Hochsensible haben in sozialen Bereichen keine Schwierigkeiten, im Gegenteil, sie erfassen intuitiv recht leicht die Emtionen und Absichten des anderen. Sie sind nicht selten Anlaufstelle für Menschen mit Sorgen und üben soziale Berufe aus. Autisten lernen das bestenfalls über Logik und Erfahrung. Wir ecken im sozialen Bereich ab und zu vielleicht an, weil wir andere mit tiefergehenden Themen überfordern oder wenn Menschen unseren Rückzug (wegen Überreizung) als Desinteresse oder gar Ärger deuten.
Hallo Hope,
Entschuldige bitte, aber das ist ein WEIT verbreitetes Vorurteil, dass Hochsensible keine Probleme in sozialen Bereichen haben. Da muss ich deutlich widersprechen. Die allermeisten HSP wurden in ihrer Kindheit gemobbt oder geschnitten, wurden oder werden als "zu empfindlich" wahrgenommen, im Berufsleben ist hochsensibel zu sein wahrlich auch kein Zuckerschlecken. Ich gebe dir Recht, dass HSP oft in sozialen Berufen zu finden sind und das
viele HSP auch Emotionen gut erkennen (auch die Beweggründe dahinter), als Kummerkasten fungieren und gute Zuhörer sind. Aber so einfach ist das nicht
, das ist zu "schwarzweiß" betrachtet .
Je nachdem wie ein HSP über die Hochsensibilität hinaus "gestrickt" ist, kann sich die Hochsensibilität auch ganz anders auswirken. ALLE HSP, die ich kennen gelernt habe, haben Schwierigkeiten in sozialen Bereichen (gehabt), jeder aber auf andere Art und Weise. Nicht wie Autisten, dass die Ursachen der Gefühle und Emotionen, bzw. sogar die Emotionen selbst nicht deuten können, DAS können HSP in der Regel sehr gut.
ABER: bedingt durch ihre hohe Sensibilität ÜBERinterpretieren HSP oft Gesichtsausdrücke, Gestik oder auch Gesagtes. Das kann sehr wohl auch zu Missverständnissen führen und dies zu Kommunikationsschwierigkeiten. Man liest ständig zwischen den Zeilen, auch wenn vielleicht nichts da steht
, man reagiert eventuell oft zu stark auf etwas oder jemanden, und für die Außenstehenden ist nicht klar, warum so starke Gefühle ausgelöst wurden. Gerade in der Interaktion mit geliebten Menschen oder auch im Schul- und Berufsleben, wo man auf Menschen trifft, mit denen man normalerweise eher nicht verkehren würde, denen man dann aber nicht aus dem WEg gehen kann, kann das problematisch sein. Wenn man als HSP als Therapeut arbeitet, so muss man sich vorher sehr gute Strategien erarbeiten, die Gefühle und Probleme der Klienten nicht ZU nah an sich heranzu lassen. Übrigens für mich DER Grund, warum ich nicht Psychologie studiert habe. Mir fällt es schwer emotionale Distanz zu bewahren. Du kannst als HSP ein herausragender Therapeut oder Sozialarbeiter sein, denn du hast so viele Fähigkeiten, die in diesem Beruf sehr hilfreich sind, jedoch bergen genau diese Fähigkeiten auch die Gefahr, sich zu sehr von seiner Arbeit einnehmen zu lassen.
Oder ein anderes persönliches Beispiel: Als Kind habe ich sehr schnell geweint und zwar nicht nur, wenn ich traurig war. Zum Beispiel habe ich losgeweint, wenn meine Mutter spontan laut rausgelacht hat
, das war jedes Mal so eine Art Vulkanausbruch für mich und es hat mich einfach wahnsinnig erschrocken, auch wenn ich sehr wohl wusste, dass es etwas positives ist zu lachen, wirkte es oft aus Außenstehende sicher so, als würde ich nicht "verstehen" warum meine Mutter lacht oder würde eben nicht angemessen reagieren.
Es passiert jetzt auch regelmäßig (leider
), dass ich bei zu starker akkustischer Belastung (und das passiert in einem Haushalt mit 3 Kindern im Alter von 2-7 sehr schnell) innerlich SEHR aggressiv werde, weil es mich einfach zu stark belastet. DAs ist dann wie eine Sicherung, die durchbrennt, weil sie überlastet war. Früher bin ich in solchen Situationen auch selbst oft genug ausgerastet oder hab das weinen angefangen und konnte mich dann auch schwer wieder beruhigen. Jetzt ziehe ich mich schnell zurück (in ein anderes Zimmer) oder halte mir kurz die Ohren zu und mache kurz ein paar Pranayamas (Atemübungen Yoga), je nach Situation. Situationen, in denen ich der akkustischen Belastung nicht aus dem Weg gehen könnte, meide ich weitestgehend GANZ.
Oder aber es gibt HSP, die SO überfordert mit der Reizaufnahme sind, dass sie die ganzen Reize, die auf einen einstürmen, wenn man jemandem aufmerksam zuhört (Mimik. Gestik, Intonation, Lautstärke, eventuell noch Hintergrundgeräusche oder ein unruhiges Umfeld in visueller Hinsicht) quasi abschirmen. Manche HSP vermeiden daher z.B. Augenkontakt (schon mal ein Reiz weniger), wieder andere halten sich "innerlich" gar die Ohren zu oder auch äußerlich
, wenn etwas zu emotional wird (eine Freundin von mir macht das, wenn die Stimmung ungut wird), andere fangen selbst an zu reden, ununterbrochen, so dass der andere nicht zu Wort kommt. So tut es meine Mutter und sie ist recht sicher hochsensibel, ist aber die schlechteste Zuhörerin weit und breit, wirkt ich-bezogen, unsensibel und manchmal wie "abwesend", redet zwanghaft und unterbricht ständig. Ich kenne sie jedoch gut genug, um zu wissen, dass es ihr ganz und gar nicht egal ist, wie andere fühlen, dass sie es nicht "nicht" sieht, sondern dass es ihr oft zu viel ist.
Nun zu den scheinbaren Gegensätzen zwischen HSP und Autisten:
Stellen wir uns nun einmal vor, dass diese Reizfilterschwäche NOCH um ein vielfaches mehr ausgeprägt wäre als bei einer HSP, die ja nun eh schon um einiges sensibler ist als der neurotypische Kollege von nebenan. Wie könnte sich das im Verhalten auswirken? Ich lande hier bei einigen Verhaltensweisen, die man Autisten zuschreibt (ja, ich weiß, es triftt nicht auf jeden Autisten zu
), wie beispielsweise extreme Wutausbrüche, Tics, Echolalie und repetierende Bewegungen, wie hin und her wiegen bei Aufregung etc.
Noch dazu, so meine ganz eigene Vorstellung, ist das ein fließender Übergang, ein Spektrum eben. Ebenso wie bei der Intelligenz, bei der ads Spektrum von geistig zurück geblieben, über Lernschwach bis hin zu normal begabt, überdurschnittlich, hoch- und höchstbegabt geht... So geht die "Sensibilitätsskala" (in meiner Vorstellung) von den gänzlich unsensiblen Menschen (diese
könnten dann zum Beispiel auch psychische Störungen haben oder Soziopathen sein) über die normal sensiblen, bis zu den überdurchschnittlich-hochsensible Personen und der Autist ist die höchstsensible Person, die es sehr selten gibt, und wo es pathologisch wird, eben wirklich eine Wahrnehmungsstörung IST, wo es vorher lediglich eine Abweichung (schwächer oder stärker) von der Norm war....
Natürlich ist das kein FAKT, aber eine Theorie, die ich doch sehr interessant finde.
So komme ich auch zu Sinus'Aussage:
Ein hochsensibles Kind macht vielleicht trotz seiner intensiven Wahrnehmung viele soziale Erfahrungen und lernt in den sensiblen Phasen, in denen da wichtige Entwicklungsschritte stattfinden, trotzdem alles wichtige, was es in dem Bereich lernen muss.
Ein autistisches Kind (im Spektrumsbereich Asperger) hat dagegen vielleicht so starke Empfindungen/Wahrnehmungen, dass es sich lieber zurückzieht, um sich vor den intensiven Reizen und Erfahrungen zu schützen und ihm fehlen dann darum schlicht wichtige Lernerfahrungen in dem Bereich?
Lernerfahrungen, die sich in der Hirnentwicklung dann bemerkbar machen und schwer/kaum nachholbar sind.
Wie wichtig die frühkindlichen Phasen sind, ist ja unbestreitbar. (siehe Extrembeispiel Kaspar Hauser bzw Langzeitfolgen sozial vernachlsässigter Kinder )
Die ich so auch absolut nicht abwägig finde. Wobei ich denke, dass es nicht allein durch das "zurückziehen" erklärt werden kann, dass Autisten nicht von sich aus (ohne Übung) in der Lage sind Emotionen richtig zu deuten (zu interpretieren, bzw. deren Ursache zu erkennen). Es ist meiner Meinung nach vielmehr ein innerliches, extremes "abschotten" und "verdrängen" und dadurch nicht mehr wahrnehmen KÖNNEN, was dazu führt, dass Autisten unempathisch wirken oder es gar in dem ein oder anderen Fall sind.
Du schreibst weiter:
-einer abweichenden Wahrnehmungsverarbeitung [hs ähnlich]
JA, das stimmt
-ungewöhnlichen Denkweisen und Problemlösungen [nicht typisch für hs]
ich würde sagen, dass HSP oft ungewöhnliche Denkweisen und Problemlösungen haben/finden.
-intensiven, oft sehr speziellen Interessen (“Spezialinteressen”) [hs sind eher vielseitig interessiert]
Das stimmt nicht. Mein Spezialinteresse als Kind war malen. Ich habe gemalt, bevor ich gesprochen habe!! Und zwar auf hohem Niveau und weit überdurchscnittlich im Vergleich zu Gleichaltrigen 2jährigen. Ich habe übrigens sehr spät gesprochen (Autisten sprechen oft in ihrer Kindheit nicht oder nur wenig, wie beispielsweise Daniel Tammet), dann aber sehr plötzlich ganze Sätze und grammatikalisch korrekt. Das Malen war und ist immer ein sehr wesentlicher Bestandteil meines Lebens (gewesen) und für mich eine Art zusätzlicher Kanal mich auszudrücken, zu kommunizieren. UND es war der 1. Kanal, den ich als Kommunikationsweg gewählt habe. Ich bin darüber hinaus auch vielseitig an anderen Dingen sehr interessiert, z.B. auch an Sprachen, aber das eine schließt das andere nicht aus.
-atypischen, manchmal repetitiven Bewegungen (Stereotypien) [nicht typisch für hs]
nicht unbedingt "typisch" für HSP, aber es kommt durchaus vor.
-einem Bedürfnis nach Routinen und Beständigkeit. [das mag auf einen Teil zutreffen, da hs sich im Idealfall Alltag und Umgebung reizarm gestalten und weniger Veränderung=weniger Reize]
Das trifft meiner Meinung nach nicht nur auf einen Teil der HSP zu, sondern auf ALLE. Und wenn etwas von der Routine abweicht, dann bitte mit rechtzeitiger Ankündigung
.
So und jetzt bin ich gespannt was du Rabaukenmama dazu sagst mit deinen Autismus Erfahrungen im Gepäck
Ich bin keine Spezialistin in Sachen Autismus, aber mit HSP kenne ich mich aus
...
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.