Kluge Kinder und "Problemkinder"

Mein Kluges Kind macht was es will
Meine3
Dauergast
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Registriert: Mo 11. Mär 2019, 10:55

Re: Kluge Kinder und "Problemkinder"

Beitrag von Meine3 »

Ich muss sagen, dass Freundschaften immer ein schwieriges Feld waren. Ich wollte immer dazu gehören in der Schule, aber dem war einfach nicht so. Ich war einfach anders: sensibler, nachdenklicher, empfindlicher, ernster, hatte andere Interessen... Ich hatte dennoch die gesamte Schulzeit über immer min. eine gute Freundin.

In der Realschule hatte ich große Probleme mit sozialen Kontakten, was wohl vornehmlich daran lag, dass ich einfach in der falschen Schule gelandet war. Ich hing sehr an einem Mädchen, dass von zu Hause sehr behütet wurde und dort auch Probleme hatte (Mutter war tablettenabhängig und depressiv, ging NIE raus...), weil ihre Eltern meine Mutter gebeten hatte, dass wir zusammen in den Schulweg gehen (sie wohnte 200 Meter weiter in der selben Straße wie ich). Was wir gemeinsam hatten, war die Kreativität beim spielen. Sie mochte mich auch sehr, ich war eigentlich täglich bei ihr, da sie eigentlich nie raus durfte. Ihre Eltern waren da sehr seltsam. Ich war gern bei ihr, denn wir wurden meist einfach in Ruhe gelassen und konnten machen was wir wollten. Ich ging mit ihr in Urlaub und übernachtete oft bei ihr. ABER: in der Schule schnitt sie mich weitestgehend, weil ich eben "uncool", weil anders und arm war, wohingegen sie beliebt war, dafür aber große Probleme mit den schulischen Leistungen hatte und auch auf die Hauptschule wechselte zur 8. Klasse. Ihr Verhalten hat mich natürlich zutiefst verletzt und ich litt sehr darunter, auf der anderen Seite war ich froh am Nachmittag nicht bei mir zu Hause sein zu müssen und ich wusste, dass sie sonst eigentlich auch keine richtigen Freunde hatte, auch wenn sie in der Schule nicht zu den Außenseitern gehörte... Ansonsten hatte ich einen Faible für "Außenseiter" und Problemkinder, weil ich eben selbst nie "dazugehörte" und hatte oft lose FReundschaften, wo Kinder dann zu mir kamen, weil sie nicht nach Hause wollten oder ähnliches. Diese Freundschaften hielten aber nicht lang, weil sie eben sehr einseitig waren...

Ich hatte noch eine zweite Freundin in der Realschule, die ein sehr wohlhabendes, aber sehr strenges Elternhaus hatte. Sie wurde oft wegen ihrer nicht ganz so tollen Noten geschimpft und hatte einen Stiefvater, mit dem sie garnicht klar kam. Bei ihr war ich nicht so gern. Die Atmosphäre war dort sehr "kalt". Sie hat eine körperliche Behinderung und wurde auch oft gemobbt deswegen, ich habe sie immer verteidigt. Das hat irgendwie gepasst, denn wir waren eben beide anders... Sie war jahrzehnte lang meine beste Freundin. Leider ging es irgendwann auseinander, weil wir in Bezug darauf wie Freundschaft auszusehen hat, doch recht unterschiedliche Ansichten hatten. Ihr ging es darum, dass man besonders viele Gemeinsamkeiten haben muss und sich auch sehr regelmäßig sehen sollte. Mir ging es darum, dass man in den wichtigen Dingen des Lebens auf einer Wellenlänge ist, sich auch mal kritisieren kann oder muss (wer soll es sonst tun, wenn nicht die beste Freundin?!) und ehrlich zueinander sein sollte und dass man füreinander da ist, wenn man sich braucht.

Dann hatte ich noch eine Freundin, die meine Nachbarin war. Mit ihr war ich auch über 20 Jahre lang befreundet. Sie hatte eine schwere Kindheit und wurde als Borderlinerin mit starken narzisstischen Zügen diagnostiziert. Das erklärte für mich einiges... Sie hat ein großes Problem mit Nähe und Distanz und hat mich entweder auf einen Sockel gestellt und bewundert oder verachtet und war eifersüchtig. Das war auf Dauer sehr anstrengend. Ich stand dennoch immer treu zu ihr, weil ich sie wirklich sehr mag, auch heute noch. Ich bin eine sehr treue Seele. Wir haben noch losen Kontakt, aber sie lebt nun in einer anderen Stadt und sie hält mich grade wieder eher auf Distanz, was mir aber gelegen kommt, denn aktuell habe ich selbst schon genug Probleme :? . Ich bin mir aber sicher, dass unsere Wege sich immer wieder kreuzen werden...

Im Studium hatte ich einige gute Freunde, trotz meines Alters (30 Jahre, die anderen im Schnitt 22..). Aber da war nur eine, die trotz 10 Jahren Altersunterschied, viele Ähnlichkeiten besaß und die mich einfach verstand und ich sie. Es passte einfach. Wir leben mittlerweile 450 km voneinander entfernt.... Ich habe Familie, sie nicht.

Meine jetzigen Freundschaften sind eher locker. Denn wir haben natürlich einige Bekannte mit Kindern und gute Freunde, mit denen wir die Wochenenenden und Urlaube zusammen verbringen, aber so eine "Seelenverwandte" ist da nicht dabei. Ich habe eine gute Freundin, die ähnlich tickt wie ich, die ebenfalls einen hochbegabten Sohn hat, die ebenfalls hochsensibel und selbst nicht auf den Kopf gefallen ist. Wir kennen uns noch nicht so lange, aber ich denke, das ist eine Freundschaft die halten wird. Mit ihr kann ich auch über alles reden und sie mit mir.

Je älter man wird, desto schwieriger ist es, richtig enge Freundschaften aufzubauen, so erfahre ich es zumindest... Außerdem bin ICH mittlerweile ungemein wählerisch geworden und ziehe es vor lieber alleine zu sein, bevor ich mich mit Menschen umgebe, bei denen ich mich "verstellen" muss und stundenlang über Dinge plaudern muss, die mich nicht interessieren oder bei denen ich merke, dass man sich zwar sympathisch findet und mag, aber keine gemeinsame Basis vorhanden ist...
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
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