Elly95 hat geschrieben: ↑Sa 14. Okt 2023, 14:38
Danke für deine tolle Aufklärung! Die Auflistung der Symptome fand ich sehr hilfreich, so detailliert hatte ich das bislang auch noch nicht gefunden. ]
Ich kann sehr autismus-kultur.de empfehlen und im Falle unserer Schlaufüchse, dann speziell diesen Bericht:
https://autismus-kultur.de/asperger-kinder/
Das ist sehr interessant, es herrschen wohl noch echt viele Falschaussagen im Internet, leider auch auf seriösen Seiten. Da heißt es ja ständig, dass Autisten wenig Fantasie haben, keine Witze und Ironie verstehen...
Nun ja, das ist ja auch nicht falsch, nur zu einseitig

. Es ist schon des öfteren so, dass autistische Kinder (und Erwachsene) ein Problem damit haben Witze, Ironie, Doppeldeutigkeiten und Redewendungen zu verstehen. Aber WIE ausgeprägt dieses Symptom (und genau das ist es eben, es ist ein mögliches Symptom des Defizites Kommunikation. Da gibt es ja aber noch wie eben zuvor beschrieben auch andere mögliche Ausprägungen... Mein Sohn versteht wie gesagt Ironie als "Konzept" sehr gut, und auch schon sehr lang (mit 3-4 Jahren hat er das verstanden: Ironie, ist wenn man das Gegenteil von dem sagt, was man meint). ABER in einer Situation, in der jemand Ironie anwendet, versteht er das Gesagte dann oft eben nicht als Ironie! Oder er DENKT, es sei was ironisch gemeint, aber es ist ernst gemeint

. Und DAS ist meist geprägt von SEINER eigenen Meinung und GEdankenwelt. Autismus bedeutet ja im Grunde "nur" "in sich selbst" sein. Bei meinem Sohn äußert sich das so, dass er eigentlich immer von SICH ausgeht. So nach dem Motto: finde ICH etwas grade lustig, dann ist das auch für alle anderen um mich herum grade lustig. Er bemerkt DANN nicht, dass es vielleicht der ein oder andere GARNICHT lustig findet, sogar jemand beleidigt oder verletzt ist, und er kann es dann auch oft nicht glauben, dass man das jetzt nicht lustig fand. Und JA: es gibt grade wenn man Autismus googelt, sehr pauschalisierte Aussagen, die zwar nicht unbedingt FALSCH sind, aber eben sehr unvvollständig, nur EINE Seite der Medaille zeigen. Aber Autismus ist ein SPEKTRUM und kein eindeutiges "Bild", es gibt tausend mögliche Ausprägungen von Autismus. Deswegen gibt es auch den Spruch" kennst du EINEN Autisten, kennst du genau EINEN Autisten".
Mich würde interessieren, ab wann dein Sohn überhaupt Interesse an Interaktion mit anderen Kindern gezeigt hat. Bei uns ist es hauptsächlich nur ein Beobachten der Anderen und Fragen stellen, warum der oder diejenige dies oder das tut. Vom Kindergarten kam die Woche auch nochmal die Rückmeldung, dass er entweder gar nicht reagiert, wenn ein Kind ihn anspricht oder er es wegdrückt und Nein sagt. Dabei mögen ihn die anderen Kindern gern.
Mein Sohn hat bis er gut 3 war, eigentlich von sich aus keinen Kontakt zu anderen Kindern aufgenommen und sie eher als "Gegenstände" betrachtet. Und überhaupt hat er sich vorrangig für Gegenstände interessiert. WENN er also mal Interesse an anderen Kindern zeigte, dann eher wie an einem Gegenstand (geht zum Beispiel auf dem Spielplatz zu einem Kind mit tollen Locke und zieht an den Haaren

, weil die so toll aussahen ). Als er dann in den Kindergarten kam, hat er erstmal sein Ding durchgezogen (alle SACHEN angeschaut, sich auf dem Boden rumgerollt, sich im Kreis gedreht, die Erzieherinnen mit seinem Spezialthema zugelabert....), aber eben keinen Kontakt zu den Kindern gesucht. Die Kinder sind auf IHN zugekommen und seine erste Reaktion war... Ich würde es am ehesten als "verwirrt" sein beschreiben. Er wusste nicht, was er damit anfangen soll. Nach ein paar Tagen fing er dann an das Verhalten der Kinder zu "kopieren". Also lief er dann los und umarmte alle Kinder. Egal wo, egal wer, egal wann.

. Mit 3 ist das noch süß, mit 8 war das dann nicht mehr so der Knaller. Es hat lange gedauert, ihm das auch wieder "abzutrainieren" und ihm beizubringen: umarme Menschen nur, wenn du sie gefragt hast ob du darfst... Das heißt, ab ungefähr 3-4 Jahren hat er sich schon für andere Kinder interessiert, er hat auch Freunde gefunden, aber sein Sozialverhalten war eben nie wie das der anderen Kinder und ist es auch heute noch nicht. Dennoch hat er es mit der Zeit geschafft, Freunde zu finden, aber eben nicht so einfach wie andere, es war ein langer Weg und auch braucht er Hilfe, um den Kontakt adäquat zu halten (nicht zu anhänglich zu werden oder eben nicht verletztend, weil er zum Beispiel am Telefon wahrheitsgemäß sagt: ich habe keine Lust dich zu sehen, ich will lieber Fernseh schauen

)...
Auffällig finde ich, dass er entweder sehr exzessiv spielt und es dann auch ewig wiederholen möchte oder so gar nichts gut findet und nicht ins Spiel findet.
ja, das kommt mir bekannt vor. Hat er denn spezille Themen, mit denen er sich vorrangig beschäftigt (sogenannte Spezialinteressen)? Bei meinem Sohn war das ab dem Alter von 1,5 Jahren EXTREM auffällig und ist es bis heute.
Das muss dir gar nicht leid tun, ich bin dankbar für ehrliche Meinungen. Ich kenn auch von anderen Kinder, dass sie Dinge rückgängig bzw. neu machen wollen, also z.B. wenn die Mutter das Licht schon angemacht hatte, das Licht wieder ausmachen, um es selbst anmachen zu können.
ja, das ist eben die Krux. JEDES autistische Verhalten ist im Grunde "menschliches" Verhalten. Auch sogenannte Stimmings macht so gut wie jeder Mensch: ist man aufgeregt, trippelt man vielleicht aufgeregt mit den Füßen, reibt die Hände aneinender oder kaut auf einem Bleistift. Autistische Kinder sind grundsätzlich viel schneller "aufgeregt", bzw. erregt. DAHER beobachtet man bei autistischen Kindern diese "Stimmings" eben in einem sehr viel intensiveren Ausmaß´und auch nicht nur im Kleinkindalter...
Bei meinem Sohn ist die Intensität und Häufigkeit aber definitiv extremer. Aktuell ein Problem ist der Ablauf nachts. Wenn er aufwacht, schnappt er sich seinen Dino und kommt dann rüber zu mir auf die Matratze (ja nicht optimal, aber haben schon schlimmeres hinter uns, da schlafen seit Tag 1 ein Problem ist). Die letzten Nächte gab es Ausraster, da in der einen Nacht er den Dino nicht sofort gefunden hat, ich ihm helfen wollte, aber es ihn dann wahnsinnig aufgeregt hat, dass ich mich aufgesetzt hatte oder dann noch dass ich falsch lag, also seitlich, statt auf dem Rücken, wie die Nächte davor. Oder letzte Nacht hatte er wahrscheinlich schlecht geträumt hat und viel geweint und ich durfte ihn nicht trösten, weil ich auf der Matratze liegen bleiben sollte und er war dann so mit sich selbst im Konflikt, weil er getröstet werden wollte, aber eben auf seinen Ablauf bestehen musste.
Bei uns hilft es auch nicht immer Dinge wieder so zu wiederholen, wie er es möchte (machen wir auch nicht so häufig, da er auch lernen muss, dass nicht alle nach seinem Willen leben können, jedoch wenn er richtig panisch ist und ich das Gefühl habe, er kann nicht anders, schon). Wenn er schon zu überreizt ist, bringt das dann auch nichts mehr.
Wie gesagt, klingt das für mich sehr vertraut... Natürlich brauchen auch "neurotypische" Kinder Rituale, auch Kinder ohne Autismus wollen MAL, dass man was wiederholt und bekommen die Wut, wenn ein Ablauf gestört wird. Es ist die Häufigkeit und Intensität, die bei autistischen Kindern auffallend ist.Genau aus diesem Grund wird aber ZUVERLÄSSIG Autismus erst ab 4-5 Jahren diagnostiziert. Denn vorher ist das autistische Verhalten nur schlecht von normalem Kleinkindverhalten abzugrenzen...
Es tut mir echt leid, dass ihr da so einen langen Leidensweg hinter euch habt. Wie gut, dass ihr dann doch noch an die richtigen Experten geraten seid. Wie geht es deinem Sohn denn jetzt?
mir tut es auch leid, vor allem für meinen Sohn. Meinem Sohn geht es HEUTE, bzw. im Moment sehr gut. Wir haben grade die Schule gewechselt und das war vorher eine große Aufregung, viele Sorgen und FRagen (von Elternseite aus: wohin mit einem hochbegabten, aber gleichzeitig zweifach behinderten Kind??).. Wir haben die richtige Wahl getroffen mit der Schule und dort geht es ihm erstmalig in seiner gesamten SChullaufbahn richtig gut

.
Das sind bei uns auch die Gründe für seinen heftigen Ausbrüche. Normale Wutanfälle haben wir auch, die sind aber im Vergleich nichts.
der große Unterschied zwischen einem Wutanfall und einem autistischen Meltdown ist, dass, wenn der Meltdown mal da ist, er nicht einfach endet, nur weil das Kind bekommt, "was es will". Es ist eben wie eine Kernschmelze. Nicht umkehrbar. Man muss durchalten und warten bis es vorbei ist...Tipps dafür sind: reizarme, ruhige Umgebung, wenig anfassen, nicht reden, nicht schreien, da sein ohne einzugreifen.
Danke das werde ich auch tun, sollte sich das Verhalten bis zum 4. Geburtstag nicht ändern oder in nächster Zeit noch auffälliger werden.
WENN du dich entschließen solltest, dem Autismusverdacht nachzugehen, gehe bitte nicht in ein SPZ. In einem SPZ ist man ganzheitlich auf alle möglichen Entwicklungsstörungen und psychischen Erkrankungen im Kindesalter eingestellt, bedeutet aber auch, dass es meist kein tiefgehendes und detailliertes Wissen um Autismus gibt, sondern eben das "oberflächliche" Wissen um frühkindlichen Autismus! Autistische Kinder, die in den Asperger-Formenkreis fallen (die Diagnose gibt es nur bald so nicht mehr, es ist dann alles Autismusspektrum-Störung) werden dort in den allermeisten Fällen nicht erkannt. Mit einem klugen autistischen Kind sollte man in eine Spezialambulanz gehen und dort die Diagnostik machen lassen.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.