Erneutes Hallo

Einfach nur über sich und seine Kinder erzählen
alibaba

Re: Erneutes Hallo

Beitrag von alibaba »

@koschka

Ich habe sehr spät ein Instrument erlernt. Es war vorher nicht möglich. Das - warum - hatte viele Gründe, hauptsächlich die 100% fehlende Kraft meiner Eltern, da Beide Vollzeit arbeiten gingen, mein Vater im Schichtdienst. Aber das was ich wollte tat ich auch, eben erst später. Vielleicht wäre ja aus mir eine großartige Musikerin geworden - nein, wäre es nicht, wenn ich ehrlich bin. Denn wer weiß, ob ich die Übeintensität aufgebracht hätte, die dafür notwendig gewesen wäre. Das nützt Talent alleine überhaupt nichts. Ich erlernte ein Instrument also recht spät und spiele das jetzt über 35 Jahre.

Ein Musikerkollege meines Sohnes ist so alt wie mein Vater. Übrigens eine super Kombination für meinen Sohn. Auch der lernte noch viel später als ich ein Instrument und sagte vor 14 Tagen zu mir: "Wie gut, dass ich noch angefangen habe".

Daher, das was wir tun, weil wir es wollen, das tun wir mit intrinsischem Antrieb, weil wir es wollen. Vollkommen egal ob unsere Eltern all unsere Talente aus uns heraus gekitzelt haben oder, aus welchen Gründen auch immer, eben nicht.

Wenn ein Kind etwas will, dann braucht es nur die Unterstützung. Das ermöglichen. Muss man es dazu antreiben, will es das nicht wirklich. Es tut es, aber warum? Weil das Kind uns Eltern nicht enttäuschen möchte? Weil es Dich liebt, bedingungslos. Ich denke nicht, ohne deine Kinder zu kennen, das diese unglücklich sind. Hat dein Sohn zu Dir gesagt: "Mama, ich bin so unglücklich. Ich kann eigentlich spielen, bin aber nicht so zufrieden und hab deswegen keine Lust?"

Meine 12-jährige hat klar formulieren und mir gut darlegen können, warum sie jetzt statt 30 Minuten Unterricht eben 45 Minuten haben möchte. Sie sagt mir auch, warum sie etwas doof findet oder was nicht so gut klappt. Neulich sagte sie zu mir, wenn mir jemand etwas vorspielt kann ich das nur durchs Gehör nachspielen, aber muss ich die selbe Stelle vom Blatt spielen, klappt das einfach nicht. Das analysiert sie jetzt mit ihrer Geigenlehrerin. Also Kind bespricht das mit der Lehrerin, ohne Mama, der erzähle ich das nur.

Im Übrigen, ich weiß alles über Schule. Meine Zwei erzählen mir das unbefangen - täglich. Ich weiß auch jede schlechte Note. Meine fragen auch um Hilfe - wenn sie denken, dass sie sie benötigen. Ich biete auch immer Hilfe an. Aber machen, das müssen sie alleine. Klappt mit jeder Herausforderung besser und bringt mich öfter zum staunen.

Seit dem mein Großkind mal in der nächsten Großstadt sich alleine durch den Verkehrsdschungel kämpfen musste, seit dem stemmt er jede noch so große Fahrt ganz alleine. Der fragt mich nicht mal mehr, ob ich ihn denn fahren könnte. Das ihn alleine machen zu lassen, war die beste Sache, die wir machen konnten. Alleine war er dabei nie, wir waren immer virtuell bei ihm und bei Fragen gleich am Telefon.

VG
alibaba

Re: Erneutes Hallo

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben:
Kann man auf dieser Weise ordentlich Geige spielen? Ich meine nicht Jugend musiziert gewinnen, sondern so zu spielen, das man selbst und die Zuhörer ein Musikerlebnis haben und kein Pflichtvorspiel?
Ja. ;) Meine Madame spielt im Orchester. Da säße sie nicht, wenn sie es nicht könnte. Wenn sie Vorspiele hat (die immer auf freiwilliger Basis sind), hört sich das gut an und ist nicht "leichter" als die Stücke ihrer Altersgenossen. Das ist ja der Vorteil wenn man begabt ist, aus wenig viel machen zu können. So viel eben, wie man selber will. Und hinzu kommt ja noch, dass meine immer noch Unterricht auf anderen Musikinstrumenten bekommen. Da üben sie nicht mehr. Es reicht trotzdem immer für eine 1-2 beim praktischen Beitrag, die hier immerhin 1/3 der Zeugnisnote ausmacht. Und mit Sicherheit wird hier strenger bewertet, da es eine Schule mit musikalischen Profil ist. Mein Kindgroß besucht hier den Profilkurs.

Mein Kindgroß, übt auch bloß nicht, spielt zusätzlich noch im Sinfonieorchester. Da kommt man nur mit Aufnahmeprüfung rein. Man würde auch schnell wieder gehen, wenn es vom Tempo nicht machbar wäre.
Koschka hat geschrieben: PS Die Möglichkeiten eines musisches oder künstlerischen Gymnasiums, hätte ich auch gerne. Ich frage mich nur, wenn ich die Geschichten anderer Kinder aus der Klassen meiner Kinder höre, wie normal begabte Kinder dieses Zusatzprogramm schaffen.
Was hörst du denn für Geschichten? Grundsätzlich gilt für Geschichten: Es wird nie so heiß gegessen, wie es gekocht wird. ;)

VG
alibaba

Re: Erneutes Hallo

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben:Ich glaube durch mein Geschreibsel entstand der Eindruck von Mamas Söhnchen.
Deine sind keine "Mamasöhnchen". Solche sind verwöhnte Kinder. Und grundsätzlich gilt, wenn ihr alle damit klar kommt, dann macht das so, wie ihr es macht, oder du es machst. Ich bin, wie schon geschrieben, ganz weit weg, zu sagen, das oder das ist richtig oder falsch. Nur meiner Vorstellung und Einstellung entspricht das nun so gar nicht. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, bin ich überzeugt davon, dass das was man will, egal ob als Kind als Kind oder Erwachsener, egal wie begabt, wenn ich etwas will, dann mache ich es auch ohne Druck der Eltern. Sobald ich Druck benötige, ist es nicht wirklich das was ich will. Und ein Hobby sollte ich wollen. Wenn ich das als Kind erfahren habe, dann klappt das auch mit Schule besser. Also die Selbstverständlichkeit etwas anzugehen oder eben zu ändern, was ich will. Und für mich gehört das "auf die Nase fallen" eben dazu.

Meine 12-jährige spielt nicht liebend gerne Geige, das weiß ich. Aber sie weiß, das sie das braucht um ins Profil zu wechseln. Daher hat sie immer ein Minimum Anstrengungswille. Das Minimum ist, ist gehe in die Musikschule und ins Orchester. Da hat also die Verknüpfung des Verständnisses im Gehirn schon stattgefunden. Daher braucht es auch keinen Druck von Muddern. Verstehen wie es läuft und was ich dafür tun muss um mein Ziel zu erreichen ist vollkommen IQ-unabhängig.

VG
mattis
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Re: Erneutes Hallo

Beitrag von mattis »

Ich hab mich gerade mit einer Freundin getroffen, die eine inzwischen erwachsene HB-Tochter hat. Ich habe ihr von meiner Tochter und ihren HA-Schwierigkeiten erzählt. Darauf erzählte sie, dass sie in der Grundschule das meiste an Aufgaben für ihre Tochter erledigt hat.
Und meine Freundin ist eine, die ihre Kinder zu sehr selbständigen Menschen erzogen hat. Ihre dahinter stehende Frage war: Warum soll sie sich damit quälen? Es kommen spannendere Zeiten.
Mir tat diese Haltung und diese Erfahrung sehr gut.
Es ist kein "Muttersöhnchen" aus ihrer Tochter geworden, die sich in der Zwischenzeit mehrere Stipendien erarbeitet hat.
Eine entspannte und entspannende Haltung... da werde ich versuchen, mir etwas abzugucken.
alibaba

Re: Erneutes Hallo

Beitrag von alibaba »

mattis hat geschrieben: Eine entspannte und entspannende Haltung... da werde ich versuchen, mir etwas abzugucken.
Wie das bei Euch werden wird, hängt von so vielen Faktoren ab. Ich nehme mir auch immer "entspannt bleiben" vor, aber das klappt mal mehr, mal weniger gut. Auf jeden Fall kann ich mal sagen, je älter meine Kinder werden umso besser klappt das mit der Entspanntheit bei Muddern. Und wenn ich ehrlich bin, vor 10 Jahren war ich auch noch viel angespannter als heuer. Aber das liegt wohl, glaube ich, in der Natur der Sache. ;) Ich glaube auch, dass sich der Blick rückwärts verklärt. Das was gut war, behalten wir eher in den Erinnerungen und das was schlecht war oder doof lief, vergessen wir.

Gutes Gelingen beim entspannt bleiben. VG
charlotte12
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Re: Erneutes Hallo

Beitrag von charlotte12 »

Hallo mattis,
Darauf erzählte sie, dass sie in der Grundschule das meiste an Aufgaben für ihre Tochter erledigt hat.
Auch noch in Klasse 3? In Klasse 1 war das unsere Waffe gegen unsinnige bzw. schädliche Hausis. Funktionierte bestens. Ich fühle mich aber komplett überfordert damit, Schrift und Stil meiner Tochter bei Deutsch-Aufsätzen zu kopieren. Falls deine Freundin einen Tipp hat, wie man das hinkriegen kann - interessiert mich brennend :D

LG
Charlotte
alibaba

Re: Erneutes Hallo

Beitrag von alibaba »

charlotte12 hat geschrieben: Ich fühle mich aber komplett überfordert damit, Schrift und Stil meiner Tochter bei Deutsch-Aufsätzen zu kopieren. Falls deine Freundin einen Tipp hat, wie man das hinkriegen kann - interessiert mich brennend :D
Das bekommst du nicht hin. Spätestens wenn die Lehrerin Zweifel hegt, wird sie dein Kind fragen, ob das Kind selber gemacht hat. Für mich war das immer das Schwerste, mein Kind zum lügen zu animieren. Das ist ein zweischneidiges Schwert.

VG
alibaba

Re: Erneutes Hallo

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben:. Nichts gibt dem Kind mehr Kraft, Mut und Durchhaltevermögen als das Wissen, dass jemand hinter ihm steht und notfalls (!) auffängt.
Meiner Erfahrung widerspricht das. Meiner Tochter was das nichts. Sie fühlt sich überhaupt nicht gut dabei. Meine prägten diese Erfahrungen später insofern, dass sie es eben selber nicht machen (und dann entsprechend auch argumentieren warum nicht) oder eben machen. Und ich als Mutter fühlte mich auch nie wohl in meiner Haut.

VG
charlotte12
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Re: Erneutes Hallo

Beitrag von charlotte12 »


Ich fühle mich aber komplett überfordert damit, Schrift und Stil meiner Tochter bei Deutsch-Aufsätzen zu kopieren. Falls deine Freundin einen Tipp hat, wie man das hinkriegen kann - interessiert mich brennend :D

Das bekommst du nicht hin. Spätestens wenn die Lehrerin Zweifel hegt, wird sie dein Kind fragen, ob das Kind selber gemacht hat. Für mich war das immer das Schwerste, mein Kind zum lügen zu animieren. Das ist ein zweischneidiges Schwert.

VG
@alibaba: Genau so ein Szenario befürchte ich. Mein Kind würde so etwas nicht kaltschnäuzig durchstehen sondern in Tränen ausbrechen, das weiß ich. Und eines möchte ich definitiv nicht - meinem Kind beibringen, anderen Menschen eiskalt ins Gesicht zu lügen. Wobei ich seit einem erneuten Lehrerwechsel gerade wieder zusehen kann, wie mein Kind dicht macht. Mein Kind beherrscht die "Kunst", seit Jahren beherrschte Dinge durch exzessives Üben regelrecht zu verlernen. Inklusive komplettem Motivationsverlust. Und es würde sich nie trauen, ohne Hausaufgaben in die Schule zu gehen. Auch nicht mit von mir geschriebenen Hausaufgaben, sofern die nicht perfekt wie ihre eigenen aussehen. Und da ich nun mal leider kein beruflicher Urkundenfälscher bin, schaffe ich es nicht, eine Drittklässler-Handschrift perfekt nachzuahmen.
charlotte12
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Re: Erneutes Hallo

Beitrag von charlotte12 »

Der Trick deiner Eltern wird bei uns nicht funktionieren, weil mein Kind Abschreiben mindestens genauso sehr hasst wie sinnfreie Aufsätze. Ein Versuch meinerseits, ihr das Ganze zu diktieren, scheiterte daran, dass sie mit meiner Leistung überhaupt nicht zufrieden war und mich so lange ständig korrigierte, bis ICH in den Hausaufgaben-Streik trat :oops: Bin gerade leicht am Verzweifeln. Es ist so sehr abhängig von der Lehrperson. Bis zum Lehrerwechsel war alles gut, jetzt rutschen wir gerade wieder in den Teufelskreis aus viel zu viel Üben von lächerlich leichtem Stoff -> Kind verweigert -> Reaktion der Lehrperson ist: noch mehr üben lassen, denn das Kind arbeitet ja "noch" im Schneckentempo. Eine Zeitlang hat sie richtig gut kompensiert, hatte offenbar kapiert, dass es die beste Strategie ist, die Hausaufgaben möglichst schnell zu erledigen. Klappt jetzt aber nicht mehr, ich verstehe sie ja.
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