Gesprächsverweigerung

besondere Ansätze für besondere Kinder
Rabaukenmama
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Gesprächsverweigerung

Beitrag von Rabaukenmama »

Hallo,

hab mal eine Frage an Euch: verweigern Eure Kinder auch Gespräche über Dinge, die sie "angestellt" haben? Damit meine ich nicht, wenn unabsichtlich ein Glas umgestossen wird, sondern auffälliges, unpassendes Verhalten.

Heute hat mein Sohn z.B. im Kindergarten seinen vollen Teller samt Mittagessen absichtlich auf den Boden geworfen. Ich habe ihn, als wir allein waren, in aller Ruhe darauf angesprochen. Mir ging´s nicht um schimpfen oder eine Moralpredigt, ich wollte einfach nur wissen was ihn zu so einer Handlung bewegt hat. Doch ich kam absolut nicht "durch". Nach jeder Frage hat mein Sohn versucht, abzulenken, indem er von ganz anderen Themen angefangen hat.

Ich habe versucht ihm zu erklären, dass ich nicht böse auf ihn bin sondern einfach nur darüber reden will um ihn besser zu verstehen. Ich habe ihm gesagt, wie wichtig es mir ist, das zu besprechen. Dann habe ich mehrmals gebeten, nicht abzulenken, sondern zu antworten. Alles ganz ruhig, ohne Druck. Trotzdem bin ich wie gegen eine Mauer gelaufen.

Dann war ich (wirklich) etwas sauer auf meinen Sohn und habe ihm das auch gesagt und durch mein Verhalten (nicht auf sein Geplapper eingehen) demonstriert. Geholfen hat es nicht, keinerlei Gesprächsbereitschaft! Und da ich nicht ewig auf ihn sauer sein kann (und auch nicht aus pädagogischen Gründen so tun will, als wäre ich es) hat sich unsere Beziehung nach einiger Zeit wieder normalisiert. Aber das Thema wurde von seiner Seite mit keiner Silbe angesprochen.

Diese Situation gab es in den letzten Monaten schon einige Male (auch als mein Sohn bei meinen Eltern war hat er so agiert). Kennt ihr das auch? Ich frage absichtlich nicht, was man da tun kann, weil ich schon fürchte, dass es nichts gibt. Aber irgendwie passt MIR überhaupt nicht, wie sich mein Sohn da aus der Affäre zieht. Und es geht mir nicht ums schimpfen (sollte ich das wollen kann ich es ohnehin machen), sondern tatsächlich ums GESPRÄCH.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Bliss
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Re: Gesprächsverweigerung

Beitrag von Bliss »

Ja, kenn ich. Aber ich finde es in Ordnung, wenn sie nicht darüber sprechen wollen. Ich will ja auch nicht über jedes Thema reden, nur weil mein Gegenüber es grad will.

Anhören was ich zu sagen habe müssen sie aber schon . Da bin ich hartnäckig, auch wenn es mehrere Anläufe braucht.

Oft kommt dann irgendwann viel später durchaus noch eine indirekte Rückmeldung.
Linasina
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Re: Gesprächsverweigerung

Beitrag von Linasina »

Ich kenne das ebenfalls. Sie erzählt gar nicht viel vom Kiga. Aber bei uns ist es ähnlich wie bei Bliss dass dann etwas später eine indirekte Begründung kommt. Ne Lösung habe ich da auch nicht parat. Geduld und Vertrauen beim Kind auf bauen und immer wieder Gesprächsbereitschaft zeigen könnte helfen. Meine Große spricht dann eher abends wenn Sie ins Bett muss noch mal ein heikles Thema an.
BiHa
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Re: Gesprächsverweigerung

Beitrag von BiHa »

Vielleicht ist es ihm peinlich und er will, dass es gar nicht passiert ist und versucht durch sein Schweigen eben so zu tun, dass das gar nicht passiert ist?

Ich kenne dieses Verhalten ebenfalls. Und erkläre mir das eben damit. Mein Mann und ich wurden heute von unserem Sohn als "Schwachköpfe" bezeichnet. Da dieses Wort bei uns in der Familie nie fällt, muss er es aus dem Kindergarten haben. Aber er war um nichts in der Welt dazu zu bewegen, mir zu verraten, wer es gesagt hat.

Naja, vielleicht erzählt er es ja mal nebenbei.
Rabaukenmama
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Re: Gesprächsverweigerung

Beitrag von Rabaukenmama »

Danke für Eure Antworten. Es tut gut, zu wissen, dass es nicht nur mir so geht.

Bei meinem Sohn kommt auch manches "nebenbei" heraus. Zum Beispiel hat er mal nebenbei erwähnt dass er im Kindergarten "Seifenverbot" hat weil er immer extrem viel Seife aus dem Spender rausgedrückt hat (da wir zu Hause Seife im Stück verwenden lässt er auswärts keine Gelegenheit aus, einen Seifenspender zu bedienen).

Auch rutscht ihm schon mal raus, dass er bei irgendeinem Spiel nicht mitspielen durfte weil er ein "Gaga-Wort" verwendet hat. Im Kindergarten darf man diese Gaga-Wörter nämlich nur am Klo sagen weil sie da hingehören :gruebel: .

Insgesamt erzählt mein Sohn schon regelmäßig was vom Kindergarten: wer wen geschubst hat, wer (ausser ihm) im Gruppenraum Gaga-Wörter verwendet hat, welches von den "neuen" Kindern (unter 2 Jahre) kratzt und beisst, dass er die eine Betreuerin besonders mag weil ihn ihr Dialekt an Oma und Opa erinnert und weil er ihr Wort "Spompernadln" (= Mundartausdruck für "Dummheiten") so lustig findet. Ich erfahre auch, was sie gerade in den Kursen machen ("im Malkurs haben wir ein Bild ausgemalt, das ist von einem Maler, der Paul Klee heisst") oder wer von seinen Freunden gerade wo auf Urlaub ist ("Der Wolfi und die Sofie sind noch immer in Italien").
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
sinus
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Re: Gesprächsverweigerung

Beitrag von sinus »

Ich halte das für ganz normales menschliches Verhalten.
Und vermutlich weiß er selbst oft nicht so genau, warum genau er was gemacht hat. Oft sind so Aktionen ja spontane Reaktionen auf irgendeinen Ärger und da bedürfte es schon ne guten Portion Erfahrung in Reflektion und Selbstanalyse, um die Ursache zu benennen.
Wenn er den Grund für sein Verhalten so klar erkennen und benennen könnte, hätte er evtl die Handlung gar nicht in der Form durchgeführt.
Und dass es ihm hinterher unangenehm ist, drüber nachzudenken/reden, ist doch vollkommen logisch, oder nicht?
Ist ja oft gar nicht so leicht auszuhalten, sich mit seinen "Fehlern" bzw unangenehmen Situationen zu beschäftigen...

Meine Tochter lenkt auch immer ab und erzählt mir sonstwas. Wenn ich dann nicht locker lasse, redet sie aber kurz drüber.
Sie sagt dann paar (meist erstaunlich treffende) Sachen dazu und dann direkt, dass sie nun nicht weiter drüber reden mag und ich auch damit aufhören soll.
(Sie hat mich aber mitunter auch schon an der Nase herumgeführt und sich eine komische Begründung "aus der Nase gezogen", nur damit ich endlich Ruhe gebe.)
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Momo
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Re: Gesprächsverweigerung

Beitrag von Momo »

Das kenne ich auch. Manchmal ist meine Tochter dann in einer Stimmung, da würde sie auf keinen Fall in Ruhe über das Geschehene reden können. Je mehr ich nachfrage, umso deutlicher macht sie, dass sie jetzt nicht bereit ist, zu reden. Und wenn ich ehrlich bin, kenne ich das von mir selbst auch, gerade in Bezug auf meinen Partner. Manchmal muss einfach ein wenig Zeit vergehen, bis man sein Verhalten reflektieren kann und im letzten Schritt darüber in Ruhe reden kann. Für Kinder muss dies eine ungeheure Leistung sein, wenn ich es recht überlege...

Ich mache es ähnlich wie Linasina, dass ich abends in der gemütlichen Zeit vor dem Einschlafen noch mal nachfrage. Doch ohne Vorwurf, sondern einfach, weil mich meine Tochter interessiert und ihre Beweggründe zu einem bestimmten Verhalten. Meistens ist sie dann sehr gesprächsbereit. Und dass sie z.B. einen vollen Teller mit Essen nicht hinunterschmeißen darf, dass ist ihr natürlich klar. Darüber müssen wir eigentlich gar nicht reden.
Manchmal hilft es auch, ein schwieriges Thema in eine Geschichte zu verpacken. Sie ist z.B. einfach mal mitten im Großstadtgewühl weggelaufen, zu diesem Thema habe ich einfach eine Geschichte erfunden. Denn ansonsten müsste ich mich immer wiederholen und dass sie nicht einfach weglaufen darf, ist ihr ja absolut klar.

LG Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Rabaukenmama
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Re: Gesprächsverweigerung

Beitrag von Rabaukenmama »

Mein Sohn erzählt über sehr viel, aber nicht darüber, warum er etwas angestellt hat. Es gab bisher keine noch so entspannte Phase, wo er bereit gewesen wäre, darüber zu sprechen.

Im besten Fall ist er einsichtig, wenn man im nachhinein ruhig mit ihm über eine Situation spricht und die eigenen Gefühle dazu erklärt. Aber selbst darüber sprechen, was ihn zu einer Handlung bewegt hat, kann oder will er einfach nicht.
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shaja
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Re: Gesprächsverweigerung

Beitrag von shaja »

Mein Sohn (6 1/2) ist zum Glück immer noch auskunftsbereit-ich tadele ihn jedoch nie, wenn er mir ertwas erzählt. Zum einen ist das nicht meine Aufgabe und mir ist es sehr wichtig, dass er sich zu Hause wohlfühlt und da mal den Schulstress (früher Kiga-Stress) vergessen und auftanken kann. Zum anderen warnte mich davor frühzeitig mein Mann und betonte, wenn ich die Aussagen meines Sohnes in irgendeiner Weise werten würde, würde ich bald nichts mehr erfahren-so seien Männer eben ;)

Allerdings kann ich nicht den Zeitpunkt bestimmen, wann mein Sohn sich offenbart, das kontrolliert er, meist berichtet er kurz vor dem Einschlafen, vor allem wenn es für ihn belastend war-da kamen schon sehr erstaunliche Situationen heraus ! Auch dann unterlasse ich Wertungen, egal was er gemacht hat. Auch wenn er mir berichtet, dass er am Morgen drei Kinder geärgert hat :schwitz: allerdings komme ich zu einem anderen Zeitpunkt dann auf solch ein Thema zu sprechen oder mein Mann führt mal ein gutes Gespräch von Mann zu Mann....wobei mein direkter Einfluss mehr und mehr abnimmt- die Jungs aus der Schule werden immer wichtiger und ich bin einfach nur froh, zumindest den Bericht zu bekommen...

Aber tröste dich, ich weiß, dass die meisten Kinder, vor allem auch Jungs glaube ich, sehr sehr viel weniger erzählen und vielen Mamis mich schon beneidet haben bzw. sehr interessiert an meinen Berichten waren (was sie da so alles erfuhren ;) ;)

Lg shaja
Rabaukenmama
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Re: Gesprächsverweigerung

Beitrag von Rabaukenmama »

@shaja: Wenn mein Sohn mal von sich aus was erzählt werte ich auch nicht. Ich glaube zumindest, es nicht zu tun, denn es gibt sehr viel "verstecktes werten" und in meinem Bekanntenkreis sind etliche Personen, die sich selbst als total "wertfrei" sehen, wo aber manchmal jeder 2. Satz eine Wertung ist. So gesehen kann ich nicht100%ig ausschliessen, auch schon mal gewertet zu haben.

Als mein Sohn mir z.B. erzählte, dass er im Kindergarten ein "Seifenverbot" hat, habe ich nur gefragt ob das deshalb ist, weil er so viel aus dem Seifenspender rausdrückt. Das hat mein Sohn bejaht und ich hatte keinerlei Bedürfnis ihm zu sagen dass das nicht gut ist und warum. Das Verbot wurde von den Pädagogen sicher begründet und als mein Sohn noch hinzufügte "...weil ich damit die Umwelt belaste" war ich darin bestätigt, dass das ohnehin oft schon Thema war.

Hingegen habe ich bei der mehrmals vorgebrachten Beschwerde, alle Kinder würden "Kakerlak" zu ihm sagen, schon mehrmals versucht, meinen Sohn darauf hinzuweisen, dass es da wahrscheinlich einen Zusammenhang mit seinem Geruch ist. Denn mit einer Gaga-Windel verströmt man eben einen unangenehmen Geruch. Sogar diese Aussage kann als Wertung gesehen werden, meine Intuition war aber, ihm einfach nur den Zusammenhang bewusst zu machen. Generell glaube ich, dass Wortwahl, Ton, Mimik und Gestik während eines Gespräches viel ausmachen.

Mein Mann und ich sprechen vor unserem Sohn offen über unsere Gefühlt (nicht nur die positiven) und wir sind uns beide auch nicht zu gut, Fehler zuzugeben oder zu erklären, warum wir was gemacht haben (z. B. "das hat mich so geärgert dass ich ... gemacht habe"). Daher hoffe ich eigentlich immer noch, dass mein Sohn auch mal dahinterkommt, dass die Welt nicht zusammenbricht wenn man über eigene Fehler spricht.

Dabei geht es mir nicht so darum, ein Gespräch genau zu DIESEM Zeitpunkt führen zu wollen. Mein Sohn ist sehr sprachgewandt und ein "Darüber will ich jetzt nicht sprechen" würde ich sicher akzeptieren. Die Sache ist nur die, dass er NIE darüber zu sprechen bereit ist.
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