Schüchternheit

ganz allgemein zu Kleinkindern, ob nun aufgeweckt, klug oder hochbegabt
Rabaukenmama
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben:Danke für Eure Antworten! Es ist wirklich nicht leicht, klar und geduldig zu bleiben, wenn vom Umfeld ein anderes Verhalten erwartet und gefordert wird (sowohl von meiner Tochter als auch teilweise von mir im Umgang mit ihr).
Ist es wer konkreter, der "anderes Verhalten" erwartet (und sogar fordert) oder hast Du nur subjektiv das Gefühl, das allgemeine Umfeld würde das tun? Gott sei Dank glauben Kinder noch nicht so wie wir, immer dem Zeitgeist entsprechen zu müssen.

Wer glaubt überhaupt, zu wissen, wie sich Kinder "heutzutage" zu verhalten haben?

Ich bin 1971 geboren. Damals hatten Kinder ruhig zu sein wenn sich Erwachsene unterhalten und nur zu sprechen, wenn sie angesprochen wurden. Sie hatten jeden freundlich zu grüßen und durften sich natürlich nicht beschweren, wenn sie vom Gegrüßten ignoriert wurden. Vor allem hatten sie nicht "vorlaut" zu sein oder Erwachsenen ihre Fehler aufzuzeigen. Das war ein absolutes NO-GO! Und all diese Dinge habe ich als Kind gemacht! So gar nicht Zeitgeist-entsprechend, einfach aus meiner Wesensart heraus.

Ich hätte mir immer sooo gewünscht, schüchtern zu sein. Ich wollte ja "gefallen", nur mein Temperament war mir immer im Weg. Es gab zwei Mädchen in meinem Alter, die ich immer bewundert habe. Eine davon war die Susanne aus meiner Klasse. Die war immer brav, hat sich nie schmutzig gemacht, beliebt bei Lehrern und Mitschülern und sie ist nie unangenehm aufgefallen. Jahre später hat mir der Vater der Susanne erzählt dass seine Tochter nach der Schule immer begeistert zu Hause von mir erzählt hat weil ihr so imponiert hat was ich mir sagen und machen traue ;) .

Mein älterer Sohn ist mir in dieser Hinsicht sehr ähnlich. HEUTE entspricht das dem Zeitgeist und es sind zwar einige Leute befremdet, weil mein Sohn sie einfach anspricht bzw. in ein Gespräch verwickeln will, beschwert hat sich aber noch niemand.

Ich sehe die direkte, offene Art meines Sohnes aber nicht nur positiv. Keiner weiß, welches Verhalten unseren Kindern mehr Chancen oder auch Schwierigkeiten bringt. Wenn ich z.B. in einem totalitären Regime leben müsste (was mir und meinen Kindern hoffentlich ein Leben lang erspart bleiben wird) dann würde ich mit meiner offenen Art, alles anzusprechen, sicher sofort unangenehm auffallen. Die Nazi-Zeit hätte ich mit meiner Wesensart wahrscheinlich nicht überlebt. Soll jetzt kein Kriterium für Kindererziehung sein, nur ein Denkanstoß dass wir nie wissen können, was unsere Kinder im Leben einmal erwartet und welche Verhaltensweisen, die heute noch "gefragt" sind morgen gefährlich sein können.
Momo hat geschrieben:Doch es ist richtig, es lohnt sich und man muss als Mutter sehr aufpassen, sich nicht von Anderen unter Druck setzen zu lassen, oder dass das Kind nicht zu sehr unter Druck gesetzt wird. Den eigenen Werten treu bleiben und die eigenen Erwartungen runterschrauben- eine gute Übung...

Momo
Was meinst du mit "die eigenen Erwartungen runterschrauben"? Ist da doch ein Bild in deinem Kopf wie sich ein Kind Außenstehenden gegenüber zu geben hat? Da gibt´s nichts zum runterschrauben! Deine Tochter ist so in Ordnung wie sie ist. Wenn ANDERE damit ein Problem haben ist das DEREN Problem, nicht das deiner Tochter und schon gar nicht Deines!
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Momo
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Rabaukenmama hat geschrieben:
Ist es wer konkreter, der "anderes Verhalten" erwartet (und sogar fordert) oder hast Du nur subjektiv das Gefühl, das allgemeine Umfeld würde das tun? Gott sei Dank glauben Kinder noch nicht so wie wir, immer dem Zeitgeist entsprechen zu müssen.
(...) Was meinst du mit "die eigenen Erwartungen runterschrauben"? Ist da doch ein Bild in deinem Kopf wie sich ein Kind Außenstehenden gegenüber zu geben hat? Da gibt´s nichts zum runterschrauben! Deine Tochter ist so in Ordnung wie sie ist. Wenn ANDERE damit ein Problem haben ist das DEREN Problem, nicht das deiner Tochter und schon gar nicht Deines!
Ganz aktuell geht es eher um die Erwartungshaltung, wie sich ein Kind bei einer Kindergarteneingewöhnung zu verhalten hat. Unsere beiden Erzieherinnen sind toll und auch sehr verständnisvoll und geduldig, dennoch wird der Punkt kommen, an dem von uns ein gewisses Verhalten als Eltern erwartet wird. Auch wenn wir damit nicht konform gehen. Dann liegt es natürlich an uns, wie wir damit umgehen.
Andere Situationen wären z.B., wenn meine Tochter von ihr unbekannten Menschen angesprochen wird, wenn sie sich dann hinter meinem Rücken verkriecht und kein Wort sagt. Oder wenn mich ein Kind fragt, ob meine Tochter deutsch spricht, weil sie sich nicht traut, zu antworten. In diesen Situationen fällt es mir schwer, keine Erwartungen an meine Tochter zu stellen und sie so zu akzeptieren, wie sie sich verhält.

Momo
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Koschka hat geschrieben:
ob es euch gefällt oder nicht, ihr könnt in dieser Hinsicht eher wenig ändern.
(...) Zu der unterem Beispiel im Kindergarten... Meine Meinung zu den Kindergärten kennst du ja :-)
Ich glaube auch, dass ich wenig ändern kann und meine Tochter nur weiterhin unterstützen kann. Deshalb fällt es mir wahrscheinlich auch so schwer ;)
Auf den Kindergarten bezogen kennst Du ja auch meinen Konflikt- gerne würde ich meine Tochter bis zum Schulstart auch hier zu Hause um mich haben- sie ist sehr angenehm und beschäftigt sich prima den ganzen Tag- doch meine Bedenken, dass das Problem dann nur aufgeschoben wäre, haben mich nicht in Ruhe gelassen. Jetzt hat sie die Möglichkeit, mehr oder weniger entspannt zu lernen, sich auf andere Erwachsene einzulassen und sich auch ohne mich zurechtzufinden und in eine Gruppe einzufügen. In der Schule wäre der Druck und die plötzlichen Anforderungen ein ganz anderer- da muss es funktionieren, von einem Tag auf den anderen. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, sie schon vorher etwas darauf vorzubereiten und hoffen natürlich auch, dass sie mit den Kindern und in der Natur Spaß haben wird (es ist ein kleiner, familiärer Waldkindergarten) und auch etwas für sich mitnehmen kann. Ich würde zu gerne in die Zukunft schauen können- vielleicht ist ein Kindergarten dafür ja wirklich gar nicht notwendig und sie verändert sich in den 2 Jahren bis zur Schule noch mal sehr und hätte keine Probleme... es gibt einfach zu wenige Erfahrungsberichte. Heiner, falls Du noch im Forum unterwegs bist- schreibe doch mal, wie es Deiner Tochter in der ersten Klasse ohne vorherigen Kindergarten ergehen wird, sie wird ja bald eingeschult, oder? Das würde mich sehr interessieren!

Liebe Grüße von Momo
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Koschka hat geschrieben:
Mein offenste Kind war nie im Kindergarten, dafür ein halbes Jahr in Afrika. Er hat sich dort so daran gewöhnt, dass jede mit jedem uneingeschränkt Kontakt aufnehmen kann, dass er das verinnerlicht hat. Auch in Deutschland ist er auf die Menschen zugegangen, dass alle sich gewundert haben. Es ist jetzt 2-3 Monate her und er versteckt sich jetzt auch eher hinter meinem Bein. Ich glaube die Kinder nehmen diese Verhaltensweisen aus der Umgebung auf. Schlaue Kinder werden noch durch die Sorgen - was kann passieren, wenn... belastet. Deutsche Gesellschaft ist im allgemein sehr reserviert und deine Tochter macht es nichts anderes als den Verhalten der Erwaschenen zu übernehmen.
Interessant, was Du schreibst, Koschka. Es kann gut sein, dass Kinder Verhaltensweisen von den Erwachsenen übernehmen, auf jeden Fall!
In unserem Alltag ist es ja so, dass meine Tochter mich ständig in lebendiger Aktion erlebt, da ich selbstständig arbeite, viel mit anderen Menschen zu tun habe und meine Tochter oft mit dabei ist. Da wird geredet, telefoniert, gearbeitet, herumgerannt und gelacht- ein zurückhaltendes Elternhaus sieht anders aus :lol: Doch vielleicht kommt die Wirkung, oder besser gesagt eine Sicherheit in verschiedensten Situationen, viel später erst, wir werden sehen...

Momo
Zuletzt geändert von Momo am Mi 8. Jul 2015, 16:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Momo
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Liebe Koschka,
nein, anfassen lasse ich mich nicht :lol: Aber die Menschen, die ich fotografiere, kenne ich teilweise vorher nicht und muss in der Lage sein, sofort eine Atmosphäre zu schaffen, die der sich das Gegenüber sicher und wohl fühlt. Somit rede ich mit teilweise wildfremden Menschen und mache mich zum Affen ;) Doch na klar- ich war als Kind ebenfalls schüchtern und es war ein langer Weg, das darf ich nicht vergessen...

Momo
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shaja-neu
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Re: Schüchternheit

Beitrag von shaja-neu »

Ich glaube, es geht oft darum, sein Kind anzunehmen, dennoch zu erkennen, in welchen Bereichen es gerade Unterstützung benötigt und gegebenenfalls auch zu motivieren, ein wenig an die Grenzen zu gehen oder was einfach zu viel ist. ..

Hast du das Gefühl, die Eingewöhnung geht gerade über die Grenzen deiner Tochter?
Gibst du sie aus einer Art Angst in den Kiga? Angst, sie könne sich ohne Kiga schlecht entwickeln und in der Schule Probleme bekommen?
Wenn das so wäre, würde ich Kiga grundsätzlich noch einmal überdenken, denn Entscheidungen , die aus Angst getroffen werden, ....Nein das ist nie gut!

Mein Sohn berichtete mir vorhin, dass er bis vor kurzem Albträume von der Montessorischule hatte!
Ich wusste zwar, dass er Albträume hatte, er konnte mir jedoch bisher nichts inhaltliches erzählen. ...Ich bin erschüttert und schließe wieder einmal für mich daraus, dass keine Erfahrungen in Fremdbetreuung sicherlich besser sind als traumatische Erfahrungen. ..
(Wobei wir ihm die Schule an sich nicht ersparen konnten wegen der Schulpflicht, doch zumindest hatten wir den Mut, die Schule zu wechseln. .)

Schau bitte genau hin!Warum vertraut sie den Erziehern nicht, wenn sie sagt, sie könne dort nicht getröstet werden, dann stelle ich das richtig unangenehm oder gar schlimm für sie vor...

Höre auf die Zeichen deiner Tochter bitte!Oder war das nur mal so "deinerseits gesagt "von ihr?Ist dieser Kiga eine Bereicherung, an der sie wächst oder eher Stress?

LG shaja
Momo
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Shaja hat geschrieben:
Hast du das Gefühl, die Eingewöhnung geht gerade über die Grenzen deiner Tochter?
Gibst du sie aus einer Art Angst in den Kiga? Angst, sie könne sich ohne Kiga schlecht entwickeln und in der Schule Probleme bekommen?
Wenn das so wäre, würde ich Kiga grundsätzlich noch einmal überdenken, denn Entscheidungen , die aus Angst getroffen werden, ....Nein das ist nie gut!
Danke Shaja, für Deine Gedanken! Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass meine Tochter an eine Grenze kommt, aber ich denke auch, dass sie an dieser Herausforderung wachsen kann und das diese Grenzerfahrung eine Chance für sie ist. Ob sie tatsächlich daran wächst oder ob sie leidet, das werde ich genau beobachten, das ist selbstverständlich! Die Erzieherinnen sagten zu meinem Mann, der die Eingewöhnung übernommen hat (da ich die Hoffnung hatte, dass meiner Tochter es mit ihm zusammen leichter fallen würde als mit mir), dass meine Tochter sehr clever und fit ist und dass dieser Bereich der einzige ist, wo sie im Moment Schwierigkeiten hat. Sie schätzen meine Tochter jedoch als sehr sicher und gefestigt ein (was ich im Grunde auch denke) und sind der Meinung, dass sie sehr gut klarkommt, sie muss sich nur selbst diesbezüglich mehr vertrauen. Die Entscheidung für diesen Kindergarten haben wir nicht aus einer Angst heraus getroffen, eher aus einer Hoffnung, dass unsere Tochter sich auf diesem Weg sanft etwas von uns abnabeln kann. Wir haben unsere Tochter in die Entscheidung einbezogen und sie sagte, sie würde gerne in diesen Kindergarten gehen (es gibt dort auch Hunde und viele andere Tiere, also im Grunde ein Traum für sie). Doch trotzdem schwingt der Gedanke an die Schule tatsächlich bei uns Eltern mit und hat unsere Entscheidung stark beeinflusst, das ist leider so.
Ich glaube, wenn sie es schafft, über ihren Schatten zu springen und sich für eine oder beide der Erzieherinnen zu öffnen, dann wird das Eis brechen. Das hängt alles damit zusammen, auch ihr Gefühl, nicht getröstet werden zu können. Denn die Frauen sind wirklich sehr bemüht und einfühlsam, doch sie lässt sie nicht an sich heran. Ich werde es genau beobachten, heute war ein guter Tag im Kindergarten. Doch ich würde auch nicht zögern, sie wieder ganz nach Hause zu nehmen, wenn sie tatsächlich sehr unter der Situation leiden würde und erstmal Schule Schule sein lassen- das hat ja noch Zeit...

Liebe Grüße von Momo
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Rabaukenmama
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Rabaukenmama »

Liebe Momo,

vielleicht war der Entschluss, deine Tochter in den Kindergarten zu geben, nicht angstbesetzt, der Wille, dass sie dort bleiben soll kommt mir aber so vor. Du sagst du hättest kein Problem wenn sie weiter bei Dir zu Hause wäre. Also gibt es einen Plan B und das ist doch gut so!

Mir jedenfalls kommen Aussagen wie die folgenden schon angstbesetzt vor:
Momo hat geschrieben:
Ganz aktuell geht es eher um die Erwartungshaltung, wie sich ein Kind bei einer Kindergarteneingewöhnung zu verhalten hat. Unsere beiden Erzieherinnen sind toll und auch sehr verständnisvoll und geduldig, dennoch wird der Punkt kommen, an dem von uns ein gewisses Verhalten als Eltern erwartet wird.
Momo hat geschrieben: Auf den Kindergarten bezogen kennst Du ja auch meinen Konflikt- gerne würde ich meine Tochter bis zum Schulstart auch hier zu Hause um mich haben- sie ist sehr angenehm und beschäftigt sich prima den ganzen Tag- doch meine Bedenken, dass das Problem dann nur aufgeschoben wäre, haben mich nicht in Ruhe gelassen...

... Deshalb haben wir uns dafür entschieden, sie schon vorher etwas darauf vorzubereiten und hoffen natürlich auch, dass sie mit den Kindern und in der Natur Spaß haben wird (es ist ein kleiner, familiärer Waldkindergarten) und auch etwas für sich mitnehmen kann. Ich würde zu gerne in die Zukunft schauen können- vielleicht ist ein Kindergarten dafür ja wirklich gar nicht notwendig und sie verändert sich in den 2 Jahren bis zur Schule noch mal sehr und hätte keine Probleme... es gibt einfach zu wenige Erfahrungsberichte.
Da schwingt doch mit "Wenn sie jetzt nicht genau DIESE sozialen Erfahrungen (die ein Kindergarten bietet) macht, dann findet sie sich vielleicht in der Schule gar nicht zurecht - und da MUSS sie ja hin! Was mache ich dann nur?" - jedenfalls lese ich das deutlich heraus.

Und da ist es ganz, ganz wichtig, im HIER und JETZT zu bleiben. Du kannst nicht in die Zukunft sehen und das ist auch gut so (ehrlich - möchtest du es wirklich wissen ;) ???). Aber du darfst Deiner Tochter vertrauen dass sie ihren Weg schon finden wird. Wichtig ist, dass du flexibel bist wenn sie WIRKLICH Probleme hat (Plan B, C, D,...) und nicht jetzt deine Energie darauf verschwendest wie du Probleme verhindern kannst, die sich vielleicht nie ergeben.

Ich erinnere mich da zurück an die Situation als mein Großer gerade mal 10 Monate alt war und eine sehr anhängliche Phase hatte. Ich musste praktisch ständig in seinem Blickfeld sein, sonst hat er gebrüllt wie am Spieß. Aber es war geplant dass mein Mann ab dem 1. Geburtstag in Karenz geht und ich in der Zeit, wo er beim Kind ist, wieder Vollzeit arbeite. Meine Mutter meinte ich müsse meinen Sohn JETZT SCHON daran gewöhnen, mit dem Papa allein zu sein, sonst würde es dann gar nicht klappen. Ich aber habe mich auf mein Gefühl verlassen und meinem Sohn die Nähe gegeben, die er gebraucht hat. Ich glaube es war ein ganzer Monat wo ich wirklich immer in seinem Blickfeld war (auch beim Klogang war die Tür immer offen) und dann war die Phase plötzlich wieder vorbei. Mein Mann ging wie geplant in Karenz und unser Sohn hatte keinerlei Problem damit, dass jetzt der Papa Hauptbezugsperson war.

Ein zweites Beispiel aus meinem Leben ist meine Arbeitszeit. Als der Kleine 2 Jahre alt wurde bin ich ja mit knapp 23 Stunden/Woche wieder eingestiegen. Meine Vorgesetzten wollten mich täglich im Geschäft haben und so war meine Arbeitszeit MO-FR von 8h30-13h30. Danach hatte ich 2-3x die Woche noch Zusatztermine mit meinem Kleinen (Logopädie, Horchi-Nachstellung, Frühförderung, Audiogramme,...) und halt die Termine, die man ohnehin mit 2 kleinen Kindern hat (Muki-Pass-Untersuchungen, Impfungen, Laus-Alarm, Feuchtblattern-Alarm,...). Nebenbei war natürlich auch noch der Haushalt zu machen (Gott sei Dank ist da mein Mann eine große Hilfe) und ich hatte eine ehrenamtliche Funktion in einem Verein, die mir auch sehr wichtig war.

Jedenfalls kam ich nach 8 Monaten drauf, dass ich eigentlich nur noch "funktioniere" und die Zeit mit meinen Kindern gar nicht mehr genießen kann weil ich ständig am Termine-einteilen und planen war. Daher habe ich mit meinen Vorgesetzten gesprochen und meine Arbeitszeit auf 15 Stunden verkürzt. Ich arbeite jetzt auch nur noch 2 Tage in der Woche, die aber dafür ganztags. Die Termine mit dem Kleinen teile ich mir für die freien Tage ein und ich habe hie und da sogar einen halben Tag "frei" wo ich Freundinnen treffen oder an meinem Buch weiterschreiben kann. Außerdem mache ich mit jedem meiner Kinder einmal im Monat einen "Exklusiv-Tag" wo ich nur mit einem Kind etwas unternehme, was uns Spass macht. Ich verdiene zwar weniger Geld und meine Vorgesetzten murren ein bißchen aber das ist es mir wert.

Liebe Momo, ich halte dich auch für flexibel genug, Wege zu finden, sollte Deine Tochter wirklich mit dem Schuleintritt Probleme haben. Und wenn du jetzt offen bist und Deine Ängst bezüglich Kindergarten ablegst kannst du offen dafür sein dass deine Tochter entweder ihren Weg im Kindergarten findet ODER einfach wieder bei dir zu Hause ist.

Abgesehen davon schreibst du selbst dass die Kindergärtnerinnen meinen, das sei der einzige Bereich wo deine Tochter nicht total fit ist. Muss sie es denn wirlich in allen Bereichen sein? Erwarten das wirklich die Kindergärtnerinnen oder wirst du selbst ungeduldig weil du ihnen (übertrieben ausgedrückt) eigentlich gern schon das perfekt angepasste und eingewöhnte Kind bieten würdest? Wie kommst Du auf die Idee dass, wie du schreibst "der Punkt kommen wird, an dem von euch als Eltern ein gewissen Verhalten (welches?) erwartet wird"?

Meine Söhne gehen ja in verschiedene Kindergärten, aber beide haben Bereiche, wo sie Schwierigkeiten haben bzw. machen. Ich sehe es aber nicht als meine Aufgabe meine Söhne so weit zu bringen dass es die Kindergärtnerinnen möglichst leicht mit ihnen haben. Natürlich spreche ich vor allem mit meinem Großen darüber, wenn mal was vorgefallen ist (er hatte kürzlich eine Phase wo er immer wieder auf den Boden gespuckt hat) aber damit ist mein Part erfüllt.

Was deine Bedenken wegen der Schule betrifft so bin ich mir sicher dass so ein kluges Mädchen wie deine Tochter längst durchschaut hat dass ein Schulbesuch verpflichtend ist. Und wenn die Schule, für die ihr euch dann entschieden habt, nicht entsprechen sollte, halte ich euch als Eltern für kompetent genug eine bessere Alternative zu finden. Das Leben ist nun mal Versuch und Irrtum, aber wenn das Gefühl unterinander "passt" dann wird man als Familie auch mit nicht so einfachen Situationen fertig. Aber jetz hör mal auf, Dir einen Kopf darüber zu machen, es kommt sowieso ganz anders! Alles Gute :) !
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Liebe Rabaukenmama, spannend, Deine Beispiele zu lesen. Genau dieser Meinung bin ich im Grunde auch, es wird sich ergeben und es gibt für alles eine Zeit. Außerdem sind wir als Erwachsene in der Lage, kreativ und flexibel mit Situationen umzugehen, das stimmt.

Rabaukenmama hat geschrieben:
Liebe Momo, ich halte dich auch für flexibel genug, Wege zu finden, sollte Deine Tochter wirklich mit dem Schuleintritt Probleme haben. Und wenn du jetzt offen bist und Deine Ängst bezüglich Kindergarten ablegst kannst du offen dafür sein dass deine Tochter entweder ihren Weg im Kindergarten findet ODER einfach wieder bei dir zu Hause ist.
Das stimmt, ich sollte mich frei machen von dem Gedanken, dass das jetzt funktionieren MUSS. Bei uns wäre das dann zwar der 2. kindergartenabbruch (deshalb möchten wir uns jetzt auch nicht vorschnell dagegen entscheiden, solange wir das Gefühl haben, es entwickelt sich positiv), doch das sollte kein Grund sein, sich gegen einen Abbruch zu entscheiden.
Und da ist es ganz, ganz wichtig, im HIER und JETZT zu bleiben. Du kannst nicht in die Zukunft sehen und das ist auch gut so (ehrlich - möchtest du es wirklich wissen ;) ???). Aber du darfst Deiner Tochter vertrauen dass sie ihren Weg schon finden wird. Wichtig ist, dass du flexibel bist wenn sie WIRKLICH Probleme hat (Plan B, C, D,...) und nicht jetzt deine Energie darauf verschwendest wie du Probleme verhindern kannst, die sich vielleicht nie ergeben.
Da hast Du recht... da sind wir wieder an dem Punkt, dass Erwachsene viel zu viel planen, ich selbst absolut eingeschlossen.
Abgesehen davon schreibst du selbst dass die Kindergärtnerinnen meinen, das sei der einzige Bereich wo deine Tochter nicht total fit ist. Muss sie es denn wirlich in allen Bereichen sein? Erwarten das wirklich die Kindergärtnerinnen oder wirst du selbst ungeduldig weil du ihnen (übertrieben ausgedrückt) eigentlich gern schon das perfekt angepasste und eingewöhnte Kind bieten würdest? Wie kommst Du auf die Idee dass, wie du schreibst "der Punkt kommen wird, an dem von euch als Eltern ein gewissen Verhalten (welches?) erwartet wird"?
Ich denke, die Erzieherinnen sind bis zu einem gewissen Punkt geduldig, doch dann erwarten sie von uns, dass wir uns deutlich zurückziehen. Ich hoffe einfach sehr, dass das auch für unsere Tochter in Ordnung sein wird und davor habe ich wirklich etwas Angst. Doch ich glaube, diese Gefühle kennt jede Mutter, oder? Natürlich muss unsere Tochter nicht in allen Bereichen fit sein (sie ist ja keine Maschine), doch die Erzieherinnen meinten es meiner Empfindung nach eher positiv, dass sie hier etwas wichtiges lernen kann.
Was deine Bedenken wegen der Schule betrifft so bin ich mir sicher dass so ein kluges Mädchen wie deine Tochter längst durchschaut hat dass ein Schulbesuch verpflichtend ist. Und wenn die Schule, für die ihr euch dann entschieden habt, nicht entsprechen sollte, halte ich euch als Eltern für kompetent genug eine bessere Alternative zu finden. Das Leben ist nun mal Versuch und Irrtum, aber wenn das Gefühl unterinander "passt" dann wird man als Familie auch mit nicht so einfachen Situationen fertig. Aber jetz hör mal auf, Dir einen Kopf darüber zu machen, es kommt sowieso ganz anders! Alles Gute :) !
Danke, ich versuche mich zu entspannen :schwitz: Die letzten Tage verliefen gut im Kindergarten, ich hoffe jetzt einfach, dass diese Tendenz so weitergeht. Ansonsten gibt es immer eine Lösung...

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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Rabaukenmama hat geschrieben:
Und da ist es ganz, ganz wichtig, im HIER und JETZT zu bleiben. Du kannst nicht in die Zukunft sehen und das ist auch gut so (ehrlich - möchtest du es wirklich wissen ;) ???). Aber du darfst Deiner Tochter vertrauen dass sie ihren Weg schon finden wird. Wichtig ist, dass du flexibel bist wenn sie WIRKLICH Probleme hat (Plan B, C, D,...) und nicht jetzt deine Energie darauf verschwendest wie du Probleme verhindern kannst, die sich vielleicht nie ergeben.
Rabaukenmama, ich gebe Dir auch in diesem Punkt recht und sehe es genauso. Doch das Thema Schule ist für mich sehr speziell. Leider gibt es in Deutschland die Schulpflicht (ein wichtiges, diskussionswürdiges Thema für sich) und deshalb sehe ich kaum einen Plan B. Es gibt in den meisten Schulen keine Möglichkeit der Eingewöhnung, von den Kindern wird erwartet, dass sie plötzlich alles ohne die Eltern schaffen, mit fremden Erwachsenen! Ich habe schon so viel erlebt, erst im letzten Jahr bei einer Einschulung, die ich fotografiert habe. Ein Junge musste sich ständig übergeben und hatte einen Weinkrampf, aus dem er nicht herauskam. Schrecklich!!! In einer Schule, die für unsere Tochter interessant sein könnte, habe ich gefragt, ob es in der Eingangsklasse (eine Art Vorschulklasse) die Möglichkeit einer Eingewöhnung gäbe. Ich stieß auf völlige Verständnislosigkeit und bekam zur Antwort, dass meine Tochter nun aber dringend in den Kindergarten gehen müsse (das war noch in der Zeit, als wir sie zu Hause betreuten). Das war jedoch nicht der Grund, warum sie nun in einen Kindergarten geht. Es ist ein Beispiel, wie verständnislos man behandelt wird, wenn man einen anderen Weg wählt. Und dass es letztendlich keine andere Möglichkeit für alle Kinder und Eltern gibt, als sich dem "Schulzwang" zu fügen.
In allen anderen Bereichen des Alltags stimme ich Dir vollkommen zu, doch beim Thema Schule gibt es keine wirkliche Alternative in den Ländern mit Schulpflicht. Oder wie seht Ihr das? Rabaukenmama, wie würde Dein Plan B aussehen?

Momo
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