das habe ich nicht auf eine klare Diagnose bezogen, sondern auf die Diagnostik an sich. Vielleicht ungenau ausgedrückt meinerseits (war in Eile). Wir haben das jetzt alles durch und sind auch nicht "schlauer" als vorher...Das ist ja das, was mich frustriert. Und bei Euch wars ja auch ersmtal so!Naja, bei folgendem Punkt kann eine Diagnose sogar SEHR hilfreich sein:
Erstmal schon! Warum? Bei meinem Sohn hat die Diagnostik das "Sehproblem" ja erstmal verschlimmert. Und er hat während der Diagnostik das stottern angefangen. Jetzt bessert es sich grade....Dass ich da nicht gleich zum nächsten "Augenarzt" renne und das erstmal sacken lasse und beobachte, ist doch eigentlich nachvollziehbar. Frustrierend ist es im Hinblick auf die Zukunft. Zu wissen, dass wir den ganzen Mist dann nochmal machen müssen ...Und da wahrscheinlich nicht drum rum kommen.Was würdest du tun, wenn dir auffällt, dass dein Kind immer wieder mal was übersieht, über was drüber stolpert, ein Verkehrszeichen am anderen Ende der Straße nicht erkennen kann...? Klar, du würdest mir ihm mal zum Augenarzt gehen! Und wenn der dann sagt: "Naja, ganz gut sieht das Kind nicht, aber auch nicht so ganz schlecht, lassen wir es einfach mal ohne Brille!"? Vermutlich würdest du erst mal heimgehen und in nächster Zeit weiter beobachten. Übersieht das Kind immer noch so viel? Kann es doch an den Augen liegen? Aber nein, wir waren ja schon beim Augenarzt, der hat keine Brille verschrieben, also wird es schon keine brauchen! Und wer weiß, wenn ich zu einem anderen Augenarzt gehe, sagt der vielleicht eh dasselbe. Also schauen wir, dass wir mal ohne eindeutige Diagnose zurecht kommen!
Im Moment, wie gesagt, bessert es sich (aggressives Verhalten kommt im Kiga so gut wie nicht mehr vor, wild sein und "stören" schon noch). Das stottern ist da. Aber es gibt Tage, da stottert er fast garnicht, dann wieder sehr viel. Dass durch die Diagnose, das "Problem" nicht "verschwindet", genau darauf wollte ich hinaus. Und wenn du auch noch ne falsche Diagnose hast oder keine eindeutig hast, DANN geht es ja sogar grade so weiter...Und geholfen wird einem nicht.Das ist natürlich nur ein Vergleich . Ob und wie viel Leidensdruck dein Kind bzw. seine Umgebung hat, weißt du selbst am besten! Aber sowohl ADHS als auch Autismus lassen sich heute klar diagnostizieren - man muss nur wissen, wo! Nur, weil man mal bei der falschen Person "gelandet" ist, ist nicht plötzlich die ursprüngliche Frage beantwortet bzw. das ursprüngliche Problem gelöst!
Das tut mir leid und ich hoffe natürlich, dass es bei unserem Sohn nicht so weit komm, dass er mit Kot um sich wirft (zutrauen würde ich es ihm im Extremfall durchaus). Ich kann mir denken, dass es auf eine seltsame Art "erleichternd" ist, wenn man dann, nach langem Leidensweg weiß, WARUM das Kind so "anders" ist. Auch wenn es dadurch nicht plötzlich normal wird! Man hat etwas in der Hand, kann dem Kind einen Namen geben, bekommt Hilfe...Wir hatten noch über 3 Jahre Leidensweg von der Fehldiagnose (wo Autismus und ADHS ausgeschlossen wurden) bis zum Beginn des 2. Diagnostik-Anlaufes. Und in der Zeit sind die ursprünglich eher harmlosen Probleme (Kind leckt anderes Kind am Arm, Kind räumt AUS, wenn es EINräumen heißt,...) wesentlich schlimmer geworden (Kind schmiert Fäkalien an die Wände, beschimpft andere, bewirft wildfremde Erwachsene am Strand mit nassem Schlamm, nässt und kotet permanent ein...). Dabei habe ich schon unmittelbar nach der erstens, falschen Diagnostik gewusst, dass diese KJP absolut unfähig ist - komischerweise habe ich aber trotzdem auf ihr Urteil bezüglich ADHS und Autismus vertraut - vermutlich weil es das war, was ich eigentlich hören hatte wollen!
Ich habe mich auch erstmal gegen das ADHS-Problem gewehrt , ist ja auch doof und eben bei ihm jetzt nicht so krass, dass es schon immer "eindeutig" in die Richtung ging. Aber ich war diejenige, die darauf bestand, dass die ADHS-Diagnostik mitgemacht wird... Also ich habe schon "gespürt", dass der Schuh passen könnte . Für die Erzieher stand das gar nicht im Raum, die haben immer nur auf seine kognitiven Fähigkeiten gepocht und mehr oder weniger alles darauf geschoben.... Die eine meinte wörtlich:" ich hab mit vielen ADHS-Kindern zusammen gearbeitet, dass sehe ich bei ihm nicht. Aber ich fresse einen Besen, wenn er nicht hochbegabt ist."
Gegen die Diagnose "teilweise" hochbegabt habe ich mich erst mal nicht gewehrt und sie hat mich auch nicht gewundert. Das mein Kind sehr klug ist, habe ich schon vorher gewusst, aber ich maßte mir nicht an zu behaupten, er sei hb...Auch "nur" (sehr) begabte Kinder fallen in entsprechendem Umfeld SEHR auf... Erst im Nachhinein wurde mir klar, dass sie da einiges nicht korrekt interpretiert hat, bzw. den Test eventuell sogar hätte abbrechen müssen... Auch durch die Gespräche mit Euch allen hier. Nicht nur, aber auch. Die Diskrepanz zwischen dem höchsten und niedrigsten Wert ist schon sehr krass und sogar bei Wiki kann man zum Wechslertest nachlesen, dass bei einer Diskrepanz von über 23 Punkten (bei uns mal gleich das doppelte!) besser der AFI ermittelt werden sollte und auch das mit der ADHS-Symptomatik wird da, glaub ich angesprochen (wenn ich es jetzt nicht mit ner anderen Internetseite durcheinanderwürfel).
Abgesehen davon erwähnte sie nebenbei, dass der Test ja eigentlich für Schulkinder gedacht sei. Aha .Somit fand ich dann das Ergebnis "Ist nicht aussagekräftig", da er halt nicht immer motiviert war und dadurch Testergebnis inhomogen ist , nicht sooo zufriedenstellend. Aber vieles muss sich auch erstmal "setzen".
Ganz ehrlich: in der "Sonderschule" sehe ich ihn nicht wirklich. Es gibt hier Schule mit dem Schwerpunkt Inklusion. Und ich hab sie mir auch angeschaut. Ich fand die auch toll. Aber inklusiv ist dort leider relativ. Es sind kaum noch "normale" Kinder dort (weiß ich von jemandem, der dort Lehrer war)...Ich weiß gar nicht ob es für J. so dolle wäre, in einer Klasse zu sitzen wo nur so Kandidaten wie er sind ... WENN es jedoch in der Regelschule zu massiven Problemen kommen sollte, DANN haben wir natürlich das Problem nichts in der Hand zu haben und -DANN geht der ganze Mist von vorne los.]Die Grundschule meines älteren Sohnes ist übrigens als I-Schule auf Kinder mir Wahrnehmungsstörungen "spezialisiert". Sprich: der Großteil der Kinder kommt ganz normal aus der Umgebung. Die I-Kinder werden hingegen mit Bussen aus den anderen Bezirken, wo so spezifische Schulen NICHT sind, in diese Schule gebracht. Die Klassen sind eher klein (20-25 Kinder), davon 2-3 I-Kinder, mit doppelter Besetzung: eine GrundschullehrerIn und eine SonderschulpädagogIn. Insgesamt besuchen ca. 30 I-Kinder die Schule, davon wird der Großteil nach ganz normalem Grundschullehrplan beschult. Und ALLE Kinder, die als I-Kinder geführt werden, haben natürlich Diagnosen, sonst hätten sie die Möglichkeit, diese Schule zu besuchen, nicht!
Ich wollte also überhaupt nicht darauf hinaus, dass eine Diagnose unnötig ist! Im Gegenteil. Ich wollte darauf hinaus, dass die Diagnose, die man bekommt, nicht immer korrekt und somit hilfreich ist oder auch nicht immer das ist, was man hören will....Nur weil man dann die Diagnostik gemacht hat, ist das Problem nicht weg. Nur weil man bei einem vermeintlichen FAchmann war, heißt das nicht, dass das Ergebnis in Stein gemeißelt und auf jeden Fall das Ende der "Diagnostik"-Reise ist...
Lieebe Grüße, Nora