Hallo! Ich bin neu hier
Verfasst: Mi 9. Sep 2020, 09:57
Hallo zusammen,
ich habe in den vergangenen Monaten still bei euch mitgelesen und fand es zunehmend schade, nicht antworten zu können. Daher nutze ich meinen freien Vormittag, um mich / uns vorzustellen.
Meine Familie und ich leben nicht in Deutschland, sondern in einem Nachbarland (und sprechen deutsch). Ich bin verheiratet und Mutter von 2 Töchtern (9 und 11 Jahre alt).
Die 11 Jährige besucht seit letzter Woche die 7. Klasse (Wechsel auf eine Art Gymnasium nach Klasse 6). Sie ist schon immer mein Sorgenkind gewesen. Sie war sehr früh in ihrer Entwicklung auffällig, hat viel geschrien als Baby und immer "skeptisch" geguckt. Sie war definitiv kein Sonnenscheinbaby, sondern von Tag 1 extrem anspruchsvoll, hat kaum geschlafen, war sehr neugierig. Je größer sie wurde, desto mehr fiel sie auf. Mit 2 sprach sie fast perfekt (außer einem Sigmatismus, den sie immer noch hat und den sie nicht wegtherapieren möchte, weil er "ein Teil von mir ist, den du akzeptieren musst, Mama"). Sie konnte unzählige Lieder, Gedichte, Bücher auswendig, hat sich sehr für Buchstaben interessiert und mit 3 angefangen zu lesen, mit 4 fließend Kinderbücher gelesen und mit 5 Ella Bücher, Magisches Baumhaus und ähnliches, jeden Tag mindestens 1 komplett. Wir sind seitdem Stammgast in der Bibliothek . Sie wurde mit 6 getestet und das ergab einen IQ an der Grenze zur Höchstbegabung.
Der Kindergarten wollte sie ein Jahr früher einschulen, meine Tochter wollte nicht. Sie hatte eine beste Freundin und ohne die ging nichts. Sie war in der Gruppe akzepiert, aber nicht wirklich "drin" und so ist es seither in jeder Klasse geblieben. Die Schule (gehört zum Kindergarten) schlug eine Quereinschulung im Schuljahr vor, später dann den direkten Sprung in die 2. Klasse. Unser Kind wollte nicht und wir haben es dabei gelassen. Langeweile ist seit der Regeleinschulung an der Tagesordnung. Die Schule, auf die sie ging ist toll, sie haben dort viel versucht. Meine Tochter hat beispielsweise eine Leidenschaft für Geschichte, das war schon in der ersten Klasse so. Sie durfte dann direkt in der 5. Klasse bei Geschichte mitmachen, das wollte sie dann aber nicht, weil ihr die Kinder Angst machten (das darf man auch in dem Alter nicht unterschätzen). Später in der 3. Klasse durfte sie dann nochmal, und dann hat es geklappt und sie hat Geschichte mit den Größeren mitgemacht. Im Laufe der 4. Klasse wandte sich ihre beste Freundin anderen Kindern zu, die Langeweile war groß und plötzlich kein Grund mehr für sie, in der Klasse zu bleiben. Dann ist sie im Januar in die 5. Klasse gesprungen, voraus gingen echt furchtbare Wochen mit einem Kind, das an der Grenze zur Depression stand. Zum Ende der 6. Klasse (in Corona Zeiten) hat sie in der Klasse endlich etwas Anschluss an 2 Mädchen gefunden, mit denen sie an die neue Schule gegangen ist.
Jetzt hat sie sich eine strenge katholische Schule ausgesucht. Sie hat sich für einen zweisprachigen Zweig entschieden, eine der beiden Freundinnen ist mit ihr in einer Klasse. Sie ist nun das erste Mal gefordert, da sie in der 2. Sprache noch sehr schwach ist. Sie sagt, sie habe die schlechtesten Kenntnisse in der Klasse. Nach dem ersten Tag wollte sie schon alles hinwerfen, weil sie es nicht gewohnt ist, mal schlecht zu sein und sich für etwas anzustrengen. Die Motivation ist jetzt jedoch angestiegen, wir hoffen, dass sie es packt. Im regulären Zweig wäre sicher schon wieder Langeweile angesagt. Sie ist natürlich auch im neuen Umfeld deutlich mehr gefordert, sie kommt immer erst nach 4 heim und kann auch mittags nicht mehr zu den Großeltern. Und es fehlt ihr, sich zurückzuziehen und zu lesen. Nun ist sie von halb 8 bis 16.30 unterwegs und "der Welt ausgesetzt". Das stresst sie momentan noch sehr und sie klagt seit 3 Tagen über Bauchschmerzen und Übelkeit.
Ihre Persönlichkeit ist das, was mir immer wieder Sorge bereitet. Sie ist ein super sensibler Mensch und nimmt sehr viel zwischenmenschliches allein durch Beobachtung wahr. Sie macht sich wahnsinnig viele Gedanken über alles und jeden und ist oft sehr "verkopft" in neuen Situationen. Sie hat ein ganz liebes, freundliches und sehr verletzliches Wesen. Sie wirkt jedoch nach außen hin oft sehr kühl und unnahbar, weil sie so unsicher ist. Es sieht aber eben nicht unsicher aus, sondern eingebildet und desinteressiert. Sie ist oft so voll von Gefühlen, dass sie ihr Gegenüber kaum anschauen kann. Ich bin schon 2x darauf angesprochen worden, ob sie denn vielleicht autistisch sei. Das ist aber nicht der Fall, sondern sie ist einfach hochsensibel. Sie hat einen ausgesprochen reifen Humor, wirkt aber immer ernst. Viele ihrer Klassenkameraden verstehen sie einfach nicht. Sie selbst empfindet sich oft als "Alien" oder "französische Austauschschülerin in England". Mein Wunsch ist es, dass sie endlich mal auf wenigstens ein Kind trifft, mit dem sie auf einer Wellenlänge ist. Aber bisher war das noch nicht der Fall. Sie ist auch sehr "streng" mit anderen Menschen. Nie vergisst sie eine Fehlhandlung, ein blödes Kommentar, eine Ungerechtigkeit. Sie steckt jeden direkt in eine Schublade. Ja, sie hat oft Recht, aber Menschen sind mehr als eine oder zwei negative Eigenschaften oder Fehler /blöde Handlungen. Gerechtigkeit und die Einhaltung von Regeln ist ihr sehr wichtig. Da könnte sie echt manchmal etwas lockerer sein.
Tja, und das 2. Mädchen ist 9 Jahre alt und geht in die 4. Klasse. Sie ist ganz anders, auch sehr sensibel, aber auch sehr temperamentvoll und eine absolut "sprudelnde" Person. Immer mit ihren Freundinnen beschäftigt, viel unterwegs und absolut unauffällig. Sie ist eine sehr gute Schülerin, aber arbeitet relativ langsam. Seit 2 Jahren lag sie uns in den Ohren, dass sie auch gerne getestet werden möchte. Sie fühle sich deutlich anders als ihre Klassenkameraden und möchte herausfinden, woran das liegt. Ich habe mich super lange dagegen gewehrt, weil es für mich absolut keine Notwendigkeit gab und ich sehr sicher war, dass keine HB vorliegt. Mein Mann sah das etwas anders. Im Juli habe ich dann zähneknirschend eingewilligt, weil sie natürlich auch das Recht dazu hat. Vor allem, wenn sie selbst es so massiv einfordert. Nun kam auch hier eine HB heraus. Daran habe ich immer noch zu knabbern. Ja, sie ist ein schlaues Mäuschen, aber ich "sehe" das bei ihr irgendwie nicht. Die Psychologen, die sie getestet haben, waren total von ihr begeistert. Sie meinten, ich habe die Kriterien für HB ganz klar mit den Eigenschaften der Großen definiert, die so krass auffällt, aber die Kleine habe sich ihre Nischen gesucht, weil viele Felder bereits von der Schwester besetzt waren. Ihr Selbstbewusstsein hat durch den Test einen totalen Boost erfahren. Ich bin sehr froh, dass sie so hartnäckig geblieben ist und Recht behalten hat. Ich für meinen Teil habe immer noch ein schlechtes Gewissen, dass ich das übersehe(n habe).
Sooooo. Wer es bis hierher geschafft hat: Respekt
Ich hoffe, es war nicht zu diffus. Vielen Dank fürs Lesen! Ich freue mich, jetzt bei euch schreiben zu können.
ich habe in den vergangenen Monaten still bei euch mitgelesen und fand es zunehmend schade, nicht antworten zu können. Daher nutze ich meinen freien Vormittag, um mich / uns vorzustellen.
Meine Familie und ich leben nicht in Deutschland, sondern in einem Nachbarland (und sprechen deutsch). Ich bin verheiratet und Mutter von 2 Töchtern (9 und 11 Jahre alt).
Die 11 Jährige besucht seit letzter Woche die 7. Klasse (Wechsel auf eine Art Gymnasium nach Klasse 6). Sie ist schon immer mein Sorgenkind gewesen. Sie war sehr früh in ihrer Entwicklung auffällig, hat viel geschrien als Baby und immer "skeptisch" geguckt. Sie war definitiv kein Sonnenscheinbaby, sondern von Tag 1 extrem anspruchsvoll, hat kaum geschlafen, war sehr neugierig. Je größer sie wurde, desto mehr fiel sie auf. Mit 2 sprach sie fast perfekt (außer einem Sigmatismus, den sie immer noch hat und den sie nicht wegtherapieren möchte, weil er "ein Teil von mir ist, den du akzeptieren musst, Mama"). Sie konnte unzählige Lieder, Gedichte, Bücher auswendig, hat sich sehr für Buchstaben interessiert und mit 3 angefangen zu lesen, mit 4 fließend Kinderbücher gelesen und mit 5 Ella Bücher, Magisches Baumhaus und ähnliches, jeden Tag mindestens 1 komplett. Wir sind seitdem Stammgast in der Bibliothek . Sie wurde mit 6 getestet und das ergab einen IQ an der Grenze zur Höchstbegabung.
Der Kindergarten wollte sie ein Jahr früher einschulen, meine Tochter wollte nicht. Sie hatte eine beste Freundin und ohne die ging nichts. Sie war in der Gruppe akzepiert, aber nicht wirklich "drin" und so ist es seither in jeder Klasse geblieben. Die Schule (gehört zum Kindergarten) schlug eine Quereinschulung im Schuljahr vor, später dann den direkten Sprung in die 2. Klasse. Unser Kind wollte nicht und wir haben es dabei gelassen. Langeweile ist seit der Regeleinschulung an der Tagesordnung. Die Schule, auf die sie ging ist toll, sie haben dort viel versucht. Meine Tochter hat beispielsweise eine Leidenschaft für Geschichte, das war schon in der ersten Klasse so. Sie durfte dann direkt in der 5. Klasse bei Geschichte mitmachen, das wollte sie dann aber nicht, weil ihr die Kinder Angst machten (das darf man auch in dem Alter nicht unterschätzen). Später in der 3. Klasse durfte sie dann nochmal, und dann hat es geklappt und sie hat Geschichte mit den Größeren mitgemacht. Im Laufe der 4. Klasse wandte sich ihre beste Freundin anderen Kindern zu, die Langeweile war groß und plötzlich kein Grund mehr für sie, in der Klasse zu bleiben. Dann ist sie im Januar in die 5. Klasse gesprungen, voraus gingen echt furchtbare Wochen mit einem Kind, das an der Grenze zur Depression stand. Zum Ende der 6. Klasse (in Corona Zeiten) hat sie in der Klasse endlich etwas Anschluss an 2 Mädchen gefunden, mit denen sie an die neue Schule gegangen ist.
Jetzt hat sie sich eine strenge katholische Schule ausgesucht. Sie hat sich für einen zweisprachigen Zweig entschieden, eine der beiden Freundinnen ist mit ihr in einer Klasse. Sie ist nun das erste Mal gefordert, da sie in der 2. Sprache noch sehr schwach ist. Sie sagt, sie habe die schlechtesten Kenntnisse in der Klasse. Nach dem ersten Tag wollte sie schon alles hinwerfen, weil sie es nicht gewohnt ist, mal schlecht zu sein und sich für etwas anzustrengen. Die Motivation ist jetzt jedoch angestiegen, wir hoffen, dass sie es packt. Im regulären Zweig wäre sicher schon wieder Langeweile angesagt. Sie ist natürlich auch im neuen Umfeld deutlich mehr gefordert, sie kommt immer erst nach 4 heim und kann auch mittags nicht mehr zu den Großeltern. Und es fehlt ihr, sich zurückzuziehen und zu lesen. Nun ist sie von halb 8 bis 16.30 unterwegs und "der Welt ausgesetzt". Das stresst sie momentan noch sehr und sie klagt seit 3 Tagen über Bauchschmerzen und Übelkeit.
Ihre Persönlichkeit ist das, was mir immer wieder Sorge bereitet. Sie ist ein super sensibler Mensch und nimmt sehr viel zwischenmenschliches allein durch Beobachtung wahr. Sie macht sich wahnsinnig viele Gedanken über alles und jeden und ist oft sehr "verkopft" in neuen Situationen. Sie hat ein ganz liebes, freundliches und sehr verletzliches Wesen. Sie wirkt jedoch nach außen hin oft sehr kühl und unnahbar, weil sie so unsicher ist. Es sieht aber eben nicht unsicher aus, sondern eingebildet und desinteressiert. Sie ist oft so voll von Gefühlen, dass sie ihr Gegenüber kaum anschauen kann. Ich bin schon 2x darauf angesprochen worden, ob sie denn vielleicht autistisch sei. Das ist aber nicht der Fall, sondern sie ist einfach hochsensibel. Sie hat einen ausgesprochen reifen Humor, wirkt aber immer ernst. Viele ihrer Klassenkameraden verstehen sie einfach nicht. Sie selbst empfindet sich oft als "Alien" oder "französische Austauschschülerin in England". Mein Wunsch ist es, dass sie endlich mal auf wenigstens ein Kind trifft, mit dem sie auf einer Wellenlänge ist. Aber bisher war das noch nicht der Fall. Sie ist auch sehr "streng" mit anderen Menschen. Nie vergisst sie eine Fehlhandlung, ein blödes Kommentar, eine Ungerechtigkeit. Sie steckt jeden direkt in eine Schublade. Ja, sie hat oft Recht, aber Menschen sind mehr als eine oder zwei negative Eigenschaften oder Fehler /blöde Handlungen. Gerechtigkeit und die Einhaltung von Regeln ist ihr sehr wichtig. Da könnte sie echt manchmal etwas lockerer sein.
Tja, und das 2. Mädchen ist 9 Jahre alt und geht in die 4. Klasse. Sie ist ganz anders, auch sehr sensibel, aber auch sehr temperamentvoll und eine absolut "sprudelnde" Person. Immer mit ihren Freundinnen beschäftigt, viel unterwegs und absolut unauffällig. Sie ist eine sehr gute Schülerin, aber arbeitet relativ langsam. Seit 2 Jahren lag sie uns in den Ohren, dass sie auch gerne getestet werden möchte. Sie fühle sich deutlich anders als ihre Klassenkameraden und möchte herausfinden, woran das liegt. Ich habe mich super lange dagegen gewehrt, weil es für mich absolut keine Notwendigkeit gab und ich sehr sicher war, dass keine HB vorliegt. Mein Mann sah das etwas anders. Im Juli habe ich dann zähneknirschend eingewilligt, weil sie natürlich auch das Recht dazu hat. Vor allem, wenn sie selbst es so massiv einfordert. Nun kam auch hier eine HB heraus. Daran habe ich immer noch zu knabbern. Ja, sie ist ein schlaues Mäuschen, aber ich "sehe" das bei ihr irgendwie nicht. Die Psychologen, die sie getestet haben, waren total von ihr begeistert. Sie meinten, ich habe die Kriterien für HB ganz klar mit den Eigenschaften der Großen definiert, die so krass auffällt, aber die Kleine habe sich ihre Nischen gesucht, weil viele Felder bereits von der Schwester besetzt waren. Ihr Selbstbewusstsein hat durch den Test einen totalen Boost erfahren. Ich bin sehr froh, dass sie so hartnäckig geblieben ist und Recht behalten hat. Ich für meinen Teil habe immer noch ein schlechtes Gewissen, dass ich das übersehe(n habe).
Sooooo. Wer es bis hierher geschafft hat: Respekt
Ich hoffe, es war nicht zu diffus. Vielen Dank fürs Lesen! Ich freue mich, jetzt bei euch schreiben zu können.