Unstrukturiert und schusselig

Mein Kluges Kind macht was es will
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Hallo Gaya,

egal was der Test zeigen wird, dein Bauchgefühl zählt mindestens genau so viel. Eine erfahrene Testperson kann auch aus dem Verhalten des Kindes während der Testung sehr viel interpretieren, vor allem dann wenn es um bestimmte Arten von problematischen Verhalten geht.

Die Tests werden so schnell die Lage nicht verbessern. Deinem Sohn würde es gut tun, wenn sich jemand um seine Bildung kümmert, der keine defizitäre Auffassung vertritt. An Selbstbewusstsein zu hauen bringt gar nichts. Dein Kind wird erst dann besser schreiben, wenn er selbst das Gefühl hat, dass er das kann. Mein Sohn ist sehr sprachlich begabt, seine Sätze waren schon immer sehr komplex. Bis zur 7. Klasse bestand bei den Aufsätzen das Problem, dass die Sätze nicht geschlossen waren. Ein paar mal schrieb er auch Themaverfehlungen, weil seine Gedanken ihn während des Schreibens woanders hingeführt haben.

Das Schreibproblem besteht aus vielen Teilaspekten: Vermeidungsstrategien beim Üben wegen der niedrigen Frustrationstoleranz, nicht Akzeptieren können der Aufgabenstellungen, da nach eigener Meinung zu blöd und unnötig, komplexe Denkvorgänge, die einen schnell in den tiefen Wald führen, so dass man den Faden verliert, das Gefühl, die anderen können das nicht nur besser, sondern auch sofort ohne Üben, man ist bloß alleine dumm und selbst schuld. Dazu kommt noch die Feinmotorik, zu viel Druck auf den Stift und schnelle Ermüdbarkeit. Wie man sieht, haben diese Aspekte viel mit der Gesamtentwicklung zu tun. Vielleicht können sie dann bei ganz anderen Aufgaben, die dem Kind mehr am Herzen liegen, geübt werden.

Das Thema LRS spreche ich gar nicht erst an. Das ist ein Kapitel für sich.

Was kann man konkret machen? Viel Vorlesen, am besten alte deutsche Klassiker mit reicher Sprache, wie Kruse, Krüss und Co. Rechtschreibung durch Computerprogramme üben. Motorik über andere Wege aufbauen. Es ist zum Teil extrem stressig, da man trotzdem dem Kind was abverlangen muss, ohne dem Selbstwert des Kindes einen Schaden anzurichten.
Gaya
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Gaya »

Hallo,

an alle, die es noch interessiert. Ich war heute zum Auswertungsgespräch bei der Psychologin.
Ich habe, was ich wollte. Mein Sohn hat einen durchschnittlichen Gesamt-IQ von 116. Es wurde der WISC-V gemacht. SV lag bei 124, WLD bei 121, AGD und VG wohl im durchschnittlichen Bereich. Da habe ich aber die Werte nicht genannt bekommen.
ADHS blieb nur Verdachtsdiagnose, konnte also nicht abgesichert werden. Nächste Woche steht nochmal eine Diagnostik bei der Ergotherapeutin an. Alles in allem aber bisher im grünen, durchschnittlichen Bereich. Nichts wirklich auffällig.
Ich sollte glücklich sein, bin ich aber nicht! Denn es erklärt die Schulprobleme nicht. Mein Sohn sagt, in der Schule langweilt er sich zu Tode. Die Lehrerin meint, dass mein Sohn sich stark von den anderen Kindern in der Art und Weise, wie er denkt und Probleme angeht, abhebt und sie ihn deshalb für (Teil-)HB hält. Andere Aufgaben bekommt er trotzdem nicht. Mit seinem jetzt durchschnittlich getesteten IQ vermutlich erst recht nicht. Und er ist extrem langsam, unkonzentriert und hat definitiv Schreibprobleme. Mein Sohn sagt, selbst wenn er es wirklich will, kann er sich nicht konzentrieren. Die psychologische Auswertung sagt was anderes.
Wir stehen wieder am Anfang. Eigentlich dürfte es keine Probleme geben.
Noch einmal auf den IQ-Test, bei dem mein Sohn nicht weiß, dass es einer war, angesprochen, sagt er, er hätte schon gut mitgemacht, aber er wollte auch, dass es schnell vorbei ist. Vielleicht erklärt das jetzt, warum der Test statt 2 eben nur 1 Stunde gedauert hat. Tatsächlich hätte ich ihn im mathematischen Bereich höher eingeschätzt. Er hat ganz früh von sich aus angefangen zu rechnen, wurde im Kindergarten "wandelnder Taschenrechner" genannt und hat mit 6 angefangen Potenzen zu rechnen. Mittlerweile hat er in der Schule komplett den Spaß am Rechnen verloren. Auch im sprachlichen Bereich ist er eigentlich ganz weit vorn.
Wir können ihn jetzt woanders gern auf LRS testen lassen, das wird im SPZ jetzt nicht weiter verfolgt, weil es wohl angeblich an jeder Schule dafür eine beauftragte Person gibt, die so einen Test machen kann. Keine Ahnung. Ich würde es wenn, dann gern losgelöst von der Schule machen. Mein Sohn hasst die Schule so sehr, dass er sich wünscht krank zu sein und aktuell mit seinen ganz unauffälligen Ergebnissen, weiß ich nicht weiter, wie ich ihm daraus helfen soll. So blöd es klingt, aber irgendwie hätte ich mir gewünscht, dass wir etwas haben, was alles erklärt und wo man ansetzen kann.
Ich hoffe, ich darf hier weiterhin schreiben und bekomme Anregungen, auch wenn mein Sohn nicht mal teilweise hochbegabt ist.
Hat irgendjemand eine Idee, welche Schritte ich als nächstes machen kann? So kann es jedenfalls nicht weitergehen.
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Hallo Gaya,

verlang die Auswertung! Wenn die VG und AG bei 80-90 liegen, es ist immer noch ein Normalbereich. Aber der Unterschied zu anderen Flächigkeiten ist dann riesig! Ob das dann ADHS wäre, ist nicht sicher. Man könnte es aber weiter verfolgen, und weitere Konzenzentrationstests machen.

Das ist aber ein untergeordnetes Problem. Das Hauptproblem ist "anders sein" und da zeigen die Indizien in Richtung Autismus Spektrum. Wenn eine Lehrerin offen sagt, dass die Vorgehensweise sich deutlich von den anderen Kindern abweicht, ist das eine ernst zu nehmende Aussage. Sie hat durch ihr Beruf eine repräsentative Vegleichsgruppe.

Bei so einem Schulunlust, und ich bin beim Thema leider kein Theoretiker, ist ein schneller Wechsel der Umgebung indiziert. Sucht eine Möglichkeit, wie ihr das Kind vor der Schule schützen könnt. Privatschule, Mehrstufenklassen, Freie Schule. Von alleine wird sich das Problem nicht lösen. Ganz im Gegenteil, ab der 3. Klasse ist flüssiges Schreiben gefragt, und der Druck wird nur noch mehr.

"Er selbst hält sich allerdings für einen "Idioten und Versager", weil er in der Schule öfter Ärger bekommt oder Fehler auch in seinem starken Bereich macht." Das ist eines der Hauptprobleme mit der Schule. Einerseits hätte gerne alles gekonnt bevor es überhaupt erklärt wird und auf der anderen Seite ist das stink langweilig, wenn es nur darum geht was man schon kennt. Üben passt in so ein Lebenskonzept schlecht rein.

Parallel könnt ihr eine Autismusdiagnostik starten, aber nicht in einem SPZ, sondern in einem ATZ. Sollte Diagnose positiv sein, besteht eine Chance eine Schulbegleitung beantragen zu können.
Gaya
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Gaya »

Hallo Katze,

danke erstmal für deine schnelle Antwort.
Ich hatte die Aussage der Lehrerin eher dahingehend verstanden, dass mein Sohn über Ecken denken, Lösungsmuster auf neue Probleme adaptieren kann und unbekannte oder ungewohnte Lösungen für Probleme findet, die den anderen Kindern nicht ersichtlich sind. Sie sagte doch "hochbegabt" nicht "autistisch". *SCHLUCK*
Also ich möchte ehrlich sein, autistisch habe ich meinen Sohn bisher gar nicht gesehen. In meinem laienhaften Wissen (oder vermutlich eher Unwissen), muss ich bei Autismus immer an den Film "Rain Man" denken. Bitte nicht hauen.
Nein, mein Sohn ist das empathischste und mitfühlendste Wesen, dass mir je begegnet ist. Mein Sohn ist dahingehend einfach bemerkenswert. Er setzt sich für Schwächere ein, auch wenn er selbst körperlich unterlegen ist. Er gibt Mitschülern seine Sporthose, damit Sie keinen Ärger bekommen, auch wenn es heißt, dass er den Ärger für das "vergessene" Sportzeug erhält. Er kann niemanden schlagen, auch wenn es in der Situation angebracht wäre, einfach weil er niemandem wehtun kann. Ihn nimmt der Ärger, den Mitschüler und Freunde bekommen genauso mit, als hätte er den Ärger selbst bekommen. Er nimmt sich zum Wohle der anderen - in meinen Augen auch manchmal zu oft - zurück. Und laut Lehrerin gibt er den Mitschülern immer sehr wertschätzende Kritik und hat eine sehr große Sozialkompetenz.

Als mein Sohn 2 Jahre alt war, wurde das Kind mit dem er gerade gespielt hatte, unverhältnismäßig hart bestraft, indem es sich "als böses Kind" auf eine Decke setzen musste und diese nicht mehr verlassen durfte. Das Kind war damals ebenfalls 2 Jahre alt und der Grund für diese Strafe war so lapidar, dass ich ihn vergessen habe. Was ich aber noch weiß ist, dass mein kleiner Sohn zwei Spielzeugautos holte und sich damit zu dem Kind auf die Decke setzte und diese ebenfalls nicht mehr verließ, bis besagtes Kind wieder "freigelassen" wurde. Und in diesem Moment hatte ich Tränen in den Augen, aus lauter Dankbarkeit darüber, dass ich außerwählt wurde, die Mutter dieses vollkommenen und besonderen kleinen Menschen sein zu dürfen.

Aber wer weiß, vielleicht fällt er ja tatsächlich ins Autismus-Spektrum. Ich werde mich dahingehend mal belesen und meinen eingeschränkten Horizont erweitern. Eigentlich ist mir egal, wie das heißt, was ihn blockiert und stoppt, solange es ihm gerecht wird und er die richtige Hilfe bekommt. Allerdings weiß ich nicht, ob mein Mann bei der Autismus-Theorie mitgehen wird. Für ihn ist ADHS ein Sammelbegriff für unerzogene Kinder und Legasthie/LRS hat es früher auch nicht gegeben. Ansonsten ist er aber eine ganz liebenswerte Person. :P Wenn ich ihm allerdings sage, wir könnten ja vielleicht mal Autismus in Betracht ziehen, lässt er mich sicherlich einweisen. :lol:

Zum Thema Schulwechsel: Sehr gern würde ich das versuchen. Darüber oder über einen Sprung hatte ich kurz nachgedacht als ich merkte, dass mein Sohn zumindest in Mathe sehr viel weiter ist. Aber das möchte mein Sohn erstaunlicherweise gar nicht. Er hasst die Schule und möchte da auch nicht mehr hin, aber von seinen Freunden weg möchte er auch nicht, auch wenn er sie am Nachmittag sehen könnte. Das Argument, dass er aber die Freunde in der Schule auch nicht mehr sehen könnte, wenn er - rein theoretisch, weil in Deutschland ja nicht möglich - gar nicht mehr hingehen würde, spielt für ihn auch keine Rolle. Vielleicht ist es auch einfach eine Angst, dass auch die neue Schule doof ist und dann aber nicht mal mehr die Freunde wären...
Naja und soweit, dass ich das über seinen Kopf hinweg entscheide, bin ich noch nicht.
Ich werde mir die Auswertung geben lassen und schauen, in welchem Bereich AG und VG wirklich liegen und die Autismus-Theorie werde ich auch einmal näher beleuchten, aber da werden noch viele Gespräche mit meinem Mann stattfinden müssen.

Ich möchte aber auch die Schreibschwäche jetzt professionell angehen lassen. Hat jemand schonmal von VVWS gehört und wo man das untersuchen lassen könnte? Das wäre noch eine Idee, auf die ich gestoßen bin auf der Suche nach einem Therapeuten für LRS.
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Hallo Gaya, es tut mir wirklich leid, dass ich dich so unvorbereitet getroffen habe. Du kannst meine Gedanken verwerfen, ich bin kein Profi, nur selber Mutter, deren Kinder nicht ins Schulsystem passen. Falls dich das interessiert, kann ich erläutern, wo ich autistische Züge sehe. Allerdings muss du immer daran denken, dass ich dein Kind nicht kenne, und nur das hier gelesene durch das Prisma meiner Erfahrungen interpretiere.

Am auffälligsten in der ganzen Beschreibung finde ich, dass dein Kind sich nicht selbstständig richtig anziehen kann. Kinder können es fehlerfrei mit 4 Jahren. Wenn ein Kind das nicht kann, dann hat er in seinem Kopf kein Bild, wie die Kleidung rumgehört. Das heißt, er schaut sich die Menschen nicht genau an. Mit Sicherheit hat er schon einen oder anderen verletzenden Kommentar diesbezüglich bekommen. Aber er schaut sich trotzdem nicht an bevor er aus dem Haus geht? Dann ist die Meinung anderer über seine Person noch nicht wichtig.

Du beschreibst motorische Auffälligkeiten, Kleckern beim Essen ist eine davon. Dein Sohn hat für sein Alter unzureichende Beherrschung über seinen Körper. Wenn grundsätzlich keine motorische Erkrankung vorhanden ist, ist das eine Wahrnehmungssache.

Du schreibst über hohe Sozialkompetenz. Ich drehe den Spieß um. Nur in der westlichen Welt der all erdrückenden Toleranz gehört das verleihen der eigenen Hose an einen Mitschüler zur Kompetenz. In Welt der Kinder ist das Wehrlosigkeit, Aufgeben des Eigenen ich, und nichts Gutes. Ich weiß auch nicht, ob das auf Empathie beruht. Das kann auch mindestens zwei andere Gründe haben: die über alles gestellte Korrektheit, Angst dank früher negativen Erfahrungen oder eingeschränkter sozialer Wahrnehmung einen sozialen Fehler zu machen und lieber auf Nummer sicher agieren, oder niedriges Selbstwertgefühl und ein Versuch dadurch Zuneigung zu gewinnen.

Wie sehen konkret die Probleme beim Schreiben?
Gaya
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Gaya »

Hallo Katze,
ja du hast mich völlig unerwartet getroffen. Aber das ist nicht schlimm. Ich schreibe hier ja nicht, damit man mir sagt, was ich hören will, sondern auch, damit man mir die Augen für eine Blickrichtung öffnet, für die ich vielleicht bisher blind war.
Ich habe meinen Sohn bisher als normalen Jungen gesehen, der kognitiv den meisten Kindern scheinbar weit voraus ist, aber motorisch stark zurückhängt. Dabei ist mein Sohn laut IQ-Test doch gar nicht so viel schlauer als die anderen Kinder. :lol:
Ich war wegen der Motorik öfter beim Arzt, speziell auch weil seine Bewegungen, als er anfing zu "rennen", irgendwie "unrund" waren. Es sah in meinen Augen seltsam aus und er war auch wirklich langsam, aber mir wurde immer wieder gesagt es sei alles in Ordnung - bis zur Schuleingangsuntersuchung. Da fiel er motorisch durch. Schuld waren angeblich persistierende Reflexe. Diese sind mittlerweile wohl integriert. Geändert hat sich... NIX.

Du schreibst, deine Kinder passen auch nicht ins Schulsystem. Darf ich fragen, ob eines deiner Kinder autistische Züge hat? Oder warum bist du so sensibilisiert?
Wenn du recht haben solltest, dann muss ich mir eingestehen, dass die von mir so gesehene Superkraft meines Sohnes - nämlich die Empathie - in Wahrheit seine größte Schwäche ist. Und das ist das einzige worum es mir leid tun würde. Alles andere ist egal. Eine Autismus-Diagnose macht meinen Sohn ja nicht zu einem anderen Menschen. Er bleibt ja mein Sohn, so wie ich ihn seit 8 Jahren kenne und so wie ich ihn liebe. Aber vielleicht macht es das bisher Unerklärliche endlich erkärlich.

Warum das mit dem Anziehen nicht klappt weiß ich nicht. Wie Kleidung getragen wird, bleibt dem Zufall überlassen. Erst gestern beim Eishockey-Training trug er das Trikot auf links und den Schwitzanzug (ein Overall mit Reißverschluss, den man unter der Schutzkleidung trägt) falsch herum, also Reißverschluss hinten. Spätestens wenn es schwierig wird, den Reißverschluss zu schließen, sollte man eigentlich stutzig werden. Naja - Hut ab, der Reißverschluss war am Ende zu.
Und im SPZ habe ich den grandiosen Vorschlag bekommen, einfach zu üben. Und in diesem Moment wusste ich nicht, ob ich in einen Lachanfall verfallen oder mich in Ms. Hyde verwandeln soll. Ich entschied mich dann dafür freundlich zu nicken und mich für den hilfreichen Tipp zu bedanken. Im Ernst, als hätte ICH meinen Sohn 8 Jahre lang angezogen und ihm verwehrt es selbst zu lernen. :roll:

Und die Probleme beim Schreiben?
Er will nicht schreiben. Es ist für ihn eine Qual und anstrengend und unnötig. Er schreibt krakelig und unleserlich, über Linien hinweg und sehr groß. Er schreibt das gleiche Wort in einem Text unterschiedlich. Er schreibt fehlerhaft ab. Er wendet die Rechtschreibregeln nicht an. Groß- und Kleinschreibung funktioniert nicht, er weiß nicht wann ein doppelter oder einfacher Konsonant kommt, wann ein ie oder nur ein i. Er weiß scheinbar nicht, wann ein d oder ein t kommt oder wann ein b und wann ein p. Oder er weiß es und es ist ihm egal. Oder er weiß es und er kann es nicht umsetzen. Und ja wir üben auch, auch wenn es jedes Mal ein Drama ist und wir trotzdem irgendwie nicht voran kommen. Ein Beispiel: Wenn ich meinen Sohn frage wie man ein Wort am Satzanfang schreibt, dann sagt er "groß". Wenn wir dann mit dem Schreiben beginnen, dann schreibt er ... ratet mal... KLEIN.
Ich bin am Ende - mit meinen Ideen und meinen Nerven.
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Hallo Gaya,

wir haben Autismus beiderseits in der Familie im großen Sinne, daher habe ich Erfahrung und eine andere Sicht aufs Thema als viele anderen. Zum Beispiel bin ich mir absolut sicher, dass Autisten auch Empathie haben können, und auch, dass sie davon zu viel haben können, so dass es ein Bedarf besteht sich davor zu schützen und abzuschirmen, was wiederum von außen als emotionale Kälte empfunden wird. Auch können manche, sich ganz gut die Gefühle eines nah stehenden Menschen vorstellen und darauf Rücksicht nehmen. Mein Neffe, ein diagnostizierter Autist, bat im Kindergartenalter seine Oma, seiner Mama nicht von seinem Meltdown zu erzählen, sonst wird die Mama traurig. Was nicht geht ist spontane Reaktion in den Gruppen. Man ist durch die kognitive Wege einfach viel zu langsam, um Spaß am Smalltalk und Partys zu haben.

Der Rat" zu üben" passt ganz gut in mein Bild von SPZ. Sie haben oft keine Ahnung, tun aber so als ob. Ich Hauptprofil sind Kinder mit verzögerter Entwicklung. Darin sind sie gut. Auch gibt es dort manchmal Ärzte, die sich auf ein Problem oder eine Krankheit fokussieren. Man kann sie auch verstehen, sie haben es jeden Tag mit so gravierenden Entwicklungsstörungen, auch mit degenerativen Erkrankungen beschäftigt, dass ein Problem sich nicht anziehen zu können und nicht schreiben zu wollen in ihrer Augen nicht der Rede wert ist. Aber für ein Kind ist das ein Problem. Die Psyche leidet. Wie Erich Kästner geschrieben hat: »Es ist nämlich gleichgültig, ob man wegen einer zerbrochenen Puppe weint, oder weil man, später im Leben, einen Freund verliert. Es kommt im Leben nie darauf an, worüber man trauert, sondern nur darauf, wie sehr man trauert.«

Die Probleme mit der Rechtschreibung: Groß und Klein ignorieren Kinder oft. B und P, D und T können noch altersbedingt verwechselt werden, können aber auf eine Störung hinweisen. Schau dir im Netz ein Paar Beispiele von LRS Texten an. Die Fehler sind da häufig ganz anders als normale Rechtschreibfehler. Es ist aber sehr auffällig, dass dein Sohn bei überdurchschnittlicher Intelligenz im Kindergarten seinen Namen nicht schreiben konnte.

Das Hauptproblem ist, dass dein Kind das für Unnötig hält. Mein Sohn träumt schon, dass er in 1-2 Jahren aufs Tablett im Unterricht umsteigen darf. Ihr habt noch einen langen Weg bis dorthin, daher schau dich erstmal um nach alternativen Schulkonzepten.
Gaya
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Gaya »

Hallo Katze,
danke. Wie gesagt, bis ich meinen Sohn auf Autismus testen lassen könnte, wird Zeit vergehen, da ich zuvor meinen Mann überzeugen muss, da mal nachzuhaken zu dürfen. Und das wird sicherlich nicht leicht. Immerhin geht es dabei nicht mehr um Ungeschicklichkeiten oder Unaufmerksamkeit, sondern darum, dass SEIN Sohn "behindert" sein könnte.
Ich habe das Thema bisher nur überflogen, aber mein Sohn lügt z. B. nicht und er kann mir auch nichts verheimlichen. Wenn er etwas Verbotenes gemacht hat, dann beichtet er es mir meist noch am selben Tag. Scheinbar können Autisten auch nicht lügen. Vielleicht ist das aber auch wieder ein Vorurteil.

Tja und was das Schreiben betrifft, weiß ich auch nicht nach welcher Methode ich üben soll. Wenn es einfach nur der feste Wille meines Sohnes ist, nicht das Schreiben zu lernen, dann kann ich da gar nichts ausrichten. Andererseits, denke ich mir dann, dass er doch einsehen müsste, dass wenn er schreiben könnte, die Probleme in der Schule zumindest teilweise weniger werden. Und das sollte doch sein Anliegen sein. Und wenn doch ein Problem zugrunde liegt, dann müsste man wissen, welches, um richtig anzusetzen. Es ist so schwer... :cry: Und ja, mir ist klar, dass er ohne Schreiben in der Schule kläglich scheitern wird. Ein alternatives Schulsystem wäre möglicherweise eine Lösung und da ich auch keine Verfechterin der Regelschule bin, stehe ich dem komplett positiv gegenüber, aber auch da wird man irgendwie Schreiben müssen. Man kommt da einfach nicht drumrum. Aber aktuell ist mein Sohn nicht bereit zu wechseln und es ist auch schwer einen Platz an diesen Schulen zu bekommen. Aber wie gesagt, da bin ich dran und evtl. kommt der Punkt, an dem ich das über seinen Kopf hinweg entscheiden muss - zu seinem Wohl. Aber bisher ist ein Rest Hoffnung, dass das mit dem Schreiben doch noch was wird. Aber wenn ich von deinem Sohn höre, schwindet dieser Rest immer weiter.

Respekt, dass du das so hinnehmen und "gelassen bleiben" kannst.

Und danke, dass du dir meine Probleme anhörst und antwortest. Ich treffe sonst auf kein offenes Ohr und daher ist es manchmal schwer einfach mal alles von der Seele zu reden.
Katze_keine_Ahnung
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Wie gesagt, ich habe schon alles Mögliche gehört und erlebt. Manche Autisten lernen zu lügen, und wie.... Viele sind sehr klug und kognitive Leistung hilft schon bei Überwindung vieler Probleme. Allerdings bringt sie auch einen erhöhten Anspruch an sich selbst, so dass niedrige Frustrationstoleranz vorprogrammiert wird.

Vielleicht wirke ich so gelassen, weil mein "kleiner" das 4. Kind ist. Vieles, was in den Kindern steckt, kann man nicht ändern. Ich bin kein Freund der Kuschelpädagogik und ich fordere von dem jüngeren Zwei noch einiges, aber mir sind auch ihre Grenzen bekannt. Der Kleine hatte in der 6. Klasse 5er in den Aufsätzen. Thema verfehlt, Sätze nicht geschlossen, Rechtschreibung grauenhaft. In der 7. wurde daraus von alleine eine 3. Thema passt, nur ein bisschen kurz, Rechtschreibung mehr oder weniger ok, Zeichensetzung (Kommata) fehlen. Kommentar des Kindes: die braucht man nicht. Wie kam das? Ich habe mit ihm nicht geübt, weil wir hier sonst einander nur Anschreien würden. Er lernte Deutsch schreiben... über Latein. Da traf er in der 7. auf eine sehr engagierte Lehrerin, die knallhart Vokabeltests über 7 Lektionen auf ein mal schreibt. Lateinübersetzungen werden generell sehr streng bewertet, jeder Fehler, jede Unaufmerksamkeit zählt, und das innerhalb komplexer Grammatik, die erstmal erkannt und analysiert werden muss. Das hält fit. Warum hat das funktioniert? Weil der Kleine sich für Latein als 2. Fremdsprache sich selbst entschieden hat. Wir haben versucht ihm das auszureden. Das ist seine Sache, und dafür steht ihr. Jetzt versuche ich ihm das Thema "Englisch" so zu servieren, dass er Motivation bekommt auch da Rechtschreibung zu lernen. Deutsch als Streitfach hebe ich für später auf. Das ist kein Rezept, ihr werdet euren Weg selbst suchen. Wichtig bei willensstarken Kindern ist, dass sie selbst sich für einen Weg entscheiden. Dann geht einiges einfacher.

Habt ihr Computerprogramme probiert, um Rechtschreibung zu üben? Tagebuch zu führen? Auf einem Whiteboard einen Plan für den Tag oder WE zu schreiben? Du muss kreativ werden, Druck bringt nicht viel, nur Ärger.

Ich schätze, es ist nicht unwahrscheinlich, dass dein Mann deinem Kind ähnlich ist. Er scheint kein gutes Verständnis für die soziale Strukturen zu haben. Hast du Kontakt zu deinen Schwiegereltern? Erzählen sie was über seine Kindheit? Manche Sachen wiederholen sich über Generationen.
Gaya
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Re: Unstrukturiert und schusselig

Beitrag von Gaya »

Hallo,
ich bin zurück.
Da ich die Psychologin vorerst nicht mehr erreicht habe, habe ich die Ergotherapeutin, die weitere Tests mit meinem Sohn gemacht hat, nach den Werten von AGD und VG gefragt. Sie konnte mir nur den Wert für die VG nennen. Der lag bei 92. Sie sagte auch, dass seine Stärke bzw. bester Wert wohl beim "Fluiden Schlussfolgern" liegt. Den Wert selbst hat sie aber nicht genannt. Wie gesagt, sind mir die Werte auch gar nicht wichtig, ich wunderte mich nur, da ich bei der Psychologin nur den G-IQ, die SV und WLD genannt bekommen habe und es sich so anhörte, als seien das die höchsten Werte gewesen. Als ich dann mal gegoogelt habe, habe ich gelesen, dass die WLD beim WISC-IV gemessen wird und beim WISC-V dieser Untertest durch die Untertests FS und VRV ersetzt wurde. Warum bekomme ich dann einen Wert für WLD?

Ich bin nun etwas verwirrt und warte auf die schriftlich Auswertung. Mal sehen, was da letztendlich drin steht.

Beim FEW-2 Entwicklungstest ist mein Sohn beim Gestaltschließen durchgefallen, weil er nicht eine Gestalt zuordnen konnte und bei der Visuomotorik, war er so schlecht, dass noch ein Motoriktest durchgeführt wurde, bei dem er in 2 Bereichen in die Kategorie "therapiebedürftig" gefallen ist. Nun warten wir auf ein 2. Kind, dass ein ähnliches Alter und ähnliche "Probleme" hat, um mit der Therapie zu beginnen, da nach Aussage der Ergotherapeutin eine Einzeltherapie aufgrund seiner sehr guten Intelligenz nicht viel bringen würde, weil die Ablenkung fehlt. Er hat sich in den Tests sehr leicht "ablenken" lassen, indem er immer wieder das Gespräch gesucht hat und immer wieder ermahnt werden musste, doch seine Aufgaben zu machen und danach könne er sagen, was er zu sagen hätte. Auf keinen der Tests hatte er bisher Lust, er will nun auch keine Tests mehr, weil sie in seinen Augen gar nichts bringen. Ich hatte gehofft, dass ihn wenigsten der IQ-Test Spaß machen würde, aber auch da hat er wohl nur halbherzig mitgemacht. Im Nachhinein, hätte ich ihm wohl doch erklären sollen, worum es dort wirklich geht, nicht, um meinen Sohn als HB bezeichnen zu können, denn ich glaube tatsächlich, dass er keinen G-IQ über 130 hat, sondern weil ich nun Angst habe, dass er in der Schule durch den G-IQ, der ja nur ganz knapp über Durchschnitt liegt, auch weiterhin keine Differenzierung bekommt und ich mir irgendwie nicht vorstellen kann, dass ich und auch die Lehrerin den Intellekt meines Sohnes so falsch einschätzen. Mir ist der IQ auch schnurzpiepegal, aber ein bisschen Gedanken mache ich mir nun doch, dass ich meinen Sohn überschätze.

Mein Sohn möchte auch gern Latein lernen und die Gebärdensprache, warum auch immer. Aber bei Latein halte ich seine Schreibkompetenz nicht für ausreichend genug, um ihn in einen VHS-Kurs einzuschreiben und bei der Gebärdensprache finde ich es schwierig, weil er ja niemanden hat, mit dem er sich "unterhalten" könnte. Also er ja eigentlich gar keine Möglichkeit hat, das anzuwenden. Wir kennen keine einzige gehörlose Person.

@Katze: Hast du Tipps für Computerprogramme? Wir arbeiten bisher mit der Internetseite LEGA-KIDS.

Bezüglich des Autismusverdachts, sehe ich halt die bisher fehlende Eigenschaft zu lügen als auffällig. Zudem habe ich mal am Samstag im Tierpark meinen Sohn bei der Interaktion mit anderen Kindern beobachtet. Gespielt hat er nicht wirklich mit ihnen, sondern sie eher "beraten". Er sagt auch, er möchte nicht mit den Kindern spielen, weil er sie eh nie wieder sieht. Er erklärt ihnen lieber wie sie ihr Spiel und ihr Sandbauwerk optimieren können. 😅 Mit seinen Freunden spielt er aber. Ob das in die Autismus-Schiene geht, weiß ich nicht, da ich meinen Sohn ja jetzt auch durch eine "andere Brille" betrachte und jetzt Dinge möglicherweise falsch interpretiere, um irgendwie Erklärungen zu bekommen, da ja HB nun rausfällt.

Meinen Mann würde ich auch nicht im ASS sehen, er hat zwar seine Eigenheiten, aber die habe ich auch. Aber ja, er kann manchmal die Beweggründe und Gefühle mancher Personen nicht nachvollziehen. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass das normal ist, weil ich sehr feine Antennen bei sowas habe und halt oft mitbekomme, dass ich z. B. die Gefühlslage anderer Personen scheinbar besser wahrnehme als andere.

Meine Schwiegermutter, sagt nur, mein Mann hätte immer einen Dickkopf und starken Willen gehabt und was er nicht machen wollte, dass hat er nicht gemacht. Sie sagte wohl immer: "So anstrengend er auch ist, er kommt mal durch Leben."
Allerdings würde ich bei genauerer Betrachtung seinen älteren Bruder evtl. dort hinschieben, weil er einfach ein "schwieriger Charakter" ist. Man kommt wirklich schwer mit ihm aus. Ich habe ihn bisher einfach als schwierig und cholerisch angesehen. Und er provoziert SEHR gerne, was oft sehr anstrengend ist.
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