Hallo, ich habe auch so einen 8-Jährigen zu Hause wie du, Vater kluger Kinder. Unsere Rettung war einmaleins.at - kostet nix.
Da können sie Pferderennen machen (für jede Aufgabe stehen vier Lösungen zur Auswahl) und danach Futter kaufen, den Stall ausstatten usw. Oder auch Autorennen, was mit Fischen u. Ä. Es gibt Spiele, die langsamer ablaufen und solche, die schneller gehen. Neben dem Lerneffekt (und seither immer wieder mal zur Auffrischung), war es auch ein Ausloten seines Wagemuts.
Man kann sehr lange nur die einfachen Reihen wählen wie 1, 2, 5, 10. Irgendwann sind aber auch die anderen mal dran.
Es war für ihn auch eine Übung, sich Misserfolgsangst und Zeitdruck mal bewusst zu stellen, wo es um nichts geht.
Habe gerade das Buch von Nora Imlau über gefühlsintensive Kinder gelesen: "Du bist anders, du bist gut."
Wer ein gefühlsstarkes HB Kind zu Hause hat, wird die beiden Phänomene nicht mehr unterscheiden können. Da drin steht, dass gefühlstarke Kinder ein sehr starkes Streben nach Autonomie haben und sich nur sehr ungern was sagen lassen. Mein Sohn hat mal gesagt, er empfindet es als Gesichtsverlust, etwas zu tun, weil ich es verlangt/ihn darum gebeten habe, z. B. jetzt Zähne putzen.
Gefühlsstarke Kinder erleben Frust so extrem, dass sie panische Angst davor haben und ihn mit allen Mitteln vermeiden wollen. D. h. beim Abfragen des Einmaleins mal nicht die Antwort zu wissen, wäre auch ein krasser Gesichtsverlust. Das passt wieder perfekt zu den hohen Ansprüchen, die viele HB an sich stellen (auch wenn sie keine Ehrgeizeltern haben).
Beim Pferderennen geht es aber nach einer falschen Antwort gleich zur nächsten Aufgabe, und während des Rennens will keiner aufgeben. Das hat uns erspart, dass er jeden Fehler als Frust an uns auslässt und er kam wirklich gut ins Training. Natürlich wollte er sich dann auch den Sattel verdienen, die Turniere machen usw. usw.
Übrigens hat er nun auch Duolingo entdeckt. Selbstgewählt ist's eben toll, Vorgegegebenes ist blöd. Der Satz "Das musst du noch nicht können" ist oft ein Garant, dass er sich das ansehen will.
Drum haben wir uns immer gewünscht, dass er Englisch lernt, bevor das Vokabelpauken vorgegeben wird. Ging lange nicht, jetzt wie von selbst. (Bzw. hab ich es angezettelt, indem ich Französisch angefangen habe. Das hat er gesehen und wollte auch. Diese Hintertür empfiehlt sich, wenn sie auf Fremdmotivation so allergisch sind. Allerdings sind wir auch auf der unbewussten Ebene, per Kinesiologie, dran, dass er sich schon auch für Anforderungen von außen öffnet. Einfach, damit er nicht so verbarrikadiert ist und auch in Betracht ziehen kann, dass Anstöße von außen auch was Gutes bringen können, z. B. dass bei der HÜ auch mal was Spaß machen kann
.)
Wir haben auch extrem lange versucht, ihn per Warnung/Einschreiten vor negativen Erfahrungen zu bewahren. Manchmal nötig, meistens sinnlos. Manchmal ist es besser, sie können sie spüren. Wenn man das mit schulischen Dingen macht, ist es halt wichtig, dass der Zug dann noch nicht abgefahren ist. Meiner dachte, Überschlagen kann er gut genug und hat das Üben abgebrochen. Wenige Wochen später merkt er, dass er so viel Konzentration fürs Schätzen braucht, dass er bei der Divison den Faden verliert. Ist man schon weiter in Rückstand geraten, z. B. in der Mittelschule, kann's sein, dass das Kind das Handtuch wirft - so ähnlich wie sinus es beschreibt.
Das kann auch fürs ganz (schulische) Selbstbild sehr hart sein. Also solange es noch Tricks und Spiele gibt: anwenden. Bei uns haben sie in der Corona-Zeit die Lern-App Anton gekriegt (ich glaub, das muss die Lehrkraft anmelden). So was gefällt ihm auch. Hausübungen sind zu 99 % blanker Horror.
Und das Buch von Nora Imlau ist wirklich toll. Ich bin bei sowas sehr kritisch, aber das ist realistisch, lebensnah, man fühlt sich verstanden UND kriegt gute Wege aufgezeigt. Sie schreibt z. B., dass nur noch 1-2 Frustausbrüche am Tag ein guter Fortschritt sein können. Stimmt.
Und sie sagt so klar, dass die Totalverweigerung bei der HÜ daher kommt, dass sie am Vormittag all ihre Kooperationsfähigkeit einsetzen mussten und nun aufgebraucht haben. Sie können einfach nicht noch mehr Fremdanforderungen bewältigen. Verteidigen lieber 4 Stunden ihre Selbstbestimmung, bevor sie dann 10 min HÜ machen.
Hat da wer gute Erfahrungen, wie man damit gut umgeht? (Da ginge noch was bei uns!)
Ich mache gerade gute mit Festhalten, wenn er mich schlägt. Wenn er aufhört zu rangeln, haben wir gleich eine liebevolle Umarmung, die er spürbar und unglaublich stark braucht in dem Moment.