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Einfach nur über sich und seine Kinder erzählen
Hetepheres
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Beitrag von Hetepheres »

Hallo,
ich möchte unsere kleine Familie, besonders unsere Tochter vorstellen. Und zwar einfach aus dem Grund, weil ich endlich mal frei und offen aussprechen möchte, was mich so bewegt.
Wir, das sind mein Mann und ich und unsere gemeinsame Tochte von 5,5 Jahren. Wir haben uns nach 22 jähriger Beziehung entschlossen doch noch eine „richtige“ Familie zu werden. Jetzt sind wir verheiratet und haben ein absolutes Wunschkind.
Und obwohl es eigentlich momentan keine wirklichen Probleme gibt, gehen wir total am Stock. Aber das für mich Schlimmste ist, dass es wirklich keiner versteht. Ich glaube, viele denken einfach, es läge am Alter der Eltern (wir waren beide bei der Geburt 42). Das mag vielleicht eine Rolle spielen, denn hätten wir früher gewusst, wie anstrengend unser Leben als Eltern wird, hätten wir definitiv früher angefangen. Aber niemals nie auf diese tolle Erfahrung verzichtet.
Diesen Sommer kommt unsere Tochter vorzeitig in die Schule, sie ist ein Februarkind und wir wohnen in Bayern. Hier entscheidet nicht nur der Elternwille, wir mussten den langen Weg inklusive Schulpsychologin gehen. Es sind sich aber alle einig, dass es wohl die richtige Entscheidung sein dürfte, nur der Kindergarten hat noch etwas Zweifel, unterstützt uns aber bei dem nun eingeschlagenen Weg.
Und jetzt mal in der chronologischen Reihenfolge:
Sie wurde 2015, nach einer völlig unkomplizierten Schwangerschaft und problemloser Spontangeburt, 3 Wochen vor dem Termin geboren. Sie war kein Schreikind und entwickelte sich prächtig. Nur wollte sie nie in den Kinderwagen oder in irgendeine Form von Tragehilfe. Nein, ich musste sie immer auf dem Arm tragen und zwar so, dass sie auch etwas sehen konnte. Auch Autofahren war der Horror solange sie noch im Maxicosi liegen musste. Mit einem Kindersitz machte es ihr dann sogar Spass.
Und Schlafen war auch von Anfang an nicht ihre Sache. Sie hat zwar sehr früh angefangen durchzuschlafen, aber eben nur kurz. Immer so etwa 3-4 Stunden weniger, als die Kinder von Bekannten.
Sie hat sich schon immer wahnsinnig schnell entwickelt, Angefangen zu Sprechen mit 7 Monaten und frei Laufen konnte sie schon im Dezember. Was übrigens auch ein Problem war, schließlich brauchten wir für draußen im Winter ja nun ganz kleine Schuhe.
Unser Kinderarzt war von Anfang an begeistert von ihr hat uns aber auch schon früh gewarnt, dass wir dranbleiben müssen, sie wäre sehr clever und willensstark.
Eigentlich wollte ich die ersten 3 Jahre zuhause bleiben und danach sollte sie in einen ganz normalen Kindergarten hier in unserem kleinen Örtchen.
Nach etwa 1,5 Jahren habe ich allerdings gemerkt, dass ich ihr nicht mehr genüge und auch mein Mann oder der Besuch von Kindergruppen, Spielplätzen, Schwimmen und Musikgruppen bei weitem nicht ausreicht. Also ging sie dann doch mit 20 Monaten in die Krippe. Und obwohl sie sich sehr darauf gefreut hatte, war von Anfang an der Wurm drin.
Schon nach einer Woche meinte sie zu mir:“ Mama, ich bin Falsch. Die anderen Kinder sind anders. „ Sie war so traurig, dass es mir echt mein Mutterherz gebrochen hat. Trotzdem habe ich mich darauf eingelassen, dass es wahrscheinlich nur die Umstellung usw. ist. Sie hatte ja auch keine Probleme mit den Kindern oder den Erzieherinnen. Wurde aber immer apathischer in der Krippe und zu Hause ließ sie die ganze Energie raus, oft bis weit nach Mitternacht. Für unsere Familie war das eine enorme Belastung.
Und obwohl wir viele Gespräche mit den Erzieherinnen führten und schon damals wussten, dass es Unterforderung war, konnten wir nichts erreichen. Nach etwa 4 Monaten habe ich sie dann für etwa 7-8 Wochen daheim gelassen und der Zustand normalisierte sich wieder. Wir gingen auf die Suche nach Hilfe, denn ganz ehrlich, über Jahre hinweg hätten wir den Input, den sie braucht nicht liefern können. Zumal sie auch körperlich auf einem Wahnsinnig hohen Level Energie verbrannte.
Danch ging sie wieder täglich für etwa 2h in die Krippe, einfach, weil ich ein wenig Zeit zum Schlafen brauchte. Aber das war kein Problem mehr für sie.
Wir hatten dann das Glück, in der Stadt in der Nähe eine Einrichtung zu finden, die sich u.a. auf solche Kinder eingestellt hat. Und obwohl sie eigentlich noch zu jung war, es nicht unser Regierungsbezirk war etc., durfte sie ab dem Sommer, also mit 2,5 Jahren den Kindergarten dort besuchen.
Das war zwar viel Fahrerei, ein Weg ist immerhin 25km also muss ich jeden Tag etwa 100km fahren. Öfters kann sie morgens aber auch mein Mann mitnehmen. Aber wir hatten endlich wieder ein glückliches Kind und zwar vom ersten Tag Kindergarten an.
Die Probleme fingen erst wieder nach den letzten Sommerferien an. Da hat sie dort nicht mehr mitgemacht, sich an keine Regeln mehr gehalten und ständig Streit gesucht.
Nun ist aber auch ihr Opa in eben diesen Ferien verstorben, so dass wir echt nicht sicher waren woran die Probleme nun liegen. Deshalb entschlossen wir uns zu einer Testung, um zumindest Unterforderung sicher ausschließen zu könmnen oder eben wieder neue Wege zu suchen.
Sie ist mit dem Wippsi IV von einer erfahrenen Psychologin getestet worden. Und das Ergebnis hat selbst uns (beide selber getestet hochbegabt) umgehauen.
Ihr Gesamt-IQ wurde mit 153 angegeben, wobei sie 2 Bereiche gedeckelt hat und kein Einzelwert unter 130 war. Die Verteilung ist ziemlich homogen. Wobei die eigentliche Aussage war, dass man in dem Bereich nicht genau genug testen kann und sie eigentlich einen schwereren Test bräuchte, das wiederum geht ja nicht aufgrund des jungen Alters.Die Empfehlung ging in Richtung Früheinschulung.
Wir sind dann zum Schulamt und dort wirklich sehr kompetent beraten worden. Gemeinsam mit zwei Psychologinnen wurden noch weitere Kompetenzen „überprüft“, Probetage an zwei verschiedenen Schulen gemacht und auch das Schulspiel durchgeführt.
Es ist schon erstaunlich, wenn es darauf ankommt, liefert unssere Kleine gnadenlos ab. Gleich drei Schulen hätten sie aufgenommen und kein Lehrer oder Pädagoge hat Bedenken angemeldet.
Und auf unsere Befürchtungen hin, dass sie diese tollen Leistungen vielleicht nicht jeden Tag konstant abrufen kann, weil sie eben noch sehr jung ist, heisst es immer nur: „Hauptsache, sie hat die sozialen Kompetenzen. In der ersten Klasse gewöhnen sich viele Kinder noch an die Konstanz.“
Auch körpelich kann sie gut mithalten. Sie ist zwar nicht so besonders groß, eher Durchschnitt mit jetzt 1,10m, aber wirklich verdammt sportlich. Eine Miniolympiade für Kinder ab 6 Jahren hat sie in ihrer Gruppe (etwa 10 Kinder) gewonnen.
Feinmotorisch würde ich sie altersentsprechend einordnen. Mir fällt es schwer das zu beurteilen, weil sie nicht so gerne malt. Schreiben (in Druckbuchstaben groß und klein) kann sie schon recht gut. Wir bekommen neuerdings immer Schilder hingehängt, an ihre Zimmertür. Z.B.:
„Papa bitte draußen bleiben. Dasselbe gilt für Mama. Auch, wenn ich nicht da bin. Ich hab euch aber trotzdem lieb.“
Deshalb haben wir uns entschlossen, sie dieses Jahr einzuschulen. Seit Januar nimmt sie auch am Vorschulprogramm teil und die Probleme im Kindergarten sind weg. Sie will unbedingt in die Schule, auch wenn jetzt neuerdings mal ein paar Tränen kullern, weil sie realisiert, dass sie dann ihre Kindergartenfreunde nicht mehr oft sehen wird.
Mein Mann und ich wünschen sich nichts mehr, als dass sie sich wohl fühlt in der Schule. Und wir sind ziemlich platt nach der ganzen Rennerei und den speziellen Schwirigkeiten wegen der Coronakriese. Unsere Familien reagieren eher ablehnend auf unsere Entscheidung, auch weil noch Cousinen im gleichen Alter da sind. Wir haben auch niemanden von den Testergebnissen erzählt, da haben wir echt Hemmungen. Auch, wenn das bedeutet, dass man nicht öffentlich zu gewissen Persönlichkeitsteilen des eigenen Kindes stehen kann. Das macht mir schon manchmal ein schlechtes Gewissen.
Unsere Tochter hat den Test nicht als solchen wahrgenommen, eher als Rätselspiel und von den Ergebnissen weiß sie auch nichts. Sie spürt aber schon immer mal wieder, dass sie anders tickt, als andere Kinder. Sie ist trotzdem sehr beliebt, wird gerne eingeladen und ihre sehr kreativen und phatasievollen Spielideen kommen sowohl bei älteren, als auch bei jüngeren Kindern gut an.

Sie kann sich woanders super benehmen und akzeptiert dort auch andere Regeln, als zu Hause. (Hier wird sowieso gerne über jeden Pups diskutiert, was mich wahnsinnig macht. Im Großen und ganzen ist es aber wohl wie überall, nicht perfekt aber in Ordnung)) Sie kann sehr höflich sein und hilfsbereit. Zu kleineren Kindern ist sie rücksichtsvoll, bei gleichaltrigen kann sie sich gut behaupten und von älteren wird sie akzeptiert aber das Durchsetzen fällt ihr doch oft schwer. Da spielt sie meistens mit und beschwert sich dann manchmal, dass ihre Vorstellungen zu kurz gekommen seien. Außer bei ihren zwei besten Freundinnen (7 Jahre), da ist es wirklich gleichberechtigt.
Nur gehen die abends um 19 Uhr nach hause, essen zu Abend und gehen dann ins Bett. Bei uns geht der Tag meist bis 22:30 oder 23 Uhr und morgens um 6:15 Uhr wacht sie wieder auf.
Und sie möchte immer Input. Jetzt nicht unbedingt das klassische Schulwissen, (die ersten Worte konnte sie schon vor ihrem 4. Geburtstag lesen) sondern eher das Leben und die Welt an sich.
Auch wir als Eltern wissen inzwischen nicht mehr alles und haben schon einiges dazulernen können. Aber ich will auch nicht jeden Abend meinen Kopf anstrengen, ich sehne mich echt nach Pause und Erholung. Wir haben keine Verwandten im Umkreis von 400km, deshalb sind Auszeiten wirklich selten. Und so etwas wie Paarzeit gibt es eigentlich gar nicht mehr. Gut, dass wir uns schon so lange kennen und lieben und deshalb schon so manche Kriese gemeinsam durchgestanden haben.
Trotzdem denke ich manchmal, dass ich ungerecht bin. Da habe ich so ein Geschenk und ich beklage mich trotzdem noch. Aber eigentlich weniger über mein Kind, als darüber, dass meine speziellen Probleme andere sind, als bei unseren Freunden, Verwandten oder Bekannten. Und ich deshalb ziemlich viel mit meinem Mann alleine ausmache. Auf Verständnis, dass auch ein fittes Kind sehr anstrengend sein kann stoßen wir nie. Wir wären eher viel zu ehrgeizig, was natürlich auch wieder am Alter liegt, oder eingebildet, weshalb tut es denn sonst nicht der Dorfkindergarten, der ja für alle anderen Kinder auch gut genug ist? Deshalb schweigen wir woanders lieber komplett darüber.

So, jetzt habe ich das wichtigste, was mich persönlich belastet und auch das, auf das ich stolz bin, mal aufgeschrieben und es tat wirklich gut! Danke fürs Lesen und vielleicht kennt der ein oder andere ja diese zerissenen Gefühle.
sinus
Dauergast
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Re: Neu hier

Beitrag von sinus »

Wow, da habt ihr ja wirklich ein Clevere.
Und ich kann deine Sorgen sehr gut verstehen.
Ich bin allein erziehend mit zwei schlauen Kindern (6 und 11,5) und auch sie sind Wenigschläfer und tw nicht so leicht zu nehmen. (besonders die ältere Tochter)
Und ich kenne auch das Dilemma, dass man über gewisse Probleme nicht oder nicht gut sprechen kann.
Immer habe ich (leider die oft berechtigte) Sorge, in erster Linie als Mutter, die ihr ganz besonderes Kind hervorheben mag, rüberzukommen. Oder "überdramatisiere" und Probleme sehe, wo gar keine sind.
(Statt das man sieht, dass ich wirklich Rat brauche und Sorgen loswerden möchte, die durchaus vergleichbar sind mit den Sorgen, wie sie andere mit Kindern haben, die bspw ein Defizit oder gesundheitliche Probleme haben)

Ich habe aber zumindest im Freundeskreis inzwischen einige, die über den Test bescheid wissen (sie alle haben selbst sehr kluge Kinder) und wo ich zumindest etwas freier sprechen kann.
Aber auch da ist das nicht so einfach. Immer empfinde ich ein kleines Gefühl der Scham, mit solchen Themen anzukommen, halte vieles doch lieber zurück...
Ich habe bspw eine Freundin, die selbst hoch- womöglich sogar höchstbegabt ist und zwei vermutlich hochbegabte Kinder hat, die dann immer sagt, ach, die Intelligenz spiele doch letzten Endes keine große Rolle und entscheidend sei die Persönlichkeit und ein psychisch gesundes familiäres Umfeld.
Sie hat ihre Kinder auch nicht testen lassen, obwohl beide tw durchaus verhaltensauffällig sind. (Die Teenager-Tochter ist Underarchiver, hat keine Freunde und verlässt ihr Zimmer kaum, der 6jährige Sohn ist außerhalb auffällig brav und angepasst, zu Hause aber oft sehr aggressiv.)

Aus der Erfahrung mit meiner älteren Tochter heraus, die sich auch schon sehr früh als "anders" wahrgenommen hat und darunter gelitten hat, würde ich empfehlen, dass ihr mit eurer Tochter über ihre Besonderheit sprecht. Sie wird, so wie du das hier beschreibst, auch in der 1. Klasse noch kognitiv einen Riesenvorsprung haben und sich vermutlich auch wieder anders fühlen.
Schon meine 6jährige, die unter der hb-Grenze getestet wurde, ist anders als die Peers und merkt das selbst auch. Ich hatte gerade beim Vorschulfest kürzlich auch selbst die Möglichkeit, sie direkt in der Altersgruppe - also zusammen mit den anderen Vorschülern - beobachten zu können und ich sah auch deutliche Unterschiede.
Von zu Hause kenne ich sie ganz anders, als ich sie dort erlebt habe und auch der Kindergarten beschreibt sie anders (zurückhaltend, still, wenig aktiv), als ich sie hier erlebe. (Hier immer voll dabei & selbstbewusst, aber hier spielt sie eben auch immer mit wesentlich älteren, selbst gewählten Kindern, nicht mit der Altersgruppe)
Und ich finde selbst die anderen Kinder ihres Alters auch ziemlich anders. Da wundert es mich nicht, dass sie das selbst auch merkt.
Und wie gesagt - die Kluft zum Durchschnitt ist bei ihr ja sehr viel geringer, als bei deinem Kind!

Also wie gesagt - ich würde dem Kind wohl erklären, dass sie ein "Turbogehirn" hat, was viel schneller und manchmal etwas anders arbeitet, als das der meisten anderen Kinder. Dass es andere wie sie gibt, aber die ziemlich selten sind. Dass sie sich darum evtl. manchmal anders/fremd fühlt und die anderen evtl nicht so gut versteht und sie sie auch nicht unbedingt immer.
Und dass sie darum vieles schon kann und versteht, was andere noch nicht können.

Meiner 6jährigen (getestet mit 5 Jahren 1 Monat) habe ich damals gesagt: "Du bist zwar gerade erst 5 geworden, dein Kopf ist aber schon 6 Jahre alt!"
Ich habe ihr gesagt, dass manche Kinder eben schneller wachsen als andere und dann viel größer sind als die anderen, ihnen dann auch die Sachen für gleichaltrige Kinder nicht so gut passen, dass es unbequem ist und sich komisch anfühlt, wenn sie dann viel zu kleine Schuhe oder Pullis anziehen müssen und das evtl auch für andere dann komisch wirkt.
Dass es genauso auch mit dem Kopf bzw dem Denken ist. Dass man das dann nur leider nicht so schnell sieht, wie das mit der Körpergröße und darum auch nicht immer die passenden Sachen für sie finden kann bzw nicht gleich merkt, wenn was nicht ganz passt.
Sie hat dann tatsächlich in der Folgezeit das auch immermal wieder aufgegriffen und hat, wenn sie was konnte oder verstand (ein Spiel/Spielregeln bspw), was andere zu ihrem Erstaunen noch nicht konnten, sich das selbst erklärt, indem sie meinte: "Das liegt bestimmt daran, dass mein Kopf schon 6 ist..."
Ich glaube, das gab ihr mehr Selbstvertrauen und half ihr, sich selbst besser einzuordnen und ich finde, so klingt das nicht eingebildet und ich glaube auch überhaupt nicht, dass es zu Überheblichkeit beim Kind führt. (Meine beiden Mädchen zweifeln eher an sich, als dass sie zu Überheblichkeit neigen und ich denke, das ist die häufigere Variante bei hb-Mädchen )
Aber es erklärt ihr, warum sie sich manchmal "anders" vorkommt und dass das völlig ok ist, mit ihr trotzdem nichts falsch ist.
Das hat nämlich meine große Tochter so für sich geschlussfolgert, schon sehr, sehr früh. Und wir haben bis jetzt alle Hände voll zu tun, ihr Selbstwertgefühl zu verbessern, was sehr schlecht ist.

Sie wurde übrigens mit 9,5 getestet und hatte selbst schon vorher ein Buch über Hochbegabung bei mir gefunden und heimlich reinlesen. Sie hat mich dann direkt gefragt, ob ich glaube, dass sie das betreffen könnte.
Hinterher war sie dann überrascht, dass sie tatsächlich entsprechend abgeschnitten hatte und ich habe mit ihr auch darüber gesprochen. Ihr Abschnitte aus Büchern vorgelesen und mit ihr besprochen, vor allem die, die deutlich machten, dass sie eine "normale Hochbegabte" ist und vieles von dem, was sie als "anders" wahrnahm, mit der Hb im Zusammenhang steht. Sie hat dann auch viele Erlebnisse aus Kindergarten und Schule unter neuem Licht gesehen und konnte eine andere Haltung dazu finden.
Das hat ihr sehr geholfen und ihr etwas mehr Selbstbewusstsein gegeben, so mein Eindruck. (Auch wenn sie nach wie vor unter schlechtem Selbstwertgefühl leidet, sich selbst gegenüber sehr kritisch ist, ihren eigenen Ansprüchen nie genügt und mit ihrem intensiven Fühlen und Erleben und jetzt noch mit der beginnenden Pubertät nicht besonders gut klarkommt...)

Die Zerrissenheit zwischen Stolz & Freude einerseits (diese Kinder, ihre Gedanken- und Gefühlswelt sind wirklich faszinierend) und Sorgen und Überforderung andererseits (man kann so oft nicht auf "Schema F" zurückgreifen, muss oft neue, ungewöhnliche Wege beschreiten, seinen Standpunkt und seine Erwartungen über den Haufen werfen, Grenzen überschreiten und das dann auch noch gegenüber anderen verteidigen...) ist mir auch allzu bekannt.
Sei froh, dass du noch deinen Mann hast. :fahne:
Ich habe hier außer meine Mutter keinen, mit dem ich da völlig offen sprechen kann und der das ganze Ausmaß mitbekommt und einschätzen kann - meine Mutter als Oma, obwohl im gleichen Haus wohnend und darum recht nah dran, ist vermutlich weit weniger involviert, als es evtl. ein Papa wäre.
Zwar hat sie sich auch zumindest ein bisschen eingelesen und unterstützt mich bei Entscheidungen mit Rat und ihrer Meinung, aber sie sagt auch selbst immer wieder, dass sie froh sei, nur die Oma zu sein und letzten Endes keine Entscheidungen treffen zu müssen. (Wenn es bspw um die Schulwahl, frühere Einschulung geht, oder darum, ob ich mit meiner großen Tochter eine Therapie anstreben sollte, inwieweit Lehrer in der Schule informiert sein sollten usw usf... das ist oft eine ganz schöne Last, das allein entscheiden zu müssen und wie oft zweifele ich dann auch daran, das alles richtig zu entscheiden/entschieden zu haben...)

Naja, und den Alltag - mit niemals Feierabend und der Aufgabe, Unterforderung in Kita und Schule aufzufangen und den Herausforderungen, die fehlende Passung sonst noch so mit sich bringen (besagtes Gefühl der Andersartigkeit bspw, Schwierigkeiten, passende Freunde zu finden, die Sensibilität bzw das extrem tiefe Empfinden, die Kluft zwischen Denken und Fühlen, Kognition und Alter) ... ja die trage ich hier ebenfalls allein.
Wie oft ich nach 23 Uhr, wenn die Kleine dann schläft, mit der Großen noch lange, emotionale, oft problematische Exklusivgespräche führe, weil sie mir all ihre Sorgen und Gedanken mitteilen möchte und das alles irgendwo lassen muss, um nicht zu "platzen". (Bzw bei ihr eher implodieren).

Da bin ich dann wirklich oft froh, ein Forum wie dieses zu haben und mir auch da Rat holen zu können und bestimmte Sachen schreiben zu können, die ich im Freundeskreis nicht ganz so offen sagen könnte, ohne auch mit dem ungeliebten Thema "HB" anzukommen.

Ich finde aber auch, ich habe jetzt beim zweiten Kind schon sehr viel dazugelernt, mich viel belesen, vieles schon erlebt und durchlebt, viele Gespräche geführt, habe einen gut zu mir UND den Kindern passenden Freundeskreis (bei meiner Großen damals kam ich kurz vor ihrer Geburt nach 5 Jahren woanders gerade erst wieder zurück in die Heimat und musste mir erst einen Freundeskreis aufbauen) und nach dem Test der Großen, dessen Ergebnis ich eigentlich schon im ersten Lebensjahr gemutmaßt hatte, meiner Wahrnehmung aber lange nicht wirklich getraut habe, auch mehr Selbstvertrauen und Sicherheit, öfter mal meinem Bauchgefühl zu vertrauen und nicht immer so viel an ihm zu zweifeln.

Habt ihr euch vor Ort schonmal nach einer Gruppe der DGhK umgesehen?
Das könnte sowohl für euch Eltern, als auch für deine Tochter sehr hilfreich sein.
Auch Mensa hat mitunter Elterngruppen.
Zuletzt geändert von sinus am Mi 15. Jul 2020, 15:31, insgesamt 13-mal geändert.
Die Blätter sind bunt
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(Herbstgedicht der 6jährigen)
Katze_keine_Ahnung
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Re: Neu hier

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

Hallo,

wir sind auch in Bayern. Mein jungste ist bald 7 und kommt im Herbst in die 3. Klasse. Er hat die ersten zwei Jahre der Schule mit Höhen und Tiefen überstanden. Seitdem Coronaauflagen gelten hat ihn die Lust vollständig verlassen. Viel würde ich von bayerischem Schulsystem in der Grundschule nicht erwarten. Jede Art der HB-Förderung in der Grundschule ist hier eingentlich unerwünscht. Im besten Fall wird deine Tocher auf die Lerherin treffen, die ihr einige langweilige Aufgaben, die sie schon mit 4 konnte, erlässt. Im schlimmsten Fall muss sie genauso viel As und Os schreiben wie die Anderen.
sinus
Dauergast
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Re: Neu hier

Beitrag von sinus »

Hetepheres hat geschrieben: Auch, wenn das bedeutet, dass man nicht öffentlich zu gewissen Persönlichkeitsteilen des eigenen Kindes stehen kann. Das macht mir schon manchmal ein schlechtes Gewissen. .
Dieses Dilemma kenne ich auch und da mache ich mir in der Tat manchmal so meine Gedanken, ob genau das nicht destruktiv für meine Große war, also dass mir so manches eher "peinlich" war bzw ich bestimmte Leistungen und Fähigkeiten tw etwas heruntergespielt habe.
Bspw wenn sie von anderen Müttern für etwas bewundert wurde, was sie schon kann, recht schnell abgewiegelt habe und dann versucht habe, das Thema zu wechseln und eher auf Probleme zu lenken, die ich mit ihr hatte/habe bzw über etwas zu sprechen, was sie noch nicht so gut kann, wie andere Gleichaltrige. (...wie ungern sie auf Kindergeburtstage geht, dass sie keine Wett-Spiele mitmachen mag, in neuen Situation so zögerlich ist, dass sie nicht bei anderen übernachtet, nicht im eigenen Bett schläft u.ä.)
Gerade so ein kluges, sensibles Kind bekommt das sehr schnell mit...
Im Grunde meines Herzens war ich in so Situationen natürlich eigentlich auch stolz auf mein Kind, aber ich mochte und konnte es nicht recht zugeben.
Bei der Kleinen jetzt handhabe ich das darum bisschen anders. Da stehe ich mehr dazu, dass sie klug und weit ist und thematisiere möglichst in normalen Gesprächen auch keine Defizite.

Natürlich wäre/ist es auch peinlich, das ständig irgendwie hervorzuheben, aber das muss man ja gar nicht. Man kann das ja "normal" thematisieren.
Und sollte ggf weniger Angst haben, wie man damit bei anderen rüberkommt.
Vielleicht muss man sich da nur bisschen dran gewöhnen.

Wie will ich meinem Kind beibringen, zu sich selbst zu stehen, wenn ich es auch nicht kann?
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Katze_keine_Ahnung
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Re: Neu hier

Beitrag von Katze_keine_Ahnung »

@sinus

ich glaube nicht, dass den Kindern es in erster Linie um ihren Gefühl des Misfits geht. Sie schauen sich an, wie gut die anderen miteinander auskommen, und fragen sich, warum sie nicht dazu passen. Sie suchen die Schuld bei sich: "Irgendwas stimmt mit mir nicht".

Das Hauptproblem ist nicht die Familie, sondern der Mensch an sich. Man teilt fast von der Geburt an die Menschen auf: die zu denen ich gehöre auf einer Seite, Fremde und Eindringlinge auf der anderen. Es zieht sich dann das ganze Leben lang durch und es ist eine aktive Hilfe nötig, um ein Fremdling zu integrieren. Nicht weil die anderen Kinder böse sind, sondern weil sie ganz natürliche Entwicklung durchlaufen. Integration von Andersartigen ist die Höchstleistung der Menschlichkeit. In der Tierwelt gibt es sie so gut wie nicht. In Afrika werden immer noch Albinos getötet. Für die erfolgreiche Integration braucht man Anstrengung der beiden Seite. Einerseits muss jemand die Kindergruppe moderieren und die anderen Kinder dazu bringen das anderes denkende/aussehende/ glaubende Kind zu akzeptieren. Andrerseits muss das Kind stark genug sein, immer wieder zu versuchen in die Gruppe reinzukommen, obwohl es schon so oft abgelehnt wurde. Hier können die Eltern helfen und das Kind unterstützen und die Selbstbewusstsein nicht in den Keller sinken zu lassen.

Bei der Begabung kommt oft das Problem hinzu, dass Eltern der schlauen Kindern Arroganz ausstrahlen und ihr Kind für was Besseres, die anderen automatisch für minderwertig halten. Das verschafft der Begabung ihre Abneigung in der Gesellschaft. Dabei decken die Eltern mit ihrer Arroganz nicht selten ihr Schmerz ab, der in ihrem Elternherz dadurch entsteht, dass die Kinder abgelehnt werden. Ich bin mit den Großen auch sehr vorsichtig gewesen indem was ich sagte und erzählte. Mittlerweile ist mir das egal und ich rede offen. Wer das nicht ertragen kann, der kommt eher als Freund meiner Kinder nicht in Frage. Viele sind aber überraschend offen, und nachdem sie sehen, dass die Kinder nicht wie Paganini von früh bis spät im Keller mit der Geige sitzen, nehmen sie die Kinder ganz normal als Kinder wahr. Wem die Werte meiner Familie nicht passen, dem zwinge ich meine Gesellschaft auch nicht auf.
alibaba

Re: Neu hier

Beitrag von alibaba »

Hetepheres hat geschrieben: Auf Verständnis, dass auch ein fittes Kind sehr anstrengend sein kann stoßen wir nie.
Ihr kennt eindeutig die "falschen" Leute. ;)

Hetepheres hat geschrieben: Wir wären eher viel zu ehrgeizig,
Ist dem denn so?
Hetepheres hat geschrieben: was natürlich auch wieder am Alter liegt, oder eingebildet, weshalb tut es denn sonst nicht der Dorfkindergarten, der ja für alle anderen Kinder auch gut genug ist?
Wir hatten unsere Kinder auch nicht im Ortskindergarten. Hat mit HB gar nichts zu tun. Trotzdem fanden es dann doch einige Eltern der Umgebung befremdlich.

Hetepheres hat geschrieben: Deshalb schweigen wir woanders lieber komplett darüber. ……. Danke fürs Lesen und vielleicht kennt der ein oder andere ja diese zerissenen Gefühle.
Wenn Ihr das Gefühl habt, reden zu müssen, solltet Ihr mal schauen, was es denn an HB-Gruppen (DGhK) bei Euch so gibt.

Hallo Metepheres,

selten habe ich hier von einem so strukturierten Vorgehen in Sachen "Begabung, Einschulung, Unternehmungen, Förderungen" gelesen. Ich kann daher den Vorwurf "Ihr wäret zu ehrgeizig" verstehen. Nicht das dem so wäre, aber Ihr legt schon ein ordentliches Tempo vor und ich kann mir gut vorstellen, dass das Einigen in eurem Lebensumfeld eben "Angst" macht oder Versagensängste auslöst - auch unbewusste. Ich kannte eine Mama, die war schon mit ihren "Babys" beim Zahnarzt. Das löste in mir Unbehagen aus, da ich dachte, es auch jetzt so machen zu müssen und wenn ich das nicht tat, "schlecht" zu sein. Dabei macht Ihr ja nur das was Ihr macht, weil ihr es eben so macht und die Bedürfnisse des Kindes nachgeht. Hinzu kommt, beide Elternteile klug und alt und strukturiert, das ist eben eine Hausnummer. Und halt eine die es nicht so oft gibt.

Mit auf euren richtigen Weg geben, kann ich den Rat, sich ein dickeres Fell wachsen zu lassen. Ich denke, wenn ich das so lese, dass auf Euch noch mehr zukommen wird. Mehr auch im Sinne von anders als zum Rest der euch umgibt. Da müsst Ihr für Euch als Kernfamilie sicher sein, dass euer Weg der ist, den Ihr gehen wollt - dann wird das auch akzeptabler, wenn der Rest denkt, Ihr hättet Einen in der Birne. :mrgreen:

Ich hatte übrigens das Glück auf meinem Weg Menschen zu treffen, mit denen ich reden konnte, da es ihnen ähnlich ging. Und wenn es eben nur die Personen der Hobbys meiner Kinder sind. Die gewollte sind, das Kind näher zu betrachten du nach den Gründen, dem warum, fragen. DAS fand ich nie im Schulsystem, aber durchaus auswärts davon.

Im Übrigen möchte ich erwähnen, dass es mit zunehmenden Alter des Kindes auch einfacher für Euch wird. Wenn sich die Kontakte deines Kindes ausweiten. Dafür sehe ich durchaus gute Chancen. Mein 15-jähriger 10.Klässler managt sein Leben mittlerweile alleine. Der fordert und fördert sich selber. Ich bin da jetzt raus.

Ihr geht den, in meinen Augen, richtigen Weg. Den geht Ihr einfach weiter. Gutes Gelingen und eine schöne Einschulung.
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Neu hier

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo Hetapheres!

Erst mal schließe ich mich Alibaba an: ihr macht das schon gut! Es "gut" (im Sinne vom Kind) zu machen und es (anderen) "recht" zu machen ist eben nicht immer dasselbe. Ja, das dicke Fell ist wichtig, auch um ohne WENN und ABER hinter eurer Tochter stehen zu können.

Mein dickes Fell habe ich durch meinen jüngeren Sohn (mehrfach behindert) bekommen. Da kamen so viele Mitleidsbekundungen, blöde Bemerkungen, ungefragte (Erziehungs-)Tipps usw. dass mir schnell klar war, dass die Probleme, die ein "nur" kluges Kind macht, doch manchmal Luxusprobleme sind ;) . Ich schreibe bewusst MANCHMAL weil es natürlich auch echte Missfits gibt, wo das Kind merklich darunter leidet. So, wie du das von deiner Tochter in der Krippen-Situation beschrieben hast. Da ist natürlich schon sehr schwierig, wenn man da als Eltern kein Gehör findet und man zuschauen muss, wie es dem eigenen Kind schlecht geht. Und in solchen Sitationen ist handeln (im Sinne des Kindes) auch unbedingt notwendig. Aber wenn die Mutter XY der Überzeugung ist, ich würde mit meinem Sohn zu Hause ständig irgendwas üben und ihm somit die Kindheit rauben, dann juckt mich das so viel, wie wenn in Peking ein Fahrrad umfällt.

Auch den Glauben, dass ein kluges Kind ein besonderes Juwel ist, das unbedingt den exakt passenden Schliff bekommen muss (und das natürlich von den Eltern), habe ich längst ad acta gelegt. Wenn du deine Tochter beobachtest, schaust, wie sie spielt, was sie interessiert, wie sie interagiert, merkst du schon sehr deutlich, was sie gerade braucht. Und wenn es machbar ist dann bekommt sie es eben. So habt ihr es bisher gehandhabt und daran wird sich in den nächsten Jahren (auch in der Schule) grundsätzlich nicht viel ändern.

Das denken "was die anderen denken" ist kontraproduktiv, weil es
1. oft gar nicht so ist ...und
2. einem Handlungen setzen lässt, die eben NICHT zu DIESEM Kind in DIESER Situation passen

Sinus hat das schön geschrieben wie sie ihrer Tochter erklärt hat, dass sie eben "im Kopf" schon älter ist. Das ist eine sehr treffende, auch für Kinder gut nachvollziehbare Erklärung. Mein jüngerer Sohn ist mit seinen (noch!) 7 Jahren aktuell 140cm groß und auf seiner Kleidung steht großteils "10 Jahre" drauf. Würde da ein Außenstehender darauf bestehen, dass ich ihm für durchschnittliche 7jährige passende Kleidung anziehe, würden das die meisten Menschen befremdlich finden.

Bei der Intelligenz ist das insofern anders, weil oft Neid dabei ist, wenn andere Eltern bemerken, dass ihre eigenen Kinder noch nicht "so weit" sind. Diejenigen Eltern, die selbst intelligent und reif sind, werden das zwar bemerken, aber kein nennenswertes Problem damit haben. Die anderen sind dann diejenigen, die glauben, man würde das Kind zu Hause in jeder freien Minute zu "lernen" drillen weil einfach nicht sein kann, was nicht sein darf (andere Kinder sind offensichtlich klüger als die eigenen). Gott sei Dank sind das aber längst nicht alle anderen Eltern. Wenn es in eurem aktuellen Freundeskreis jedoch viele sind, dann würde ich eher mal die Fühler nach neuen Freunden ausstrecken (ev. über HB-Vereine) ;) .
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Meine3
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Re: Neu hier

Beitrag von Meine3 »

g
Zuletzt geändert von Meine3 am Do 16. Jul 2020, 21:04, insgesamt 1-mal geändert.
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Meine3
Dauergast
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Re: Neu hier

Beitrag von Meine3 »

Hallo Hetepheres (interessanter Nickname übrigens ;) , magst du das alte Ägypten?),

herzlich willkommen hier.

Da hast du ja ein Exemplar zu Hause, holla :D. Ich hoffe, ihr könnt sie trotz der Anstrengungen und dem Gegenwind, den man manchmal zu spüren bekommt, genießen!

Hochbegabte Kinder sind toll. Sie sind klug, sie sind einfallsreich, sie sind oft sehr sensibel...Und ja, auch extrem anstrengend. Ebenso wie normal begabte Kinder übrigens. Auch die können sehr anstrengend sein :mrgreen:.

Der Unterschied für uns Eltern ist wohl aber, dass zum einen die Entwicklung eines HB-Kindes im Zeitraffer geschieht und viele Dinge auch übersprungen werden. Die Anstrengung somit auch irgendwie "komprimierter" wirkt. Zum anderen ist es für uns Eltern eines sehr begabten oder hochbegabten oder, wie in deinem Fall gar höchstbegabten Kind nicht so einfach sich über diese Anstrengungen und Sorgen, Ängste und Ärgernisse auszutauschen. Und das sich untereinander austauschen nimmt schon oft den Druck, eine Last von einem, die wir Eltern eines begabten Kindes oft alleine zu tragen haben, da unsere Probleme keiner "hören" will. Dieses Thema emfpinde ich in BRD fast als Tabuthema oder eher gesagt, habe ich den Eindruck als sehen es viele Menschen als Modeerscheinung. Was Unfug ist, da es Hochbegabung schon immer gab. Dass es ebenso wie bei der "Modeerscheinung" ADHS unter all den "Möchtegern"-Fällen oder Verdachtsfällen auch ECHTE Treffer gibt, das wird nicht gesehen und nicht ernst genommen und auch oft belächelt.

Denn was passiert, wenn ich offen sage: mein Kind ist besonders begabt. (Deswegen habe ich folgende Probleme mit ihm. Das und das ist schwierig, manchmal wünschte ich, dass...) Dann klingt das für das Gegenüber wie:"Mein Kind ist besonders begabt....Und dein Kind NICHT." Entweder kommt Neid oder Ärger auf oder es werden (zumindst innerlich) die Augen gerollt und gedacht:" schon wieder so eine, die denkt, ihr Kind sei besonders schlau."

Gerne hätte ich als Mutter eines solchen Kindes schon mehrfach den hohen IQ gegen unauffälliges Sozialverhalten und ein ausgeglichenes Wesen eingetauscht :schwitz:... Aber das hört das Gegenüber da nicht raus. An kommt nur:"mein Kind ist klug, und deins ist nicht so klug.Ätsch" Auch wenn man das überhaupt nicht damit sagen möchte. DAS ist das, was hängen bleibt. Und das ist Neid oder auch einfach Unverständnis. Und ich verstehe das ehrlich gesagt nicht. Ich kann es nachvollziehen, aber ich verstehe es nicht. Ich bin doch auch nicht neidisch, dass mein Kind nicht homogen bei 140+ liegt, weil er ein total heterogenes Intelligenzprofil zeigt, während andere Kinder hier schön homogen hochbegabt oder höchstbegabt sind. Im Gegenteil. Ich finde das interessant und schön. Die Welt ist ungemein bunt und wir alle sind Teil dieses Farbspektrums. Jede Farbe hat seine Wichtigkeit, seinen Platz, seine Bedeutung und Aufgabe.

Ich habe das große Glück, dass mein Neffe höchstbegabt ist (bei uns liegt HB auch in der Familie :fahne: ) und daher habe ich schonmal meinen Bruder und seine Frau als ein Elternpaar in der Verwandtschaft, mit denen ich mich austauschen kann. Nur schade, dass ihr Sohn (mittlerweile 18) ein Musterknabe und die Ausgeglichenheit in Person ist, während mein sehr heterogen hochbegabtes Kind, das vermutlich zusätzlich noch ADHS hat, genau das Gegenteil ist. Mein Bruder und seine Frau halten demnach viele Dinge, die ich denke, beabsichtige oder tue für unsinnig, weil das IHR Sohn SO nie getan, gemacht oder gebraucht hat. Angefangen bei Hector-Akademien - ihr Sohn fand das furchtbar, mein Sohn hätte es sicherlich toll gefunden, wegen Corona fanden jedoch leider keine Kurse statt :roll:-, dem Klassensprung - ihr Sohn war immer sozial sehr gut integriert, mega-angepasst in der Schule, unaufffällig, dabei ein Hochleister. Mein Sohn ist immer wieder verhaltensauffällig, findet Freunde, aber nicht so schnell und leicht, er polarisiert sehr, stört den Unterricht durch ständiges reinrufen (er will nicht stören, er macht das um bei der Stange zu bleiben und nicht abzuschalten. Es ist immer unterrichtsrelevant und IMMER richtig, nur stört es halt den gesamten Ablauf und ist eben nicht gruppenkompatibel) und zeigt durchaus Brillianz und dann wieder Flüchtigkeitsfehler und Faselein bei zu einfachen Aufgaben....Und so weiter. Was ich damit sagen will: ja, es tut gut mit anderen "Gleichgesinnten" oder "Betroffenen" zu sprechen, auf der anderen Seite kann man auch hier auf Unverständnis stoßen :geek: oder eben einfach unterschiedliche Meinungen. Dann habe ich noch eine Freundin, deren Sohn getestet hochbegabt ist und ebenfalls eher schwierig im Sozialverhalten, aber lediglich daheim und im privaten Umfeld, in der Schule benimmt er sich tadellos. Mit ihr kann ich mich gut austauschen. Und dann gibt es eben noch dieses Forum hier. Halleluja.


Sobald man aus dem Rahmen fällt, egal in welche Richtung, fällt man eben viel leichter auf, ist viel leichter Opfer von Neid, Mitleid, Unverständnis, Skepsis, etcpp. Ich habe mein halbes Leben (mindestens) damit verbracht, mich auf Biegen und Brechen anzupassen oder zu verstecken. Wirklich richtig gut gelungen ist mir das immer nur für kurze Zeit und GLÜCKLICH hat mich das auch nicht gemacht. Ich war ja nicht ich, sondern so wie ich dachte, dass mich die anderen haben wollen.

Für meine Kinder wünsche ich mir das nicht. Ich gehe mit dem Thema HB nicht hausieren, aber wenn ich jemanden näher kenne und man sich über die Kinder austauscht, dann erzähle ich auch von unseren alltäglichen Problemen und wenn nachgehakt wird warum und wieso, dann sage ich warum und wieso :fahne:. Und wenn nicht, dann nicht.


Mein Sohn soll jetzt springen von der 1. in die 3. nach den Sommerferien. Ich wollte den Sprung für meinen Kind nicht, auch hätte ich nicht gedacht, dass es nötig sein wird. Ich habe das genau zwei Personen außerhalb bislang davon erzählt (in der Familie weiß es noch niemand, außer eben mein Mann und meine Kinder). Dennoch weiß es jetzt das halbe Dorf :roll: :roll: und ich will nicht wissen, was da geratscht wird. In unserer Schule ist ein Klassensprung eher ungewöhnlich. Who cares? Mich kümmerts nur noch bedingt.


Vor einem Jahr habe ich mich noch genau so gefühlt wie du. Ich war irgendwie traurig und verärgert und enttäuscht, dass man als Eltern eines begabten Kindes offensichtlich nicht frei von der Leber weg den Stolz, aber auch die Sorgen mit anderen Eltern teilen kann, dass man oft "allein" da steht oder in eine falsche Schublade gesteckt wird (Stichwort: Eislaufmutti) und somit meist einfach den Mund hält, wenn andere über ihre Kinder reden, was dann auch wieder "seltsam" rüberkommt. Mittlerweile sage ich mir: was interessieren mich DIESE Leute, die mich misgünstig anschauen, die ein Urteil über uns fällen, obwohl sie uns nicht wirklich kennen oder die neidisch sind oder gar Mitleid haben, die denken man sei eine schlechte Mutter, das läge alles an der Erziehung (sowohl die HB als auch das schlechte Verhalten)... Ich bin immer noch manchmal irgendwie traurig darüber, dass man dadurch irgendwie einfach immer in einer Art Außenposition spielt, aber ich versuche es nicht mehr an mich ran zu lassen und mich an die Menschen zu halten, die mir freundlich gesinnt sind, die uns als Familie gut kennen und mögen und richtig einschätzen und sehen. Ihr werdet sicher auch Menschen finden, mit denen ihr euch darüber austauschen könnt, auch außerhalb des Forums. Aber das dauert ein wenig. Empfehlen kann auch ich die DGhK. Hier gibt es Elterntreffen in der Region. Allein da findet man schon sehr viele Menschen in der "realen" Welt, die die selben Probleme, Gedanken und Sorgen haben und mit denen man die Erfahrung teilen kann.

Abgesehen von den sozialen Problemen oder der Position, in die man eventuell gedrängt wird, finde ich es bedauerlich, dass es immer noch keine wirkliche Lobby für begabte Kinder gibt. Klar, es hat sich in den letzten 10 Jahren was getan. Aber ich frage mich ernsthaft, warum man dieses Potenzial nicht vieeel besser nutzt, indem man Begabtenförderung mehr nach vorne bringt, das Thema Hochbegabung aus der Ecke holt und ins Rampenlicht stellt. Recht sicher ist dies, wie so oft, schlicht eine Frage des Geldes. Das finde ich jedoch sehr kurzsichtig gedacht. Auf lange Sicht profitiert die gesamte Gesellschaft davon, kluge Menschen zu fördern.


Das 1. Schuljahr ist sehr aufregend. Da passiert viel. Nicht unbedingt rein inhaltlich :mrgreen: , aber eben sozial. Wir hatten das Glück eine sehr menschliche und fein beobachtende Lehrerin zu bekommen und gleichzeitig das Pech, dass an dieser Schule Begabtenförderung quasi ein Fremdwort ist. Nichts desto trotz wurde UNS der Sprung nun von KL-Seite nun empfohlen. Und wir sind gespannt wie es laufen wird. Ich wünsche euch viel Glück mit der Einschulung, dass euer Kind eine Lehrerin (oder einen Lehrer) bekommt, die (der) "Bock" auf Differenzierung hat und die (der) die Kinder wirklich "sieht". Es gibt Lehrkräfte, die bekommen den Spagat zwischen den verschiedenen Leistungsprofilen hervorragend hin und differenzieren innerhalb des Klassenverbundes. Es gibt Lehrkräfte, die können oder machen das kaum. Bei einem höchstbegabten Kind kann es aber unabgesehen davon gut sein, dass Differnzierung nicht reichen wird, so gut sie auch sein mag, und es früher oder später springen will/wird/muss, wenn sogar mein nicht so hervorragend performender Sohn springen soll/muss (aber hier wurde wie gesagt nur seeeeeehr halbherzig differenziert, eigentlich garnicht)...
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.
Hetepheres
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Re: Neu hier

Beitrag von Hetepheres »

Wow, ganz schön viele Antworten, Danke!

Leider kann ich nicht täglich hier reinschauen und schreiben. Aber irgendwie ist es auch spannend gleich so viel auf einmal zu lesen und dabei so unterschiedliche Menschen und deren Geschichten kennenzulernen.
Ich versuche mal der Reihenfolge nach zu „antworten“.

Hallo sinus,

gleich zwei hochbegabte Kinder und das alleine wuppen, Hut ab. Das habe ich mir nicht zugetraut. Eigentlich hatten wir nämlich vor, nachdem das mit dem ersten Kind so wunderbar einfach und schnell geklappt hat, es noch mit einem weiteren zu probieren. Aber schon nach etwa einem ¾ Jahr habe ich gemerkt, dass ich das nicht schaffen werde. Auch, weil ja in einem gewissen Alter Krankheitsrisiken wahrscheinlicher werden. Und zwei „besonderen“ Kindern wirklich gerecht werden, ist schon eine Mordsaufgabe.
Da muss ich jetzt gerade auch an Rabaukenmama denken, denn ich glaube, es ist wirklich egal, in welche Richtung ein Mensch von der Norm (ich hasse diesen Ausdruck für alles was lebt, meine damit eher eine gewisse Erwartungshaltung) abweicht.
Ein zentraler Bestandteil unserer Erziehung ist es, dass wir versuchen zu vermitteln, „So, wie du oder auch andere sind, ist es Ok. Jeder ist einzigartig und in dieser Einzigartigkeit genauso gewollt, von welchem Gott o.Ä. auch immer. Das bedeutet, dass man sich selber so annehmen muss, wie man ist, aber auch eben die anderen. Man muss nicht jeden mögen oder von jedem gemocht werden, aber man muss erst mal jeden respektieren.
Und deshalb sehe ich das ein wenig kritisch, ob ich speziell meine Tochter über die Art ihrer Individualität direkt „aufklären“ möchte oder ob es besser ist, sie das selbst erfahren zu lassen.
Im Moment gehen wir noch den zweiten Weg. Haben aber auch das Glück, dass der Kindergarten, den sie besucht, eine Integrative Einrichtung ist, mit Kindern, die wirklich viele unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen. Seien es nun Einschränkungen, Nationalitäten, besondere Begabungen oder auch die sozialen und finanziellen Aspekte, es ist wirklich alles vertreten.
Sie gehen dort sehr offen mit diesem Thema um, was auch bedeutet, dass alle Angebote (außer dem speziellen Vorschulprogramm) allen Kindern offen stehen. Natürlich bekommen auch manche Kinder Therapien oder andere Förderung während der Kindergartenzeit. Aber selbst da ist es so, dass die „normalen“ auch mal teilnehmen dürfen, wenn dies von dem betreffenden Kind erwünscht ist. Manche machen es sogar lieber mit anderen zusammen. Unsere Tochter war so auch einige male bei Therapien für Kinder mit Entwicklungsverzögerungen, ADHS, Autismus, Wahrnehmungsstörungen etc. dabei. Und sie war ganz begeistert, hat sogar hier zu Hause manche Übungen gemacht zu Mimik oder Motorik und mir erklärt, warum das wichtig ist und wofür man das braucht.
Ich habe dabei gelernt und geshen, dass es Kinder wirklich total egal ist und sie mit Andersartigkeit eigentlich besser umgehen können, als wir Erwachsenen. Und deshalb habe ich Hemmungen da wirklich aktiv einzugreifen.
Zu ihrem Geburtstag hat sie z.B. einen autistischen Freund eingeladen, einfach, weil sie ihn mochte und sie selber entscheiden darf, wen sie einladen möchte. Die Mutter war etwas besorgt und rief mich gleich an. Sagte, dass ihr Sohn bisher noch nie eingeladen wurde, sich aber unbändig darüber gefreut hat. Sie befürchtete allerdings Probleme, wenn sie nicht dabei bleiben könnte, er nicht alle Spiele so mitmacht, wie die anderen oder der Lärmpegel zu hoch wird. Da die Kinder sonst ja auch miteinander klarkommen, müssen wir Erwachsenen das jawohl auch. Also absprechen, Lösungen suchen und machen.
Und ich hoffe einfach, dass mein Kind dabei lernt, dass es nicht schlimm ist, anders zu sein. Schlimm ist es, wenn das trotz Reden und Bemühen nicht toleriert wird.

Hallo Katze_keine_Ahnung,
ja, über das bayrische Schulsaystem haben wir inzwischen viel gehört. Wir sind aber beide aus anderen Bundesländern und haben somit keinerlei Erfahrung.
Allerdings habe ich ja geschrieben, dass wir beim Schulamt wirklich gut beraten wurden. Da ist uns mitgeteilt worden, dass es an jeder bayrischen Grundschule einen Beauftragten für Hochbegabung gibt. Das dieser „Posten“ aber nicht weiter mit Inhalt gefüllt ist. Es also von jedem Lehrer persönlich abhängt, ob er diese Position mit Leben und Engagement wahrnimmt oder nur einmal im Jahr nen Aushang macht.
Desweiteren wurden wir auch über die speziellen Probleme in der Grundschule, gerade was die Lerngeschwindigkeit angeht, hingewiesen. Wir haben deshalb auch sehr ausführlich über alternative private Schulen gesprochen und uns im Nachgang einige angeschaut, mal mizt Tochter, mal ohne.
Montessori hat unserer Kleinen z.B. gar nicht gefallen, sie meinte, das wäre ja wie spielen.
Wir haben uns jetzt für eine private entschieden, wo jeweils die 1. und 2. Klassse, sowie die 3. und 4. Klasse gemeinsam unterrichtet werden.
Es sind immer so zwischen 22 und 25 Kinder in einer Klasse und täglich 3-4 Pädagogen. Ebenfalls eine integrative Schule und eine der Sozialpädagogen in der Klasse meiner Tochte wird im Herbst ihre Zusatzqualifikation im Bereich Hochbegabung abschliessen.
Es wird zwar nach bayrischen Lehrplan unterrichtet, der Schwerpunkt liegt aber eher auf Lernkompetenz und Eigenständigkeit. Was bedeutet, dass sie für einen Übertritt später, egal wohin, eine zusätzliche Prüfung machen muss. Aber das ist ja noch in weiter Ferne.
Wir hoffen jetzt erst einmal, dass dieses Konzept in der Praxis funktioniert und für unsere Tochter passt.

Und jetzt zu deinem zweiten Punkt, der Integration ganz allgemein. Ja, ich glaube auch, dass das wirklich eine Höchstleistung der Menschlichkeit ist, sogar etwas, was uns überhaupt als Mensch auszeichnet und nahezu einzigartig macht. Übrigens ebenso, wie Hilfsbereitschaft, die Fähigkeit sich in das Denken und Fühlen anderer bis zu einem gewissen Grad, hineinversetzen zu können und das Teilen.
Meiner Meinung nach alles Dinge, die eine Gesellschaft reicher machen und das durchaus auch materiell, nicht nur sozial gesehen.

Ja vielleicht wirken wir als Familie auf den ersten Blick arrogant. Aber ich denke weniger durch unsere Begabung, bzw. Intelligenz, sondern eher durch unser Auftreten. Wir strahlen Sicherheit und eine gweisse Autorität aus. Und da kommt wieder die Lebenserfahrung ins Spiel. Wir sind schon viele Wege gegangen, haben viel von der Welt gesehen und gerade mein Mann ist beruflich sehr erfolgreich, was mir nie wichtig war und wo mir auch der Ehrgeiz fehlte.
Aber wir sind Praktiker und Lösungsorientiert. Wir legen beide keinen Wert auf Statussymbole und können auch körperlich gutb anpacken.
Wir müssen nicht mit allen gut befreundet sein (das ist eine Sache, die dauert bei uns etwas länger) aber es soll niemand Angst vor uns haben, wenn er mal Hilfe braucht. Und genau das macht die Sache auch wirklich kompliziert. Die meisten denken von uns, wir schaffen eh allles und wissen immer, was zu tun ist. Wir werden sehr, sehr oft mit vielen Problemen anderer konfrontiert. Das es bei uns selber auch nicht immer rund läuft, dass wir wirklich an unsere Grenzen kommen oder gar, dass es auch mal echte Probleme gibt, kann oder will sich niemand vorstellen.
Wir müssen stark und zuverlässeig sein. Und genau diese Erwartungshaltung ist uns schon in Fleisch und Blut übergegangen. Klar, das ist unser Fehler, es ist aber auch schwer daran etwas zu ändern. Wir sind aber dabei, denn niemand ist ein Übermensch und jeder hat seine schwaschen Seiten. Wenn wir nicht daran arbeiten, wird unsere Tochter zwangsläufig mal einem Druck ausgesetzt sein, der nicht berechtigt ist.

Und Hallo alibaba,

ein wenig habe ich ja schon zu den von dir angeführeten Punkten geschrieben, die Themen überschneiden sich halt immer.
Aber ja, wir haben seit Ende letzten Jahres Kontakt zu einer Elterngruppe mit Hochbegabten Kindern gesucht und auch aufgenommen. Leider kam dann Corona dazwischen, so dass bisher erst zwei Treffen stattfanden, die aber sehr nett waren.

Ich finde es erstaunlich, dass du gerade den Begriff strukturiert nennst. Das würden wahrscheinlich viele Menschen tun, gerade, wenn sie uns besser kennen. Ein wenig kann man das mit der von mir oben beschreieben „Austrahlung“ unserer Familie vergleichen.
Denn ich denke, eigentlich ist unser Verhalten genau das Gegenteil von strukturiert oder geplant.
Sondern eher ein bloßes Reagieren auf die sich immer verändernde Situation.
Zuerst wollten wir die kleine 3 Jahre zu Hause betreuen, ging nicht, da sie mehr brauchte. Darauf haben wir mit der örlichen Krippe reagiert. Dieser Plan hat aber wiederum nicht fuktioniert. Also schnelle Suche nach anderen Lösungen. Und das Glück, diesen speziellen Kindergarten zu finden. Dann zwei Jahre ein glückliches Kind. Wobei eine Förderung von unserer Seite nur im Reagieren auf Interessen bestand. Wir haben bewusst kein Instrument oder eine Fremdsprache gelernt, sondern nur zweimal die Woche den Sportverein besucht. Dafür besitzen wir eine Dauerkarte für den Zoo und das Schwimmbad und kennen inzwischen alle möglichen Museen.
Wir dachten, alles läuft gut und sie wird regulär eingeschult. Aber dann im September erneute Probleme und von unserer Seite aus wieder die Suche nach Lösungen. Und das ganz schön unter Stress, da eine eventuelle Einschulung ja auch eine Menge Termine und Vorbereitungen braucht.
Beim letzten Elterngespräch vor den Sommerferien war für uns die Welt noch in Ordnung, unser Tochter würde nicht in die Vorschule gehen etc.. Den Ehrgeiz hatten wir nie.
Aber ja, wir sind sehr gut darin, schnell auf sich verändernde Situationen zu reagieren und auch praktikable Lösungen zu finden. Das sind gewiss eindeutige Stärken von uns.
Und selbst unsere Tochter fängt schon damit an. Da ja eigentlich noch ein weiteres Jahr Kindergarten gedacht war, hatten wir das Thema Freundebuch noch gar nicht auf dem Radar. Aber alle ihre Vorschulfreunde haben eines und jetzt wollte sie auch eins. Realistisch betrachtet war es aber nach der Coronapause bereits zu spät dafür und es würden nicht mal die Hälfte ihrer Freunde reinschreiben können. Das Gespräch war beim Abendessen und unsere Tochter hat das auch verstanden, meinte aber dann sofort, dass man die Zeit ja verkürzen könnte, indem man allen Kindern gleichzeitig eine Seite aus dem Freundebuch gibt, dann dauert es nicht so lange. Das haben wir dann aufgegriffen und am Computer gemeinsam ein ganz individuelles gestaltet.


Und Hallo Rabaukenmama,

auch zu Dir habe ich oben bereits etwas geschrieben. Aber ja, du hast Recht, wir haben ein Luxusproblem. Das darf man ruhig so nenen. Ich seh das so ähnlich, wie unsere Zeit im Lockdown. Da hatten wir auch ein Luxusproblem. Wir hatten es gut, mit der Möglichkeit des Homeoffice, einem großen Haus und einem Garten. Vielen ging es da bedeutend schlechter. Und trotzdem kam auch bei uns manchmal Frust und Gereiztheit auf. Es waren halt andere Probleme, u.A. eine deutlich höhere Arbeitsbelastung, weil man den Lockdown für einige hundert Mitarbeiter organisieren musste, ohne dass das Geschäft zusammenbricht. Schnelles Reagieren und Informationen sammeln und nicht zuletzt Konferenzen ohne Ende. Und nachher wieder alles andersherum hochfahren.
Und doch weiß ich, dass viele lieber diese Probleme gehabt hätten, als 6 Wochen in einer Stadtwohnung ohne Balkon, mit 3 schulpflichtigen Kindern, zwei Berufstätigen Eltern und nur zwei Computern. Und danach wieder voll Arbeiten gehen, aber Schule weiterhin nur total eingeschränkt.
Trotzdem glaube ich, sind es beides Sachen, die einem wirkliche Probleme bereiten und deshalb beide eine Berechtigung haben.
Nein, ich habe kein dickes Fell. Ich ziehe mich dann zurück. So habe ich es auch bei den Gesprächen in der Krippe gemacht, wo eben unterschwellig immer dieser „Eislaufmutti-Vorwurf“ kam. Die letzten Gespräche hat mein Mann alleine geführt.
Vielleicht wächst es mir noch irgendwann?
Und ich kann auch meiner Tochter nichts beibringen. Momentan ist es noch so, dass sie nur die Dinge lernt, die sie auch interessieren. Ich sah auch noch keinen Grund etwas anderes (ausgenommen soziale Dinge) zu erzwingen. Wenn ich der Meinung bin, es ist problematisch, dass sie sich total verweigert, wie z.B. beim Ausmalen von Bildern, dann sag ich schon mal, dass es vielleicht besser ist das zu versuchen, weil es in der Schule auch gemacht wird. Dann ist sie erst mal stocksauer auf mich, wie ich so etwas nur sagen kann. Aber nach zwei Tagen fängt sie dann ganz für sich alleine mit dem Ausmalen an. Ich darf nicht reinkommen, sondern nur den Papiermüll entsorgen. Und nach 5 Tagen kriege ich dann die ersten Ergebnisse präsentiert, die man ihrer Meinung nach vorzeigen kann.
Eigentlich bin ich dann auch immer ganz stolz auf mich selber, weil ich doch so eine tolle Geduld bewiesen habe (ob das nun gut ist, oder schlecht, weiß ich aber auch nicht wirklich). Und dann kommt jemand daher und behauptet, ich hätte mit meiner Tochter stundenlang dagesessen und gemalt und ihr noch alles vorgemacht.... Nein, dann bin ich enttäuscht. Wobei das mit dem Malen ja nicht wirklich schlimm ist, ist nur ein Beispiel. Mit dem Lesen oder Rechnen usw. war es ja genauso.


Ups, jetzt muss ich aber wirklich weiter arbeiten.

Hallo Meine3,

auch Dir ganz lieben Dank für die netten Worte und den interessanten Einblick in dein Leben. Leider habe ich jetzt keine Zeit mehr darauf zu antworten, ich werde es in ein paar Tagen nachholen!
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