Ich kann dir da, glaube ich, keine guten Tipps geben.
Es ist mir bisher nie gelungen, meinen Kindern den Anspruch an sich selbst auszureden, wenn er mal wieder übergroß war.
Meine Mädchen sind aber nur bei einigen Themen perfektionistisch.
Beim Schreiben beide definitiv nicht.
Es gab hier aber mal einen von der DGhK organisierten Vortrag zum Thema Perfektionismus. Den hab ich leider verpasst.
Die Große hat gerade gestern Abend mantraartig vor sich hingebetet, sie müsse in der Englischarbeit heute unbedingt eine 1 bekommen. Sie wolle in Englisch unbedingt weiter auf 1 stehen und die letzte Arbeit war eine 2.
Das scheint ihr extrem wichtig, vermutlich weil sie in dem Fach aktuell am stärksten ist in der Schule bzw Klassenbeste und sich diesen Ruf unbedingt erhalten will.(?)
Alles Reden meinerseits, dass die Zensuren nicht allzuviel aussagen über die entsprechenden Fähigkeiten, kommentierte sie mit "das verstehst du nicht!"
Ich bin da also auch ratlos und habe noch keine Methode gefunden, damit umzugehen.
Da Kind aber kürzlich gegenüber der Psychologin sagte, dass sie sich unverstanden fühle, wenn sie selbst eine 3 in Mathe als schlimm und ich als nicht schlimm bewerte, denke ich, sollte man vielleicht eher Verständnis zeigen, statt dem Kind den Anspruch auszureden zu versuchen.
Die Psychologin meinte dazu auch, man solle es zunächst mal anerkennen, dass es für sie ein Problem sei.
Ich selbst habe auch perfektionistische Züge. Als Grafikerin bspw bastele ich oft so lange an etwas herum, bis es wirklich meinen Ansprüchen genügt.
Das kann lang dauern und manchmal schmeiße ich etwas, was an sich schon komplett fertig schien, nochmal komplett um und entwickle eine völlig neue Variante.
Um dann ggf doch zum Alten zurückzukehren und das dann nochmal zu verbessern.
Ich bearbeite auch mitunter schon abgesegnete Sachen nochmals, wenn ich selbst noch nicht zufrieden bin.
In meiner freien Arbeit bedeutet das, dass der tatsächliche Aufwand in Stunden meist nicht wirklich bezahlt wird.
Aber mir ist das Ergebnis da fast immer wichtiger.
Ich lese bspw auch immer alle Texte noch mal Korrektur, selbst wenn das gar nicht meine Aufgabe ist.
Manchmal schlage ich auch Text- und Ausdrucksverbesserungen vor usw.
Also ich mache fast immer mehr als ich müsste.
Wenn ich mal mit einer Sache nicht zufrieden bin, komme ich da auch nur schwer drüber weg.
Ich seh dann auch Jahren noch, wo Verbesserungspotential gewesen wäre oder ärgere mich, wenn da was nicht ganz stimmig war/ist.
Da kann mir auch jeder sagen, dass es doch schon ganz toll aussieht - wenn ich nicht zufrieden bin, ärgere ich mich über solches Lob sogar.
("Wieso sehen die denn nicht, dass dasundas so noch GAR nicht geht??? Die lügen mir entweder was vor oder sind einfach zu doof/oberflächlich")
Wobei das in den letzten Jahren besser geworden ist. Ich kalkuliere inzwischen öfter, ob und wo der Aufwand lohnt, das Optimum herausholen zu wollen und wo nicht.
Also da hab ich definitiv dazugelernt.
Bsp Geige. Als Kind/Jugendliche dachte ich, dass, wenn ich nicht wirklich richtig gut spiele, ich es dann besser ganz lassen sollte.
Was ich dann ja auch mit ca. 12/13 Jahren tat. (Inzwischen denke ich, dass ich so schlecht nicht gewesen sein kann, da ich auf dem Musikschulabschlusszeugnis eine 2 habe und die waren streng hier in der DDR)
Seit ein paar Jahren nun spiele ich ja wieder und zwar völlig anspruchslos und eher leichte Stücke, musiziere mit einer Laiengruppe zusammen und nur "aus Spaß an der Freude".
Ich kenne meine Fehler (und passe aktuell im Unterricht der Kleinen immer gut auf!

), aber ich kann heute damit gut leben, auf recht niedrigem Niveau zu spielen.
Auch bei meinen Kindern bin ich mitunter nicht direkt zufrieden, wenn sie was zu luschlig machen und ich weiß, dass sie es besser können.
Oder wenn meine große Tochter mich fragt, wie ich ihre neue Figur finde, die sie am Grafiktablett designt hat. Da sage ich auch fast immer, was man noch verbessern könnte.
("Hier stimmt der Schattenwurf noch nicht ganz, da sitzen die Augen etwas zu eng" u.ä....")
Vielleicht sollte ich das nicht tun, aber ich kann manchmal nicht anders.
Ich versuche aber immerhin bewusst herauszuhören, ob Verbesserungsvorschläge gewünscht sind oder nicht und halte mich ggf zurück.
Bei der Kleinen an der Geige frage ich sie jetzt immer selbst, was sie denkt, was sie noch besser machen könnte und lobe sehr viel. (Auch wenn es noch nicht so gut war)
Sie mag dann aber oft das Lob auch nicht. Wie ich, siehe oben.
Sie wollte auch beim Schwimmen lernen/üben nie angefeuert/gelobt werden. Ich sollte GANZ STILLE sein, wenn sie schwamm.
Meine eigene Mutter übrigens hat immer alles, was ich gemacht habe (Geige, malen, Geschichten schreiben...) supertoll gefunden und ich habe das nicht sonderlich gemocht.
Ich fand das dann mitunter einfach nicht glaubwürdig.
Die Psychologin, bei der die Großen in Klasse 3 zum Test war und der ich vom Stress beim Saxophonüben erzählte, meinte, man solle weniger zielorientiert arbeiten und mehr die Anstrengung loben, als das erreichte Ziel.
Bspw sollte sie besser nach Uhr, also bspw festgelegt auf 20 Minuten üben, statt so lange, bis eine bestimmte Stelle/ein bestimmtes Stück klappt.
Klappte nicht immer, da die Große tw ein Riesentheater machte, wenn ich meinte, sie solle jetzt aufhören und sie aber was noch nicht gut genug konnte.
Sie erlaubte sich das Aufhören dann nicht und sagte gar, sie könne dann hinterher gar nicht entspannen.
Sie gönnte sich ja auch schonmal selbst kein Eis, weil sie einen Baum nicht zu ihrer Zufriedenheit, d.h. mehrfach hintereinander hochgekommen war.
Im Allgemeinen liest man ja immer wieder, dass es besser ist, das Tun zu loben, als das Ziel.
Also nicht so drauf zu schauen, wie toll die Buchstaben nun gemalt oder geschrieben sind, sondern den Fleiß und den Aufwand, den man investiert hat.
"Man sieht, wie viel Mühe Du dir damit gegeben hast!"
Aber bei meiner Großen weiß ich bswp, dass sie das nicht annehmen würde bzw sogar als Kritik hören würde, wenn ihre eigene Ansprüche nicht erfüllt sind.
(ich selbst fände es wohl auch doof, wenn jemand ein Ergebnis meiner Arbeit so kommentieren würde.)
Also ich würde sagen, dass man vielleicht den Perfektinismus nicht unbedingt noch befeuern sollte, aber trotzdem Verständnis dafür zeigen sollte.
Ich glaube, man kann das keinem einfach so weg- oder ausreden und warum sollte man auch.
Tochters Saxophonlehrer damals meinte, nur mit einem gewissen Maß an Perfektionismus wird man in einer Sache richtig gut.