Ich stelle uns mal vor

Einfach nur über sich und seine Kinder erzählen
EmmiR
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Ich stelle uns mal vor

Beitrag von EmmiR »

Hallo zusammen,

ich habe mich erst vor ein paar Minuten in diesem Forum angemeldet und wollte mich und meinen Sohn dann auch direkt vorstellen.
Bevor ich mich angemeldet habe, habe ich stundenlang hier gelesen und bin großer Hoffnung hier Anklang zu finden.

Mein Sohn ist 8 Jahre alt und geht in die zweite Klasse. Er ist mein erstes und einziges Kind, deshalb sind mir viele Sachen nie als besonders aufgefallen.
Im Nachhinein zieht sich aber ein roter Faden durch sein Leben. Meine Mutter meinte schon kurz nach seiner Geburt, dass mein Sohn sehr wach und interessiert an seiner Umgebung ist. Er brauchte immer schon ganz klare Ansagen. Zum Beispiel musste ich abstillen, als er 11 Monate alt war, wegen einer Mastitis. Ich hab zu ihm gesagt, dass ich ihn leider nicht mehr stillen kann und er ab heute nur noch Milch aus der Flasche und feste Nahrung bekommt. Seine Reaktion drauf war ein Nicken und ein gesagtes Ok. Damit war das Thema für ihn beendet.
Als er mit zweieinhalb in die Kita kam, kamen dann die ersten Schwierigkeiten. Er verweigerte sich, wollte nicht in die Kita, hat in der Kita verweigert wenn er was nicht machen wollte und hat die Erzieher dann einfach ignoriert und z.b. weiter gepuzzelt. Diese Verweigerung hat er dann auch zuhause an den Tag gelegt. Er stellte dann komplett auf stur oder hatte manchmal auch heftige Wutanfälle. Das war eine sehr belastende Zeit, also haben wir uns entschlossen, dass er die Vorschule direkt in der Grundschule macht. Leider hat er auch dort verweigert, seine Erklärung war, dass er enttäuscht war weil er dachte, er würde schon direkt was lernen. Leider haben sie dort nur gespielt. Die ersten drei Wochen der 1. Klasse hat er dann mit sehr viel Enthusiasmus absolviert. Nach kürzester Zeit durfte er mit dem Stoff der 2. Klasse anfangen. Es war ein Selbstläufer, wir mussten uns nie wirklich kümmern. Er lernte völlig alleine und hatte keinerlei Probleme. Mitte der 1. Klasse fingen dann leider die Probleme wieder an. Plötzlich war er der Klassenclown und der Störenfried. Wenn er mit seinen Aufgaben fertig war, hat er die anderen Kinder gestört oder ist in der Klasse herum gelaufen. Er hat seine Arbeitshefte und Zettel zerrissen oder bekritzelt. Allerdings erst, nachdem er sie gelöst hatte. Im homeschooling ist es leider noch viel schlimmer geworden. Er hat ganz schlimme Wutanfälle, er schmeißt seine Sachen durch die Gegend und rennt oft weinend ins Schlafzimmer. Wir wissen nicht wieso und haben mittlerweile auch kaum noch Kraft. Andererseits lernt er heimlich Bruchstücke japanisch, lernt programmieren, liest ein Buch nach dem anderen, löst Matheaufgaben von denen ich nicht weiß, woher er sie hat (teilweise Stoff aus der 4. und 5. Klasse). Die Aufgaben macht er richtig und schnell. Das kleine Einmaleins aber zum Beispiel kann er angeblich immer noch nicht sicher auswendig und braucht sehr lange zum lösen. Obwohl er beim Telefonat mit der Lehrerin sehr schnell geantwortet hat, als sie ihm Malaufgaben gestellt hat.

Ich könnte noch so viel mehr schreiben aber das würde wohl, für den Anfang, den Rahmen sprengen.

Habt ihr auch solche Erfahrungen gemacht, dass manches völlig widersprüchlich ist?
Eine Testung wird in zwei Wochen gemacht und ich bin sehr gespannt, was dabei herauskommt. Mir geht es nicht darum, dass er hochbegabt sein soll, ich möchte Klarheit um ihm besser helfen zu können.

Danke für eure Geduld und ich freue mich auf regen Austausch

Liebe Grüße
Emmi
alibaba

Re: Ich stelle uns mal vor

Beitrag von alibaba »

Hallo EmmiR,

bei deinen ganzen Beschreibungen stellt sich für mich die Frage: Hat dein Sohn eigentlich auch etwas wo er nicht sprunghaft mal das und mal das machen darf? Sport, ein Instrument ….. ein Hobby wo er sich entwickeln kann? Besucht er "Interessensgruppen" - also Kurse wo er seine Neigungen ausprobieren kann um etwas für sich zu finden? Ich denke da an die Volkshochschulen, die Universitäten, die Museen …. die bieten ja alle etwas an (zumindest hier).

"Ausrasten" kenne ich hier auch. Warum auch immer das Kinder machen ….. hier legte es sich erst mit dem späteren Alter. :schwitz: Am Besten fuhr ich persönlich mit dem ignorieren und dem "ausrasten lassen". Wenn das Spiel weg geworfen wurde, dann lag es da und das Spiel war eben beendet. Nach Beruhigung musste es dann aufgeräumt werden. Da braucht man einen langen Atem und Geduld. Ob das nun eine Eigenschaft eines Begabten ist?

Ihr habt ja einen Testtermin. Bis dahin müsst Ihr abwarten. Im besten Fall erzählt Euch die Psychologin etwas, mit dem Ihr arbeiten könnt. Im Moment bin ich noch unschlüssig was ich Dir raten soll. Solange wie dein Kind wütend durchs Schulzimmer rennt, werden die Lehrer in aller Regel keinen Bedarf sehen hier, außer disziplinarische Maßnahmen, den kognitiven Anspruch zu erhöhen. Auf der anderen Seite wäre es ja jetzt gerade die Chance, im Homeschooling, zu sehen, was kann mein Kind. Bessert es sich, wenn er kognitiv beansprucht wird? Eigentlich müsstest Du Dich mit dem Lehrern zusammen setzen. Geht jetzt natürlich schlecht. Von daher würde ich den Test mal abwarten. Vielleicht fügt sich dann das Bild besser zusammen.

VG
Katze_keine_Ahnung
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Re: Ich stelle uns mal vor

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Hallo Emmi,

ich sehe gar keinen Widerspruch. Das Kind schein sich sehr daran gewöhnt zu haben, das zu machen, was er will. Wer was fordert, kriegt Ärger. Die Frustrationstoleranz und der Durchhaltervermögen des Kindes sind nicht altersentsprechend. Der Homeschooling gibt dir die Möglichkeit das zu testen. Gib ihm einfach das Heft der 5. Klasse, dann soll er es systematisch jeden Tag bearbeiten, und zwar von vorn nach hinten und nicht durch.
EmmiR
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Re: Ich stelle uns mal vor

Beitrag von EmmiR »

Danke für eure Antworten.
Ich muss zugeben, dass wir sehr lasch mit ihm umgegangen sind. Das fliegt uns jetzt um die Ohren.
Er kann aber durchaus bei Aufgaben und beim Spielen sehr lange durchhalten, beschäftigt sich teilweise stundenlang alleine. Ich habe ihm letztens ein Matheheft für die 4. Klasse gekauft, da hat er sehr gerne und ohne Wutanfälle oder Probleme lange drin gearbeitet. Heute durfte er auch das erste Mal an einem online Kurs zum programmieren lernen teilnehmen. Über drei Stunden hat er total fasziniert ein Spiel nach dem anderen programmiert.
Ich bin gespannt, was bei der Testung herauskommt. Da seine Lehrerin ihn leider schon abgestempelt hat, konnten wir mit ihr nie darüber reden, dass er vielleicht unterfordert ist. Ich hoffe, dass wir mit dem Ergebnis des Tests einfach mehr Gehör und Unterstützung finden, egal in welche Richtung das dann geht.
Katze_keine_Ahnung
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Re: Ich stelle uns mal vor

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Es geht nicht um die Konzentration an sich, sondern um die Bereitschaft die von außen gestellten Aufgaben und Anforderungen zu erfüllen. Mein Kleiner hat auch etwa 2 Jahre Vorsprung in Mathe bezogen auf seine Klassenkameraden. Aber bis zum bestimmten Grad ist er bereit in der Schule mit seinen Klassenkameraden gemeinsam im Matheunterricht zu arbeiten. Das geht nicht unendlich, aber er empfindet auch Freude, wenn er den Klassenkameraden hilft die für sie neuen Themen zu verstehen. Mein Kleiner hat auch mittelerweile auch verstanden, dass es Sachen gibt, die ihm nicht so leicht fallen, wie Mathe. Schreiben bereitet ihm Mühe, aber im Vergelich zum Vorjahr gibt es auch Fortschritte, sowohl im Lenkbarkeit und Durchhaltevermögen, als auch in den Fertigkeiten. Der Vorsprung in Mathe kann bei sehr begabten Kindern fast unendlich weit ausgebaut werden. Mein Kleiner ist 6, besucht die 2. Klasse und bearbeitet im Wechsel die Hefte der 4. und der 5. Klasse. Er hatte in diesem Jahr das Drehtürmodell in die 3. Klasse und beherrscht den Stoff der 3. komplett. Und weiter? Weiß kein Mensch. Auch bei willigen Lehrern und kooperierenden Kindern ist es unheimlich schwierig.

Wenn du das Gefühl hast, dass du mit deinem Kind zu lasch umgegangen bist, musst du deine Strategie ändern und konsequenter werden. Das erfordert aber sehr viel innere Kraft und Durchhaltevermögen von dir und dem Vater des Kindes.
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Ich stelle uns mal vor

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo EmmiR!

Erst mal herzlich willkommen hier! Ich drücke euch die Daumen für ein aufschlußreiches Testergebnis. Leider vermute ich aber, dass eine vorurteilsbelastete Lehrerin sich davon nicht umstimmen lassen wird. Viele Lehrer glauben, dass Hochbegabte grundsätzlich auch hochmotivierte Hochleister sein müssen - was aber ziemlich selten der Fall ist. Ein störendes, langsames Kind hat schnell den Stempel "schlecht erzogen" oder "Wahrnehmungsstörung", unabhängig davon, was wirklich die Ursache für sein Verhalten ist.

Eure Homeschooling-Situation hört sich für mich sehr nach Machtkampf an. Wer hat denn die Aufgaben, die er da zu bearbeiten hatte, ausgesucht? Kamen die von der Schule und waren der gleiche langweilige Einheitsbrei, den dein Sohn bisher schon angelehnt hat? Dann könnte man die stressige Situation vielleicht auflockern, indem man (als Mutter) VORHER fordernde Aufgaben, die dem Kind auch Spaß machen gibt, und dann bewusst interessante und "verpflichtende" Aufgaben abwechselt. Ich habe meinem älteren Sohn in der Corona-Zeit Klassiker der (Kinder-)Literatur zu lesen gegeben und dann Nacherzählungen darüber verlangt. Das hat er mit Freude gemacht, obwohl er sonst nur Comics und Wissensbücher liest. Und NACH so einer für ihn befriedigenden Aufgabe war er dann auch bereit, ein, zwei von den langweiligen Grammatik-Zetteln der Deutsch-Hausübung zu bearbeiten.

Kleines 1x1 auswendig können viele kluge Kinder nicht. Sie erachten es nicht als nötig, es auswendig zu lernen, weil sie es relativ schnell im Kopf ausrechnen können. Daher haben manche dieser Kinder auch bei den weiterführenden Aufgaben, zum Beispiel mehrstellige Zahlen miteinander zu multiplizieren, Probleme. Denn das geht deutlich langsamer, wenn man das 1x1 nicht auswendig kann, und auch die Fehlerquote ist größer. Mit meinem Sohn habe ich das kleine 1x1 hieb- und stichfest gelernt, indem ihm 5x täglich je 10 mündliche 1x1-Aufgaben aufgegeben habe. Dafür habe ich meine Uhr eingestellt. Nach einer Woche saß es schon recht gut, nach 2 Wochen wirklich wie "im Schlaf". Nach längerer Pause (Ferien) haben wir immer noch 1-2 Tage mit 5x10 Aufgaben täglich gebraucht, um es wieder "abrufbereit" zu haben. Hinsetzen und büffeln wäre bei meinem Sohn ein Ding der Unmöglichkeit gewesen.

Was Frusttoleranz und Durchhaltevermögen betrifft kann (unabhängig von einer möglichen Hochbegabung) auch eine Wahrnehmungsstörung die Ursache der Auffälligkeiten sein. Obwohl Hochbegabte nicht öfter Wahrnehmungsstörungen (wie AD(H)S, ASS oder AVWS) haben, als durchschnittlich Begabte, fallen Hochbegabte mit dieser Störung mehr auf. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass sie einfach öfter unterfordert sind und sich dadurch noch mehr langweilen als durchschnittliche begabte Kinder mit Wahrnehmungsstörung. Und man darf nicht vergessen, dass Eltern meistens nur dann eine Testung (egal, ob IQ-Test oder Abklärung wegen Wahrnehmungsstörung) machen lassen, wenn das Kind in irgendeiner Weise unangenehm auffällt. Solange alles einfach nur gut läuft lässt man ein Kind nicht testen. Maximal, wenn es wirklich einen extremen, auffälligen Entwicklungsvorsprung hat und z.B. mit 2 Jahren flüssig liest oder mit 5 eigenen Musikstücke komponiert.

Ich will Dir wegen möglicher Wahrnehmungsstörung gar nicht den Kopf vollmachen, der Gedanke ist Dir sicher selbst auch schon gekommen. Meine Jungs sind beide Autisten, der ältere Sohn hat zusätzlich noch ADHS und der jüngere ist zusätzlich gehörlos. Nach dem ersten Schock der Diagnosen bin ich mittlerweile froh, zu wissen, was WIRKLICH hinter den Auffälligkeiten meiner Jungs steckt (der hohe IQ ist es nämlich definitiv nicht :mrgreen: ) und mittlweile stehe ich auch über den Mitmenschen, die irgendwas von "total verzogen" rumunken. Bei meinen Kindern gibt es einfach viel Licht UND viel Schatten. So, wie ich meinen älteren Sohn (10 Jahre alt) nicht kognitiv 3 Jahre "zurückdrehen" kann, so kann ich ihn auch nicht sozial-emotional 3 Jahre "vordrehen" - und nur so käme er etwa dorthin, wo die Gesellschaft "normale" 10jährige Kinder sieht. Meine Kinder sind so, wie sie nun mal sind, das ist weder meine Schuld noch mein Verdienst. Durch ihre Diagnosen ist mir nun aber klar, warum sie manche Dinge einfach noch nicht können, die für andere Kinder dieses Alters selbstverständlich sind, während sie in anderen Bereichen deutlich voraus sind. Es war ein langer Weg dahin, aber für mich und meine Kinder war es das wert.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
EmmiR
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Re: Ich stelle uns mal vor

Beitrag von EmmiR »

Ich hab in letzter Zeit oft das Gefühl, dass ich einiges falsch gemacht habe mit meinem Sohn. Wir waren sehr lasch und haben viel durchgehen lassen, ja. Er war ein relativ unkompliziertes Kleinkind und eher ein selbstläufer. Als es dann anfing schwierig zu werden, haben wir uns auf die Hilfen von Kita und Schule verlassen. Wir waren bei der sozialpädiatrie und bei der Beratungslehrerin. Leider hat uns das nichts gebracht bzw noch mehr verunsichert und geärgert. Wenn wir nach Hilfe gebeten haben, haben wir oft keine bekommen.

Das mit dem Homeschooling stimmt, Rabaukenmama. Es ist ein Machtkampf. Wir sind mittlerweile schon dabei es anders anzugehen und ihm wirklich strenge Grenzen zu setzen. Das klappt natürlich nur so mittelgut, da er bisher sowas ja nicht gewohnt war. Die Aufgaben kamen von der Schule, ein Einheitsbrei für jedes Kind gleich. Er sagt immer schon von sich aus, dass die Sachen langweilig sind. Deutsch macht er gar nicht mehr. Er liest suoer flüssig und ist generell in Deutsch sehr sehr gut. Deshalb habe ich ihm Bücher gekauft und er hat von mir auch die Aufgabe bekommen, eine Zusammenfassung des jeweiligen Buches zu schreiben. Das hat ihm auch viel Spaß gemacht. In Mathe bekommt er jetzt auch nur noch Aufgaben, die wir aussuchen. Trotzdem muss er wenigstens ein paar von der Schule machen. Die Lehrerin hat uns letztens schon gerügt, weil er eine Extrawurst bekommt, da alle Kinder das gleich machen sollen. Seit drei Wochen klappt es auch schon viel besser zuhause. Er macht ein paar Pflichtaufgaben und darf dann die schwierigeren machen oder sich dem programmieren widmen.

Er wurde letztes Jahr auf ADHS getestet und das fiel negativ aus. Der Herr meinte, dass unser Sohn sehr viel Energie hat aber das nicht auf adhs zurückzuführen ist, da er sich trotzdem sehr gut und lange konzentrieren kann. Er solle Sport machen. Leider geht er nur einmal zum Sport, dann weiß er seiner Meinung nach wie es geht und will nicht mehr hin. Er macht viel Sport zuhause, das powert ihn ganz gut aus. Er will auch nicht schwimmen oder fahrradfahren lernen, da ihn das unnötig vorkommt. Seiner Logik nach, gibt es grad wichtigeres, was er zuerst lernen muss.

Wie gesagt, ich fühle mich ein wenig wie ein Versager im Bezug auf die Erziehung meines Sohnes. Ich hab mich mit vielen Themen noch gar nicht auseinander gesetzt. Thema Hochbegabung kam allerdings schon auf, als er drei war. Damals haben wir das aber nicht beachtet, weil uns das zu früh war. Jeder Arzt und Psychologe rät zu einem test, aber die Lehrerin ist der Meinung, er ist nur unterer Durchschnitt. Sowas verunsichert.

Mein Mann und ich sind ziemlich überfragt, wir warten sehr gespannt auf den test in zwei Wochen um endlich Klarheit zu haben und unserem Sohn so gut wie möglich zu helfen. Er soll eigentlich die Schule wechseln, dafür braucht er aber unter anderem auch diesen test.
Auguste
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Re: Ich stelle uns mal vor

Beitrag von Auguste »

Hallo EmmiR!

Dein Sohn scheint je eine besondere Spezialausgabe zu sein ;)

Was mich als erstes stutzig gemacht hat: Wenn er in der 1. Klasse schon die Aufgaben der zweiten Klasse gemacht hat - was macht er jetzt in der 2. Klasse? Nochmal dieselben Aufgaben? Wieso ist er nicht nach der 1. Klasse direkt in die 3. Klasse gesprungen?

Was mich nun noch mehr erstaunt: Er kann mit 8 Jahren nicht schwimmen und nicht Radfahren? Weshalb?

Das was du von der Lehrerin schreibst, kommt mir leider sehr bekannt vor. Wenn das so eine ist wie die ehemalige von meinem Sohn, dann hilft Euch auch der Test nicht weiter. Zum Test meines Sohnes hat seine Lehrerin gesagt: "Er muss aber trotzdem das machen was alle machen, bevor er Zusatzaufgaben bekommen darf und sprachlich ist er ja ganz normal und nicht hochbegabt." Sie hat (wie immer) nur die "negativen" Seiten rausgepickt und keinerlei Einsicht im Hinblick auf eine Förderung seiner Begabungen gezeigt. Geändert hat sich in der Schule nach dem Test für meinen Sohn genau gar nichts, bis er endlich die Klasse und damit auch die Lehrer wechseln konnte.

Mir fällt auch auf, dass Euer Sohn anscheinend von Euch bisher wenig Grenzen aufgezeigt bekommen hat und sein jetziges Verhalten die Konsequenz daraus ist. Natürlich ist er jetzt mit 8 Jahren nicht auf einmal bereit, Grenzen zu akzeptieren, die er vorher nicht kannte. Das ist jetzt Arbeit für Euch und Euer Kind. Und mit intelligenten Kindern kann man da endlos diskutieren, wenn die etwas nicht einsehen wollen :schwitz:

Ich drücke als erstes mal die Daumen, dass Euer Sohn überhaupt beim Test mitmacht und da nicht auch verweigert, weil er gerade keinen Bock hat ;)

Zur Homeschooling-Situation habe ich keine Ideen. Wir haben es bei unserem Sohn aufgegeben. Entweder macht er die Aufgaben von der Schule oder er macht was anderes Sinnvolles. Fertig. Wir haben keine Kraft mehr, um zu Hause Machtkämpfe über Schulaufgaben auszutragen. Es sind nur noch 4 Wochen bis zu den Sommerferien bei uns und der Sohn darf jetzt 1 Mal pro Woche zur Schule gehen. Das reicht ihm. Gestern haben sie einen Deutsch-Test geschrieben - er hat eine 2. Jetzt liest er lieber Harry Potter als sich um Zeitformen der deutschen Sprache Gedanken zu machen. Dann liest er eben - beim Lesen ist er eh zu langsam, und wenn er das schon freiwillig "übt" ;)

Ich wünsche viel Erfolg beim Test und berichte mal, was dabei herausgekommen ist :)

Gruß
Auguste
Katze_keine_Ahnung
Dauergast
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Re: Ich stelle uns mal vor

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Was habt ihr denn für eine Grundschule, die einen IQ-Test verlangt?
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Ich stelle uns mal vor

Beitrag von Rabaukenmama »

Unabhängig von tatsächlichen oder nur fälschlich vermuteten Erziehungsfehlern wird sich dein Sohn auch mit "Konsequenz" nicht dazu zwingen lassen, Dinge zu tun, die ihm widerstreben. Wenn, dann müsste man so brutale Methoden (schwere Strafen, Züchtigungen, Liebesentzug,...) durchziehen, dass es dem Kind garantiert mehr schaden als nützen würde. Mir ist natürlich vollkommen klar, dass ihr das nicht vor habt oder anstrebt. Aber wenn ihr mal durchdenkt, welche anderen Methoden zur Verfügung stehen (gutes Zureden, Belohnungen, liebevolle Strenge,...) dann vermute ich mal, dass ihr das schon erfolglos ausprobiert habt. Und warum sollte es jetzt auf einmal funktionieren, wenn es bisher nicht geklappt hat?

Ich habe zwei Kinder. Einem davon ist wichtig dass ich mit ihm nicht "böse" bin. Bei diesem Kind kann ich durch authentische Strenge einiges erreichen, weil es nicht gut damit leben kann, wenn ich verärgert bin. Das macht es einfacher auch mal Dinge von ihm zu verlangen, die es selbst nicht machen will. Mein anderes Kind hat kein Problem damit, wenn ich mit ihm böse bin, sondern geht dann selbst auf Konfrontationskurs. Je vehementer ich was von ihm verlange und je ärgerlicher ich werde, desto sturer und verweigernder wird dieses Kind.

Wir hatten viele Jahre lang fast täglich Kampf ums Zähne putzen. Ganz selten tat er es freiwillig, aber meistens hat er schlichtweg verweigert. Nachdem mein Sohn mit den normalen Methoden (Zeit ausmachen, Zeitplan, vorher besprechen, zureden, Belohnungen,...) nicht dazu bereit war, seine Zähne zu putzen, habe ich sie ihm gegen seinen Willen geputzt. Mein Sohn hat geschrieen wie am Spieß, hat mir die elektrische Zahnbürste aus der Hand gewunden, sie ist über 3 Banden im Badezimmer rumgesprungen (wo mehrere auch kaputt gegangen sind) und alles war ein einziger Kampf und Krampf. Der älterer Bruder stand daneben, hielt sich die Ohren zu und schrie nur "Mama, bitte hör auf!", aber ich war total in diesen Machtkampf verstrickt nicht bereit, zu "verlieren". Wenn das ganze ausgestanden war schrie mein Kind noch mindestens 15 Minuten wie am Spieß. Aber ich hielt es für unheimlich wichtig, dass mein Kind zumindest 1x am Tag ordentlich Zähne putzt. Also, dachte ich, müssen wir da durch! Wenn ich heute daran zurückdenke frage ich mich, wie ich mich so in diese Sache verrennen hatte können. Irgendwann (nach Jahren!) war mal die Kraft bei mir raus. Ich erkannte plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, dass dieser Kampf einfach viel mehr Kraft kostet als er Nutzen bringt. Und ich gab auf! Ich dachte es ist einfacher, einmal im Jahr zu einem Behindertenzahnarzt zu gehen, meinem Sohn eine Narkose zu verpassen, und alles nötige im Mund reparieren zu lassen.

Ich hörte also auf, meinem Sohn gewaltsam die Zähne zu putzen, probierte aber weiterhin, ihn dazu zu bewegen (ohne viel Hoffnung, dass es Erfolg haben könnte). Und schon nach 3 Tagen hat mein Sohn zum ersten Mal seit langer Zeit wieder freiwillig seine Zähne geputzt! Die nächsten Tagen waren durchwachsen, manchmal hat er geputzt, manchmal nicht. Aber nach einem Monat hat er OHNE ZWANG täglich geputzt und zwar besser und gründlicher als mir das bei den Kämpfen je gelungen war. Seitdem ist über ein Jahr vergangen. Mittlerweile hatte mein Sohn seinen ersten Karies und ein Zahn musste plombiert werden. Mein Sohn hat das OHNE Narkose, nur mit einer kleinen örtlichen Betäubung, bei vollem Bewusstsein aus freien Stücken machen lassen. Vor einem Jahr hätte ich mir das niemals vorstellen können!

Dieses Erlebnis hat mir in Kombi mit einigen anderen gezeigt, dass mein Sohn offenbar ein "autonomes Kind" ist (Jesper Juul beschreibt diese Kinder immer wieder mal in seinen Büchern) und sich einfach zu nichts zwingen lässt. Nicht mal mit extremen Methoden, aber von denen habe ich mich mittlerweile ohnehin bewusst verabschiedet. Auch wenn es immer noch einige Leute gibt, die meinen, unsere Erziehung sei zu lasch, stehe ich mittlerweile dazu, alle wichtigen Dinge mit meinem Sohn auszuverhandeln. Das ist auch nicht immer leicht, aber längst nicht so belastend für die Familie wie die ganzen Machtkämpfe.

Beim homeschooling habe ich z.B. eine fixe tägliche Schulzeit festgelegt, in der alle Medien verboten waren. Dann habe ich die Schulaufgaben für die Kinder vorbereitet und besprochen, was zu tun ist. Entweder sie haben es dann gemacht, oder nicht. Ich habe unterstützt, indem ich sie immer wieder zu den Schulaufgaben hingeführt und sie daran erinnert habe, wenn sie gerade was anderes getan haben. Und wenn die tägliche Schulzeit vorbei war habe ich aufgehört und was geschafft war war geschafft und was nicht das eben nicht. Manchmal hat mein jüngerer Sohn sein ganzes Pensum geschafft, manchmal saß er kreischend 2 Stunden vor einer Mathe-Seite, die er locker in 5 Minuten geschafft hätte. Ich habe nicht gezwungen, bin einfach nur daneben gesessen. Interessanter Weise ist mein Sohn nicht weggegangen und hat was anderes gespielt (was ich nicht unterbunden hätte), sondern war sich trotz allen Protestes bewusst, was er tun solle. Aber nach Ablauf der Schulzeit habe ich kein Wort mehr darüber verloren was geschafft war und was nicht. Ich habe weder gelobt noch geschimpft. Mein Sohn hat das gemacht, was ihm (geistig und psychisch) möglich war und ich habe das akzeptiert. Dann hat mein Sohn angefangen, seine eigenen Deutsch-Aufgaben zu machen: er hat Bücher auf dem PC abgeschrieben. Mein jüngerer Sohn ist ja gehörlos und hat große Probleme mit der deutschen Grammatik. Die Lernblätter der Schule versteht er oft nicht, aber ihm wäre sehr wichtig, gut deutsch zu können. Und so hat er seine eigene Methode rausgesucht, das zu lernen. Er ist viele Stunden vor dem PC gesessen und hat etliche Kapitel aus einem Kinderlexikon und verschiedenen anderen Büchern einfach nur abgeschrieben. Früher, als ich noch glaubte, "gewinnen" zu müssen, hätte ich das abschreiben an Bedingungen geknüpft, es ihm also erst erlaubt, wenn er diese oder jene Pflichtaufgabe fertig gemacht hätte. Aber das wäre wieder in einem Machtkampf ausgeartet. So habe ich meinen Sohn gewähren lassen und zwischendurch immer wieder mal vorgeschlagen, er solle doch mal an seinen Pflichtaufgaben weiter machen. Und das hat letztendlich öfter geklappt als erwartet.

In deinem Vorstellungsthread habe ich viele Verhaltensweisen deines Sohnes in meinem jüngeren Sohn wieder erkannt. Und wenn dein Sohn so ähnlich tickt wie meiner ist jeder Manipulationsversuch von vorne herein zum scheitern verurteilt.

Bezüglich ADHS-Testung: Wer war der Herr, des es ausgeschlossen hat? Ein KJP, ein Kinderpsychologe, ein SPZ-Arzt? Und hat sich das Verhalten deines Sohnes seit dieser Diagnostik positiv verändert oder sind die Probleme noch immer dieselben bzw. sogar schlimmer geworden? Was würdest du tun, wenn du mit einem Kind, welches immer wieder mal was übersieht, zum Augenarzt gehst, und der meint, die Sehkraft wäre in Ordnung? Wenn das Kind dann weiterhin immer oft was übersieht, wie viele Jahre würdest du warten, bis du eine zweite Meinung einholst?

Bitte nicht mißverstehen, ich kenne deinen Sohn viel zu wenig um ADHS oder sonst was aus der Ferne zu erkennen. Aber ich weiß, dass Kinder mit massiven Verhaltensauffälligkeiten oft eine (unerkannte) Wahrnehmungsstörung haben. Das muss nicht ADHS sein, es gibt auch Asperger Autismus, AVWS und andere Möglichkeiten. Meine Jungs sind beide Autisten und ich musste viele meine Vorurteile (bedingt durch falsche Informationen) über Autisten ablegen, um das anerkennen zu können. Mittlerweile weiß ich auch, dass mein jüngerer Sohn keinen normalen Wutanfälle hat, sondern autistische Meltdowns. Wenn du Autismus in Kombi mit Meltdown googelst kannst du schauen, ob das auch auf deinen Sohn zutreffen könnte.
Dieses Wissen hat meinem Mann und mir sehr dabei geholfen, mit den Besonderheiten unserer Kinder umzugehen.

Mein Vorschlag wäre, dich einfach mal ein bisschen über Autismus "einzulesen" und alle Vorurteile (Autisten können nicht in die Augen sehen, erkennen keine Gefühle, können keine Freundschaften schließen, sind Mathe-Genies, wollen nicht berührt werden, haben keinen Humor,..) erst mal ad acta legst. Und wenn du dann zu dem Schluss kommst, dass es auf deinen Sohn zutreffen KÖNNTE kannst du eine Diagnostik in einer Autismus-Ambulanz machen lassen. Bitte nicht im SPZ, dort ist man nicht so darauf spezialisiert und erkennt Autismus vor allem bei klugen und gut kompensierenden Kindern oft gar nicht.

So, das ist jetzt recht viel Info auf einmal, ich hoffe ich habe dich damit nicht überfordert! Von meiner Seite redet bzw. schreibt es sich leicht, ich weiß mittlerweile dass Autismus längst nicht so ein furchtbares, lebenslanges "Urteil" ist, wie viele es annehmen. Aber ich kann mir vorstellen dass die Konfrontation mit dieser Möglichkeit erst mal Angst auslöst. Angst, die gerade bei einem kognitiv sehr fitten Kind oft gar nicht nötig wäre :fahne: . Alles Gute von uns :) !
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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