Raeubertochter2010 hat geschrieben:
Und ich bringe es zum Beispiel nicht übers Herz zu sagen "gut. Wenn du nichts isst gehst du halt hungrig ins Bett!" WAAHHH, nein das kann ich nicht...
Loslassen und fallen lassen ist nicht dasselbe. Du brauchst nicht SAGEN "dann gehst du halt hungrig ins Bett" sondern nur selbst WISSEN "mit täglichen Manipulationen verhindere ich, dass meine Tochter VON SICH AUS zu einem gesunden Essverhalten findet". Auch wenn ich in anderen Belangen dafür bin, Dinge anzusprechen, kann eine trotzige Gegenreaktion meinerseits keine Krise lösen. Oft reicht schon das nicht-ansprechen und gewähren-lassen.
Eine Bekannte von mir war Kinderkrankenschwester (sich ist jetzt schon in Ruhestand) und sie erzählte mir einmal von einem 4jährigen Buben, dessen Untergewicht und Essverweigerung zu Hause der einzige Grund für einen längeren, stationären Krankenhausaufenthalt war. Die Ärzte und Schwestern machten keinen Druck und nach einigen Wochen aß dieser Bub freiwillig einen Großteil dessen, was auf den Tisch kam. Auch sein Gewicht besserte sich nach und nach. Am Tag vor seiner Entlassung sagte dieser Bub zu meiner Bekannten "Du mußt mir versprechen, dass du meiner Mama nicht verrätst, dass ich bei euch Spinat gegessen habe!"
Würde deine Tochter mehr essen (sowohl von der Menge als auch von der Auswahl her) und würde ein annähernd "normales" Gewicht erreichen, nähme sie sich selbst viel Aufmerksamkeit weg, die sie jetzt durch ihr Verhalten bekommt.
Wegen "strullern" - ich bin aus Wien und habe dieses Wort in meinem Leben noch nie gehört. Aber das sauber-werden verweigert mein Sohn auch. Da geht es mir ähnlich wie Dir in Sachen essen: hie und da glaube ich, ich müsse auf biegen und brechen hinkriegen, dass er die Windel endlich los wird.
Dass er deshalb nicht mehr im Kindergarten ausgespottet wird.
Dass diejenigen "großen" Kinder, deren Gunst ihm so wichtig ist, vielleicht doch mal mit ihm spielen.
Dass die schiefen Blicke auf mich - weil ich das nicht hinbekomme - endlich aufhören (in schlechten Phasen kann ich mir solche Blicke auch einbilden).
Dass die Besserwisser, die diese Probleme nie hatten, endlich den Mund halten...
Tatsächlich werde ich aber immer wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt. Auch wenn mein Sohn trocken sein sollte wird er nicht immer die Spielkameraden bekommen, die er haben möchte. Und es liegt nicht in meiner Verantwortung, sie ihm zu "beschaffen". Die Besserwisser werden andere Dinge finden, die sie mir als Fehler vorwerfen können (und ich kann mir diese Vorwürfe genauso einbilden).
Dann hilft mir ein Blick auf die positiven Dinge: im Kindergarten meines Sohnes gibt es einige Kinder, die gern mit ihm spielen - trotz Windel. In meinem Bekannten- und Freundeskreis sind etliche Leute, die mich in meinem Erziehungsstil unterstützen und bestärken. Mein Sohn ist im großen und ganzen ein kluges, fröhliches Kind.
Bei Dir gibt es sicher auch viele Dinge, die "passen" und über die du dich freuen und auf die du stolz sein kannst.
Raeubertochter2010 hat geschrieben:
Und ja, das Wohl meiner Kleinen ist mir sehr, sehr wichtig... Ich möchte doch, dass sie eine schöne Kindheit hat. Dass ihr alle Türen und Möglichkeiten im Leben offen stehen. So dass irgendwann in 20-30 Jahren mal kommt "DANKE MAMA!" <3<3<3<3<3
Dieser Wunsch ist sehr verständlich. Und du hast die Möglichkeit, deiner Tochter die Rahmenbedingungen für eine schöne Kindheit zu bieten. Was sie daraus macht und wie oft sie sich die Nase anrennen muss, um diese Rahmenbedingungen nutzen zu können, darauf hast Du keinen Einfluss. Mein Sohn ist auch einer, der sich in vielen Dingen selbst im Weg steht und es bleibt mir nichts anderes übrig als ihm zu wünschen, dass er lernt, es (in manchem Belangen) anders zu machen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)