Kurze Vorstellung

Einfach nur über sich und seine Kinder erzählen
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Kinkerlitzchen
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Registriert: Sa 19. Mai 2018, 14:55
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Kurze Vorstellung

Beitrag von Kinkerlitzchen »

Moin, Moin und Hallo! :)

Auch ich möchte mich kurz vorstellen und erzählen, was mich hierher verschlagen hat.
Mit meinem Mann und meinen zwei Jungs (Nr.1 ist zurzeit 2 Jahre und 3 Monate alt, um den geht es hier im Folgenden auch; Nr.2 ist 8 Monate) wohne ich im NO Schleswig-Holsteins.

Mein "Großer", H. macht uns allmählich fertig und raubt uns den letzten Nerv. Seit Wochen bzw. Monaten steigern sich die Wutanfälle, in die er sich hineinsteigert und lange dafür benötigt, da überhaupt wieder herauszufinden. Anstoß sind meist Kleinigkeiten ("Kinkerlitzchen", ha, ha...).
Zuletzt hat er angefangen, uns und sich zu beißen und zu hauen. Vor allem sein kleiner Bruder muss oft unter ihm leiden, da dieser noch ein Baby ist und zudem noch einen total ruhigen Charakter hat. Beide sind quasi wie Feuer und Eis^^ H. ist aber allgemein sehr aufgeweckt und fremden gegenüber sehr freundlich.
Vor wenigen Tagen war ich mit dem Großen beim Kinderarzt, da ich den Verdacht auf Asperger-Tendenzen hatte (den Verdacht habe ich auch bzgl. mir selbst, daher bin ich auch bei H. darauf gekommen). Er hatte zuvor einen so heftigen Wutausbruch (weil er sich im Auto nicht losgurten sollte), dass ich selbst aufgelöst war und nicht mehr weiter wusste. Auch mein Mann findet die Reaktionen von H. überzogen. Jedenfalls hat mich der KiA erst mal beruhigen können und meinte, dass Autismus ganz anders aussähe und er sich seinem Alter entsprechend normal verhalten würde. Nebenbei hat er ganz kurz und nachdenklich eingeworfen, dass H. für sein Alter schon recht weit sein würde und meinte, ich solle ihn mehr fordern/beschäftigen. Ihm könnte langweilig sein. Andererseits wäre wohl ein routinierter langweiliger Tagesablauf für ihn sehr gut.

Meiner Meinung nach ist H. nicht hochbegabt, er kann schon gut ein paar Geschichten aus seinen Büchern auswendig erzählen und singt gerne Lieder. Das war's auch. Er geht übrigens wochentags für vier Stunden in die Krippe und scheint auch viel Spaß dort zu haben. H. war damals ein "Schreibaby", so würde ich ihn beschreiben. Es gab selten mal ein paar Minuten ohne Geschrei und Geweine; wenn Ruhe herrschte, lag es daran, dass er dann meist am schlafen war. Ab dem 12. Lebensmonat wurde es langsam besser, unzufrieden war er da aber immer noch die meiste Zeit über. Keine Ahnung, ob das was zur Sache tut.

Was erhoffe ich mir hier?
Ein paar Anregungen darüber zu finden, wie wir gemeinsam die Wutausbrüche besser durchleben können und wie wir H. angemessen fördern bzw. fordern können.

Über einen netten und regen Austausch mit Euch freue ich mich sehr :)
Herzliche Grüße :)
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2953
Registriert: So 8. Dez 2013, 21:24

Re: Kurze Vorstellung

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo, erst mal herzlich willkommen hier!

Gleich vorweg - bezüglich Autismus ist der KIA eindeutig der falsche Ansprechpartner. Aber im Alter von 2 Jahren und 3 Monaten ist Autismus (wenn es das wäre) ohnehin kaum zu diagnostizieren. Mein älterer Sohn (8) ist übrigens Asperger-Autist und mein jüngerer Sohn (wir in 2 Monaten 6) ist frühkindlicher Autist - ich weiß also, wovon ich schreibe! Und sie sind vom Wesen so unterschiedlich wie Tag und Nacht! Daher finde ich die Aussage vom Kinderarzt, dass Autismus "ganz anders aussähe" sehr befremdlich. Wirkt mir irgendwie klischeebehaftet, so nach dem Motto "Autisten schauen ja nicht in die Augen, lehnen Körperkontakt an, wiederholen stundenlang irgendwelche Handlungen,..." - was durchaus stimmen KANN, aber absolut kein Diagnosekriterium ist.

Mit Hochbegabung ist es ähnlich - auch sie kann in dem Alter noch absolut nicht verläßlich diagnostizert werden. Man erkennt natürlich schon Tendenzen und vor bei sprachlich sehr fitten Kleinkindern wird gerne mal auf HB geschlossen - tatsächlich aber sind oft ganz unauffällige Kinder HB und manche kindliche "Rampensau" (nicht böse gemeint ;) ) ist durchscnittlich begabt.

Mein älterer Sohn ist vermutlich HB - nicht getestet, weil mir der genaue IQ-Wert egal ist. Der konnte z.B. an seinem 2. Geburtstag perfekt buchstabieren und hatte mit 3 Jahren einen wirklich unglaublichen Wortschatz und eine sehr gewählte Ausdrucksweise. Auch auswendig lernen gehört zu seinen Talenten, mit 3 Jahren konnte er ca. 50 Bilderbücher, Gedichte und Lieder wortgetrau auswendig aufsagen bzw. vorsingen. Ich war als Kind übrigens sehr ähnlich und bin getestet HB. Mit 3 Jahren udn 9 Monaten begann er dann, nach Gehör zu schreiben, und mit 4,6 Jahren konnte er sinnerfassend lesen (ohne dass es ihm je wer beigebracht hätte). Das, was mich aber noch viel mehr fasziniert hat, war das sekundenschnelle erfassen von Zusammenhängen.

Bei meinem älteren Sohn zeigt sich der Asperger Autismus praktisch ausschließlich in sozialen Situationen. Er schaut normal in die Augen, ist meist offen und fröhlich (manchmal überdreht), kommt mit Erwachsenen einwandfrei gut zurecht - hat aber deutliche Schwierigkeiten im sozialen Umgang mit Gleichaltrigen. Er hatte bis zu einem Alter von ca. 5 Jahren praktisch keine Wutanfälle. Dann erst begann er, "schwierig" zu werden, zu kreischen, wenn ihm was nicht passte, provokantes Verhalten zu zeigen, psychosomatisches einnässen und einkoten (nachdem er tagsüber schon komplett sauber war), bis hin zum verschmieren von Fäkalien an den Wänden :twisted: ! Wir haben damals viel auf Geschwistereifersucht geschoben, schließlich drehte sich doch sehr viel um den (gehörlos geborenen, sehr "schwierigen") kleinen Bruder.

Die Autismus Diagnose bekam mein älterer Sohn ziemlich spät - im Alter von 7 1/2 Jahren. Ich wollte es lange auch nicht glauben, weil da sein jüngerer Bruder bereits diagnostizierter Autist war. Und der war eben so KOMPLETT anders: kaum Blickkontakt (blöd, wenn man nur in Gebärdensprache kommuniziert), Spezialinteresse für Zahlen und Mathe, Stereotypen (Kopfzucken), keinerlei Interesse an Kommunikation oder sozialen Kontakten - also so richtig klischeehaft!

Schreibabys waren meine Jungs übrigens beide nicht. (Natürlich haben sie auch mal gebrüllt, aber nicht in besonders auffälligem Ausmaß)

Wutanfälle hat mein älterer Sohn seit einem Alter von ca. 2 Jahren. Leider sind sie bisher nicht besser sondern immer nur schlechter geworden :( . Dabei gab es schon Phasen, wo wir das Schlimmste überwunden glaubten. Aber im Moment ist pro Tag ein 45minütiger Wutanfall Minimum. Dauern kann so ein Anfall im Extremfall 90 Minuten, wenn er schon nach einer halben Stunde vorbei ist, atmen alle erleichtert auf (kann aber schon 10 Minuten später wieder losgehen).

Es wurde auch schon von einer Kinder-Neurologin ein Medikament (Risperidon) dagegen verschrieben, aber mein Mann und ich konnten uns noch nicht entscheiden, unserem 5jährigen so ein schweres, doch bewußtseinveränderndes Medikament zu verabreichen. Wenn er aber mit abgestimmten, autismusfreundlichem Verhalten und Homöopathie nicht besser wird, muss es vermutlich sein. Im Moment handeln wir uns von einem Tag zum anderen, in der Hoffnung, dass es irgendwie "von selbst" besser wird.

Was deinen Sohn betrifft ist er einfach noch zu jung, um fix was sagen zu können. Aber unabhängig davon, ob er HB, Asperger-Autist, beides oder nichts davon ist, könnt ihr erst mal abwarten und beobachten. Bei Wutanfällen habe ich bisher die beste Erfahrung damit gemacht, einfach beim Kind zu bleiben und abzuwarten, bis es vorbei ist. Also keine "Straf-"Auszeit allein in einem Zimmer, kein schimpfen wegen dem "unmöglichen" Verhalten, kein weggehen, aber auch kein trösten, beschwichtigen, diskutieren. Einfach da bleiben und abwarten.

Da dein Sohn ja auch altersmäßig in der Selbstständigkeitsphase (ist für mich passender als "Trotzalter") ist, kann durchaus sein, dass die Wutananälle in absehbarer Zeit seltener und schwächer werden. Ob und wann das der Fall sein wird, kann Dir niemand seriös sagen :fahne: .

Viele gute Tipps, die man auch bei Nicht-Autisten anwenden kann, habe ich im Buch "Einander verstehen lernen" von Angela Hallbauer und Claudio Castaneda gefunden. Vor allem bei meinem jüngeren Sohn, der ein sehr visueller Typ ist, hat visualisieren (z.B. Tagesplan an der Wand) viel Klarheit und Erleichterung gebracht.

Wegen "angemessen fördern und forden" brauchst Du Dir keine großen Gedanken machen. Kluge Kinder dieses Alters suchen sich selbst aus, was sie interessiert, und wenn man sie nicht ausdrücklich daran hindert, ihren momentanen Interessen nachzugehen, macht man schon alles richtig ;) . Wichtig ist nur, die eigenen Vorurteile, was ein Kind dieses Alters interessieren "sollte", abzulegen, und sich ganz darauf einzulassen, was das Kind selbst zeigt und will.

Alles Gute und wenn du noch Fragen hast - her damit :) !
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Kinkerlitzchen
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Re: Kurze Vorstellung

Beitrag von Kinkerlitzchen »

Hallo Koschka und Rabaukenmama,

Vielen lieben Dank, dass ihr euch so ausgiebig Zeit für meinen Beitrag genommen habt.
Da wir bei der Verwandtschaft sind und ich meinen Laptop daheim gelassen habe, halte ich mich über Pfingsten kurz und antworte dir Tage noch Mal ausführlicher.

Ihr habt mir wieder etwas Mut gemacht. Eigentlich wollte ich nur das hören bzw. lesen, was ihr mir jetzt erwidert habt... Man weiß es eigentlich selbst, dass man in dem Alter nicht viel machen und alles auch durchaus normal sein kann. Dennoch scheine ich nicht so stressresistent zu sein. Wir fahren seit einigen Tagen tatsächlich gut damit, nicht jede Kleinigkeit zu "tadeln". Dann lernt er die Feinheiten der Tischmanieren bspw. etwas später ;)
H. hat wohl auch gemerkt, dass ich seine Wutattacken nicht mehr so gut wegstecken kann, denn er ist zurzeit viel anhänglicher (im positiven Sinne) und ich soll mich auch dazu setzen, wenn er mit etwas spielen will.

Liebe Grüße
Herzliche Grüße :)
Rabaukenmama
Dauergast
Beiträge: 2953
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Re: Kurze Vorstellung

Beitrag von Rabaukenmama »

Koschka hat geschrieben:Deswegen macht euer Leben so einfach wie es nur geht. Räumt alle Kleinigkeiten, die den Alltag beschweren aus dem Weg. Überlegt drei mal, bevor ihr eurem Kind "Nein" bei den unwichtigen Dingen sagt. Reserviert dieses Wort nur für wichtige und wirklich gefährliche Situationen.
Das kann ich jetzt 1:1 unterstützen. Das schlimmste, was man bei einem ohnehin schon schwierigen, "trotzigen" Kind, welches alles selber bestimmen will, machen kann, sind ständige Machtdemonstrationen. Es gibt ohnehin immer wieder Situationen, wo man konsequent sein muss. Das im-Auto-abschnallen ist so eine Sache, die du beschreibst, die bei uns auch lange großes Thema war. Anfangs haben wir viel falsch gemacht. Auch der ältere Bruder hatte mit 2-3 Jahren so eine Phase, wo er sich gerne mal abgeschnallt hat. Da haben wir einfach klassisch "geschimpft" und erklärt, warum es wichtig ist, angeschnallt zu sein, und nach relativ kurzer Zeit war alles vorbei.

Beim jüngeren Sohn ging das nicht so einfach. Schimpfen findet er lustig, eine verärgerte Stimme hört er (da gehörlos) ohnehin nicht und eine Erklärung in Gebärdensprache muss man sich nur dann "anschauen", wenn man Lust dazu hat. Was bin ich gehüpft, wie ein Rumpelstilzchen, wenn ich auf der 15minütigen Autofahrt zu meiner Freundin 7x stehenbleiben und aussteigen musste, um mein Kind wieder anzuschnallen! Wie oft sind wir am Straßenrand gestanden und mein Kind tobte so sehr, dass anschnallen völlig unmöglich war! Und der ältere Bruder saß danaben verzweifelt in seinem Kindersitz und hielt sich die Ohren zu! Mit Öffis war es nicht viel besser! Wie oft war ich entnervt, weil mit "noch 3x Rolltreppe fahren" (aus dem dann mindestens 10x wurde) unmöglich wurde, rechtzeitig zur Logopädin zu kommen!

Aber ich habe dazugelernt. Bei Fahrten mit Öffis fahre ich mittlerweile immer 30 Minuten früher weg, als wir müßten. Dann geht sich alles locker und tiefenentspannt aus. Meistens läßt sich das so einplanen. Wenn ich schon vorher weiß, dass es zeitlich knapp wird, nehmen wir ein Taxi und ich sitze hinten neben meinem Sohn 8-) .

Auf Autofahrten haben wir in der schlimmsten Phase weitgehend verzichtet und wenn doch mal eine längere Fahrt (z.B. zu meinen 140km entfernten Eltern) auf dem Programm gestanden ist, hatten wir einen DVD-Player mit je einem Bildschirm auf den Kopfstützen von Fahrer- und Beifahrersitz. Als das Ding dann mal kaputt war hatte sich die Lage schon so weit gebessert, dass es reichte, wenn ich mich (während mein Mann fuhr) hinten zischen die Kindersitze zwängte, und dort einfach mein Kind ruhig immer wieder anschnallte, nachdem es sich abgeschnallt hatte. Mittlerweile ist Sohnemann knapp 6 Jahre alt und zumindest DIESE Phase scheint ausgestanden.

Sinnlose Machtkäpfe gibt es praktisch keine mehr. Wenn mein Kind nicht im Pyjama sondern in Jeans schafen will, darf es das von mir aus tun. Wenn es sich selbst den verdünnbaren Himbeersaft herrichten will, darf es das auch. Wir kaufen halt Plastik- statt Glasflaschen und es war nicht nur einmal alles voller Himbeersaft oder eine Flasche ist runtergefallen. Dann haben wir es eben wieder aufgewischt, was immer wesentlich weniger Aufwand war, als deshalb einen Wutanfall durchzustehen. Mittlerweile ist Sohnemann aber schon geschickt genug, dass es meistens klappt.

Wenn mein Kind Schokolade oder Gummibärli will, bekommt es meistens welche. Wir haben kleine Portionen davon und vereinbaren dann (wenn WIR nicht mehr bereit sind, mehr zu geben), BEVOR sie gegeben werden, dass es danach nichts mehr zu naschen gibt. DA müssen wir dann aber auch wirklich dabei bleiben, sonst sind wir verraten und verkauft ;) ! Es klappt auch nicht immer perfekt, aber wesentlich besser, als wenn man von Haus aus um jede Kleinigkeit verhandeln (läuft dann ohnehin auf streiten hinaus) müßte.

Natürlich gibt es immer noch Dinge, die einfach zu gefährlich sind (zum Beispiel heiße Suppe umleeren) oder die ich absolut nicht will (z.B. nur naschen und keine normalen Mahlzeiten mehr), und DA bin ich sehr konsequent und nehme auch die Wutanfälle, wenn meinem Sohn das nicht passt, in Kauf.

Was andere bezüglich Erziehung bzw. verwöhnen sagen geht mittlerweile meistens bei einem Ohr rein und beim anderen wieder raus. Großteils nehme ich es den Leuten nicht mal übel. Wenn ich nur meinen älteren Sohn hätte, würde ich auch manche "Eigenheiten" meines jüngeren Sohnes als Erziehungsfehler sehen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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