Hallo Ihr Lieben!
Ich hätte da mal eine etwas ungewöhnliche Frage und würde mich über ganz objektive Meinungen freuen.
Anfang August haben wir eine Reise durch Schlesien von Breslau nach Krakau geplant .Da wir dabei nahezu an Auschwitz Birkenau vorbeikommen war es für mich und meinen Mann eigentlich klar, die Gedenkstätte mit den Kindern zu besuchen.
Nun sind wir jedoch von allen Seiten ( Familie,Freunde , Bekannte) derartig 'attackiert' worden,daß wir nun recht verunsichert sind.
Gerade im Hinblick auf unsere extrem sensible 11 jährige, waren viele der Meinung ihr das nicht antun zu dürfen.
Unsere Tochter hat sich schon sehr früh mit dem Holocaust beschäftigt und ich denke ,das einem Kind mit 11 und der emotionalen Begleitung durch die Eltern eine solche Erfahrung zuzumuten ist,oder habe ich zu hohe Erwartungen?
Um meinen Soh mache ich mir keine Gedanken .Dinge ,die ihm belasten,bespricht er detailliert mit uns und löst sie so für sich auf.
Über die ein oder andere Meinung dazu würde ich mich sehr freuen
LG Maca
Prekäres Urlaubsziel
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- Dauergast
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Re: Prekäres Urlaubsziel
Hallo,
11 Jahre ist in der Tat noch ziemlich jung und Ausschwitz schon eine heftige Erfahrung. Allerdings habe ich in ähnlichem Alter mit meinen Eltern das ehemalige KZ Dachau besucht. Sicherlich weniger erschreckend als Auschwitz-Birkenau aber es hat mich sehr bewegt.
Im Nachhinein war ich sehr dankbar, dass meine Eltern ganz selbstverständlich diesen Besuch mit mir gemacht haben; mit mir darüber geredet haben (beide Kriegsgeneration, noch Kind, bzw. gerade erwachsen zu Kriegsende), aber wir auch über unsere Familie und ihre Rolle/Schuld im 2. Weltkrieg reden konnten etc. und ich gemerkt habe, wie nahe es ihnen selber ging. Das Erlebnis war wesentlich tiefer gehend als der Schulausflug 4 Jahre später nach Dachau - wo man sich halt altersgemäß "abgeklärt" geben musste.
Wenn sich Deine Tochter schon mit dem Holocaust beschäftigt hat, halte ich auch einen Besuch in Auschwitz möglich, wenn man viel dabei redet und auch jederzeit die "Notbremse" zieht, wenn man merkt, dass es doch zu viel ist. Ich würde es wagen, wenn sie es auch will.
Viele Grüße
Annette-regine
11 Jahre ist in der Tat noch ziemlich jung und Ausschwitz schon eine heftige Erfahrung. Allerdings habe ich in ähnlichem Alter mit meinen Eltern das ehemalige KZ Dachau besucht. Sicherlich weniger erschreckend als Auschwitz-Birkenau aber es hat mich sehr bewegt.
Im Nachhinein war ich sehr dankbar, dass meine Eltern ganz selbstverständlich diesen Besuch mit mir gemacht haben; mit mir darüber geredet haben (beide Kriegsgeneration, noch Kind, bzw. gerade erwachsen zu Kriegsende), aber wir auch über unsere Familie und ihre Rolle/Schuld im 2. Weltkrieg reden konnten etc. und ich gemerkt habe, wie nahe es ihnen selber ging. Das Erlebnis war wesentlich tiefer gehend als der Schulausflug 4 Jahre später nach Dachau - wo man sich halt altersgemäß "abgeklärt" geben musste.
Wenn sich Deine Tochter schon mit dem Holocaust beschäftigt hat, halte ich auch einen Besuch in Auschwitz möglich, wenn man viel dabei redet und auch jederzeit die "Notbremse" zieht, wenn man merkt, dass es doch zu viel ist. Ich würde es wagen, wenn sie es auch will.
Viele Grüße
Annette-regine
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- Dauergast
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Re: Prekäres Urlaubsziel
Ich war mit 7 Jahren zum ersten Mal im KZ Mauthausen. Später noch etliche Male (mindestens 5x) mit anderen Schulklassen, Jugendorganisationen usw. Rückblickend wurde bei mir das Thema ZU OFT aufgebracht und immer mit Unterton "Was da passiert ist war die SCHULD der Österreicher bzw. Deutschen, also Eurer Großeltern-Generation"
.
Ich wäre froh gewesen, hätte ich statt dessen mit meinen Eltern, also im "geschützten Rahmen" das alles sehen und vor allem besprechen dürfen. Wegen "zu zart besaitet" und "nicht zumuten können" gebe ich zu bedenken dass HEUTE NOCH viel jüngere Kinder als Kindersoldaten mißbraucht werden oder aus Kriegsgebieten mit NICHTS in unser Land flüchten und von der Bevölkerung gerne so getan wird, als gäbe es das alles nicht. JA, ICH WILL DAS MEINEN KINDER ZUMUTEN! Ich bin froh, in einem Land zu leben wo ich meinen Kindern momentan nicht viel, viel mehr zumuten muss. Durch verschweigen wird nichts besser.

Ich wäre froh gewesen, hätte ich statt dessen mit meinen Eltern, also im "geschützten Rahmen" das alles sehen und vor allem besprechen dürfen. Wegen "zu zart besaitet" und "nicht zumuten können" gebe ich zu bedenken dass HEUTE NOCH viel jüngere Kinder als Kindersoldaten mißbraucht werden oder aus Kriegsgebieten mit NICHTS in unser Land flüchten und von der Bevölkerung gerne so getan wird, als gäbe es das alles nicht. JA, ICH WILL DAS MEINEN KINDER ZUMUTEN! Ich bin froh, in einem Land zu leben wo ich meinen Kindern momentan nicht viel, viel mehr zumuten muss. Durch verschweigen wird nichts besser.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Re: Prekäres Urlaubsziel
Ich habe zu dem Thema ebenfalls eine gespaltene Meinung.
Einerseits würde ich in Bezug auf die Dinge, die ich mit meinen Kindern ansehe, immer selbst entscheiden, ob ich ihnen das zumuten kann / möchte, und mich nicht von anderen verunsichern lassen. (Obwohl ich ein Typ bin, der definitiv dazu neigt, sich verunsichern zu lassen ...)
Wir waren an Pfingsten zwei Wochen im Elsass unterwegs und haben uns u. a. auch auf Wunsch unseres Elfjährigen intensiv mit den historischen Ereignissen im 1. Weltkrieg befasst, sind z. B. einen ganzen Tag in den alten Stellungen am Hartmannswillerkopf gewandert und haben die Gedenkstätten dort und am Lingekopf besucht und darüber gesprochen.
Ich war lange der Meinung, die Abendnachrichten seien noch nichts für jüngere Kinder - bis die Viertklasslehrerin meiner Tochter dann sagte, die Kinder sollten ruhig täglich Nachrichten gucken. Seither sehen sie das heute journal des ZDF. Und da kamen erst unlängst historische Filmaufnahmen, wo ausgemergelte Leichname in KZs in Massengräber gekippt wurden. Mein Sohn war ziemlich geschockt, meine Tochter wollte gleich mehr dazu wissen.
Und da kommt für mich der Punkt, wo ich zwiegespalten bin. Einerseits dürfen meine Kinder fast alles wissen und erkunden, was sie interessiert.
Andererseits geht es mir persönlich in Sachen Holocaust ein wenig wie Rabaukenmama: Ich kann es nicht mehr hören.
Ich habe "Schindlers Liste" und viele andere Filme gesehen; es macht mich jedes Mal wieder tief betroffen - und dennoch kann ich die politisch verordnete Kollektivschuld, die bei jeder medienwirksamen Gelegenheit wieder beschworen wird, nicht akzeptieren und das Gerede darüber nicht mehr hören. Ich denke eher, bei den jungen Leuten heute stellt sich ebenfalls so etwas wie Genervtheit ein, wenn man immer wieder bei Gedenkfeiern und Kranzniederlegungen dieselben salbungsvollen Worte hört, von Menschen, die sich damals vermutlich mehrheitlich ebenso verhalten hätten wie unsere stets gebetsmühlenartig der Mittäterschaft bezichtigte Großelterngeneration.
Insofern finde ich es eigentlich sogar besser, mit der Familie erstmals ein KZ zu besuchen, da man da vielleicht Gespräche führen kann, die in der Schulklasse später so nicht stattfinden, weil die Lehrkraft damit beschäftigt ist, die Jugendlichen davon abzuhalten, auf den Mauern herumzuturnen oder Selfies von sich selbst vor den Gaskammern zu machen ...
Einerseits würde ich in Bezug auf die Dinge, die ich mit meinen Kindern ansehe, immer selbst entscheiden, ob ich ihnen das zumuten kann / möchte, und mich nicht von anderen verunsichern lassen. (Obwohl ich ein Typ bin, der definitiv dazu neigt, sich verunsichern zu lassen ...)
Wir waren an Pfingsten zwei Wochen im Elsass unterwegs und haben uns u. a. auch auf Wunsch unseres Elfjährigen intensiv mit den historischen Ereignissen im 1. Weltkrieg befasst, sind z. B. einen ganzen Tag in den alten Stellungen am Hartmannswillerkopf gewandert und haben die Gedenkstätten dort und am Lingekopf besucht und darüber gesprochen.
Ich war lange der Meinung, die Abendnachrichten seien noch nichts für jüngere Kinder - bis die Viertklasslehrerin meiner Tochter dann sagte, die Kinder sollten ruhig täglich Nachrichten gucken. Seither sehen sie das heute journal des ZDF. Und da kamen erst unlängst historische Filmaufnahmen, wo ausgemergelte Leichname in KZs in Massengräber gekippt wurden. Mein Sohn war ziemlich geschockt, meine Tochter wollte gleich mehr dazu wissen.
Und da kommt für mich der Punkt, wo ich zwiegespalten bin. Einerseits dürfen meine Kinder fast alles wissen und erkunden, was sie interessiert.
Andererseits geht es mir persönlich in Sachen Holocaust ein wenig wie Rabaukenmama: Ich kann es nicht mehr hören.
Ich habe "Schindlers Liste" und viele andere Filme gesehen; es macht mich jedes Mal wieder tief betroffen - und dennoch kann ich die politisch verordnete Kollektivschuld, die bei jeder medienwirksamen Gelegenheit wieder beschworen wird, nicht akzeptieren und das Gerede darüber nicht mehr hören. Ich denke eher, bei den jungen Leuten heute stellt sich ebenfalls so etwas wie Genervtheit ein, wenn man immer wieder bei Gedenkfeiern und Kranzniederlegungen dieselben salbungsvollen Worte hört, von Menschen, die sich damals vermutlich mehrheitlich ebenso verhalten hätten wie unsere stets gebetsmühlenartig der Mittäterschaft bezichtigte Großelterngeneration.
Insofern finde ich es eigentlich sogar besser, mit der Familie erstmals ein KZ zu besuchen, da man da vielleicht Gespräche führen kann, die in der Schulklasse später so nicht stattfinden, weil die Lehrkraft damit beschäftigt ist, die Jugendlichen davon abzuhalten, auf den Mauern herumzuturnen oder Selfies von sich selbst vor den Gaskammern zu machen ...
Re: Prekäres Urlaubsziel
Viele Dank erstmal für Eure Antworten,
Wir werden spontan entscheiden,ob wir uns die Gedenkstätte anschauen.
Mit unseren Kindern haben wir nun vorab schon einige Dokumentationen gemeinsam angeguckt.
Es ist einfach so unfaßbar,was Menschen Menschen antun können und ich bin einfach keine Mutter,die glaubt ihre Kinder vor den Grausamkeiten der Welt behüten zu müssen.
Sie emotional zu begleiten halte ich für besser als die abzuschirmen.
Vlg
Maca
Wir werden spontan entscheiden,ob wir uns die Gedenkstätte anschauen.
Mit unseren Kindern haben wir nun vorab schon einige Dokumentationen gemeinsam angeguckt.
Es ist einfach so unfaßbar,was Menschen Menschen antun können und ich bin einfach keine Mutter,die glaubt ihre Kinder vor den Grausamkeiten der Welt behüten zu müssen.
Sie emotional zu begleiten halte ich für besser als die abzuschirmen.
Vlg
Maca
Re: Prekäres Urlaubsziel
Wir haben Auschwitz nicht besucht,zum einen war es unerträglich heiß und zum anderen muß man sich neuerdings vorab über das Internet anmelden( es gab in letzter Zeit viel Randalismus auf dem Gelände).
Außerdem ist der Besuch von Kindern unter 15 Jahren ausdrücklich unerwünscht,das muß man natürlich akzeptieren!
Somit wurde uns die Entscheidung abgenommen,
aber wenn sie älter sind,werden wir den Besuch nachholen!
(Das haben wir wenigstens fest vor)
lg Maca
Außerdem ist der Besuch von Kindern unter 15 Jahren ausdrücklich unerwünscht,das muß man natürlich akzeptieren!
Somit wurde uns die Entscheidung abgenommen,
aber wenn sie älter sind,werden wir den Besuch nachholen!
(Das haben wir wenigstens fest vor)
lg Maca