Sohn verweigert neue/fremde Situationen
Verfasst: Di 7. Mai 2019, 11:42
Hallo zusammen,
ich habe hier im Forum im letzten Herbst schonmal sehr hilfreiche Rückmeldung zu meinem Sohn und der Auswertung des K-ABC-Tests bekommen. Nun wende ich mich nochmal an euch mit der Frage, ob ihr das folgende Verhalten auch (schonmal) kennt und wie ihr dieses einschätzt.
Vorweg:
Mein Sohn wird kommende Woche sechs Jahre alt und wird im Sommer regulär an der für uns zuständigen Grundschule eingeschult. Der Kindergarten trat im Herbst 2017 (Sohn damals 4,5 Jahre alt) an uns heran und schilderte einige Verhaltensauffälligkeiten (kurz: Albernheiten, Texte schneller/langsamer sprechen als die Gruppe, Bewegungen übertrieben ausführen, Zickeleien anderen Kindern gegenüber). Der empfohlene SPZ-Termin brachte im Frühjahr 2018 das Ergebnis "Eine Entwicklungsstörung kann ausgeschlossen werden", empfahl aber die "schnelle Auffassungsgabe des Kindes durch zu den Interessen passende Angebote" aufzugreifen. Gleichzeitig haben wir zehn Sitzungen Ergotherapie wahrgenommen, die ebenfalls unauffällig waren - aber wenn die Ergotherapeutin gezielt übermäßig viele Reize setzte, wurde er unruhiger/hibbeliger im Verhalten. Deshalb sind wir im Sommer 2018 an ein Frühförderzentrum gekommen, dass auch Kleingruppenangebote hat. Zu Beginn wurde dort der K-ABC-Test durchgeführt, der in drei Bereichen altersentsprechend, also im Durchschnitt lag, in einem Bereich aber weit überdurchschnittlich (über 140). Das war der Bereich Sprache/angeeignetes Wissen und es wurde uns gesagt, dass das Kind "gut gefördert" sei und dadurch dieser Ausreißer zu erklären sei und Verhaltensunsicherheiten möglicherweise durch diese Heterogenität entstünden. Als Schlussfolgerung nimmt er seit Oktober an einer Sprachfördergruppe teil, obwohl er ja keine Sprachförderung benötigt, sondern um ihm soziale Sicherheit in der Gruppe zu vermitteln.
Inwieweit die durchschnittlichen Werte der anderen drei Bereiche des Test nun zutreffen oder nicht, ist hier ja auch schon oft diskutiert worden. Sohnemann war auf jeden Fall wenig motiviert und sehr unsicher in der Situation (siehe Betreff oben). Klar ist uns, dass er zumindest mal ein kluges Kind ist, das viele spezielle Interessen hat und diese sehr intensiv verfolgt. Sprachlich ist er sehr gewandt und argumentiert mich zum Teil an die Wand. Auch hat er ein unfassbares Gedächtnis und merkt sich Dinge, die oft nur einmal und beiläufig erwähnt wurden. Er rechnet und schreibt auch in einem gewissen Maße und wenn er Lust dazu hat. Zuletzt kam in diesem Bereich länger nichts, vor ein paar Tagen beschriftet er dann selber die Einladungen für seinen Kindergeburtstag ohne groß nach Buchstaben suchen zu müssen (keinen Text, das Wort "Einladung", die verschiedenen Kindernamen, Datum, ect.)
In neuen Situationen war mein Sohn schon immer sehr zurückhaltend, die Kindergarteneingewöhnung mit drei Jahren wurde sehr sanft gestaltet und zog sich (dadurch?) mehrere Wochen. Er traut sich nicht, alleine einen Kindergartenfreund zu besuchen und behauptet dann lieber, dass er sich mit xy gar nicht verabreden wolle. Wenn es dann darum geht, dass dieser zu uns kommt, ist er absolut einverstanden und freut sich. Zu anderen will nur, wenn ich mitkomme.
Kürzlich sollte mein Sohn zwei Stunden länger im Kindergarten bleiben, wo er bestens integriert ist, was zu einem Riesen Theater am morgen führte bis hin zu der Situation, dass er gar nicht in den Kindergarten wollte und ich das weinende und an mich klammernde Kind einer Erzieherin in den Arm gedrückt habe. Wenn ich ihm morgens die Wahl lassen würde, würde er aber ohnehin immer lieber zu Hause bleiben als in den Kindergarten zu gehen, obwohl er dort viele Freunde hat, oft auf Geburtstage eingeladen wird, ect. Er ist dort in der Kindergruppe übrigens ziemlich tonangebend und überhaupt nicht zurückhaltend.
Aktuell:
Letzte Woche gab es einen Kennenlernnachmittag an der Grundschule - bei der mein Sohn fast alles verweigert hat und sich ebenso weinend an mich klammerte wie in der obigen Kindergartensituation. Auch sagte er unentwegt, dass er nicht in die Schule wolle, dort alles langweilig finde, sich nur hinsetzen will, wenn er sitzen wolle (und nicht, wenn es gesagt wird), ... Zum Teil sind dieses Schutzaussagen, weil es neu und unbekannt ist.
Ich fand den Nachmittag zumindest für meinen Sohn leider auch sehr ungünstig organisiert: Vier Mal 15 Minuten in jeweils anderen Räumen und entsprechend anderen Lehrerinnen, sodass wir vier Mal die gleiche Szene hatten und kaum Bezug zu den Lehrerinnen aufgebaut werden konnte.
Kopfzerbrechen bereitet mir nach diesem Erlebnis aber der tatsächliche Schulbeginn im August und die Frage, wie man ihm (und den Lehrkräften) den Start erleichtern kann. Sollten wir die Schule nach diesem Erlebnis nochmal kontaktieren? Oder macht man es dem Kind nur schwerer, wenn man nun vorher schon (salopp:) "für einen Stempel sorgt"?
Ich frage mich auch, ob manche Verhaltensweisen einfach nur ein bisschen speziell sind oder es nicht doch Züge von z.B. Asperger sind. Hier habe hier ja schon öfter gelesen, dass man mit den typischen Anzeichen dafür nicht unbedingt weiterkommt, denn die von google ausgespuckten Merkmale treffen eigentlich nicht so richtig auf ihn zu.
Ich glaube Rabaukenmama hatte mal etwas geschrieben davon, dass es auch ein Anzeichen sein kann, wenn ein Kind sich immer noch viele Sachen in den Mund steckt?! Das macht mein Sohn auf jeden Fall. Ständig hat er etwas im Mund, ganz in Gedanken, unbewusst. Auch kaut er oft an Jacke oder Ärmel. Wenn man ihm sagt, dass er das aus dem Mund nehmen soll, macht er es sofort. Es wirkt immer so, als wenn er es vorher gar nicht merkt.
Auch fühlt er sich oft ungerecht behandelt ("ich trage viel mehr als du, das ist ungerecht") oder denkt, dass ich ihm mutwillig noch kein Wasserglas auf den Tisch gestellt habe, wenn er in die Küche kommt und etwas trinken will. Sind das Anzeichen für Asperger?
Natürlich will ich gar nicht, dass er eine bestimmte Diagnose bekommt und wir waren ja auch schonmal in einem SPZ - ohne Ergebnis. Aber an manchen Tagen frage ich mich, ob man ihm nicht besser gerecht würde, wenn man eine Ursache für sein Verhalten hätte.
Übrigens finde ich meinen Sohn fast komplett in dem Text „Das emotional hochbegabte Kind“ (Thema unter diesem) wieder!
Dadurch schleicht sich bei mir auch direkt die Frage ein, ob mein Sohn im regulären Schulsystem überhaupt richtig ist... ursprünglich hatten wir uns aber bewusst dafür entschieden in der Hoffnung auf klare Strukturen und Differenzierung.
Ich freue mich über weitere Fragen, Anmerkungen, Erfahrungen, Tipps,...
Und natürlich ist mir bewusst, dass diese Problematik nicht im Zusammenhang mit Hochbegabung stehen muss. Da hier aber viele Eltern mit besonderen Kindern auch in anderen Bereichen sind, hoffe ich auf hilfreiche Rückmeldung.
Herzliche Grüße,
Lou
ich habe hier im Forum im letzten Herbst schonmal sehr hilfreiche Rückmeldung zu meinem Sohn und der Auswertung des K-ABC-Tests bekommen. Nun wende ich mich nochmal an euch mit der Frage, ob ihr das folgende Verhalten auch (schonmal) kennt und wie ihr dieses einschätzt.
Vorweg:
Mein Sohn wird kommende Woche sechs Jahre alt und wird im Sommer regulär an der für uns zuständigen Grundschule eingeschult. Der Kindergarten trat im Herbst 2017 (Sohn damals 4,5 Jahre alt) an uns heran und schilderte einige Verhaltensauffälligkeiten (kurz: Albernheiten, Texte schneller/langsamer sprechen als die Gruppe, Bewegungen übertrieben ausführen, Zickeleien anderen Kindern gegenüber). Der empfohlene SPZ-Termin brachte im Frühjahr 2018 das Ergebnis "Eine Entwicklungsstörung kann ausgeschlossen werden", empfahl aber die "schnelle Auffassungsgabe des Kindes durch zu den Interessen passende Angebote" aufzugreifen. Gleichzeitig haben wir zehn Sitzungen Ergotherapie wahrgenommen, die ebenfalls unauffällig waren - aber wenn die Ergotherapeutin gezielt übermäßig viele Reize setzte, wurde er unruhiger/hibbeliger im Verhalten. Deshalb sind wir im Sommer 2018 an ein Frühförderzentrum gekommen, dass auch Kleingruppenangebote hat. Zu Beginn wurde dort der K-ABC-Test durchgeführt, der in drei Bereichen altersentsprechend, also im Durchschnitt lag, in einem Bereich aber weit überdurchschnittlich (über 140). Das war der Bereich Sprache/angeeignetes Wissen und es wurde uns gesagt, dass das Kind "gut gefördert" sei und dadurch dieser Ausreißer zu erklären sei und Verhaltensunsicherheiten möglicherweise durch diese Heterogenität entstünden. Als Schlussfolgerung nimmt er seit Oktober an einer Sprachfördergruppe teil, obwohl er ja keine Sprachförderung benötigt, sondern um ihm soziale Sicherheit in der Gruppe zu vermitteln.
Inwieweit die durchschnittlichen Werte der anderen drei Bereiche des Test nun zutreffen oder nicht, ist hier ja auch schon oft diskutiert worden. Sohnemann war auf jeden Fall wenig motiviert und sehr unsicher in der Situation (siehe Betreff oben). Klar ist uns, dass er zumindest mal ein kluges Kind ist, das viele spezielle Interessen hat und diese sehr intensiv verfolgt. Sprachlich ist er sehr gewandt und argumentiert mich zum Teil an die Wand. Auch hat er ein unfassbares Gedächtnis und merkt sich Dinge, die oft nur einmal und beiläufig erwähnt wurden. Er rechnet und schreibt auch in einem gewissen Maße und wenn er Lust dazu hat. Zuletzt kam in diesem Bereich länger nichts, vor ein paar Tagen beschriftet er dann selber die Einladungen für seinen Kindergeburtstag ohne groß nach Buchstaben suchen zu müssen (keinen Text, das Wort "Einladung", die verschiedenen Kindernamen, Datum, ect.)
In neuen Situationen war mein Sohn schon immer sehr zurückhaltend, die Kindergarteneingewöhnung mit drei Jahren wurde sehr sanft gestaltet und zog sich (dadurch?) mehrere Wochen. Er traut sich nicht, alleine einen Kindergartenfreund zu besuchen und behauptet dann lieber, dass er sich mit xy gar nicht verabreden wolle. Wenn es dann darum geht, dass dieser zu uns kommt, ist er absolut einverstanden und freut sich. Zu anderen will nur, wenn ich mitkomme.
Kürzlich sollte mein Sohn zwei Stunden länger im Kindergarten bleiben, wo er bestens integriert ist, was zu einem Riesen Theater am morgen führte bis hin zu der Situation, dass er gar nicht in den Kindergarten wollte und ich das weinende und an mich klammernde Kind einer Erzieherin in den Arm gedrückt habe. Wenn ich ihm morgens die Wahl lassen würde, würde er aber ohnehin immer lieber zu Hause bleiben als in den Kindergarten zu gehen, obwohl er dort viele Freunde hat, oft auf Geburtstage eingeladen wird, ect. Er ist dort in der Kindergruppe übrigens ziemlich tonangebend und überhaupt nicht zurückhaltend.
Aktuell:
Letzte Woche gab es einen Kennenlernnachmittag an der Grundschule - bei der mein Sohn fast alles verweigert hat und sich ebenso weinend an mich klammerte wie in der obigen Kindergartensituation. Auch sagte er unentwegt, dass er nicht in die Schule wolle, dort alles langweilig finde, sich nur hinsetzen will, wenn er sitzen wolle (und nicht, wenn es gesagt wird), ... Zum Teil sind dieses Schutzaussagen, weil es neu und unbekannt ist.
Ich fand den Nachmittag zumindest für meinen Sohn leider auch sehr ungünstig organisiert: Vier Mal 15 Minuten in jeweils anderen Räumen und entsprechend anderen Lehrerinnen, sodass wir vier Mal die gleiche Szene hatten und kaum Bezug zu den Lehrerinnen aufgebaut werden konnte.
Kopfzerbrechen bereitet mir nach diesem Erlebnis aber der tatsächliche Schulbeginn im August und die Frage, wie man ihm (und den Lehrkräften) den Start erleichtern kann. Sollten wir die Schule nach diesem Erlebnis nochmal kontaktieren? Oder macht man es dem Kind nur schwerer, wenn man nun vorher schon (salopp:) "für einen Stempel sorgt"?
Ich frage mich auch, ob manche Verhaltensweisen einfach nur ein bisschen speziell sind oder es nicht doch Züge von z.B. Asperger sind. Hier habe hier ja schon öfter gelesen, dass man mit den typischen Anzeichen dafür nicht unbedingt weiterkommt, denn die von google ausgespuckten Merkmale treffen eigentlich nicht so richtig auf ihn zu.
Ich glaube Rabaukenmama hatte mal etwas geschrieben davon, dass es auch ein Anzeichen sein kann, wenn ein Kind sich immer noch viele Sachen in den Mund steckt?! Das macht mein Sohn auf jeden Fall. Ständig hat er etwas im Mund, ganz in Gedanken, unbewusst. Auch kaut er oft an Jacke oder Ärmel. Wenn man ihm sagt, dass er das aus dem Mund nehmen soll, macht er es sofort. Es wirkt immer so, als wenn er es vorher gar nicht merkt.
Auch fühlt er sich oft ungerecht behandelt ("ich trage viel mehr als du, das ist ungerecht") oder denkt, dass ich ihm mutwillig noch kein Wasserglas auf den Tisch gestellt habe, wenn er in die Küche kommt und etwas trinken will. Sind das Anzeichen für Asperger?
Natürlich will ich gar nicht, dass er eine bestimmte Diagnose bekommt und wir waren ja auch schonmal in einem SPZ - ohne Ergebnis. Aber an manchen Tagen frage ich mich, ob man ihm nicht besser gerecht würde, wenn man eine Ursache für sein Verhalten hätte.
Übrigens finde ich meinen Sohn fast komplett in dem Text „Das emotional hochbegabte Kind“ (Thema unter diesem) wieder!
Dadurch schleicht sich bei mir auch direkt die Frage ein, ob mein Sohn im regulären Schulsystem überhaupt richtig ist... ursprünglich hatten wir uns aber bewusst dafür entschieden in der Hoffnung auf klare Strukturen und Differenzierung.
Ich freue mich über weitere Fragen, Anmerkungen, Erfahrungen, Tipps,...
Und natürlich ist mir bewusst, dass diese Problematik nicht im Zusammenhang mit Hochbegabung stehen muss. Da hier aber viele Eltern mit besonderen Kindern auch in anderen Bereichen sind, hoffe ich auf hilfreiche Rückmeldung.
Herzliche Grüße,
Lou