Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

besondere Ansätze für besondere Kinder
Willow77
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Willow77 »

Rabaukenmama hat geschrieben:
Willow77 hat geschrieben: Beispiel zum Loben: Mein Kind malt ein Bild und zeigt es mir stolz: "Mama, schau". Eine gängige Antwort wäre ja: "Toll, das hast du gut gemacht." Eventuell noch mit "gutes Kind hintendran." Anders könnte ich aber auch sagen: "Ich sehe einen Regenbogen, eine Sonne und eine Wolke. Das Bild gefällt mir." Oder: "Aha, du hast den Regenbogen ganz genau ausgemalt, ohne über die Linie zu gehen. Da hast du dich sehr angestrengt."
Irgendwie kommt mir das alles so ...unnatürlich... vor. Ich kapiere einfach nicht warum ein ehrliches "Toll, das hast du gut gemacht!" dem Kind was negatives vermitteln soll. Anders ist es, wenn es nur so nebenher gesagt wurde, ohne echtes Interesse. Aber da ist auch ein "Ich sehe einen Regenbogen..." nicht besser. Wenn mein Sohn mit einem Bild zu mir kommt bespreche ich auch immer mit ihm was das ist und was er sich dabei gedacht hat. Trotzdem lobe ich, wenn mir das Bild gefällt und ich sehe auch keinen Grund, daran etwas zu ändern.
Ja, es ist wohl nicht ganz natürlich und gewöhnungsbedürftig. Es kommt ja ohnehin eher auf die allgemeine Kommunikation an, und weniger auf jedes einzelne Wort, was man sagt. Ein ehrliches "Toll, das hast du gut gemacht" ist in der Tat wohl nicht negativ. Gemeint ist in dem Buch vielleicht eher, dass man Kinder und die Wertschätzung für sie nicht permanent mit ihren Leistungen gleichsetzen soll. So wie: du bist nur ein gutes Kind, wenn du etwas leistest. Nein, du bist ein gutes Kind so oder so, ich hab dich lieb so oder so und ich sehe wenn du etwas leistest.
Willow77
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Willow77 »

Momo hat geschrieben:Willow77 hat geschrieben:
Schwierig finde ich das mit den Konsequenzen. Wann ist es "noch" eine Konsequenz, wann ist es doch schon eine Strafe? Ich vesuche halt immer mich zu fragen, wie ich mich fühle: Bin ich echt sauer in der Art, na warte, dir werd ich's zeigen? Dann drohe ich wohl eher zu Strafen als nach passenden Konsequenzen zu suchen. Ich bin halt auch in der Loben-Belohnen-Bestrafen-Kultur groß geworden, und es ist verdammt schwer diese andere eher gewaltfreie Sprache zu lernen.
Im Grunde ist der Unterschied ganz klar. Wenn du als sogenannte "Konsequenz" etwas androhst, was überhaupt nichts mit dem zu tun hat, um was es gerade geht, ist es eine Strafe. Ein Beispiel: " wenn Du Dich jetzt nicht anziehst, dann streiche ich das Fernsehen heute Abend!" Oder auch " Wenn Du nicht aufisst, dann darfst Du Dich nicht mit Deinem Freund treffen" etc. Eine echte und hilfreiche Konsequenz ist jedoch etwas, was direkt mit dem Konflikt zu tun hat und nicht als Drohung ausgesprochen wird. Z.B. "Wenn Du Dich nicht anziehst, wirst du frieren!" Ok. Das Kind wird frieren und aus seinem Verhalten lernen. Im Idealfall sind wir Eltern so weitsichtig, warme Kleidung mitzunehmen. Oder auch "Wenn Du nicht mehr essen magst, dann ist es ok. Ich räume den Tisch in 5 Minuten ab und dann ist alles weggeräumt". Also, die Konsequenz hat direkt etwas mit dem "Konflikt" zu tun und meistens ist dieser Konflikt eher für die Eltern ein Konflikt, für die Kinder ein Lernprozess. Die Konsequenz ist keine Strafe, sie wird nicht strafend oder belehrend ausgesprochen, sondern einfach neutral. Es ist eine logische Folge, nicht mehr und nicht weniger.

LG Momo
[/quote] Ja, es ist genau so, wie du es beschreibst. In der Theorie leuchtet mir das total ein. Und in vielen Situationen setzen wir als Eltern dies wohl auch genauso um. "Du willst nicht essen - ok" / "Du willst was anderes essen. Gut dass du weisst wo der Kühlschrank ist." / "Die Hose gefällt dir nicht - dann such dir selbst eine aus dem Schrank." / "Du willst trotz minus-Temperaturen nur eine dünne Jacke und keine Mütze tragen - probier es aus, es sind ja deine Ohren, vielleicht halten die das ja aus."

Nur, man kommt als Eltern doch auch mal an seine Grenzen, und in zum Beispiel müdem Zustand ist es sehr schwer immer die logische oder natürliche Konsequenz zu finden. Und es hängt auch von den Kindern und ihrem Alter ab, ob ich mit der natürlichen Konsequenz leben kann oder nicht: bei meinem 8-jährigen kann ICH damit leben dass ER frieren wird. Bei meiner 4-jährigen denke ich aber, dass es noch meine Verantwortung ist, dass sie dem Wetter entsprechend angezogen ist.
Oder: mein 8-jähriger hasst Hausaufgaben. Es wäre ja einfach zu sagen, "du willst nicht - deine Verantwortung" und dann mal die Reaktion der Lehrerin abzuwarten. Das wäre ja die logische Konsequenz, dass dann die Lehrerin ihm Probleme macht. Und in ein paar Jahren werde ich wohl auch nicht mehr viel ausrichten können, wenn er die Hausaufgaben nicht macht. Jetzt sehe ich es aber noch als meine Verantwortung, ihn dazu zu bewegen zu verstehen, dass jeder Mensch irgendwie auch Pflichten hat. Also haben wir als Familie die Regel aufgesetzt: Es gibt für ihn kein Abendessen, kein TV und keine Gute-Nacht-Geschichte, solange die Hausaufgaben nicht erledigt sind. (Es ist nicht viel zu tun, in 20 Minuten und weniger könnte er locker damit fertig sein.) Hat da das Eine mit dem Anderen zu tun? Wahrscheinlich nicht. Ist das Manipulation? Wahrscheinlich schon. Aber was wäre in diesem Beispiel die Lösung?
LG,
Willow
Willow77
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Willow77 »

Bliss hat geschrieben:
Momo hat geschrieben: Also, die Konsequenz hat direkt etwas mit dem "Konflikt" zu tun und meistens ist dieser Konflikt eher für die Eltern ein Konflikt, für die Kinder ein Lernprozess. Die Konsequenz ist keine Strafe, sie wird nicht strafend oder belehrend ausgesprochen, sondern einfach neutral. Es ist eine logische Folge, nicht mehr und nicht weniger.
Oft ist es aber so, dass es zwar eine logische Konsequenz gibt, die so immer und bei jedem eintritt. Also z.B wenn man ein Glas umschmeißt befindet sich die Flüßigkeit nicht mehr im Glas. Aber was dann passiert ist nicht mehr automatisch immer gleich. Wer macht es sauber? Kind allein, Eltern allein oder beide zusammen. Wird das Glas wiederaufgefüllt? Da ist dann die Grenze zwischen Strafe und Konsequenz nicht mehr so klar.

[/quote] Hallo Bliss,
Ja das Beispiel mit dem Glas gefällt mir. Und in der Situation kann man schon mal reagieren mit: "Verd*** kannst du nicht aufpassen? Jetzt sieh dir die Sauerei an". Und genau so wollen wir ja nicht reagieren. Und eine natürliche Konsequenz könnte sein: Nun ist das Glas leer und bleibt es auch. Auch das finde ich schrecklich. Das grenzt ja schon an körperliche Strafe. Die logische Konsequenz ist, dass das Kind (je nach Alter) zumindest mit helfen sollte, aufzuwischen. Und wenn es das verweigert? Was bleibt dann noch? Eine Ich-Botschaft? "Wenn hier das Wasser aus deinem Glas über den Tisch läuft, und ich es alleine aufwischen muss, dann macht mich das ziemlich sauer, weil es mich Zeit und Energie kostet, und ich nicht in Ruhe aufessen kann." Ja, aber auch das muss man als Eltern erst lernen, und es bedeutet auch nicht, dass das Kind mithilft aufzuwischen.
LG,
Willow77
Momo
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Momo »

Willow77 hat geschrieben:
Oder: mein 8-jähriger hasst Hausaufgaben. Es wäre ja einfach zu sagen, "du willst nicht - deine Verantwortung" und dann mal die Reaktion der Lehrerin abzuwarten. Das wäre ja die logische Konsequenz, dass dann die Lehrerin ihm Probleme macht. Und in ein paar Jahren werde ich wohl auch nicht mehr viel ausrichten können, wenn er die Hausaufgaben nicht macht. Jetzt sehe ich es aber noch als meine Verantwortung, ihn dazu zu bewegen zu verstehen, dass jeder Mensch irgendwie auch Pflichten hat. Also haben wir als Familie die Regel aufgesetzt: Es gibt für ihn kein Abendessen, kein TV und keine Gute-Nacht-Geschichte, solange die Hausaufgaben nicht erledigt sind. (Es ist nicht viel zu tun, in 20 Minuten und weniger könnte er locker damit fertig sein.) Hat da das Eine mit dem Anderen zu tun? Wahrscheinlich nicht. Ist das Manipulation? Wahrscheinlich schon. Aber was wäre in diesem Beispiel die Lösung?
Die beste Lösung wäre, die Hausaufgaben abzuschaffen 8-)
Leider ist dies nicht möglich, also gibt es nur die Möglichkeit, gemeinsam mit dem Kind eine Lösung zu finden. Habt Ihr Euch zusammengesetzt und darüber gesprochen? Was sagt Dein Sohn dazu, was schlägt er vor? Vielleicht braucht er nach der Schule erstmal eine Pause und würde die Aufgaben aber gerne vor dem Abendessen erledigen? Ich würde gemeinsam eine Lösung, bzw. eine Zeit finden, die ihr dann auch gemeinsam festlegt. Du kannst ihn im Alltag dann daran erinnern, doch ich würde nicht mit Fernsehverbot oder Essensverbot (das würde ich überhaupt nicht machen, finde ich sehr schwierig !) drohen. Ich würde ihn dann wirklich selbst die Konsequenzen spüren und tragen lassen, vielleicht mit dem Lehrer /der Lehrerin sprechen und sie darüber informieren. Wenn er dies mit 8 Jahren lernt, ist es doch super! Ansonsten wirst Du ihm weiterhin drohen müssen und spätestens in der Pubertät wirst Du mit diesen "Konsequenzen" überhaupt nichts mehr erreichen- dann habt ihr beide ein Problem!

Liebe Grüße von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Willow77 »

Momo hat geschrieben:Die beste Lösung wäre, die Hausaufgaben abzuschaffen 8-)
Leider ist dies nicht möglich, also gibt es nur die Möglichkeit, gemeinsam mit dem Kind eine Lösung zu finden. Habt Ihr Euch zusammengesetzt und darüber gesprochen? Was sagt Dein Sohn dazu, was schlägt er vor? Vielleicht braucht er nach der Schule erstmal eine Pause und würde die Aufgaben aber gerne vor dem Abendessen erledigen? Ich würde gemeinsam eine Lösung, bzw. eine Zeit finden, die ihr dann auch gemeinsam festlegt. Du kannst ihn im Alltag dann daran erinnern, doch ich würde nicht mit Fernsehverbot oder Essensverbot (das würde ich überhaupt nicht machen, finde ich sehr schwierig !) drohen. Ich würde ihn dann wirklich selbst die Konsequenzen spüren und tragen lassen, vielleicht mit dem Lehrer /der Lehrerin sprechen und sie darüber informieren. Wenn er dies mit 8 Jahren lernt, ist es doch super! Ansonsten wirst Du ihm weiterhin drohen müssen und spätestens in der Pubertät wirst Du mit diesen "Konsequenzen" überhaupt nichts mehr erreichen- dann habt ihr beide ein Problem!

Liebe Grüße von Momo
[/quote] Weisst du, eigentlich, hier wo ich lebe, hat die Regierung vor ein paar Jahren versucht die Hausaufgaben im 1. und 2. Schuljahr abzuschaffen. Es kann sein, dass es sogar offiziell noch so ist, dass im 1. und 2. Schuljahr keine Hausaufgaben aufgegeben werden dürfen. Nur: Es hält sich kaum ein Lehrer daran! Und solange es nicht zu viele Hausaufgaben sind, ziehen auch die Eltern mit. :(

Anfangs sagte er immer klar und deutlich: "Ich brauch erst mal eine Pause bevor ich Hausaufgaben mache." Aus dieser Pause war er dann aber nicht mehr rauszuholen. Und, als Randinformation: Bei dieser Lehrerin ist es so, dass er immer eine ganze Woche Zeit hat, um die H. zu machen. Also lief es wochenlang darauf hinaus, dass wir jeden Tag Diskussionen hatten, die H. aber trotzdem erst sonntags abends kurz vor dem Schlafengehen erledigt waren. Oder mit etwas Glück sonntags vormittags vor der "Sendung mit der Maus". Das hat uns als Eltern doch sehr belastet. Ich-Botschaften, Gefühle spiegeln, alles hat nichts geändert. Also beriefen wir eine Familienkonferenz ein (nach Thomas Gordon, auch ein sehr lesenswertes Buch). Und darauf hin haben wir uns dann geeinigt: Wir wollen die Wochenenden frei haben, nicht mehr an H. denken müssen. Also werden die H. in der Woche erledigt, jeden Tag ein Stück. Und sofort nach der Schule, bzw. nach dem Mittagessen. Und bis zum Abendessen muss es erledigt sein. Wenn er will kann er in 15-20 Minuten fertig sein.

Ja, es ist sehr grenzwertig, und wird nicht ewig funktionnieren. Und ich denke, im 3. und 4. Schuljahr werden wir wohl auch das machen, was du vorschlägst, mit der Lehrperson reden, und ihn auch mal die Konsequenzen da erleben lassen. Und, o ja, die Pubertät. Ein Kollege sagte mal: Was sie bis 12 Jahre nicht gelernt haben, bringst du ihnen dann auch nicht mehr bei. Wenn es auch nicht für alle Lebenslagen passt, einiges Wahres ist an dem Satz wohl dran.
Danke dir für deine Gedanken,
LG,
Willow77
Momo
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Momo »

Das ist doch prima, dass Du Ihr eine Familienkonferenz einberufen habt und Du Dich mit diesen Themen bzw. dem wertschätzenden Umgang mit Deinem Kind beschäftigst! Ihr seid auf einem guten Weg, doch irgendwo bei der Umsetzung des Hausaufgaben- Themas scheint es noch zu haken. Vielleicht würde es Deinem Sohn helfen, eine konkrete Hausaufgaben- Zeit festzulegen? Ich kenne es von mir selbst- ich habe Klavierunterricht und einen Tag vor der nächsten Unterrichtsstunde, oder besser noch- eine Stunde vor dem Unterricht- beginne ich dann völlig panisch zu üben :schwitz: Das bringt natürlich überhaupt nichts und selbst ich als erwachsener Mensch mache diesen Fehler! Mir hilft es sehr, eine feste Zeit am Tag für das Üben festzulegen. Ich muss mich dann auch immer wieder selbst aufraffen, doch wenn ich erstmal dabei bin, freue ich mich. Vielleicht würde dies Deinem Sohn auch helfen. Denn der Nachmittag ist sehr dehnbar, nach der Schule erstmal keine Lust und dann ist es ja plötzlich schon wieder so spät...
Und warum erst im 3. oder 4. Schuljahr mit der Lehrerin sprechen, bzw. diesen Weg der Eigenverantwortung für Deinen Sohn gehen? Ihr verliert Zeit und habt nichts gewonnen. Gerade, wenn sogar eventuell im 1. und zweiten Schuljahr keine Hausaufgaben aufgegeben werden dürfen (das ist ja übrigens großartig!!!), habt Ihr doch eine gute Argumentationsgrundlage und könnt Euch allen den Druck nehmen.

Viel Erfolg
wünscht Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Rabaukenmama
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben: Im Grunde ist der Unterschied ganz klar. Wenn du als sogenannte "Konsequenz" etwas androhst, was überhaupt nichts mit dem zu tun hat, um was es gerade geht, ist es eine Strafe. Ein Beispiel: " wenn Du Dich jetzt nicht anziehst, dann streiche ich das Fernsehen heute Abend!" Oder auch " Wenn Du nicht aufisst, dann darfst Du Dich nicht mit Deinem Freund treffen" etc. Eine echte und hilfreiche Konsequenz ist jedoch etwas, was direkt mit dem Konflikt zu tun hat und nicht als Drohung ausgesprochen wird. Z.B. "Wenn Du Dich nicht anziehst, wirst du frieren!" Ok. Das Kind wird frieren und aus seinem Verhalten lernen. Im Idealfall sind wir Eltern so weitsichtig, warme Kleidung mitzunehmen. Oder auch "Wenn Du nicht mehr essen magst, dann ist es ok. Ich räume den Tisch in 5 Minuten ab und dann ist alles weggeräumt". Also, die Konsequenz hat direkt etwas mit dem "Konflikt" zu tun und meistens ist dieser Konflikt eher für die Eltern ein Konflikt, für die Kinder ein Lernprozess. Die Konsequenz ist keine Strafe, sie wird nicht strafend oder belehrend ausgesprochen, sondern einfach neutral. Es ist eine logische Folge, nicht mehr und nicht weniger.

LG Momo
Als mein Sohn noch täglich eingenässt hat war eine Konsequenz (sowohl zu Hause als auch im Kindergarten) dass er sich selbst umziehen und (nur dabeim) die nassen Sachen zum trocken aufhängen musste. Ansonsten wurde nicht mit ihm geschimpft oder darauf herumgeritten, es war ihm ja selber nicht egal und er hätte es lieber im Griff gehabt.

Aber so einfach ist es aber nicht immer. Ich habe ja zwei Buben und leider geht´s da oft recht körperlich zu. Gestern war wieder so eine Situation. Beide saßen friedlich vor dem PC und mein Großer hat für den Kleinen dessen Lieblingsvideos abgespielt. Plötzlich kam Kleinsohn laut weinend aus dem Zimmer gelaufen. Leider wollte er nicht sagen was los ist, aber ich habe schon vermutet, dass der große Bruder irgendwie dahintersteckt.

Als ich mit dem Kleinen dann abends baden wollte sah ich es: eine deutlich Bißstelle kleiner Zähne hinten am rechten Oberarm :evil: . Habe dann meinen Großen ruhig angesprochen ob er damit was zu tun hat, was er erst mal abgestritten hat. Dann, als ihm klarwurde, dass ich ihm nicht glaubte (die Bißstelle war definitiv am Vortag noch nicht dort gewesen und er was das einzige Kind in seiner Nähe) gab er dann doch zu, seinen Bruder gebissen zu haben. Aber - so meinte er - dieser habe ihm auch weh getan.

Lässt sich natürlich nicht mehr überprüfen und kann schon stimmen. Nur, dass ein Biss halt viel schmerzhafter ist, als ein schubsen oder der Schlag einer Kinderhand. Das habe ich dann ruhig versucht meinem Großen klar zu machen. Ich habe ihn daran erinnert als ihn mal im Kindergarten ein kleines Mädchen schmerzhaft gebissen hat und er es noch 3 Tage später gespürt hat und man hat den blauen Fleck über eine Woche gesehen. Keine Ahnung ob ich "durchgedrungen" bin, mein Großer tut in so Situationen immer so, als wäre er im Gedanken ganz woanders (und ist es vielleicht auch). Ach ja, ich habe ihn noch darauf aufmerksam gemacht dass die Konsequenz seines Verhaltens sein kann, dass der Kleine mal zurückbeißt (zurückschlagen tut er ja schon länger) oder auch mal als erster zubeißt.

Aber in dem Fall fällt mir nichts ein, was VON MEINER SEITE eine Konsequenz und keine Strafe wäre. Was soll ich sagen? Leere Drohungen ausstoßen wie z.B. "Wenn ich das noch einmal sehe beiße ich zurück" oder ihm wirklich weh tun "damit er es spürt"? Privilegien entziehen, also z.B. keine Gutenachtgeschiche vorlesen oder Computerverbot? Es fällt mir echt schwer mit solchen Situationen umzugehen, weil ich mir da so hilflos vorkomme. Natürlich will ich nicht dass sich meine Buben immer wieder gegenseitig weh tun. Aber ich will mich auch nicht immer als Schiedsrichter dazwischen stellen, vor allem dann nicht, wenn ich die Vorgeschichte gar nicht mitbekommen habe.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Rabaukenmama »

Willow77 hat geschrieben: Ja, es ist wohl nicht ganz natürlich und gewöhnungsbedürftig. Es kommt ja ohnehin eher auf die allgemeine Kommunikation an, und weniger auf jedes einzelne Wort, was man sagt. Ein ehrliches "Toll, das hast du gut gemacht" ist in der Tat wohl nicht negativ. Gemeint ist in dem Buch vielleicht eher, dass man Kinder und die Wertschätzung für sie nicht permanent mit ihren Leistungen gleichsetzen soll. So wie: du bist nur ein gutes Kind, wenn du etwas leistest. Nein, du bist ein gutes Kind so oder so, ich hab dich lieb so oder so und ich sehe wenn du etwas leistest.
Der dahinter liegende Grundgedanke ist mir schon klar. Aber ist es wirklich so schlimm LEISTUNG zu loben? Wenn eine Zeichnung besonders gut gelungen ist - muss ich sie genau so kommentieren wie die anderen Zeichunungen und so tun, als würde ich gar nicht sehen, dass sie besser ist? Und wenn mir mein Sohn ein lieblos vollgekritzeltes Blatt hinhält - muss ich dann auch so tun, als wäre es eine tolle Zeichung?

Ich glaube meine Kinder auf beide Arten lieben zu können: dafür, dass sie da sind und so sind, wie sie sind UND für ihre Leistungen. Das eine schließt für mich das andere nicht aus. Außerdem hat Anerkennung für Leisung den Vorteil, dass das Kind durch sein Verhalten direkten Einfluss darauf hat, diese Anerkennung (wenn sie ihm wichtig sein sollte) zu bekommen. Dann will ich auch nicht so tun, als wäre die Leitung, für die sich mein Kind ja geplagt hat, selbstverständlich.

Ich hatte ja lange Zeit Probleme damit, mein kenianisches Patenkind für seine Schulleistungen zu loben, obwohl sie mir immer ihre Noten (das System durchschaue ich jetzt erst so langsam) stolz per Brief mitgeteilt hat. Dann kam ich Gott sei Dank dahinter dass in Kenia in der Schule wirklich NUR die Leistung zählt und dass mein Mädel eine sehr gute und fleißige Schülerin sein dürfte. Dann erst schaffte ich es, in meinem Brief klar zu formulieren dass ich stolz auf sie bin. Sie ist in einer so anderen Gesellschaft aufgewachsen dass sie nicht verstehen würde dass mir ihre Leistung nicht so wichtig ist. Aber ich habe endlich erkannt dass es FÜR SIE wichtig ist, dass diese Leistung gesehen und anerkannt wird.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Rabaukenmama »

Willow77 hat geschrieben: Oder: mein 8-jähriger hasst Hausaufgaben. Es wäre ja einfach zu sagen, "du willst nicht - deine Verantwortung" und dann mal die Reaktion der Lehrerin abzuwarten. Das wäre ja die logische Konsequenz, dass dann die Lehrerin ihm Probleme macht. Und in ein paar Jahren werde ich wohl auch nicht mehr viel ausrichten können, wenn er die Hausaufgaben nicht macht. Jetzt sehe ich es aber noch als meine Verantwortung, ihn dazu zu bewegen zu verstehen, dass jeder Mensch irgendwie auch Pflichten hat. Also haben wir als Familie die Regel aufgesetzt: Es gibt für ihn kein Abendessen, kein TV und keine Gute-Nacht-Geschichte, solange die Hausaufgaben nicht erledigt sind. (Es ist nicht viel zu tun, in 20 Minuten und weniger könnte er locker damit fertig sein.) Hat da das Eine mit dem Anderen zu tun? Wahrscheinlich nicht. Ist das Manipulation? Wahrscheinlich schon. Aber was wäre in diesem Beispiel die Lösung?
LG,
Willow
Willow77 hat geschrieben:
Anfangs sagte er immer klar und deutlich: "Ich brauch erst mal eine Pause bevor ich Hausaufgaben mache." Aus dieser Pause war er dann aber nicht mehr rauszuholen. Und, als Randinformation: Bei dieser Lehrerin ist es so, dass er immer eine ganze Woche Zeit hat, um die H. zu machen. Also lief es wochenlang darauf hinaus, dass wir jeden Tag Diskussionen hatten, die H. aber trotzdem erst sonntags abends kurz vor dem Schlafengehen erledigt waren. Oder mit etwas Glück sonntags vormittags vor der "Sendung mit der Maus".
Was passiert, wenn ihr auf die täglichen Diskussionen verzichtet und einfach damit lebt, dass die Hausaufgaben erst am Sonntag abends erledigt werden? Ist ja Sache deines Sohnes wann er SEINE Aufgaben macht. Mein Mann ist ganz genau so ein Typ: er erledigt immer alles auf die letzte Minute. Auch in der Arbeit ist es so und es klappt seit Jahrzehnten einwandfrei.

Und was wäre wirklich so schlimm daran wenn dein Sohn die Hausaufgaben mal NICHT fertig hätte? Glaubst du, ihn irgendwie zu schützen, indem du ihm "ersparst" dafür von der Lehrerin belangt zu werden? Warum siehst du das als deine Verantwortung? Und vor allem: warum glaubst du, es in ein, zwei Jahren NICHT mehr als deine Verantwortung zu sehen?

Bei Hausaufgaben kann ich aus eigener Schul-Erfahrung super mitreden. Ich hatte nie Lust dazu und habe sie auch oft nicht gemacht. In der Volksschulzeit hat es meine Mutter dann als ihre Aufgabe betrachtet mich entweder dazu zu bringen, sie zu machen, oder sie hat sie für mich geschrieben (sicher kein wertvoller, pädagogischer Tipp, nur die Wahrheit) :mrgreen: .

In der Hauptschule war ich dann im Internat und wir hatte täglich 3 Stunden bewachte Lernzeit für Hausaufgaben und üben. Ich habe mal in einem Semester nur 5 von 21 Deutsch-Hausaufgaben gemacht. Für jede nicht gemachte Aufgabe bekam ich ein "minus" eingetragen und bei 5 minus wurde die Zeugniszensur um eine Note schlechter. Am Ende des Schuljahres hatte ich etw 30 minus eingetragen und hätte demnach in deutsch ein "nichtgenügend" bekommen müssen. Tatsächlich bekam ich statt eines "sehr gut" ein "befriedigend" - es wird nie so heiß gegessen, wie gekocht ;) .

Vielleicht hätte mir geholfen wenn mir meine Mutter schon in der Volksschulzeit die Verantwortung für meine Hausübungen selbst überlassen hätte - keine Ahnung! Jedenfalls hatte ich mit 6-10 Jahren noch wesentlich mehr Respekt vor Lehrern als mit 13 oder 14.

Heute bin ich übrigens im Beruf sehr gewissenhaft und erledige alles so schnell und gut wie möglich. Es gibt also noch Hoffung :) !
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Re: Erziehungsratgeber - persönliche Bewertung

Beitrag von Willow77 »

Rabaukenmama, Momo,

Vielleicht liegt ein Teil des Problems darin, dass mein Mann und ich schon als Kinder von uns aus sehr gewissenhaft und pflichtbewusst waren (deshalb sind wir wohl beide Lehrer geworden). Und einfach nicht immer mit diesem Sohn klarkommen, der so anders ist. ;)

Vielleicht sollten wir wirklich mehr loslassen, ihm die Zügel seiner Hausaufgaben überlassen, mit der Lehrerin reden...

Im Augenblick und nur bei dieser Lehrerin sehen die Hausaufgaben so aus: Jeeeeeden Montag vier vorgegebene Diktate à 4 kleinen Sätzen für den darauffolgenden Montag machen. Wenn wir ihm die Sätze nicht diktieren, wer dann? Laufdiktat und Zudeckdiktat mag er auch nicht. Dass er einfach abschreibt wollen wir nicht, da er tatsächlich Übung in Sachen Rechtschreibung braucht. (ok, über Sinn und Unsinn dieser Diktat können wir auch reden, davon wird seine Rechtschreibung zwar nicht schlechter aber auch nicht viel besser. Wörter in einem Lernkartei-System üben würde mehr bringen. Vielleicht schlage ich der Lehrerin das mal vor!)

Also sitzen wir mit im Boot, im Augenblick. Und unsere Zeit geht mit flöten, wenn er da sitzt und rumhampelt oder es auf den letzten Drücker verschiebt. Nächstes Jahr gibt's ne andere Lehrperson, also auch ein anderes H-System. Wenn er dann Vokabeln lernen muss oder etwas schreiben muss, kann er das dann gerne auch noch abends im Bett machen, da sehe ich unsere Aufgabe nur noch darin, zu schaun ob 's wirklich gemacht ist, Lerntechniken noch mal erklären (beim französisch Vokabeln und Verben pauken) und helfen, falls nötig.

Jedenfalls mal vielen Dank für eure Anregungen, das gibt Stoff zum Nachdenken.
LG,
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