gar nicht irgendwie so richtig sinnvoll nutzen kann... nichtmal ein nettes Cafe gibts in der Nähe...)

Zum Üben habe ich ihn ebenfalls befragt. Die Antwort: gerade am Anfang und bei so jungen Kindern hält er es für äußerst hilfreich, wenn die Eltern dabei sind und unterstützen. Man würde das auch deutlich merken, bei welchen Schülern die Eltern unterstützen und wo nicht.
Die Kursleiterin des Instrumentenkarussells, auch Lehrerin für Blasinstrumente (Horn), die ich mal zufällig traf und zum Thema Zweitinstrument befragte, auch mit dem Hintergrund, ob man dann nicht eher zwei Instrumente nur so halb statt eines richtig lernt bzw ob da nicht eines dann früher oder später "hinten runter fällt" meinte dazu:
Nunja, das passiert nicht, wenn die Eltern da unterstützen und mit dran bleiben.

Also insgesamt kam von den Instrumentallehrern immer eher die Ansage: die Unterstützung der Eltern ist sinnvoll und hilfreich, ganz besonders in der Grundschulzeit.
Auch im Bekanntenkreis kenne ich das so, dass zumindest bei den Erst- und Zweitklässlern die Eltern wirklich noch direkt dabeisitzen, wenn die Kinder üben. Ich halte das für äußerst hilfreich in der Anfangsphase. Und ich denke, bei jungen Kindern ist es auch wichtig, dass die Eltern zeigen, dass sie sich dafür interessieren und das Kind unterstützen möchten.

Ich weiß nicht, ob das noch "alte DDR-Musikschul-Tradition" ist oder was die Ursache ist, dass die Meinungen, die ich darübergehört und erfragt habe dazu so weit auseinandergehen... :gruebel:
Aber ich habe so Aussagen wie: "Die Eltern haben in der Musikstunde nichts verloren" und "die Kinder sollten von den Eltern maximal ans Übern erinnert werden, sonst müssen sie das allein machen" wirklich nur aus dem Netz. :gruebel:
Auch wenn mir das gerade auch im Hinblick auf das Thema "freies Lernen" wie gesagt schon auch einleuchtet.

Da sind wir quasi direkt wieder beim Thema "freies Lernen"...

Meine eigene Erfahrung: ich habe mit 14 angefangen, Klavier zu lernen. Aus eigenem Antrieb und ohne irgendwelche Unterstützung.
Es hat sich so ziemlich totgelaufen. Ich hatte dann 3, 4 Jahre Unterricht (14tägig beim Kantor) und kann jetzt quasi NICHTS mehr.
Was ich sehr, sehr schade finde.
Geige habe ich mit 6 angefangen, 5-6 Jahre gespielt und mit dem damals hier in den Musikschulen üblichen Druck.
Also mit einzuhaltenden Lehrplänen, sehr strengen Zeugnissen und jährlichen Prüfungen vor eine Jury. :schwitz:
Wirklich Spaß hat es mir damals nicht gemacht, was aber auch an häufigen Lehrerwechseln lag und u.a. an einem Lehrer, der äußerst cholerisch war (ich hatte panische Angst vor ihm) und einem, der so völlig desinteressiert war, dass ich quasi gar nicht mehr geübt habe und dann durch die Prüfung fiel. (Die ich mit Verspätung zu einem Sondertermin machen musste, weil man vergessen hatte, mich anzumelden)
Ab da war ich irgendwie raus, das war der Anfang vom Ende. Auch meine Motivation war passe, weil ich mich für furchtbar schlecht hielt.
Freude hatte ich am Jugend-Orchester (@Momo: da war ich die erste Geige in der zweiten Geige :fahne:)
Damals gab es übrigens ausschließlich Klassik, keine Filmmusiken (für die sich Tochter begeistert), nichts modernes.
Heute bin ich froh, dass ich in den 6 Jahren Geige (mit nur dem 4-Jahres-Abschluss :? ) wenigstens so viel gelernt habe, dass ich jetzt noch wenigstens ein bisschen was damit anfangen kann...
Und ich kenne wirklich einige Leute, die klagen, dass sie als Kinder/Jugendliche aufgehört haben mit ihrem Instrument... und sich wünschten, ihre Eltern hätten da ein wenig mehr Einfluss genommen.
Ich finde es auch bedauerlich, dass ich nicht wirklich Klavier spielen kann. Und jetzt mit relativ kleinen Kindern und beruflicher Selbstständigkeit habe ich einfach nicht die Zeit, das noch mal so richtig zu erlernen.
(Ich hoffe, irgendwann komme ich noch mal dazu. Jetzt frische ich grad erstmal die Geige auf und versuche mich an Ukulele)
Rückblickend betrachtet wünschte ich schon auch, ich hätte meine Jugendzeit mit der reichlichen Freizeit (im Vergleich zu jetzt zumindest) zumindest die Musikausbildung betreffend noch besser genutzt...

Ich werd mich jedenfalls, solange Tochter das selbst auch so möchte, weiterhin ein bisschen mit reinhängen. Sie wird doch auch gerade erst 8... (Wie alt sind deine Kinder? Hast du wirklich auch am Anfang rein gar nichts anderes gemacht, als ans Üben erinnert?)
So richtig komplette Selbstständigkeit bei so komplexen Lernaufgaben - find ich - ist da allein schwer alleine zu schaffen.
Die wissen doch in dem Alter noch gar nicht, wie man etwas effektiv einübt, wie man sich Aufgaben in Teilaufgaben zerlegt usw.
Wobei meine Hilfestellungen schon merklich weniger geworden sind, da die Aufgaben beim neuen Leher ja anders geworden sind - weniger "intellektuell" und mehr "intuitiv" zu lösen.
Aktuell gebe ich beim Klavier Hinweise wie: "Ich würde das jetzt noch 2x spielen, damit es sich richtig einprägt" oder "Das Stück spielst du am Besten am Ende noch einmal." und beim Saxophon assistiere ich am PC beim Abspielen der Stücke, die sie sich erhören soll und des Playbacks und mache Vorschläge, wie sie die Stücke aufteilt, damit sie sich nicht zu viel vornimmt. Sie neigt dazu, alles auf einmal zu wollen und verzweifelt dann natürlich daran.

Aus schulischen Sachen halte ich mich übrigens komplett raus. HA werden im Hort erledigt und Tochter entscheidet selbst, ob und was sie vor Arbeiten z.B. lernen möchte. (Bisher sagte sie immer: das kann ich, das muss ich nicht üben.)
Das habe ich dann auch bisher immer akzeptiert. Ich frage sie halt immer, was sie so gemacht haben, im Allgemeinen bin ich aber von denen, wo ich die Eltern aus Tochters Klasse kenne, immer die schlechtes informierte, was Hausaufgagen, Arbeiten und Zensuren betrifft... ("Was sagts du zu der letzten Arbeit?" Ich: "Hä, huch, welche Arbeit?")
Aber die schulischen Aufgaben sind ja auch zumindest bisher sehr viel weniger komplex und anspruchsvoll, als ein Instrument zu lernen... 8-)
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Bliss
Dauergast
Beiträge: 661
Registriert: Fr 21. Okt 2011, 23:43

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von Bliss »

sinus hat geschrieben: Zum Üben habe ich ihn ebenfalls befragt. Die Antwort: gerade am Anfang und bei so jungen Kindern hält er es für äußerst hilfreich, wenn die Eltern dabei sind und unterstützen. Man würde das auch deutlich merken, bei welchen Schülern die Eltern unterstützen und wo nicht.
Die Kursleiterin des Instrumentenkarussells, auch Lehrerin für Blasinstrumente (Horn), die ich mal zufällig traf und zum Thema Zweitinstrument befragte, auch mit dem Hintergrund, ob man dann nicht eher zwei Instrumente nur so halb statt eines richtig lernt bzw ob da nicht eines dann früher oder später "hinten runter fällt" meinte dazu:
Nunja, das passiert nicht, wenn die Eltern da unterstützen und mit dran bleiben.

Also insgesamt kam von den Instrumentallehrern immer eher die Ansage: die Unterstützung der Eltern ist sinnvoll und hilfreich, ganz besonders in der Grundschulzeit.
Auch im Bekanntenkreis kenne ich das so, dass zumindest bei den Erst- und Zweitklässlern die Eltern wirklich noch direkt dabeisitzen, wenn die Kinder üben. Ich halte das für äußerst hilfreich in der Anfangsphase. Und ich denke, bei jungen Kindern ist es auch wichtig, dass die Eltern zeigen, dass sie sich dafür interessieren und das Kind unterstützen möchten.

Ich weiß nicht, ob das noch "alte DDR-Musikschul-Tradition" ist oder was die Ursache ist, dass die Meinungen, die ich darübergehört und erfragt habe dazu so weit auseinandergehen... :gruebel:
Aber ich habe so Aussagen wie: "Die Eltern haben in der Musikstunde nichts verloren" und "die Kinder sollten von den Eltern maximal ans Übern erinnert werden, sonst müssen sie das allein machen" wirklich nur aus dem Netz. :gruebel:
Auch wenn mir das gerade auch im Hinblick auf das Thema "freies Lernen" wie gesagt schon auch einleuchtet.
Ich kann mir gut vorstellen, dass es gerade am Anfang schneller vorwärts geht, wenn die Eltern zuhause nachhelfen. Und wenn es für das Kind so passt, kann man es ja auch so machen, wenn man denn als Elternteil überhaupt die Befähigung hat und auch Kapazitäten frei hat. Aber wenn es in das von dir beschriebene Szenario mündet, hätte ich da keine Lust drauf. Und ab einem gewissen Grad Elterneinmischung ist es halt auch mehr als ein reines Kinderhobby, da spielen dann Vorstellungen und Erwartungen der Eltern mit rein. Dann ist es mehr ein gemeinsames Projekt, als ein reines Kinderhobby. Nicht, dass ich das von vornherein als was schlechteres ansehen würde, aber es ist halt was anderes.
Und ich kenne wirklich einige Leute, die klagen, dass sie als Kinder/Jugendliche aufgehört haben mit ihrem Instrument... und sich wünschten, ihre Eltern hätten da ein wenig mehr Einfluss genommen.
Diese Sichtweise es auf die Eltern abzuwälzen ist mir fremd. Ich habe auch nach 4 Jahren Klavierunterricht wieder aufgehört. Klar fände ich jetzt auch schöner, wenn ich besser spielen könnte, aber damals wollte ich eben die Zeit nicht investieren. Was hätten die Eltern da machen sollen? Das muss ich schon auf meine Kappe nehmen.

Auf der anderen Seite gibt es ja auch Kinder, die gezwungen wurden und sobald der Zwang aufhörte ihr Instrument nie wieder angefaßt haben. Die eben diesen Zwang bemängeln, der ihnen das Musizieren verleidet hat. War es das wert? Ich sehe es nicht als meine Aufgabe als Elternteil an, Einfluss auf diese Entscheidung zu nehmen. Bei einem Durchhänger motivieren, gemeinsam nach Lösungen suchen: ja. Aber das Kind zum Üben anhalten, wenn es nicht will oder zum weitermachen zu überreden: nein.

Man kann ja auch als Erwachsener noch mal anfangen, wenn man es bedauert, habe ich auch gemacht. Ein Berufsmusiker wird man so vielleicht nicht mehr werden, aber das wäre allein mit Zwang durch die Eltern doch auch nichts geworden.
Ich werd mich jedenfalls, solange Tochter das selbst auch so möchte, weiterhin ein bisschen mit reinhängen. Sie wird doch auch gerade erst 8... (Wie alt sind deine Kinder? Hast du wirklich auch am Anfang rein gar nichts anderes gemacht, als ans Üben erinnert?)
So richtig komplette Selbstständigkeit bei so komplexen Lernaufgaben - find ich - ist da allein schwer alleine zu schaffen.
Die wissen doch in dem Alter noch gar nicht, wie man etwas effektiv einübt, wie man sich Aufgaben in Teilaufgaben zerlegt usw.
Müssen die denn gleich von Anfang an effektiv üben? Wollen sie das selber? Dann kann man als Eltern natürlich guten Gewissens mehr Hilfestellung geben.

Meine musizierenden Kinder sind 12, 10 und 7. Ich habe auch nicht nur ans Üben erinnert, sondern allgemein Interesse gezeigt oder auch mal versucht zu helfen, wenns einfach nicht wie gewünscht klingen wollte. Aber je nach Instrument kann ich da auch nicht viel weiterhelfen, z.B von Streichinstrumenten hab ich keine Ahnung. Und im Unterricht dabei sein wäre mir rein zeitlich und logistisch gar nicht möglich, selbst wenn das Kind das wollen würde. Und meine Tochter z.B hat es sehr gern, wenn ich ihr zuhöre. Nur wenn es nur so funktionieren würde, könnte sie eben kein Instrument lernen.
sinus
Dauergast
Beiträge: 1318
Registriert: Fr 26. Nov 2010, 10:52

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von sinus »

Ich habe das Kind übrigens gestern abend im Bett noch mal ganz direkt gefragt, ob es eigentlich Freude am Instrument hat und ob sie es gut findet, dass sie eines lernt oder lieber drauf verzichten würde.

Sie hat kurz nachgedacht und dann gesagt:
"Naja, so vorm Üben und beim Üben nervt es mich meistens. Aber an und für sich ist es total cool, wenn ich eines spielen kann."
Und sie will unbedingt bald Filmmusiken spielen (die Musik aus "Fluch der Karibik" und "Harry Potter" z.B.) und freut sich schon auf die Zeit, wo sie wie ihre Cousinen/Cousin in einem Ensemble mitspielen kann.
(Im Blasorchester, wo die Cousinen mitspielen z.B.. Da spielen sie sowas. Das hat sie als Zuhörerin schon mehrmals erlebt.)

Ich glaube, ich muss ihre grundsätzliche Motivation nicht in Frage stellen, sie muss halt nur wirklich damit erst umgehen lernen, dass das eben alles ARBEIT bedeutet und auch Anstrengung erfordert...
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Bliss
Dauergast
Beiträge: 661
Registriert: Fr 21. Okt 2011, 23:43

Re: Ausraster beim Instrument üben - Ideen?

Beitrag von Bliss »

sinus hat geschrieben: Ich glaube, ich muss ihre grundsätzliche Motivation nicht in Frage stellen, sie muss halt nur wirklich damit erst umgehen lernen, dass das eben alles ARBEIT bedeutet und auch Anstrengung erfordert...
So sollte es aber doch bei einem Hobby nicht sein. Da gibt es doch bestimmt irgendwas, was sie auch gern können würde, wo auch das Üben Spaß macht.
Antworten