Kommentare, darüber sprechen:
Ganz schwieriges Thema...
Bei der Großen hab ich ihre Fähigkeiten oft kleingeredet oder immer direkt nachgeschoben, was sie nicht so gut kann/problematisch ist.
Immer besorgt, als Angebermutter dazustehen und versucht, andere nicht zu "beschämen" deren Kinder nicht so weit sind, bemüht, nicht vom Kind zu "schwärmen".
Oft habe ich auch einfach geschwiegen, wenn es um Fähigkeiten ging, die mein Kind schon längst hatte.
Heute denke ich, war das nicht der richtige Weg. So sensible Kinder spüren das ja, dass man sich bisschen "schämt", über Fähigkeiten zu sprechen und hören sehr wohl, wenn man auf ihren Schwächen rumreitet.
Meine Tochter war auch unglaublich hellhörig. Die bekam immer unglaublich viel mit, selbst wenn sie 3 Zimmer weiter vermeintlich intensiv mit einem anderen Kind spielte oder ein Hörspiel hörte etc pp...
Ich denke also, dass das nicht gut fürs Selbstwertgefühl war/ist. Dann denken die Kinder, dass das, was sie können und das was sie sind irgendwie "schambehaftet" ist und versteckt werden muss.
Bei der Kleinen jetzt halte ich es anders. Da trete ich selbstbewusster auf.
Und im engeren Bekanntenkreis, also die 3,4 Familien, mit denen wir befreundet sind und oft verkehren, wo die Kinder untereinander spielen, wissen die meisten, dass die Große hochbegabt ist. Da habe ich auch offen darüber geredet, dass wir bei der Kleinen über eine Früheinschulung nachdenken (haben wir dann nicht gemacht) und dass sie liest und rechnet.
Da erzähle ich auch öfter mal, wenn sie was tolles gesagt oder gemacht hat oder zeige auch bspw mal besonders gelungene Bilder rum.
Allerdings muss ich dazu sagen, dass alle dieser Familien sehr fitte und/oder irgendwo sehr begabte Kinder haben (musikalisch, künstlerisch, technisch, mathematisch) und meine da eigentlich nicht total herausstechen.
Unter diesen Miteltern kann ich dann auch Probleme besprechen, Sorgen, die mit der Hb zusammenhängen.
Das tut gut.
Anfangs fühlte es sich komisch an, das zu thematisieren. Hochbegabung ist irgendwie auch so ein Unwort. Ich nehme das auch ziemlich ungern in den Mund.
Aber irgendwann wird es "normaler".
Leute die ferner sind, mit denen wir nicht befreundet sind, erfahren natürlich nichts. Wozu auch.
Die Kindergärtnerin von Nr.2 habe ich irgendwann aufgeklärt, als es um Früheinschulung ging.
Die hatte dann Zweifel an einer besonderen Begabung meiner Kleinen. (nach dem Gespräch: "Ich habe das jetzt mal beobachtet - sie rechnet doch heimlich unter dem Tisch mit den Fingern, also kann sie nicht wirklich rechnen.") Aber ich fand sie grundsätzlich nicht besondere kompetent.
Am entspanntesten redet es sich natürlich auf DGhK Treffen. Das ist echt angenehm, weil man nicht bei jeder Aussage überlegen muss, ob man das nun sagt und ob man es so sagen kann usw.
Da ist es wirklich normal.
Auf Kommentare anderer würde ich nicht mehr abwiegelnd reagieren, wie ich das bei der Großen wie geschrieben oft gemacht habe.
Sondern wenn da was kommt, ganz ehrlich und offen sagen: "Ja, sie interessiert sich sehr für Buchstaben und schreibt auch schon erste Wörter.".
oder "Sie kann schon ganz gut lesen." Wenn man dann fragt, ob sie das allein gelernt hat oder ich es ihr beigebracht habe, bin ich auch ehrlich: "Sie wollte das seit sie 4 ist und hat immer wieder gesagt, es sei ihr sehnlichster Wunsch, richtig lesen zu können. Da habe ich ihr irgendwann eben eine Fibel gekauft und immer, wenn sie von sich aus damit zu mir kam, haben wir zusammen ein bisschen geübt"
Wer dann denkt: "Also hat es ihr doch die Mama beigebracht", bitte. Ich stehe dahinter, dass ich ihr dabei geholfen habe. Welche Mutter würde denn Hilfe ablehnen, wenn das Kind mehrfach darum bittet?
Ich denke, reagieren ohne Wertung, ohne es besonders zu betonen oder herauszustellen, möglichst normal, ist meist der beste Weg.
Dafür braucht es vor allem Übung. Am Anfang fühlt es sich vielleicht noch ein bisschen komisch an, aber je öfter man "normal" drüber redet, desto einfacher und normaler wird es auch.
Ich habe, nachdem ich mich durch meine Tochter viel mit dem Thema Hb auseinandergesetzt habe, auch sehr oft mich selbst wiedererkannt.
Ich bin nicht getestet und wer weiß, ob ich den entscheidenden Wert überhaupt ganz erreichen würde. (ich hab 1. den Mut zu einem Test nicht und sehe 2. auch keinen Vorteil darin, einen genauen Wert für mich zu kennen.)
Trotzdem habe ich vieles gefunden, was passt und habe mich und meine Jugend und viele meiner Verhaltensweisen nochmal neu betrachtet.
Viele Dinge, wo ich mich früher auch als nicht normal empfunden habe und wo ich deswegen verunsichert war, sehe ich jetzt unter dem Blickwinkel: "Nunja, das hat wahrscheinlich auch mit einer überdurchschnittlichen Begabung zu tun" und "Ich denke und bin nunmal mitunter anders, als andere. Ich muss mich dafür nicht rechtfertigen, das gehört zu mir und hat vermutlich auch mit einer überdurchschnittlichen Begabung dazu. Die anderen müssen mich nicht immer verstehen und ich muss nicht erwarten, dass andere mich immer verstehen."
Mal ein Beispiel: Ich bin immer versucht, den optimalen Weg/die optimale Lösung für ein Problem zu finden, Situationen und Probleme sehr ausführlich zu analysieren und auseinandernehmen, Sachen aus vielen Perspektiven zu betrachten...
Wenn scheinbar eine Sache schon klar ist oder andere gar nicht groß drüber nachdenken, gar keine Alternative sehen oder suchen, hege ich mitunter Zweifel, weil es könnte doch auch ... und anderseits ... und vielleicht habe ich dasunddas ja noch nicht berücksichtigt, das könnte ja alles völlig ändern... bestimmt gibt es noch einen besseren Weg...
Das wirkt für andere oft kompliziert und sie schütteln die Köpfe, wie aus einer kleinen Sache dann manchmal scheinbar für mich ein Riesending wird.
Dabei empfinde ich selbst das gar nicht so, dass das viele Nachdenken und Analysieren mich belastet oder behindert, ich bin jetzt auch deswegen nicht entscheidunsgunfähig.
Ich kann durchaus auch ganz spontan und "kopflos" entscheiden. (bin mir dann darüber aber auch sehr bewusst

)
Ich entscheide nur halt OFT bevorzugt nach ausführlichem "Zerpflücken" eines Problems.
Ich habe auch oft einfach Freude daran und ziehe Befriedigung daraus, eine Sache wirklich zu durchdringen. Selbst wenn das Ergebnis dann genau das ist, was von Anfang an als naheliegend feststand, bin ich einfach dann richtig überzeugt und viel zufriedener, wenn ich den "Umweg" über das Durchdenken mehrerer anderer Alternativen gegangen bin.
Ich mache das richtig gern, eine scheinbar völlig klare Sache dann völlig auseinanderzunehmen und aufzuzeigen, dass im Grunde gar nicht alles klar und einfach ist, wie man immer denkt...
Das ist definitiv etwas, was oft mit einer hohen Begabung im Zusammenhang steht, dieses optimieren Wollen, Hinterfragen, Auseinandernehmen.
Da viele Menschen drauf verständnislos reagieren, empfand ich das früher immer als dumme Angewohnheit von mir, einen "Charakterfehler", den ich möglichst verstecken muss.
Jetzt sehe ich das anders und stehe mehr dazu und akzeptiere, dass andere das kompliziert finden, nicht weil sie es nicht mögen, sondern weil diese Art zu Denken ihnen einfach fremd ist.
Also da auch noch ein weiterer Hinweis an dich:
Evtl. lohnt es sich, dass du/dein Mann ihr euch auch mit euch selbst mal beschäftigt und schaut, wo ihr besonders und nicht Durchschnitt seid.
Mir hat das echt viel gebracht!
Und die begabten Kinder profitieren definitiv auch davon, wenn ihre Eltern in dem Bereich mit sich im Reinen sind und ihre eigene Andersartigkeit akzeptieren.