Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Einfach nur über sich und seine Kinder erzählen
Bliss
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von Bliss »

Klar kannst du das. Wenn deren Verhalten so schlimm ist, würdest du sie vermutlich auch wenn du ihnen die Hochsensibiltät abnimmst noch unsympathisch finden. Auch unter Hochsensiblen, Autisten, ADHSlern oder sonst wie von der Norm abweichenden gibt es welche, für die man trotz Kenntnis der Diagnose keine Sympatie empfindet.


Ich hab da einfach nur Parallelen hierzu gesehen.
Rabaukenmama hat geschrieben:
Was die Qualität der Diagnsotik betrifft: ich habe vor über 5 Jahren den Fehler gemacht, die Diagnose einer total unfähigen KJP in einem SPZ zwar als lauthals überall als falsch anzuprangern (was mit alle, die meinen Sohn damals kannten, bestätigt haben), aber trotzdem ihren kategorischen Ausschluß von ADHS und Autismus für bare Münze zu nehmen. Rückblickend LEIDER bin ich der Sache dann nicht weiter nachgegangen, vermutlich auch, weil die krassesten Auffälligkeiten dann doch langsam aber sicher von selbst besser geworden sind. Wir waren zwar nicht untätig, haben Eltern-Coaching und psychologische Eltern-Beratung für uns wahrgenommen, aber keine weitere Diagnostiken machen lassen. Dadurch haben wir viel Zeit verloren, nicht so sehr für Hilfen in der Schule oder im Hort, sondern in allererster Linie für uns selbst. Denn in der ganzen Zeit habe ich die Besonderheiten meines Sohnes nicht als Störung sondern abwechselnd als Charakterfehler seinerseits bzw. Erziehungsfehler unsererseits gesehen. Und entsprechend habe ich manchmal zu mild und manchmal zu streng agiert, ohne zu wissen, womit ich es tatsächlich zu tun haben.
Rabaukenmama
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von Rabaukenmama »

Bliss hat geschrieben:Klar kannst du das. Wenn deren Verhalten so schlimm ist, würdest du sie vermutlich auch wenn du ihnen die Hochsensibiltät abnimmst noch unsympathisch finden. Auch unter Hochsensiblen, Autisten, ADHSlern oder sonst wie von der Norm abweichenden gibt es welche, für die man trotz Kenntnis der Diagnose keine Sympatie empfindet.


Ich hab da einfach nur Parallelen hierzu gesehen.
Rabaukenmama hat geschrieben:
Was die Qualität der Diagnsotik betrifft: ich habe vor über 5 Jahren den Fehler gemacht, die Diagnose einer total unfähigen KJP in einem SPZ zwar als lauthals überall als falsch anzuprangern (was mit alle, die meinen Sohn damals kannten, bestätigt haben), aber trotzdem ihren kategorischen Ausschluß von ADHS und Autismus für bare Münze zu nehmen. Rückblickend LEIDER bin ich der Sache dann nicht weiter nachgegangen, vermutlich auch, weil die krassesten Auffälligkeiten dann doch langsam aber sicher von selbst besser geworden sind. Wir waren zwar nicht untätig, haben Eltern-Coaching und psychologische Eltern-Beratung für uns wahrgenommen, aber keine weitere Diagnostiken machen lassen. Dadurch haben wir viel Zeit verloren, nicht so sehr für Hilfen in der Schule oder im Hort, sondern in allererster Linie für uns selbst. Denn in der ganzen Zeit habe ich die Besonderheiten meines Sohnes nicht als Störung sondern abwechselnd als Charakterfehler seinerseits bzw. Erziehungsfehler unsererseits gesehen. Und entsprechend habe ich manchmal zu mild und manchmal zu streng agiert, ohne zu wissen, womit ich es tatsächlich zu tun haben.
Da sehe ich keine Paralellen. Das eine ist mein Kind, das andere sind Personen, mit denen ich aus genannten Gründen möglichst wenig zu tun haben will. Möglich, dass ich ihnen unrecht tue, indem ich die Selbsteinschätzung "hochsensibel" nicht glaube, ok! Aber ich habe auch keinerlei Motivation, durch nachfragen herauszufinden zu wollen, ob diese Frauen doch hochsensibel sind, weil es auch an meiner Einstellung zu ihnen nichts ändern würde. Mein Kind hingegen liebe ich, da will ich auch wissen, was mit ihm "los ist" und da bin ich auch bereit, an mir und meiner Einstellung zu arbeiten, um mit seinen Besonderheiten besser zurecht zu kommen.

Übrigens bin ich einer der Frauen erst gestern im Freundeskreis begegnet und ich war froh, dass sie mich nicht angesprochen hat. Eine Freundin in der Runde, die ich selbst als hochsensibel einschätze, ist sogar extra früher gegangen, weil sie beim letzten Treffen von dieser Frau total niedergequatscht worden ist (nur schimpfen auf Dritte!), ohne sich abgrenzen zu können. Die hatte echt Angst, wieder in so eine Situation zu kommen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Bliss
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von Bliss »

Die Parallele, die ich sah ist die, dass dein Sohn vermutlich auch oft in der falschen Schublade steckt.
Rabaukenmama
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von Rabaukenmama »

Bliss hat geschrieben:Die Parallele, die ich sah ist die, dass dein Sohn vermutlich auch oft in der falschen Schublade steckt.
Ja, das stimmt! Aber ich SAGE den Frauen nicht, dass ich ihnen ihre Hochsensibilität nicht abnehme, die nicht mal eine Diagnose sondern schlichtweg eine (korrekte oder falsche) Selbsteinschätzung ist, während ich bei meinem Sohn immer wieder mit offen ausgesprochnen Zweifeln an den gesicherten Diagnosen konfrontiert werde. Sicher ist die Zahl derer, die die Diagnosen nicht glauben und es NICHT aussprechen noch höher, aber damit setze ich mich nicht auseinander. Und auch, wenn die Zweifel ausgesprochen werden, arbeite ich daran, nicht irgenwelche Rechtfertigungen und "Beweise" vorzubringen, sondern einfach damit zu leben, dass es eben nicht geglaubt wird.

Im Gegensatz zu Hochsensibilität ist ja ADHS noch deutlich klischeebehafteter weil da ziemlich viele Menschen generell der Ansicht sind, dass es das "gar nicht gibt" sondern ein Trick der Pharmaindustrie ist um Kinder von erziehungsunfähigen Eltern mit Medikamenten zuzudröhnen. Diese Einstellung ist weit verbreitet und völlig unabhängig davon, ob mein Sohn die Diagnose jetzt hat, oder nicht. Und dann bin vor allem ich in der Schublade drin, obwohl mein Sohn gar keine Medis bekommt (wir haben es zwar probiert, aber wegen Nichtwirkung oder Nebenwirkungen schnell wieder bleiben gelassen). Aber damit (selbst in der Schublade zu sein) kann ich ziemlich gut leben :mrgreen: .

Auch an Autimus wird oft gezweifelt, wenn wer nicht wie rain man durch die Gegend läuft. Aber da sehe ich es auch nicht als meine Aufgabe an, allen Leuten zu erklären, was jetzt autistisch ist und was nicht ;) . Was mir hingegen nach wie vor manchmal weh tut ist die häufige Annahme, mein jüngerer Sohn wäre geistig behindert. Da hatte ich auch eine Phase, wo ich erklärt und gerechtfertigt habe, und dann kamen nur mitleidige Blicke die Bände ("Die arme Mutter will es nicht wahr haben!") sprachen :twisted: . Auch hiermit habe ich aber mittlerweile zu leben gelernt, obwohl das von allem am schwersten für mich ist.
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Hope
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von Hope »

Nach allem was ich bisher über Autismus gelernt habe und über Hochsensibelität aus eigener Erfahrung weiß, sehe ich bis auf die Reizfilterschwäche eher Unterschiede ,wenn nicht sogar Gegensätze, als Gemeinsamkeiten. Ich weiß nicht mehr wer was geschrieben hat und die Zitierfunktion ist übers Handy so mühsam, darum lasse ich das jetzt weg. Aber darauf wollte ich doch noch kurz eingehen, auch wenn das offtopic ist.
Folgende "Beschreibung" von der website autismus-kultur.de finde ich ganz treffend:

Eine neurologische Besonderheit, verbunden mit Schwierigkeiten
-in der sozialen Interaktion
-der sozialen Kommunikation und
-dem sozialen Verständnis
[Hochsensible haben in sozialen Bereichen keine Schwierigkeiten, im Gegenteil, sie erfassen intuitiv recht leicht die Emtionen und Absichten des anderen. Sie sind nicht selten Anlaufstelle für Menschen mit Sorgen und üben soziale Berufe aus. Autisten lernen das bestenfalls über Logik und Erfahrung. Wir ecken im sozialen Bereich ab und zu vielleicht an, weil wir andere mit tiefergehenden Themen überfordern oder wenn Menschen unseren Rückzug (wegen Überreizung) als Desinteresse oder gar Ärger deuten. ]

sowie…


-einer abweichenden Wahrnehmungsverarbeitung [hs ähnlich]
-ungewöhnlichen Denkweisen und Problemlösungen [nicht typisch für hs]
-intensiven, oft sehr speziellen Interessen (“Spezialinteressen”) [hs sind eher vielseitig interessiert]
-atypischen, manchmal repetitiven Bewegungen (Stereotypien) [nicht typisch für hs]
und
-einem Bedürfnis nach Routinen und Beständigkeit. [das mag auf einen Teil zutreffen, da hs sich im Idealfall Alltag und Umgebung reizarm gestalten und weniger Veränderung=weniger Reize]

So und jetzt bin ich gespannt was du Rabaukenmama dazu sagst mit deinen Autismus Erfahrungen im Gepäck ;)

Zurück zum Topic.
Wir haben diese Woche die Schulanmeldung hinter uns gebracht und Sohnemann hat die Eignungsprüfung oder wie man das nennt in einer Gruppe von vier Kindern mit Bravour gemeistert. Er wurde als schlaues, aufgewecktes und sehr aufmerksames Kerlchen wahrgenommen. Ich hab insgesamt ein gutes Gefühl und kann momentan nur hoffen dass es sich alles gut entwickelt. Zuhaus und im KiGa haben wir trotzdem den Ärger, die Wut und die Provokationen und ich muss sagen dass ich die letzten Wochen echt erschöpft bin (deswegen melde ich mich erst jetzt). Ich lese zur Zeit das Asperger Handbuch von Attwood, in manchen Dingen erkenne ich ihn total, in anderen wiederum gar nicht. Am schwierigsten ist es weil ich nicht vergleichen kann, zB ist das Ärmelkauen noch normal altersbedingt oder ist das schon eine Stereotypie?!
Wir warten die kommenden Beratungsgespräche ab aber ich fürchte um einen Termin beim KJP komme ich nicht Drumherum. :?

Müde Grüße
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sinus
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von sinus »

@hope: Darüber habe ich mir auch schon den Kopf zerbrochen, wie es sein kann, dass es - zumindest bei Asperger und Hochsensibilität - so viele Ähnlichkeiten gibt, aber ausgerechnet bei der Verarbeitung sozialer Reize plötzlich völlig gegenteilige "Symptome" (Effekte) zu finden sind.
Ich könnte mir vorstellen - Achtung, das ist jetzt alles nur wilde Theorie - , dass das evtl. am sozialen Lernen in den sensiblen Phasen in der Kindheit liegt.
Ein hochsensibles Kind macht vielleicht trotz seiner intensiven Wahrnehmung viele soziale Erfahrungen und lernt in den sensiblen Phasen, in denen da wichtige Entwicklungsschritte stattfinden, trotzdem alles wichtige, was es in dem Bereich lernen muss.
Ein autistisches Kind (im Spektrumsbereich Asperger) hat dagegen vielleicht so starke Empfindungen/Wahrnehmungen, dass es sich lieber zurückzieht, um sich vor den intensiven Reizen und Erfahrungen zu schützen und ihm fehlen dann darum schlicht wichtige Lernerfahrungen in dem Bereich?
Lernerfahrungen, die sich in der Hirnentwicklung dann bemerkbar machen und schwer/kaum nachholbar sind.
Wie wichtig die frühkindlichen Phasen sind, ist ja unbestreitbar. (siehe Extrembeispiel Kaspar Hauser bzw Langzeitfolgen sozial vernachlsässigter Kinder )

In den beiden Büchern, die ich zuletzt gelesen habe (Tammet/Markram) scheint es, als wenn die beiden Autisten, um die es da geht, im Erwachsenenalter ein relativ normales Leben führen können... In beiden Büchern ist davon die Rede, wie wichtig die Geschwister für die Kinder waren und dass sie sich bei ihnen viel abgeschaut haben. Da fand soziales Lernen wohl in kleinem, geschützterem Rahmen statt.
Da könnte ich mir vorstellen, dass das sie wichtige Rolle gespielt hat für die letztendlich positive Entwicklung der Betroffenen.

Bei meiner Großen beobachte ich im Übrigen auch, dass sie sowohl total empathisch, als auch total unempathisch sein kann.
Sie reagiert bspw extrem auf meine Stimmungen und erträgt es kaum, wenn ich (selbst wenn es nur im Spaß ist!) irgendwie leide.
Wenn ich z.B. so tue, als weine ich gleich, weil mir beispielsweise was schief gegangen ist (das mache ich manchmal spaßhaft, ironisch gemeint), dann windet sie sich förmlich in Schmerzen, schaut weg und fleht, ich solle bitte aufhören, sie erträgt das nicht und wird sauer.
Meine Kleine dagegen lacht eher darüber. (Was meiner Meinung nach die normale/zu erwartende Reaktion ist)
Von den Reaktionen her scheint meine Kleine insgesamt sehr viel empathischer zu sein, als die Große.
Sie würde bspw ein Kind, was sich weh getan hat, sehr wahrscheinlich trösten, die Große nicht. Hat sie noch nie gemacht sowas. Sie zieht sich dann lieber zurück oder organisiert Hilfe etc. Nie würde sie hingehen und trösten.
Trotzdem habe ich den Eindruck, dass die Große tw sehr viel mehr und intensiver mitfühlt, WENN SIE SICH DRAUF EINLÄSST, was sie nicht immer tut/tun kann.

Also ich finde jedenfalls nicht, dass die Unterschiede zwingend auf verschiedene Ursachen der Besonderheiten ASS(Asperger)/HS hinweisen müssen.
Es könnten auch nur verschiedene Symptome sein, die auf unterschiedliche Erfahrungen/bzw ein Mangel an wesentlichen Erfahrungen in dem Bereich zurückgehen...?
(Ganz simples Beispiel: wie sollte ein Mensch in der Mimik eines anderen lesen können, wenn er nie hingeschaut hat?)
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
charlotte12
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von charlotte12 »

Die Theorie mit der fehlenden Erfahrung erinnert mich an eine Präsentation im Netz, die ich zufällig kürzlich gelesen habe, nicht über das Kleinkindalter sondern über die Pubertät - dass in der Pubertät soziale Erfahrungen mit Gleichaltrigen sehr wichtig seien, um sozial-emotional zu reifen, und dass sich bei autistischen Jugendlichen ohne Freunde durch das Fehlen dieser Erfahrungen in der Pubertät der Abstand in der sozial-emotionalen Entwicklung zu Gleichaltrigen oft vergrößert. Dass die üblichen Pubertäts-Quereleien bei autistischen Jugendlichen oft komplett ausfallen, sie also in dieser Phase verhältnismäßig pflegeleicht sind. Dass die Erfahrungen mit Gleichaltrigen in der Pubertät bei Erwachsenen dann aber überall als selbstverständlich vorausgesetzt werden, was bei autistischen Menschen zu Problemen im Beruf führen kann, ohne dass einem der Beteiligten überhaupt bewusst ist, woran genau das hängt. - Ich hoffe, ich schreibe hier nichts grob Falsches, bin auf dem Gebiet kompletter Laie, fand die Präsentation aber sehr interessant.
Meine3
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von Meine3 »

Hochsensible haben in sozialen Bereichen keine Schwierigkeiten, im Gegenteil, sie erfassen intuitiv recht leicht die Emtionen und Absichten des anderen. Sie sind nicht selten Anlaufstelle für Menschen mit Sorgen und üben soziale Berufe aus. Autisten lernen das bestenfalls über Logik und Erfahrung. Wir ecken im sozialen Bereich ab und zu vielleicht an, weil wir andere mit tiefergehenden Themen überfordern oder wenn Menschen unseren Rückzug (wegen Überreizung) als Desinteresse oder gar Ärger deuten.

Hallo Hope,

Entschuldige bitte, aber das ist ein WEIT verbreitetes Vorurteil, dass Hochsensible keine Probleme in sozialen Bereichen haben. Da muss ich deutlich widersprechen. Die allermeisten HSP wurden in ihrer Kindheit gemobbt oder geschnitten, wurden oder werden als "zu empfindlich" wahrgenommen, im Berufsleben ist hochsensibel zu sein wahrlich auch kein Zuckerschlecken. Ich gebe dir Recht, dass HSP oft in sozialen Berufen zu finden sind und das viele HSP auch Emotionen gut erkennen (auch die Beweggründe dahinter), als Kummerkasten fungieren und gute Zuhörer sind. Aber so einfach ist das nicht ;), das ist zu "schwarzweiß" betrachtet .

Je nachdem wie ein HSP über die Hochsensibilität hinaus "gestrickt" ist, kann sich die Hochsensibilität auch ganz anders auswirken. ALLE HSP, die ich kennen gelernt habe, haben Schwierigkeiten in sozialen Bereichen (gehabt), jeder aber auf andere Art und Weise. Nicht wie Autisten, dass die Ursachen der Gefühle und Emotionen, bzw. sogar die Emotionen selbst nicht deuten können, DAS können HSP in der Regel sehr gut.

ABER: bedingt durch ihre hohe Sensibilität ÜBERinterpretieren HSP oft Gesichtsausdrücke, Gestik oder auch Gesagtes. Das kann sehr wohl auch zu Missverständnissen führen und dies zu Kommunikationsschwierigkeiten. Man liest ständig zwischen den Zeilen, auch wenn vielleicht nichts da steht 8-), man reagiert eventuell oft zu stark auf etwas oder jemanden, und für die Außenstehenden ist nicht klar, warum so starke Gefühle ausgelöst wurden. Gerade in der Interaktion mit geliebten Menschen oder auch im Schul- und Berufsleben, wo man auf Menschen trifft, mit denen man normalerweise eher nicht verkehren würde, denen man dann aber nicht aus dem WEg gehen kann, kann das problematisch sein. Wenn man als HSP als Therapeut arbeitet, so muss man sich vorher sehr gute Strategien erarbeiten, die Gefühle und Probleme der Klienten nicht ZU nah an sich heranzu lassen. Übrigens für mich DER Grund, warum ich nicht Psychologie studiert habe. Mir fällt es schwer emotionale Distanz zu bewahren. Du kannst als HSP ein herausragender Therapeut oder Sozialarbeiter sein, denn du hast so viele Fähigkeiten, die in diesem Beruf sehr hilfreich sind, jedoch bergen genau diese Fähigkeiten auch die Gefahr, sich zu sehr von seiner Arbeit einnehmen zu lassen.

Oder ein anderes persönliches Beispiel: Als Kind habe ich sehr schnell geweint und zwar nicht nur, wenn ich traurig war. Zum Beispiel habe ich losgeweint, wenn meine Mutter spontan laut rausgelacht hat :oops:, das war jedes Mal so eine Art Vulkanausbruch für mich und es hat mich einfach wahnsinnig erschrocken, auch wenn ich sehr wohl wusste, dass es etwas positives ist zu lachen, wirkte es oft aus Außenstehende sicher so, als würde ich nicht "verstehen" warum meine Mutter lacht oder würde eben nicht angemessen reagieren.

Es passiert jetzt auch regelmäßig (leider :oops: ), dass ich bei zu starker akkustischer Belastung (und das passiert in einem Haushalt mit 3 Kindern im Alter von 2-7 sehr schnell) innerlich SEHR aggressiv werde, weil es mich einfach zu stark belastet. DAs ist dann wie eine Sicherung, die durchbrennt, weil sie überlastet war. Früher bin ich in solchen Situationen auch selbst oft genug ausgerastet oder hab das weinen angefangen und konnte mich dann auch schwer wieder beruhigen. Jetzt ziehe ich mich schnell zurück (in ein anderes Zimmer) oder halte mir kurz die Ohren zu und mache kurz ein paar Pranayamas (Atemübungen Yoga), je nach Situation. Situationen, in denen ich der akkustischen Belastung nicht aus dem Weg gehen könnte, meide ich weitestgehend GANZ.

Oder aber es gibt HSP, die SO überfordert mit der Reizaufnahme sind, dass sie die ganzen Reize, die auf einen einstürmen, wenn man jemandem aufmerksam zuhört (Mimik. Gestik, Intonation, Lautstärke, eventuell noch Hintergrundgeräusche oder ein unruhiges Umfeld in visueller Hinsicht) quasi abschirmen. Manche HSP vermeiden daher z.B. Augenkontakt (schon mal ein Reiz weniger), wieder andere halten sich "innerlich" gar die Ohren zu oder auch äußerlich ;), wenn etwas zu emotional wird (eine Freundin von mir macht das, wenn die Stimmung ungut wird), andere fangen selbst an zu reden, ununterbrochen, so dass der andere nicht zu Wort kommt. So tut es meine Mutter und sie ist recht sicher hochsensibel, ist aber die schlechteste Zuhörerin weit und breit, wirkt ich-bezogen, unsensibel und manchmal wie "abwesend", redet zwanghaft und unterbricht ständig. Ich kenne sie jedoch gut genug, um zu wissen, dass es ihr ganz und gar nicht egal ist, wie andere fühlen, dass sie es nicht "nicht" sieht, sondern dass es ihr oft zu viel ist.

Nun zu den scheinbaren Gegensätzen zwischen HSP und Autisten:

Stellen wir uns nun einmal vor, dass diese Reizfilterschwäche NOCH um ein vielfaches mehr ausgeprägt wäre als bei einer HSP, die ja nun eh schon um einiges sensibler ist als der neurotypische Kollege von nebenan. Wie könnte sich das im Verhalten auswirken? Ich lande hier bei einigen Verhaltensweisen, die man Autisten zuschreibt (ja, ich weiß, es triftt nicht auf jeden Autisten zu ;) ), wie beispielsweise extreme Wutausbrüche, Tics, Echolalie und repetierende Bewegungen, wie hin und her wiegen bei Aufregung etc.

Noch dazu, so meine ganz eigene Vorstellung, ist das ein fließender Übergang, ein Spektrum eben. Ebenso wie bei der Intelligenz, bei der ads Spektrum von geistig zurück geblieben, über Lernschwach bis hin zu normal begabt, überdurschnittlich, hoch- und höchstbegabt geht... So geht die "Sensibilitätsskala" (in meiner Vorstellung) von den gänzlich unsensiblen Menschen (diese könnten dann zum Beispiel auch psychische Störungen haben oder Soziopathen sein) über die normal sensiblen, bis zu den überdurchschnittlich-hochsensible Personen und der Autist ist die höchstsensible Person, die es sehr selten gibt, und wo es pathologisch wird, eben wirklich eine Wahrnehmungsstörung IST, wo es vorher lediglich eine Abweichung (schwächer oder stärker) von der Norm war....

Natürlich ist das kein FAKT, aber eine Theorie, die ich doch sehr interessant finde.

So komme ich auch zu Sinus'Aussage:
Ein hochsensibles Kind macht vielleicht trotz seiner intensiven Wahrnehmung viele soziale Erfahrungen und lernt in den sensiblen Phasen, in denen da wichtige Entwicklungsschritte stattfinden, trotzdem alles wichtige, was es in dem Bereich lernen muss.
Ein autistisches Kind (im Spektrumsbereich Asperger) hat dagegen vielleicht so starke Empfindungen/Wahrnehmungen, dass es sich lieber zurückzieht, um sich vor den intensiven Reizen und Erfahrungen zu schützen und ihm fehlen dann darum schlicht wichtige Lernerfahrungen in dem Bereich?
Lernerfahrungen, die sich in der Hirnentwicklung dann bemerkbar machen und schwer/kaum nachholbar sind.
Wie wichtig die frühkindlichen Phasen sind, ist ja unbestreitbar. (siehe Extrembeispiel Kaspar Hauser bzw Langzeitfolgen sozial vernachlsässigter Kinder )

Die ich so auch absolut nicht abwägig finde. Wobei ich denke, dass es nicht allein durch das "zurückziehen" erklärt werden kann, dass Autisten nicht von sich aus (ohne Übung) in der Lage sind Emotionen richtig zu deuten (zu interpretieren, bzw. deren Ursache zu erkennen). Es ist meiner Meinung nach vielmehr ein innerliches, extremes "abschotten" und "verdrängen" und dadurch nicht mehr wahrnehmen KÖNNEN, was dazu führt, dass Autisten unempathisch wirken oder es gar in dem ein oder anderen Fall sind.



Du schreibst weiter:
-einer abweichenden Wahrnehmungsverarbeitung [hs ähnlich]
JA, das stimmt
-ungewöhnlichen Denkweisen und Problemlösungen [nicht typisch für hs]
ich würde sagen, dass HSP oft ungewöhnliche Denkweisen und Problemlösungen haben/finden.
-intensiven, oft sehr speziellen Interessen (“Spezialinteressen”) [hs sind eher vielseitig interessiert]
Das stimmt nicht. Mein Spezialinteresse als Kind war malen. Ich habe gemalt, bevor ich gesprochen habe!! Und zwar auf hohem Niveau und weit überdurchscnittlich im Vergleich zu Gleichaltrigen 2jährigen. Ich habe übrigens sehr spät gesprochen (Autisten sprechen oft in ihrer Kindheit nicht oder nur wenig, wie beispielsweise Daniel Tammet), dann aber sehr plötzlich ganze Sätze und grammatikalisch korrekt. Das Malen war und ist immer ein sehr wesentlicher Bestandteil meines Lebens (gewesen) und für mich eine Art zusätzlicher Kanal mich auszudrücken, zu kommunizieren. UND es war der 1. Kanal, den ich als Kommunikationsweg gewählt habe. Ich bin darüber hinaus auch vielseitig an anderen Dingen sehr interessiert, z.B. auch an Sprachen, aber das eine schließt das andere nicht aus.
-atypischen, manchmal repetitiven Bewegungen (Stereotypien) [nicht typisch für hs]
nicht unbedingt "typisch" für HSP, aber es kommt durchaus vor.

-einem Bedürfnis nach Routinen und Beständigkeit. [das mag auf einen Teil zutreffen, da hs sich im Idealfall Alltag und Umgebung reizarm gestalten und weniger Veränderung=weniger Reize]
Das trifft meiner Meinung nach nicht nur auf einen Teil der HSP zu, sondern auf ALLE. Und wenn etwas von der Routine abweicht, dann bitte mit rechtzeitiger Ankündigung ;).
So und jetzt bin ich gespannt was du Rabaukenmama dazu sagst mit deinen Autismus Erfahrungen im Gepäck ;)
Ich bin keine Spezialistin in Sachen Autismus, aber mit HSP kenne ich mich aus :fahne:...
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Hope
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von Hope »

Hallo meine3,

Ich weiß was du meinst und natürlich ecken hs an, weil sie überinterpretieren, weil sie vielleicht ausrasten oder sich sonst irgendwie daneben benehmen, weil sie sich zurückziehen und der gegenüber versteht nicht wieso, absolut. ABER das liegt ALLES darin begründet dass sie Reize nicht oder schlecht filtern können - und entsprechend reagieren. Siehe deine Beispiele. Und wenn sie dafür gemobbt wurden (ich zB wurde es nicht und wurde in meiner Sensibilität immer angenommen, hab aber auch aehr früh gelernt mich anzupassen, diese Kompensation war ungesund aber gut das ist eine andere Geschichte), kann man das vielleicht auch "soziales Problem" nennen. Die Ursachen sind aber völlig verschieden.

Autisten sind aufgrund eines 'Programmierungfehlers' im Gehirn zu vielen Dingen im sozialen und kommunikativen Bereich gar nicht erst fähig, sie haben die Intuition die wir NTs haben gar nicht erst und werden sie niemals haben. Sie lernen bei entsprechender Intelligenz durch Imitation, try&error, Erfahrung und Logik. Deswegen wirkt deren Verhalten oft auch unangebracht und 'roboterhaft',sie erspüren nicht dass genau diese Situation ein anderes als das antrainierte Verhalten erfordert.

Darum bin ich auch der Meinung dass ein Autist als Autist geboren wird und es nicht wird weil ihm die Lernerfahrungen fehlen weil er sich aufgrund der Reizüberflutung so stark zurück zieht. (Ich bin nicht sicher ob ich dich @sinus da richtig verstanden habe). Natürlich fehlen ihm die Erfahrungen, er zieht sich ja zurück, nicht nur wegen der Reize sondern weil dieae Welt und NT ihn schlichtweg überfordern und er sich völlig fremd und alienhaft vorkommt. Darum ist es ja so wichtig dass man um diese Andersartigkeit weiß und entsprechend fördern und unterstützen kann. Denn ein Autist kann nunmal nicht von dieser Welt fiehen und muss lernen in ihr irgendwie zurecht zu kommen ohne sich selbst zu verlieren.

Natürlich handelt es sich sowohl bei der Hochsensibelität als auch beim ASS um ein Kontinuum und es kommen noch zig andere Dinge hinzu,die jeden ob NT oder Autist, hs oder nicht, individuell sein lassen. Ich sehe da aber wie manche und vielleicht auch wie du, keine 'Nachbarschaft' a la 'wo Autismus aufhört fängt Hochsensibilität an'. Dafür sind die entscheidenden Kriterien zu gegensätzlich.

Was die Interessen betrifft kann ich mich nur auf die hs beziehen die ich kenne. Denen geht es wie mir, dass sie oft so viele Interessen haben dass sie denken ein Leben reiche dafür nicht aus :D . Im Buch zart besaitet beschreibt der Autor dass hs typischerweise ihr Leben lang besonders lernfähig und vielseitig interessiert bleiben. Das kann ich in Bezug auf mich(bisher, so uralt bin ich ja noch nicht :mrgreen: ) und die hs die ich kenne bestätigen.

Da wo Autisten und hs im Verhalten Ähnlichkeiten zeigen ist es meiner Meinung nach auf die Reizfilterschwäche zurück zu führen, die beiden wie gesagt gemein ist. Die anderen Unterschiede aber sind so gravierend dass es für mich zwei völlig verschiedene Phänomene sind. Was allerdings durchaus vorkommen kann ist dass ein intelligenter und gut angepasster Autist als hs wahrgenommen wird. Ändert aber nichts an seiner Programmierung im Hirn.
Um es mal platt zu sagen: jeder Autist ist auch hochsensibel (Sinnesreize) aber nicht jeder Hochsensible ist ein halber Autist.

Viele Grüße!

EDIT
Bevor jemand mit Steinen, äh Worten :fahne: nach mir wirft: wenn ich sage Autisten haben einen Programmierungsfehler im Gehirn meine ich damit KEINESFALLS dass sie falsch oder halbe Menschen oder weniger würdig sind! Ich meine damit lediglich die Abweichung von der Norm womit auch die medizinische Bezeichnung die man überall liest 'Entwicklungsstörung' gemeint ist. Mit dem Edit bin ich als hs jetzt meinem Bedürfnis nach Harmonie nachgegangen :lol:
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Meine3
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Re: Das Kind das nie aufhört zu reden... Hallo von mir!

Beitrag von Meine3 »

Autisten sind aufgrund eines 'Programmierungfehlers' im Gehirn zu vielen Dingen im sozialen und kommunikativen Bereich gar nicht erst fähig, sie haben die Intuition die wir NTs haben gar nicht erst und werden sie niemals haben.
Diese Aussage von dir widerlegt meine These meiner Meinung nach nicht :fahne:. Ich würde es nicht als Programmierfehler beschreiben sondern als physiologische Andersartigkeit. Eben eine Störung der Wahrnehmung, die physiologische Ursachen hat. Ebenso wie die Hochsensibilität, die dadurch bedingt ist, dass die neuronalen Reize schlecht oder kaum gefiltert werden. Bei mir konnte dies tatsächlich auch physisch nachgewiesen werden. Bei einem Gehörtest (hatte zu Abi-Zeiten ein chronisches Pfeifen im Ohr) kam heraus, dass ich Töne wahrnehme, die Menschen mit einem "normal guten" Gehör gar nicht wahrnehmen 8-) und daher meine Ohren auch auf die psychische Belastung (Prüfungsstress. Ich habe Angst vor praktischen Prüfungen) sehr stark reagieren, da diese eben weitaus sensibler sind als bei anderen Menschen. Dass meine Augen anfangen zu tränen, wenn ich in zu helles Licht schaue, zeigt auch: physisch bedingt, nicht PSYCHISCH.

Um es mal platt zu sagen: jeder Autist ist auch hochsensibel (Sinnesreize) aber nicht jeder Hochsensible ist ein halber Autist.
Um Gottes willen, das habe ich auch nie behauptet, dass jeder Hochsensible ein "halber Autist" ist. Aber im ersten Teil deiner Aussage stimme ich dir zu: Jeder Autist ist hochsensibel ;). Warum genau Autisten Autisten sind, ist ja bis heute ja noch nicht ganz erforscht ;), es gibt Theorien, aber noch keine gesicherte, eindeutige Ursache hierfür. Siehe auch:

https://www.neurologen-und-psychiater-i ... /ursachen/

Ein weiteres "Problem" ist, dass es zur Hochsensibilität keine solcher Untersuchungen gibt, da Hochsensibiltität gesellschaftlich als PSYCHISCHE Andersartigkeit betrachtet wird und dass es wirklich physiologische Ursachen haben könnte, lediglich von den meisten Experten zu diesem Thema vermutet wird. Somit fehlen Studien dazu, die eventuell nachweisen könnten, dass auch das Gehirn eines HSP anders "gestrickt" ist, wovon ich persönlich überzeugt bin.

Daher bleibe ich vorerst bei meiner ganz eigenen Vorstellung davon, warum Autisten Autisten sind, bzw. inwiefern Autismus und Hochsensibilität miteinander zusammenhängen, bis es irgendwann gesicherte Fakten dazu gibt. :fahne:
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
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