Hallo Twochild!Twochild hat geschrieben: Hallo Rabaukenmama,
vielen Dank für deinen Beitrag. Ich versuche mal auf alles zu antworten.
Bei der ASS Abklärung wurde die Lehrerin mittels eines Fragebogens befragt. Bei der ADHS-Diagnostik aber nicht. Und soweit ich weiß, muss ja auch dort in mehreren Bereichen der Nachweis dasein um die Diagnose zu stellen.
Für ASS wurden mehrere Tests gemacht ADOS II, MBAS, Disyps III und ein Vorgespräch. In allen Tests hatte er Punkte blieb aber insgesamt unter dem Cut-off. Deswegen meinte der Arzt, dass er „leichte autistische Züge“ habe und man seine weitere Entwicklung noch abwarten müsse.
Ja, so kenne ich das auch! ASS-Abklärung mit Lehrer-Fragebogen und ADHS-Abklärung ohne. Wobei bei der Eltern-Befragung der Score z.B. bei der sozialen Kompetenz UNTER dem Cut-Off lag, obwohl ich definitiv ehrliche Antworten gegeben habe. Bei der Lehrerbefragung war er aber über dem Cut-Off und bei der Leistungsuntersuchung (ADOS-2) kam aber bei der sozialen Interaktion "im hohen Symptomleves des autistischen Spektrums" raus.
So gesehen dürfte bei euch alles ordentlich gemacht worden sei. Mich persönlich regen nur so Aussagen wie "leicht autistische Züge" auf - gerade bei einer Spektrumskrankheit. Von da zur Aussage "Jeder ist ein bißchen autistisch" ist dann nur ein kurzer Weg. Und diese Aussage ist in meinen Augen einerseits ein Bagatellisieren einer ernsthaften Wahrnehmungsstörung und impliziert andererseits ein unnötig-Sorgen-machen bei Menschen außerhalb des Spektrums.
Ich will da auch nicht klüger sein als die KJPS (oder wer auch immer die Testungen bei deinem Sohn gemacht haben), nur rein von deiner Beschreibung her hätte ich erst mal mehr autistische als ADHS-Anzeichen gesehen.
Nein, das sind sehr wahrscheinlich keine Meltdowns. Das ist genau das Verhalten, welches ich von meinem älteren Sohn kenne, wenn er (wie du das von deinem Sohn beschreibst) Anforderungen nicht erfüllen möchte, seinen Willen nicht durchsetzen kann, etwas nicht so klappt, wie er es sich vorgestellt hat, oder er etwas mißinterpretiert. Wobei es bei meinem Sohn "kurz und schmerzvoll" ist, also erst mal großes Drama, aber in 1-2 Minuten schon wieder vorbei. Er schmeißt dabei auch nicht mit Sachen rum oder macht was kaputt. Daher ist es für uns auch nicht so belastend wie für euch, aber eben trotzdem auffällig für einen 10jährigen, weil es eher an die Trotzphase eines Kleinkinds erinnert. So Aussagen wie "Ich bin zu blöd. Keiner mag mich. Ich wünschte, ich würde nicht mehr leben!" kennen ich aber auch in diesen Phasen. Das haben wir auch mit unserem KJP (Kinder- und Jugendpsychiater) besprochen, der gerade für so was mMn besserer Ansprechpartner ist als ein KinderPSYCHOLOGE. Positiv bei meinem Sohn ist dabei, dass er, wenn er nicht gerade so eine schlechte Phase hat, durchaus eine ausgeglichen-fröhliche bis leicht überdrehte Grundstimmung hat und zumindest zu Hause meistens mit sich und der Welt "im reinen" ist.Twochild hat geschrieben: Zu den Meltdowns; ich habe mich ja auch schon vor der Testung mit dem Thema beschäftigt und glaube eigentlich nicht, dass er welche hat, wenn er ausrastet. Es passiert fast immer wenn Anforderungen an ihn gestellt werden, die er nicht erfüllen möchte (z.B. Hausaufgaben), er seinen Willen nicht durchsetzen kann, etwas nicht so klappt, wie er sich das vorgestellt hat oder er etwas missinterpretiert. Meist dauert es nur 5-10 Minuten, dafür dann mehrfach hintereinander – Schreien, Türen knallen, noch mehr Schreien und Heulen. Und es war ein weiter Weg bis dahin. Früher hat er sich an mich gehängt, damit ich ihn beruhige, während er geschrien und geschimpft hat. Das war schon sehr paradox.
Es kommt aber auch vor, dass es sich bis zu 1,5 Std hinzieht und er so ausrastet, dass er Sachen rumschmeißt und kaputt macht. Fast immer dabei sind Äußerungen in denen er sich selbst runter macht „Ich bin zu blöd. Keiner mag mich. Ich bin euch egal. Ich will Tod sein.“ Das war dann ja auch der Grund warum wir nochmal zum Ki-psych gegangen sind.
Das ist auch einer der Gründe, warum wir uns nach dem mißglückten Versuch mit verschiedenen ADHS-Medikamenten erst mal gegen eine Medikation entschieden haben. Meiner Meinung nach hat mein Sohn auch vom Neurofeedback ziemlich gut profitiert und es besteht insgesamt kein großer Leidensdruck - weder für ihn selbst noch für uns als seine Familie.
Beim jüngeren Bruder war es komplett anders. Auslöser für dessen Meltdowns waren oft ähnliche Dinge wie bei meinem älteren Sohn. Aber der große Unterschied war, dass dann irgendwann die Situation vom normalen kindlichen Wutanfall in etwas "gekippt" ist, von dem ich bis dahin keine Vorstellung hatte. Wenn bei meinem älteren Sohn dann doch nach seinem Willen gehandelt wurde (z.B. er musste nicht sofort seine HÜ machen) dann hörte der Anfall sofort auf. Bei den Meltdowns meines jüngeren Sohnes war das dann nicht mehr möglich. Wenn es z.B. anfangs darum ging, noch ein Eis zu bekommen, was von uns verneint worden war, konnte ein nachträgliches "Ja, du bekommst doch noch ein Eis!" die Sache nicht mehr rückgängig machen. Im Gegenteil, würde man ihm die der Situation das Eis (was ja der Auslöser war) in die Hand drücken, würde er es einem in hohem Bogen nachwerfen. Der Fahrtendienst zum Kindergarten wollte meinen Sohn mal bei so einem Anfall mit Schokobananen beruhigen . Diese sind dann beim Auto dahinter auf der Windschutzscheibe geklebt. Einmal war der Auslöser für einen 2stündigen Anfall, dass er nicht vom Bad heimfahren wollte. Da sind wir dann 3 Mann (bzw. 2 Mann 1 Frau) hoch in der Umkleide gesessen und haben eigentlich nur aufgepasst, dass sich unser Wutbürger nicht selbst verletzt und nichts vom Mobilar zerstört. Und danach waren wir alle fix und fertig, während mein Sohn, der den Anfall hatte, eigentlich relaxed und ausgeruht erschien .
Hat man euch gesagt, warum ADHS diagnostiziert wurde, worauf sich also die Diagnose stützt? Außer der mangelhaften Impulskontrolle (die auch andere Ursachen haben oder einfach eine (vorübergehende) Charakterschwäche sein kann), spricht von deiner Beschreibung nichts dafür. Bei meinem Sohn waren es außerdem (zusätzlich zur Impulsivität) noch motorische Unruhe, leichte Ablenkbarkeit, geringes Durchhaltevermögen und (bei der Testung) schwankende Grundstimmung. Gut, schwankende Grundstimmung kann man bei deinem Sohn vermutlich auch annehmen, zumindest was das kippen in diese Wut-Phasen anbelangt.Twochild hat geschrieben: Ich finde auch, dass das IQ-Testergebniss nicht für ADHS spricht. In frühreren Testungen sah das anders aus. Wegen Auffälligkeiten im letzten Kigajahr waren wir u.a. mit ihm im SPZ. Der Termin war, bedingt durch die lange Wartezeit, erst als er in der Schule war und es eigentlich gut lief. Dort wurde er ebenfalls getestet und das einzig „auffällige“ Testergebnis lieferte der Aufmerksamkeitstest. Er lag bei T-Werten zwischen 42 und 51. Also unterer Normbereich. Der zweitschlechteste waren Analogien mit 56. Der Rest war zwischen den T-Werten von 62 und 74 (IQ von 118-136) Der Matrizentest lag bei einem T-Wert von 66 (IQ 124) . Insofern verwundert mich der aktuelle IQ Wert 88 im FS schon sehr. Damals wurde außer einer leichten Koordinationsstörung nichts festgestellt. Des Weiteren wurde uns geraten ggf im weiteren Verlauf auf HB zu testen.
Ehrlich gesagt haben wir beim jüngeren Sohn gar nicht viel erklärt sondern einfach nur das Medikament (Risperidon) verabreicht. Er hat auf Grund unterschiedlicher Erkrankungen schön öfter Medis bekommen und es hat anstandslos geklappt. Ich habe schon einmal versucht, ihm in Gebärdensprache zu erklären, dass er die Medizin bekommt, weil sie ihm hilft, sich besser zu fühlen. Wie viel davon er verstanden hat, weiß ich aber nicht. Für ihn sind wir als Eltern immer noch allwissend und er hinterfragt solche Entscheidungen nicht.Twochild hat geschrieben: Die Entwicklung eures jüngeren Sohnes mit den Medis hört sich super an. Klingt nach deutlich mehr Lebensqualität für alle Familienmitglieder!
Wir werden die Medis wohl ausprobieren. Einfach um es wenigstens mal getestet zu haben. Bei uns besteht auf jeden Fall ein Leidensdruck. Die Außenwelt sieht kein Problem, jedenfalls nicht das was wir hier zu Hause erleben und mein Sohn leidet sicherlich unter den Wutausbrüchen. Er ist von einer Medieinnahme aber überhaupt nicht begeistert und will das nicht. Da müssen wir noch ein wenig Überzeugungsarbeit leisten. Wie habt ihr das eurem Sohn erklärt?
Beim älteren Sohn habe ich vor der Medikation ausführlich besprochen, dass WIR (mein Mann und ich) WOLLEN dass er das Medikament ausprobiert, weil wir schauen wollen, ob es ihm damit besser gelingt, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten.
Nachdem wir die Entscheidung zum ausprobieren getroffen hatten haben wir nachträglich nicht noch so getan, als würden wir diese unserem Sohn selbst überlassen. Da gab es keine Überzeugungsarbeit zu leisten. Als unser Sohn eine bakterielle Infektion hatte, haben wir ihm schließlich auch (mit entsprechender Erklärung: du bekommst das jetzt, weil...) die verordneten Antibiotika gegeben, ohne uns vorher sein OKAY dazu zu holen. Und hätte er Diabetes würden wir auch nicht bei ihm nachfragen, ob er bereit wäre, sich Insulin spritzen zu lassen. Ich sehe hier die Verantwortung für die Entscheidung DES AUSPROBIERENS von Medikamenten klar bei den Eltern.
Wenn das Kind dann beim tatsächlichen Versuch über Beschwerden klagt, die wahrscheinlich mit dem Medikament im Zusammenhang stehen, liegt es auch in der Verantwortung der Eltern, gemeinsam mit dem begleitenden Profi (in unserem Fall war das der KJP) über Dosisänderung, absetzen oder ausprobieren eines anderen Medikaments bzw. einer anderen Behandlung zu entscheiden.