Schüchternheit

ganz allgemein zu Kleinkindern, ob nun aufgeweckt, klug oder hochbegabt
Bliss
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Bliss »

Im Schulalter hat man nicht mehr allzuviele Möglichkeiten in Deutschland. Ich fand es schon irgendwie krass, dass ich für ein Kind mich durch 9 verschiedene Kindergartenkonzepte durchgearbeitet habe und beim anderen Kind wurde nur aufgrund unserer Adresse festgelegt, in welche Schule und sogar in welche Klasse er kommt.

Wir hatten bislang Glück und die Kinder fühlen sich halbwegs wohl und ich hoffe darauf auch bei Kind 3. Denn realistisch betrachtet gibt es kaum eine Alternative: Privatschulen mit alternativen Konzepten sind schwierig zu erreichen, wir müßte ihn praktisch täglich fahren und das ist mit Baby keine prickelnde Aussicht. Ansonsten bleibt eigentlich nur Auswandern, wozu momentan eigentlich keiner von uns Lust hat.
Rabaukenmama
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Rabaukenmama »

Geh Momo, es gibt ja nicht nur eine Schule in Berlin, oder? Und selbst wenn Du dich bis zum Schuleintritt deiner Tochter noch so intensiv damit beschäftigst nimmt Dir das nicht die Entscheidungen ab, die du IN DER SITUATION treffen wirst. Abgesehen davon: denk an die Nerven, die es dich gekostet hat, wenn alles super läuft und deine Tochter freundenstrahlend jeden Tag in die Schule geht. Selbst wenn sie NICHT begeistert sein sollte, sich aber mit der Situation arrangiert, waren alle Befürchtungen verschwendete Energie. Daran, dass es etliche Kinder gibt, die NICHT gerne in die Schule gehen (aus unterschiedlichsten Gründen) wirst Du nichts ändern. Aber die Situation zu Hause ist ohnenhin viel wichtiger, es sei denn es besteht länger anhaltender Leidensdruck (in der Schule).

Aber ich verstehe grundsätzlich natürlich, was du meinst. Leider sind Bürokratie und Gesetze oft im Weg, auch in Österreich.

So DARF ich z.B. meinen kleinen Sohn auf Grund seiner Behinderung nicht zu Hause unterrichten (obwohl in Ö generell keine Schulpflicht sondern nur UNTERRICHTSPFLICHT besteht) und wenn es dumm läuft dann muss er eine Sonderschule besuchen - also so eine, wo nicht in erster Linie Kinder mit Handycap unterrichtet werden sondern wo sich total überforderte Lehrer mit Kindern aus sozial auffälligen Familien herumschlagen, das Recht des Stärkeren/Lauteren gilt und die Bildung auf der Strecke bleibt :( .

Glaub mir, würde ich mich JETZT schon deshalb fertig machen könnte ich keinen klaren Gedanken mehr finden! Ich habe keine Ahnung wie sich der Kleine sprachlich bzw. intellektuell entwickeln wird. Ich hoffe dass er zumindest die bilinguale Klasse einer Schule mit Schwerpunkt Hörschädigung besuchen kann, auch wenn er dann wieder täglich 2,5h im Bus sitzen musst. Und wenn es ihm dort nicht gefallen sollte gibt es WIRKLICH kaum einen Plan B. Das sind aber Dinge, auf die ich nur wenig Einfluss habe, trotz Eingaben ans Unterichtsministerium usw.

Schau Dir im Vergleich dazu deine Möglichkeiten an FALLS deine Tochter in der ersten Schule, die ihr ausgesucht habt, unglücklich sein SOLLTE. Gibt´s wirklich keinen Plan B ;) ?
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Rabaukenmama
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Rabaukenmama »

Bliss hat geschrieben:Im Schulalter hat man nicht mehr allzuviele Möglichkeiten in Deutschland. Ich fand es schon irgendwie krass, dass ich für ein Kind mich durch 9 verschiedene Kindergartenkonzepte durchgearbeitet habe und beim anderen Kind wurde nur aufgrund unserer Adresse festgelegt, in welche Schule und sogar in welche Klasse er kommt.

Wir hatten bislang Glück und die Kinder fühlen sich halbwegs wohl und ich hoffe darauf auch bei Kind 3. Denn realistisch betrachtet gibt es kaum eine Alternative: Privatschulen mit alternativen Konzepten sind schwierig zu erreichen, wir müßte ihn praktisch täglich fahren und das ist mit Baby keine prickelnde Aussicht. Ansonsten bleibt eigentlich nur Auswandern, wozu momentan eigentlich keiner von uns Lust hat.
Ich kann mir nicht vorstellen dass man in Deutschland Eltern zwingt, ein Kind die ganze Schulzeit in einer bestimmten, nicht frei ausgesuchten Schule zu absolvieren. Und wenn es so wäre verstehe ich nicht warum nicht alle Eltern auf den Barrikaden sind und den Verantwortlichen Druck machen, etwas zu verändern.

Dass es vielleicht nicht so BEQUEM ist ein Kind täglich in einer weiter entfernte Schule zu bringen bzw. man im eigenen (Zeit-)Konzept Veränderungen vornehmen muss, steht auf einem anderen Blatt Papier. Da kommt mMn sehr darauf an wie schlecht es dem Kind tatsächlich in der Situation geht.
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Momo
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Bliss hat geschrieben:
Ich fand es schon irgendwie krass, dass ich für ein Kind mich durch 9 verschiedene Kindergartenkonzepte durchgearbeitet habe und beim anderen Kind wurde nur aufgrund unserer Adresse festgelegt, in welche Schule und sogar in welche Klasse er kommt.
Absolut richtig Bliss- es ist doch paradox und ich fühle mich als Mutter regelrecht "entmündigt". In unserer Stadt kann man mehrere Schulen (wenn es staatliche Schulen sind) als Favoriten angeben und es ist reines Glück, auch einen Platz auf einer dieser Schulen zu erhalten. Angeschaut haben wir uns bisher nur Privatschulen, ich würde auch höheres Schulgeld oder einen weiteren Fahrtweg in Kauf nehmen, doch auch hier ist der Einstieg für die Kinder in die erste Klasse der gleiche. Ich habe lediglich eine völlig freie Schule gefunden, in der eine Eingewöhnung möglich ist, so lange es das Kind wünscht und braucht. Doch hier frage ich mich, ob dieses völlig freie Konzept, also kein regulärer Unterricht und Lernen nach Interessen, aufgeht. Ich finde es sehr spannend und mich begeistert der Ansatz dieser Schule, dass alle Kinder lernen wollen und dass die Lernbegleiter (ja, so nennen sich die Lehrer dort) darauf vertrauen und den Kindern Zeit und Raum geben, sich zu entwickeln. Es gibt also keinen festgelegten Lehrplan, nach dem alle Kinder zeitgleich das Gleiche lernen müssen, sondern die Kinder dürfen ganz individuell lernen. Für mich macht das Sinn, denn warum sollten sich alle Kinder zeitgleich für ein Thema interessieren? Und wenn man etwas lernt, weil es einen wirklich interessiert und vor allem ohne Zwang, Druck und Bewertung, wird das Erlernte sicherlich wesentlich tiefer gespeichert. Die SchülerInnen sind dort in einer sehr familiären Atmosphäre und müssen nachmittags eher nach Hause geschickt werden, als dass sie freiwillig gehen wollen. Doch funktioniert das wirklich?? Oder haben die Kinder später Defizite in einigen Bereichen? Ansonsten wäre dies für mich eine wirkliche Alternative zum bestehenden Schulsystem. Hat jemand Erfahrung mit einer solchen Schule? Auch in Verbindung mit einer eventuellen Hochbegabung des Kindes? Ich hatte es hier schon mal an anderer Stelle gefragt, doch eine solche Schulform ist wohl (noch) eher die Ausnahme...

Momo
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Rabaukenmama
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Rabaukenmama »

@Momo: Ich glaube nicht dass Dir die Erfahrungen von ein oder zwei Personen, deren Kinder so eine Schulform besuchen, weiterhilft. In der Schule steht und fällt alles mit dem Lehrpersonen. Du warst selbst als Schülerin mit dem Montessori-Konzept sehr zufrieden, shajas Sohn hat nach über einem Jahr immer noch Alpträume von seiner Montessori-Schule. Es kommt nicht drauf an welches noch so tolle Konzept außen draufsteht sondern wie der konkrete Umgang der Lehrpersonen mit den Schülern aussieht.

Auch auf die Konstellation der Klassen (wie viele Buben, wie viele Mädchen, wie viele Kinder auf wie viele Lehrpersonen, aus welchen sozialen Schichten,...) haben wir wenig Einfluss. Wenn ein, zwei Kinder in einer Klasse sind, die sich nicht integrieren können oder wollen sind die Lehrer oft machtlos (die Nicht-Anpassung reicht meistens nicht so weit dass diese Kinder der Schule verwiesen werden).

Daher kann man bei der Wahl einer Schule für´s Kind ohnehin nur nach dem eigenen Gefühl gehen. Defizite bei einem Kind "erzeugt" eine Schule jedenfalls nicht, es ist nur unterschiedlich, an welchen bereits vorhandenen Schwächen bzw. Defiziten gearbeitet wird und welche so stehen gelassen werden.

So gesehen sind die Defizite, die beim Schulabgänger "übrig geblieben" sind einfach je nach Schulform unterschiedlich. Ich kann mir z.B. vorstellen, dass Kinder, die eine sehr "freie" Schulform besucht haben im Berufsleben Schwierigkeiten mit langweiligen Routinearbeiten (die halt leider in vielen Berufen notwendig sind) haben. Dafür sind sie wahrscheinlich eher imstande "ums Eck" zu denken und kreative Ideen zu haben. Kommt sicher auch auf den Beruf bzw. die Arbeitsstelle an, die unsere Kinder mal bekommen, ist aber nichts, was wir bei unseren jetzt-noch-Vorschulkindern vorhersehen können bzw. müssen.

Dass Kinder in freien Schulformen "weniger" lernen glaube ich jedenfalls nicht. Es kann aber sein, dass z.B. bei Aufnahmetests geforderte Fähigkeiten nicht ausreichend gelernt werden weil es eben nicht nach Schema F abläuft sondern die Kinder individuell nach ihren Interessen und Fähigkeiten lernen dürfen. Aber ich sehe kein großes Problem darin, einem klugen Kind welches sich z.B. für Sprachen mehr interessiert hat als für Mathe in ein, zwei Monaten die wichtigsten Rechenarten beizubringen die bei einem Aufnahmetest verlangt werden. Weil ich das so sehe kann ich mich bei der Schulwahl auf mein Gefühl verlassen ;) .
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shaja-neu
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Re: Schüchternheit

Beitrag von shaja-neu »

Auch meine Erfahrungen mit meinem Sohn haben mich gelehrt, flexibel zu reagieren.
Und wenn ich jetzt zurück blicke auf die letzten 7einhalb Jahre, dann war meine Flexibilität und die meines Mannes gepaart mit unserer großen Liebe und unserer Sensibilität ihm gegenüber so ziemlich das Wertvollste, was wir ihm entgegen brachten.
Bisher erlebten wir jedes Jahr eine Überraschung und änderten so oft unsere "tollen "Pläne. ..

Auch der Sprung in die dritte Klasse war ganz und gar nicht geplant ..

Nochmal zum Thema Kiga - Wechsel :
Auch wenn du dir sehr wünschst, dass der Kiga -Start gut klappt -wenn es nicht geht, dann geht es nicht.
Ich kenne hier viele Eltern und habe festgestellt, dass gerade die einfühlsamen Eltern eher bereit sind, Krippe, Kiga oder Schule zu wechseln. ..die unsensibleren Eltern ziehen ihr Programm eher durch....obwohl ihre Kinder jahrelang jeden! !!Morgen weinen....
Ich finde deine Gedanken toll und sehr sympathisch, deine Tochter kann froh sein, solch eine Mutter zu haben. Ebenso tut es mir so gut, hier die Gedanken anderer Forumsmitglieder zu lesen, die ebenfalls sehr einfühlsam und reflektiert sind...

Zur Schule :Schulkinder sind älter und verkraften mehr...traurig, das so sehen zu müssen, aber irgendwie auch beruhigend. .
Beispiel :zur Zeit ist es an der Schule meines Sohnes sehr hektisch (ist normal, so kurz vor den Sommerferien, alle sind müde , erschöpft und ferienreif ...ich merke, dass mein Sohn das stresst. Dennoch kommt er etwas besser damit zurecht als zu Kiga -Zeiten. ...
Er kam sich noch besser in Mitschüler und Lehrer einfühlen und bezieht Aggressionen nicht mehr auf sich. ...
Noch mal zum Kiga -Wechsel : Eine gute liebe Bekannte von mir ist Kinder psychologin , ihr Mann Psychologe
Sie haben bisher zwei ihrer vier Kinder schon mehrfach aus Einrichtungen genommen, (was auch sehr gut begründet war!) , also kann das ja nicht so verkehrt sein.. ;)
shaja-neu
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Re: Schüchternheit

Beitrag von shaja-neu »

Noch was zum Thema planen :
Ehrlich gesagt, bekomme ich richtig Bauchschmerzen, wenn ich daran denke, dass mein Sohn nächstes Jahr mit 8 in ein Gymnasium wechseln muss..
Dennoch haben wir uns -einstimmig mit Sohn, Klassenlehrerin und Schulleiterin für den Sprung entschieden. WEIL ES JETZT GERADE PASST.
Was in einem Jahr kommt, was er dann brauch???Keine Ahnung! Kann gut werden, oder nicht. ...Aber jetzt geht er gerne zur Schule, spielt, lernt das Lernen gerade. ..wächst gerade über sich hinaus...das genügt ersteinmal. ... ;)

LG shaja
Momo
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Liebe Shaja, liebe Rabaukenmama,
danke für Eure Antworten! Ich bin sehr froh, dass wir bis zum Schulstart noch (wahrscheinlich) zwei Jahre Zeit haben! Du hast recht, Rabaukenmama, es kommt immer auf die gesamte Atmosphäre und Konstellation an, die ich als Mutter sowieso nicht beeinflussen kann, bzw. kann ich die Atmosphäre eventuell spüren, wenn ich das ganze schöne Konzept etc. mal ausblende und vor Ort einfach mal alles auf mich wirken lasse. Sehr guter Hinweis, sich auf sein Gefühl zu verlassen!

Liebe Shaja, kennst Du das Phänomen, dass sich Probleme manchmal lösen, wenn man sie ausspricht oder beschreibt? Mir ist dies schon oft aufgefallen, auch hier im Forum- seltsam aber toll! Meine Tochter hat von dieser Diskussion hier natürlich nichts mitbekommen und trotzdem war der Tag heute im Kindergarten so schön für sie, sie erzählte mir vorhin vor dem Einschlafen, wie gut es ihr heute gefallen hatte, was sie alles gebaut und gespielt hat. Sie freute sich heute morgen darauf hinzufahren und scheint wie ausgewechselt. Im Moment ist sie auf einem sehr guten Weg, das wollte ich nur noch mal schreiben und ich werde sie weiterhin beobachten, begleiten und und ernst nehmen.

Ganz liebe Grüße von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Maca
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Registriert: Do 21. Mai 2015, 16:30

Re: Schüchternheit

Beitrag von Maca »

Das ist doch schön Momo!
Diese Phänomen kenne ich auch,wenn man sich mental mit Problemen auseinandersetzt!öffnen sich einem häufig neue Türen,ausserdem spüren unsere Kinder ,wenn wir uns intensiv mit ihren aktuellen Situationen auseinandersetzen !und das schon kann sie immens stärken.
Das Grundgerüst für Kinder gesund ,stark,und (gegebenenfalls) ,zufrieden durchs Leben zu kommen, gibt ihnen in den meisten Fällen ein liebendes Elternhaus und daran hat dein Kind überhaupt ! keinen Mangel!

LG
Momo
Dauergast
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Re: Schüchternheit

Beitrag von Momo »

Ganz lieben Dank Maca für Deine Worte!
Ihr habt mir wirklich alle sehr geholfen!

Liebe Grüße und ein tolles Wochenende wünscht Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
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