Kurzes Hallo

Einfach nur über sich und seine Kinder erzählen
Karen
Dauergast
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Re: Kurzes Hallo

Beitrag von Karen »

Thema Neid: wir hatten eigentlich bis letztes Jahr kaum eine Situation wo Leute negativ reagiert haben. Negative Reaktionen hatten wir eher wegen beziehunhsorientierte erziehung, weil das das enzige weg war in kleinkindalter ohne Schaden (für Kind und eltern) zu überleben. Andere Eltern hatten meistens mühe vorzustellen dass das Kind lieber verhungert als breiartige essen isst, kinderwagen verweigert oder um 22.00 immer noch draussen spielt weil nur 9 Stunden Schlaf völlig ausreichend sind.
Seit die Tochter aber die Klasse übersprungen hat, haben wir zunehmend mit Neid zu tun. Ich hätte damit glaube ich gut leben können. Aber ich habe ein Problem damit wenn die andere Eltern meine Tochter direkt ansprechen. So im Still: kannst du wirklich schon gut lesen? Ist das nicht zu schwer? kannst du wirklich schon schön schreiben ohne ein Jahr zu üben usw. Du kannst ja noch ein Jahr wiederholen wenn es dann doch zu viel wird... Alles nett gefragt, aber für ein Kind dass dank Kiga und überanpassung null selbstwertgefühl hat und ständig an sich zweifelt, sind solchen Fragen die immer von gleichen Eltern kommen sehr destruktiv.
Meine3
Dauergast
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Re: Kurzes Hallo

Beitrag von Meine3 »

Karen hat geschrieben:Thema Neid: wir hatten eigentlich bis letztes Jahr kaum eine Situation wo Leute negativ reagiert haben. Negative Reaktionen hatten wir eher wegen beziehunhsorientierte erziehung, weil das das enzige weg war in kleinkindalter ohne Schaden (für Kind und eltern) zu überleben. Andere Eltern hatten meistens mühe vorzustellen dass das Kind lieber verhungert als breiartige essen isst, kinderwagen verweigert oder um 22.00 immer noch draussen spielt weil nur 9 Stunden Schlaf völlig ausreichend sind.
Seit die Tochter aber die Klasse übersprungen hat, haben wir zunehmend mit Neid zu tun. Ich hätte damit glaube ich gut leben können. Aber ich habe ein Problem damit wenn die andere Eltern meine Tochter direkt ansprechen. So im Still: kannst du wirklich schon gut lesen? Ist das nicht zu schwer? kannst du wirklich schon schön schreiben ohne ein Jahr zu üben usw. Du kannst ja noch ein Jahr wiederholen wenn es dann doch zu viel wird... Alles nett gefragt, aber für ein Kind dass dank Kiga und überanpassung null selbstwertgefühl hat und ständig an sich zweifelt, sind solchen Fragen die immer von gleichen Eltern kommen sehr destruktiv.
Hallo Karen,

das finde ich auch sehr unschön und ungünstig für deine Tochter :cry: .

Im alten Kindergarten war unsere soziale Umgebung auch sehr entspannt, natürlich und normal im Umgang mit unseren Kindern, sie wurden einfach gemocht und akzeptiert, so wie sie sind. Das Thema "kognitiver Vorsprung" war hier auch nur zwischen Erziehern und uns kurz Thema, aber eher einfach als Rückmeldung:" Euer Sohn ist sehr weit entwickelt". Punkt. Weiter wurde da kein Theater drum gemacht. Das war sehr schön. Allerdings hatten wir auch mit unserem Sohn immer wieder mal merkwürdige Situationen im Alltag. Als Sohnemann in der Straßenbahn laut bis sonstwo hinzählte oder das Alphabet rauf und runter trällerte oder über Eisenbahnen fachsimpelte, mit 2,5 Jahren, hatten wir auch so Kommentare von wildfremden (meist älteren!) Menschen wie, ": Lassen sie das Kind doch Kind sein!" oder " Musst du (armes Kind) das zu Hause alles lernen?" :roll:

Bei uns war es auch so, dass wir von den Erzieherinnen im Kindergarten "vor dem Kind" angesprochen wurden: so von wegen, "das ist aber nicht gut, dass er schon so viel rechnet. DA wird er sich aber in der 1. Klasse langweilen!" oder " der rechnet ja schon mit Zehnerübergang! Übt ihr das mit ihm zu Hause??" :roll: (ja klar, ich sperre ihn in ein Kämmerlein und lasse ihn rechnen, bis der Kopf explodiert :evil:) . Mehrfach habe ich darum gebeten, das Thema nicht mehr zwischen Tür und Angel anzusprechen, sie taten es dennoch immer wieder. Für mich ist das aber weniger Neid, denn Ungläubigkeit, dass ein Kind dies aus eigenem Vermögen und WILLEN heraus kann. Mein Sohn ist auch ein sensibler, auch wenn überhaupt nicht so wirkt und natürlich hat er seine ganz eigenen Schlüsse daraus gezogen:

1. Schule ist langweilig! Mir wird da langweilig sein! ( ER kann mit Langeweile garnicht gut umgehen und hat richtiggehend Angst davor)

2. Wenn ich etwas kann, was ich noch nicht können "soll", weil es in der Schule gelernt wird, dann muss ich damit aufhören oder darf es nicht zeigen. Dass ich so viel weiß, ist "schlecht". (Das führte dazu, dass er anfing zu stottern, ein halbes Jahr nicht mehr rechnen wollte und das Thema Lesen und Buchstaben kennen vor uns versuchte zu verstecken. Er hat ein halbes Jahr komplett stagniert in der Entwicklung, auf allen Bereichen und das stottern war zeitweise wirklich schlimm..)


Auch hier war es so, dass die Erzieher es bestimmt nicht böse gemeint haben, aber es war trotzdem kontraproduktiv und wie du sagst: destruktiv.

Das ist schade. Ich hoffe, diese Eltern hören damit auf. Hast du sie darauf angesprochen? :oops:
Zuletzt geändert von Meine3 am Mo 14. Okt 2019, 10:56, insgesamt 2-mal geändert.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
alibaba

Re: Kurzes Hallo

Beitrag von alibaba »

-
Zuletzt geändert von alibaba am Do 31. Okt 2019, 15:30, insgesamt 1-mal geändert.
Meine3
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Re: Kurzes Hallo

Beitrag von Meine3 »

alibaba hat geschrieben:
Karen hat geschrieben: Seit die Tochter aber die Klasse übersprungen hat, haben wir zunehmend mit Neid zu tun. Ich hätte damit glaube ich gut leben können. Aber ich habe ein Problem damit wenn die andere Eltern meine Tochter direkt ansprechen. So im Still: kannst du wirklich schon gut lesen? Ist das nicht zu schwer? kannst du wirklich schon schön schreiben ohne ein Jahr zu üben usw.
Ist das Neid? :gruebel:

Ich kenne so etwas in der Richtung auch, würde das aber nicht als Neid interpretieren. Mir half da immer Ehrlichkeit und die Erklärung, das es nicht um das Können geht sondern nur um die Schnelligkeit. Schnelligkeit ist viel besser akzeptiert (und stimmt ja im Prinzip auch) als eben wenn ich erkläre, der kann das schon. Meistens ist es- zumindest bei uns - auch nicht so. Mein Großkind kann nicht zwangsläufig etwas vor der Erklärung. Aber es reicht ihm dann eben diese eine und es könnte schneller vorwärts gehen.
Das ist bei uns auch nicht anders.Meine Kinder können auch nichts von NICHTS. Sie sehen etwas, was sie interssiert, stellen dazu Fragen oder lernen etwas kennen und schließen dann eben schnell ihre Schlüsse daraus oder wenden es sehr schnell an, auch auf andere Gebiete. ´

Mein Sohn fragt auch:" welcher ist der größte Planet im Sonnensystem? Das denkt er sich nicht selbst aus. Aber dann weiß er es halt nach einmal fragen (bzw. vorlesen) und merkt es sich.

Es gibt aber auch so Situationen, wie das schreiben lernen bei der Tochter oder das Prinzip des Lesens (Zusammenziehen der Buchstaben) beim Sohn. Sie hat anfangs viel gefragt (wie heißt der und der Buchstabe) und irgendwann hat sie sich das durch das vorlesen selbst erschlossen. Sohn hat einfach "gewusst" wie man die Buchstaben zusammenziehen muss. Wir haben ihm das nicht erklärt. Aber sicherlich hat er sich das irgendwie erschlossen aus dem vorlesen... Nichts desto trotz kommt das auch nicht von NICHTS. Andere brauchen hier vielleicht mehr Erklärung und Anleitung, mehr Wiederholung und sehr kluge Kinder eben nicht.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Rabaukenmama
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Re: Kurzes Hallo

Beitrag von Rabaukenmama »

Meine3 hat geschrieben:
alibaba hat geschrieben: Ich kenne so etwas in der Richtung auch, würde das aber nicht als Neid interpretieren. Mir half da immer Ehrlichkeit und die Erklärung, das es nicht um das Können geht sondern nur um die Schnelligkeit. Schnelligkeit ist viel besser akzeptiert (und stimmt ja im Prinzip auch) als eben wenn ich erkläre, der kann das schon. Meistens ist es- zumindest bei uns - auch nicht so. Mein Großkind kann nicht zwangsläufig etwas vor der Erklärung. Aber es reicht ihm dann eben diese eine und es könnte schneller vorwärts gehen.
Ich weiß nicht, wer hier jemals behauptet haben soll, dass es Kinder gibt, das irgendetwas (was auch immer) "aus dem NICHTS" können oder wissen. Manches kommt scheinbar aus dem nichts, weil man als Eltern oft nicht weiß, wo ein Kind etwas her hat. Mein Sohn hat mit 6 Jahren mal im Vorbeigehen in einer Fernseh-Doku die Moais gesehen und nebenbei bemerkt "Ah, die Osterinseln!". Bis heute weiß ich nicht, woher er dieses Wissen hatte, aber mir war klar, dass es irgendwo mal eine Situation gegeben haben muss, wo er es gehört oder gelesen hat. Dasselbe ist mit Englisch-Vokabeln: keine Ahnung aus welchem englischen Wissens-Videos er sich den Sinn von den vielen Vokabeln erschlossen hat, die er kann. Aber ich bin mir sicher, dass ihm jedes Vokabel, das er kennt, mindestens 1x und vielleicht sogar öfter untergekommen ist. Bei Wissen ist völlig klar: von nichts kommt nichts!

Bei den Fähigkeiten kann es schon anders sein. Als ich in der Grundschule war hat die Lehrerin in Mathe mal was falsch erklärt und als Folge hatte die ganze Klasse beim Test die falschen Resultate. Nur bei mir war alles richtig - weil ich wie üblich die Stunde einfach vor mich hingeträumt und darum die falsche Erklärung gar nicht mitbekommen hatte. Also musste ich mir den Lösungsweg (weil die Erklärung gefehlt hat) selbst erschließen und war dabei offensichtlich erfolgreicher :mrgreen: .

Bei anderen Fähigkeiten (handwerklichen, musikalischen, sportlichen oder künstlerischen) ist es ähnlich. Mit etwas Vorkenntnissen erschließt sich manchen klugen Kindern vieles von selbst.

Mein jüngerer Sohn hat z.B. ein extrem gutes räumliches Vorstellungsvermögen, der kann sich z.B. rein mit der Logik einen anderen Nachhause-Weg erschließen, wenn der übliche mal nicht möglich ist. Er braucht keine Landkarte, keinen Kompass, keinen Plan, er weiß es irgendwie instinktiv, wie kann ich mir selbst nicht so recht vorstellen. Dieser Sohn hat sich auch mit 4 Jahren selbst erschlossen, Zahlenreihen logisch fortzusetzen oder zu ergänzen (wenn Zahlen ausgelassen werden). Sprachlich wäre er damals nicht mal in der Lage gewesen, Erklärungen zu folgen. Der ältere Bruder (damals 6) wollte dann wissen, wie der A.... darauf kommt, dass es nach 233, 231 und 229 mit 227 weitergeht. Ich habe es ihm 1x erklärt, dann konnte er es auch. Aber selbst erschlossen hat er es sich nicht ;) .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Rabaukenmama
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Re: Kurzes Hallo

Beitrag von Rabaukenmama »

alibaba hat geschrieben:
Rabaukenmama hat geschrieben:
@alibaba:

Da irrst du dich, auch ein Kind, dem zu Hause NICHT vorgelesen wird, kann auswendig lernen. Man kann auch Fernsehsendungen, Radiosendungen, Hörspiele, Lieder aus dem Radio, usw. auswendig lernen. Und auch Kinder ohne förderndes Elternhaus leben ja nicht auf einer einsamen Insel. So besuchen die meisten von ihnen einen Kindergarten, wo durchaus vorgelesen wird oder Hörspiele angehört werden und haben außerdem Kontakt zu anderen Kindern, die von sich aus mit Liedern, Gedichten oder Geschichten daherkommen, die sie von zu Hause gehört haben.
Natürlich kann man das und doch irre ich nicht. Du reißt meine Aussage aus dem Kontext. Außerdem kann ich nicht im Ausschlussverfahren ALLES aufführen was noch machbar wäre. Mir geht es darum, dass nur mit einem aufmerksamen Elternhaus die Kinder ihr Potential voll entfalten können. Das fängt gleich nach der Geburt an und hört mit erst mit 18 Jahren auf. Denn erst dann sind die Synapsen soweit verknüpft, dass das Kind selbständig ist. Ich komme wieder auf das Marburger Hochbegabtenprojekt zurück, in dem auffiel, dass Kinder die "nur" in die Hauptschule gingen um 20 IQ-Punkte gesunken waren. Also auch hier sind wir als Eltern gefragt - Aufmerksamkeit endet ja nicht nach dem Kindergarten.
Und ich denke an die us-amerikanische Studie, wo die Kinder der Unterschicht in den Kindergarten gegeben wurden. Und siehe da, auch die entwickelten sich. Leider aber nicht wie erhofft - aber immerhin. Es ist eben nicht nur damit getan ein Kind in den Kindergarten zu geben. ;)
Nein, alibaba, ich reiße deine Aussage nicht aus dem Kontext, ich relativiere sie nur. Ich stimme dir zu, dass Kinder in aufmerksamen Elternhäusern ihr Potential besser entfalten können und dass der IQ keine "fixe Größe" ist, sondern IMMER ein Zusammenspiel zwischen Genen und Umwelt.

Aber der Sohn von Mememe ist gerade mal 2,7 Jahre alt und da spielt das, was du schreibst, noch keine Rolle.

Wenn ein Kind mit der Veranlagung für einen IQ von 145 geboren wird, dann kann natürlich sein, dass dieses Kind mit 18 Jahren "nur noch" einen IQ von 135 hat, weil es nicht entsprechend gefördert wurde, die Eltern die falsche Schulwahl getroffen haben, niemand aufmerksam war, was die besondern Begabungen betraf. Ein Kind mit denselben Voraussetzungen in einem bemühten, fördernden Elternhaus hat dagen sein Potential maximal ausgeschöpft und mit 18 immer noch einen IQ vo 145. Wenn wir jetzt diese beiden Kinder im Alter von 3 Jahren vergleichen, dann ist der Unterschied zwischen ihnen so minimal, dass es nicht mal auffällt!

Daher sind deine Vergleichs-Argumente mit Berufung auf Marburger Hochbegabtenprojekt IN DEM FALL hinfällig. Wobei die unmittelbare fördernde bzw. nicht-fördernde Umgebung natürlich eine Rolle spielt. Ein hochbegabtes Kleinkind, welches nur mit Babyspielzeug spielen darf, und dem kognitv interessante Dinge verwehrt bleiben, wird sein Potential nicht zeigen, weil es einfach nicht die Möglichkeit dazu hat. So, wie ein Kind, welches an die Hand eines neben ihm langsam gehenden Erwachsenen gefesselt ist, nicht zeigen kann, wie schnell es zu laufen imstande wäre.

Kommt das unterforderte Kind aber später wieder in eine fördernde Umgebung (z.B. einen guten Kindergarten), so holt es schnell wieder auf und bekommt wieder mehr Zugriff auf das vorhandene Potential.

Dasselbe ist bei mißfits. Remo H. Largo beschreibt in seinem Buch "Kinderjahre" den Fall es Kindes Tobias. Bis 2 Jahre entwickelt er sich prächtig, bei einem deutlich überdurchschnittlichem Sprach- und Handlungs-IQ. Als er zwei Jahre ist lassen sich die Eltern scheiden und Tobias bleibt bei der Mutter, die ein halbes Jahr später an Brustkrebs erkrankt. Sie verbringt mehr als 3 Jahre großteils vim Krankenhaus, bevor sie stirbt. In der Zeit ist Tobias bei verschiedenen Pflegefamilien und in einem Heim untergebracht. Obwohl er gut behandelt wird uns sich die Pflegeeltern und Betreuer um ihn bemühen, wird er traurig und passiv und sein IQ sinkt auf ein deutlich unterdurchschnittliches Nivau. Dann, mit 7 Jahren, wird Tobias adoptiert. Er bekommt in den folgenden Jahren die notwendige Geborgenheit und Zuwendung, was sich auf sein psychisches WOhlbefinden und seine intelektuelle Leistungsfähigkeit sehr positiv auswirkt. Mit 14 Jahren sind sowohl Sprach- als auch Handlungs-IQ wieder im deutlich überdurchschnittlichen Bereich (ähnlich hoch wie in den ersten 2 Lebensjahren).

Dass Kinder allein vom Besuch der Hauptschule DAUERHAFT intelligenzmäßig sinken, halte ich schlichtweg für Quatsch. Nach deiner Bemerkung mit den -20 IQ-Punkten hätte ich tatsächlich einen IQ von 163, wenn ich NICHT in die Hauptschule gegangen wäre :lol: !

Tatsächlich kann ich mir durchaus vorstellen, dass grundsätzlich kluge Hauptschüler WÄHREND DER SCHULZEIT bei IQ-Tests schlechter abschneiden. Einerseits, weil sie in der Schule zu wenig gefordert werden und anderseits, weil in vielen Hauptschulen eine Null-Bock-Metalität erwartet wird, um zu den wirklich "coolen" peergroups dazu zu gehören. An vielen Gymnasien herrscht hingegen ein positiver Leistungs-Konkurrenzkampf wo sich gute Schüler gegenseitig dazu motivieren, das Beste aus sich herauszuholen. Gerade in der Pupertät sind Jugendliche sehr interessiert daran, die Erwartungshaltungen von Gleichaltrigen zu erfüllen.

Ich habe mit 14 Jahren für ein halbes Jahr den "polytechnischen Lehrgang" besucht, die Schule, wo man hingeht, um nach der Hauptschule sein letztes Pflichtschuljahr zu absolvieren. Da galt es als so was von "uncool" auch nur IRGEND ETWAS für die Schule zu tun. Einige Burschen aus meiner Klasse, die schon eine fixe Zusage für eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz hatten, haben miteinander konkurriert, wer es schafft, die meisten 5er im Zeugnis zu bekommen! Da ich vor dieser Schule ein halbes Jahr in einer höheren Mädchenschule war (mit guter Klassengemeinschaft und positivem Leistungsdruck), ist mir der gewaltige Unterschied wirklich extrem aufgefallen. Ich bin mir auch sicher, dass mein getesteter IQ nach 3 Monaten im "polytechnischen Lehrgang" deutlich niedriger gewesen wäre als vorher an der höheren Schule! Aber eben nicht dauerhaft!

Fakt ist aber auch, dass sogar Erwachsene mit einer geregelten Arbeit nach 3 Wochen Urlaub bei Intelligenztests ein paar Punkterl schlechter abschneiden also sonst. Aber nach ein paar Tagen Arbeit sind sie wieder dort, wo sie waren. Ich gehe sogar so weit, zu behaupten, dass ein vielschichtiger, interessanter Arbeitsplatz, wo viel selbstständiges denken und handeln erwartet wird, bei Erwachsenen, die vorher einen eintönigen Arbeitsplatz hatten, den IQ erhöht (sofern nach oben - rein genetisch - noch Potential ist). Das bemerke ich in meiner Arbeit oft an neuen Kollegen. Da sind einige dabei, die einfach gar nicht imstande sind, sich das für diesen Job nötige Wissen anzueignen, aber auch einige, die erst mal stöhnen und glauben, sie würden es "nie" schaffen, dann aber tatsächlich binnen weniger Monate das zu lernen imstande sind, was andere in 10 Jahren noch nicht begriffen haben.

Das Hirn ist in der Hinsicht mit einem Muskel zu vergleichen, der bei idealem Training bessere Leistungen bringt als bei "Nichbenutzung", wo aber die maximale Leistungsfähigkeit trotzdem genetisch vorgegeben ist ;) .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Mememe
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Re: Kurzes Hallo

Beitrag von Mememe »

Hallo,

danke für die Begrüßungen und auch für die spannende Diskussion danach.
Da sind ja einige Themen zusammen gekommen.

Schnelligkeit oder Begabung fand ich als Überlegung ganz spannend. Ich selbst konnte mit vier flüssig lesen. Aber meine Eltern haben auch (Pädagogenhaushalt) mitbekommen, dass ich Interesse daran habe und ich hatte Bücher und auch so etwas ähnliches wie ein Lernbaukasten. (Ich kann mich noch an die Bilder und Buchstaben erinnern.)
Aber das Lesen können alleine (also der technische Vorgang) war gar nicht das, was auffällig war und in den Achzigern in einer Dorfgrundschule am Ende der Welt zu Problemen geführt hat, sondern die Schnelligkeit, in der ich zum einen Lesen konnte - und das ich Informationen nur einmal lesen musste, um sie danach sinnvoll wiedergeben und benutzen zu können.
Ich habe so oft als Kind gehört: Das kannst du noch gar nicht gelesen haben in der Zeit! Du lügst. Und ich weiß, daß ich gefühlt immer ewig sitzen und in die Luft starren musste, bis die Klasse den Text gelesen hatte und es weiter ging. Heute - hoffe ich - würden Lehrer*innen anders reagieren?
Ich glaube, diese Schnelligkeit im Lesen und in der Aufnahme sind dann das, was über das durchaus geförderte Erlernen einer Fähigkeit hinaus geht.

Daher klar. Mein Sohn ist natürlich gut gefördert. Wobei ich zur Zeit eher davon sprechen würde, dass wir ihn gut mit Informationen füttern. Aber er bringt von sich aus etwas mit, was dazu führt, dass er selten satt ist. Und er macht mit den Informationen etwas, um sie zu bewegen und zu benutzen. Und das, soweit wir das gerade sehen, manchmal auf eine Art und Weise, die andere gut geförderte Dreijährige nicht machen.

Ich bin nicht so im Thema wie Ihr alle. Ich bin vielleicht etwas aufmerksamer auf die Dinge, die mein Sohn so tut, weil seine Eltern beide ihre eigenen sehr unterschiedlichen Erfahrungen damit mitbringen, "kluge" Kinder gewesen zu sein. Sowohl tolle als auch nicht ganz so tolle.

Aber hier bin ich auch vor allem, um zuzuhören und erzählen zu können und fragen zu stellen. Das mache ich gleich auch mal unter einer anderen Überschrift.

LG,

Mememe
alibaba

Re: Kurzes Hallo

Beitrag von alibaba »

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Zuletzt geändert von alibaba am Do 31. Okt 2019, 15:30, insgesamt 1-mal geändert.
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Kurzes Hallo

Beitrag von Rabaukenmama »

alibaba hat geschrieben:
Mememe hat geschrieben:
Daher klar. Mein Sohn ist natürlich gut gefördert. Wobei ich zur Zeit eher davon sprechen würde, dass wir ihn gut mit Informationen füttern. Aber er bringt von sich aus etwas mit, was dazu führt, dass er selten satt ist. Und er macht mit den Informationen etwas, um sie zu bewegen und zu benutzen. Und das, soweit wir das gerade sehen, manchmal auf eine Art und Weise, die andere gut geförderte Dreijährige nicht machen.
Das mag sein. Aber man muss eben richtig vergleichen. Wobei vergleichen eigentlich nicht der richtige Ausdruck dafür ist. Aber eine Einschätzung gelingt aktuell nur, wenn du Dir andere Kinder nimmst, deren Eltern genauso aufmerksam sind. Im Moment ist es noch zu früh um eben sagen zu können, dass dein Kind hochbegabt ist.
Da stimme ich aus bereits vorher genannten Gründen nicht zu. 2-5jährige Kinder bleiben nur dann deutlich unter ihrem Potential, wenn sie wiederholt oder ständig Streß ausgesetzt sind. Das kann z.B. durch körperliche oder psychische Gewalt, Alkohol, Drogen, psychische Erkrankungen oder sexuellen Mißbrauch in der Familie der Fall sein. Solche Erfahrungen hindern Kinder gewaltig in ihrer Entwicklung.

Aber etwas mehr oder weniger Aufmerksamkeit im Elternhaus macht in dem Alter absolut keinen echten Unterschied. Ich sehe mich z.B. als nicht besonders gut gefördertes Kind. Ich war mit 2-6 Jahren nicht in der Kleinkind-Musikgruppe, nicht im Kinderschwimmkurs, nicht im Vorschulenglisch und nicht jedes Wochenende im Museum. Da meiner Mutter zu viel Aufwand war, mir ständig vorzulesen (was ich mit 2-3 Jahren sehr häufig erwartet habe), hat sie mir 40 Pixi-Mini-Bilderbücher (damals um 1 Schilling überall erhältlich - entspricht heute 7 Cent!) auf Audio-Kasetten besprochen und sortiert in eine große Schachtel gepackt. Auf die Kasette hat sich auch raufgesprochen "umblättern" und "Kasette umdrehen". Die Bücher hat sie durchnumeriert. Innerhalb nicht mal eines halben Jahres konnte ich alle Bücher auswendig und außerdem die Zahlen von 1-40 erkennen und schreiben. Und das mit einem Aufwand (für meine Mutter) von ein Mal gut 2 Stunden :mrgreen: .

Ich konnte bei Schuleintritt (normal, mit 6 Jahren) noch nicht lesen, weil mir niemand gesagt hatte, wie die Buchstaben heißen. Aber nach 3 Monaten konnte ich es, und zwar sofort schnell und sinnerfassend. Zu Weihnachten habe ich meine ersten Bücher bekommen, die ich selbst gelesen habe. Und das waren keine "Erstlesebücher" mit riesigen Bildern und 2 Sätzen pro Seite.

Heute gibt es für Kinder ein vielfaches mehr an Möglichkeiten als damals: Etliche Kinderbücher haben einen QR-Code, mit dem man sie sich von einem Handy oder Tablett vorlesen lassen , und dabei mitblättern kann. Da braucht man nicht mal mehr einen Kasettenrekorder udn auch keine 2 Stunden einmaligen Auwand elterlicherseits. Die Tiptoi-Serie mit dem sprechenden Stift ist ebenfalls selbsterschließend und für kluge Kinder sehr interessant. Und wenn es das zu Hause nicht gibt, dann eben im Kindergarten.

Daher bin ich der Überzeugung, dass auch Kinder aus nicht speziell förderndem Elternhaus viele Möglichkeiten haben, sich kognitives "Futter" zu verschaffen. Und auch nicht speziell fördernde Eltern werden z.B. antworten, wenn das Kind beim Eingang vom Bäcker ein Schild mit den Öffnungszeiten sieht und fragt "Was steht denn da?". Sie werden nicht gleich loslaufen und "Ich lerne lesen!"-Spiele kaufen, sie werden auch keine Plakate mit Buchstaben malen und am Tablett des Kindes Apps zum lesen-lernen runterladen. Aber wenn ein kluges Kind von sich aus lesen lernen WILL ist das auch gar nicht notwendig. Es wird sich dir Basis-Infos (wie die Buchstaben heißen) erfragen und den Rest selbst erschließen.

Vielleicht wird sich bei einem nicht so gut geförderten hochbegabten Kleinkind eine musikalische Begabung erst später erschließen, vielleicht wird sein Allgemeinwissen mehr Lücken haben, aber in alltäglichen Situationen wird es keinen Unterschied zum hochbegabten, bestgeförderten Kind geben. Hochbegabte Kinder sind einfach "schneller im Kopf" als durchschnittlich begabte. Ob sie das immer und in jeder Situation auch ZEIGEN steht auf einem anderen Blatt Papier.

Gerade hochbegabte UND sozial kompetente Kinder neigen oft dazu, sich "nach unten" anzupassen, um nicht so aufzufallen. Mit 2 Jahren ist das noch kaum der Fall, mit 4 oder 5 aber durchaus. Da kann sogar sein, dass Kinder bereits erworbene Fähigkeiten (scheinbar) wieder "verlernen", weil sie bemerkt haben, dass andere Kinder das noch nicht können und dass es anderen (Kindern und Erwachsenen) oft Reaktionen auslöst, die dem Kind unangenehm sind.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
alibaba

Re: Kurzes Hallo

Beitrag von alibaba »

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Zuletzt geändert von alibaba am Do 31. Okt 2019, 15:31, insgesamt 1-mal geändert.
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