Etwas Ratlos

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Barfuß
Beiträge: 6
Registriert: Fr 5. Mai 2006, 21:05

Etwas Ratlos

Beitrag von Barfuß »

Wie anfangen....
Unsere Tochter ist teilweise Hochbegabt, wir haben sie testen lassen als sie Sechs war, sie ist jetzt Acht. Sie hat sich das Lesen und schreiben selbst beigebracht mit Vier. Sie Zeichnet enorm gut...ich denke das kennt ihr alle, diesen "Werdegang".
Sie kommt oft weinend nach Hause weil sie in der Schule so "Babykram" (lt. ihren Worten) lernen muß. Nach einem Gespräch mit ihrer Lehrerin wurde ich ziemlich schnell abgefertigt. Überspringen ist nicht (soziale Gründe, sie ist sehr introvertiert) und ich habe auch herausgehört dass das Kind sicher nicht hochbegabt sei, dafür mache sie aber zu viele Fehler.
In letzter Zeit wird sie in der Schule immer nachläßiger. Sie träume nur noch vor sich hin und sei nicht zu motivieren. Zu Hause geht es mir mit ihren Hausaufgaben ähnlich. Wenn ich "auf den Tisch haue" kritzelt sie alles in fünf Minuten hin - richtig natürlich. Sie ist einfach so frustriert, so unglücklich. Ich würde ihr gerne helfen, ich bin ziemlich ratlos.
Ich fühle mich in der Schule nur belächelt, ich fühle mich, als ob ich eine von den überehrgeizigen Müttern bin, das bin ich weiß Gott nicht.
Wie kann ich ihr helfen ?
Danke, das "ausweinen" hat definitiv schon mal gutgetan !
Angitila
Beiträge: 34
Registriert: Di 23. Aug 2005, 14:24

Re: Etwas Ratlos

Beitrag von Angitila »

Hallo Barfuss
Bekommst Du keine Unterstützung von der Psychologin oder dem Psychologen, bei dem Du Eure Tochter abgeklärt hast? Der sollte doch hinter Euch stehen? Kann der nicht mal mit der Lehrerin sprechen? Mir scheint, Eure Lehrerin hat keine Ahnung von Hochbegabung oder will einfach keine Ahnung haben.
Also ich würde mich definitiv für Deine Tochter einsetzen. Vielleicht ist sie auch nur introvertiert weil sie in der falschen Gruppe ist? Wenn doch das alles Baby-Kram ist, was sie in der Schule lernt, hält sie die Mitschülerinnen und Mitschüler auch ein wenig für zu wenig reif?
Ich würde noch einmal in aller Ruhe das Gespräch mit der Lehrerin suchen. Wenn Möglich auch mit Eurer Psychologin. Eurer Tochter muss geholfen werden, so kann das auf keinen Fall weitergehen!!!
Viel Erfolg und liebe Grüsse:
Nicole
Barfuß
Beiträge: 6
Registriert: Fr 5. Mai 2006, 21:05

Re: Etwas Ratlos

Beitrag von Barfuß »

Danke erstmal Nicole .
Doch, die Psychologin hat uns ein Gespräch mit der Schule angeboten. Die Lehrerin ist nahe der Pension und möchte die letzten paar Arbeitsjahre so ruhig wie möglich hinter sich bringen ohne Mehraufwände. Traurig. Nächstes Schuljahr bekommt sie eine andere Lehrkraft, ich werde dann dort weiterintervenieren. Den letzten Monat jetzt noch "Streit" beginnen (denn auf das liefe es bei dieser leider hinaus), erscheint mir nicht sinnvoll.
Traurig wie die Kinder so verhunzt werden. das Schubladensystem . Wer da nicht hineinpasst wird passend gemacht. Egal, wie das dem Kind schadet.
Angitila
Beiträge: 34
Registriert: Di 23. Aug 2005, 14:24

Re: Etwas Ratlos

Beitrag von Angitila »

Hallo Barfuss
Ich bin empört! Diese Lehrerin sollte man sofort frühpensionieren! Das ist ja total daneben. Ein Bauarbeiter kann auch nicht mit 60 Jahren nur noch halbe Häuser bauen! Wenn Du weisst, was ich meine!!!
Das tut mir echt leid für Euch. Aber ich glaube, ich könnte mir es nicht verklemmen, einen anständigen, aber aussagekräftigen Brief an die Schulbehörde zu schreiben. Denn Eine Lehrperson hat entweder ihre Aufgabe 100 %-ig zu erfüllen, oder sie muss aufhören Schule zu geben. Mehraufwand hin oder her, dazu ist sie verpflichtet!
Du glaubst gar nicht, wie ich mich jetzt gerade aufrege!!!
Viele Grüsse:
Nicole
Barfuß
Beiträge: 6
Registriert: Fr 5. Mai 2006, 21:05

Re: Etwas Ratlos

Beitrag von Barfuß »

Ja du hast recht. Ich bin wirklich froh und dankbar wenn das neue Schuljahr anfängt. Ich hätte ernsthafte Probleme bekommen mit der Frau. Oder sie mit mir ;)
Neckri
Moderator
Beiträge: 463
Registriert: Di 14. Feb 2006, 11:51

Re: Etwas Ratlos

Beitrag von Neckri »

Hallo Barfuss,

unser Töchterlein hatte dasselbe Problem (auch mit älterem Lehrer). Letztlich hatte sie nach einer längeren Phase quälender Langeweile mit Unterstützung des Schulpsychologen die Flucht nach vorne angetreten. Das Problem gerade mit älteren Pädagogen besteht oft darin, dass das Thema HB bislang offenbar nicht existiert hatte. Uns wurde damals im Brustton der Überzeugung vermittelt, dass im Laufe der 30-jährigen Berufserfahrung noch nie so ein Fall von HB aufgetreten sei. Das kann ja aber rein statistisch wohl kaum hinkommen...

Ich fürchte, dass die Diskussion mit der jetzigen Lehrkraft nur zu einem mäßig guten Ergebnis führen wird. Wir als Eltern reagieren meistens recht emotional und die Lehrerin wird das eher als Konfrontationskurs verstehen. Besonders für eine ältere Lehrkraft scheint es halt nichts Nervigeres zu geben als irgendwelche aufgeregten Eltern, die versuchen, die Integrität und Kompetenz der fest zementierten (verstaubten) Wissensvermittlung in Frage zu stellen. So ist unser Schulsystem halt. Ich habe gerade gelesen, dass in angelsächsischen Schulen als Ziel gilt, möglichst viele gute Schulabgänger zu entlassen. Manchmal hat man bei uns (gilt auch für Deutschland) das Gefühl, dass unsere Schulen auch ohne dieses Ziel am Rande der Dekompensation operieren. Irgendwas läuft da total schief!

Grüße von

Neckri
Barfuß
Beiträge: 6
Registriert: Fr 5. Mai 2006, 21:05

Re: Etwas Ratlos

Beitrag von Barfuß »

Hallo Neckri !

Vieles von dem was du schreibst, kommt mir sehr bekannt vor. Vor allem die extreme Schüchternheit, (mangelndes Selbstvertrauen), macht ihr sehr zu schaffen. Sie kann in Restaurants nichts bestellen, sie kann nicht mal ihre Oma nach etwas fragen (z.B. ob sie Fernsehn darf) .
Daher war es für uns auch sinnvoll, dem Vorschlag der Lehrerin zuzustimmen nicht zu überspringen. Sie hat zwar nicht den Mordskontakt zu den Kindern in ihrer Klasse, aber sie ist dort beliebt, und kennt die meisten schon vom Kindi.
Aber, so wie du schreibst, Hb das gibt es nicht und hat es nie gegeben, das ist so in etwa betrachtet worden wie die Grippe - es muß vorbei gehen und dann wird alles besser.
Da sie extrem schüchtern ist, glaube ich auch, dass sie sich selten meldet im Unterricht. Was wiederum ein "Beweis" ist für die Lehrkraft, dass sie nicht besonders klug sein kann und ich nur eine Pushmama.
Den Gang zum Psychologen werde ich mir nochmals überdenken, klingt als ob ihr damit nur gute Erfahrungen gemacht habt.
Ich habe auch gehört, dass den Kindern, die weiter sind als andere in der Klasse, einfach andere Arbeitsblätter ausgegeben werden. Das wäre doch für die Lehrkraft nur ein Knopfdruck am PC.
Neckri, wie hat eure Tochter ihre Schüchternheit überwunden ? Ich denke, das ist etwas, was unsere Tochter sehr beschäftigt.
Ich muß Schluß machen der Kleine ruft :).

Schöne Grüße euch , Danke und einen schönen Tag


Barfuß
Neckri
Moderator
Beiträge: 463
Registriert: Di 14. Feb 2006, 11:51

Re: Etwas Ratlos

Beitrag von Neckri »

Hallo Barfuß,

ja - das ist schon komisch mit diesem mangelnden Selbstvertrauen! - Da können die Kiddies so manches besser als Gleichaltrige und wollen sich doch am liebsten verstecken.

Ich weiß natürlich nicht, ob das so stimmt was ich denke, aber ich probiere es mal: unsere HBchen machen meistens die Erfahrung, dass ihre Kenntnisse und Fähigkeiten andere Leute (am meisten Gleichaltrige) höchstens stutzig machen, wenn diese nicht gar zu einer negativen Reaktion führen. Wenn die Kinder sich vor der Schule das Lesen beibringen, ernten sie oft nur Besorgnis, weil die Erwachsenen ja um die folgende Langeweile in der Schule wissen. Kurzum - all diese frühen Fähigkeiten führen in der Regel mitunter nicht gerade zu Begeisterungsstürmen. Ganz anders ist es mit dem Nachbarsjungen, der gut Fußball spielen kann. Dem schwillt die Brust wegen dem Lob und der Anerkennung.

Dieser Fußballjunge ist in der Regel auch unkritischer im Umgang mit der Gefahr von Wehwehchen und im Umgang mit sozialen Kontakten. Unsere kleinen HB-Leute denken viel mehr über Folgen nach. Das merkt man oft an diesen "Was wäre wenn..."-Fragen. Andere Personen werden zudem eher kritischer taxiert.

Meiner Meinung nach gibt es also schon naturgegeben eine gewisse Zurückhaltung, die möglicherweise durch die subtil negative Reaktion der Umgebung auf die frühen Leistungen noch verstärkt werden könnte. Das alles zusammen könnte möglicherweise der Ursprung dieser Schüchternheit sein. (Ist jetzt aber wirklich nur meine Meinung bedingt durch meine Beobachtung!)

Wir haben uns gedacht, dass man eigentlich dasselbe Rezept anwenden müsste, das dem Fußballjungen auf die Sprünge hilft. Also Dinge anbietet, die (1.) insbesondere bei Gleichaltrigen hoch im Kurs stehen, (2.) für das eigene Kind als Erfolgserlebnis verbucht werden und (3.) den Umgang mit einem gewissen Gefährdungspotential mit positiven Erlebnissen verknüpft (Motto: trau dich, dann erreichst du dein Ziel). In unserem speziellen Fall haben wir gute Erfahrungen mit dem Reitsport gemacht. Es war natürlich so, dass Pferde und Reiten ein sehnlicher Wunsch von IHR waren. Das Reiten war dann für Töchterlein wie eine Therapie. Offenbar war es für sie ein Schlüsselerlebnis zur Selbstfindung und Selbstbetätigung. Zudem scheinen sich im Reitstall im wesentlichen Leutchen mit hoher sozialer Kompetenz umzutun - ich weiß nicht weshalb, ist aber so. Auch diese Kontakte waren sehr wertvoll.

Ich will gar nicht sagen, dass jetzt ab sofort alle HB-Kiddies auf die Pferde müssen, sondern nur, dass es bei unserem Töchterlein geholfen hatte.

Viele Grüße,

Neckri
Barfuß
Beiträge: 6
Registriert: Fr 5. Mai 2006, 21:05

Re: Etwas Ratlos

Beitrag von Barfuß »

Unser Kindchen hat sich das Lesen selbst beigebracht und dann im kindi Geschichten geschrieben auf einer alten Schreibmaschine. Beim Arzt zur Zweijahresuntersuchung glaubte er, dass ich das Bild gemalt habe was er ihr aufgetragen hat , da er kurz aus dem Raum ging. Schön schräge Sachen erlebt man auch .
Mir tuts gut mich hier auslassen zu können ohne komisch angesehen zu werden.
Die Überlegungen die du angestellt hast, auch die mit dem Fußballjungen klingen sehr plausibel für mich. Sie wird schon immer eher schräg angeschaut, sie hinterfragt "zuviel" (der Meinung der Erwachsenen zumindest) , sie ist, seit da ein kleiner schnuckliger Bruder ist, der total unkompliziert, offen und fröhlich, leider auch sehr zurückgestellt worden von einigen Personen in meinem Umkreis. Als zu kompliziert abgetan.
Reiten würde sie auch gern, habe aber gehört, dass für 8jährige nur Voltigieren in Frage kommt. Wobei, was spricht dagegen.
Mich hier austauschen zu können, dass erleichtert mich sehr.

Viele Grüße


Barfuss
Neckri
Moderator
Beiträge: 463
Registriert: Di 14. Feb 2006, 11:51

Re: Etwas Ratlos

Beitrag von Neckri »

Hallo Barfuß,

ich fand es stets auch ganz toll, mich hier in diesem Forum in kritischen Situationen mit Gleichgesinnten austauschen zu können. (An dieser Stelle sei ein Herzliches Dankeschön an alle Personen angebracht, die mitunter viel Freizeit in das Funktionieren des Forums reinstecken!!!!)

Es gibt bestimmt viele Dinge außer Reiten. Aber falls deine Tochter auch so ein Pferdenarr sein sollte, kannst du es ja mal probieren. Alles fängt eh langsam an. Zuerst an der Longe. Das scheint nicht soooo schwierig zu sein, denn ein paar Reitstunden später gehts dann schon im Zirkel weiter, also frei. Die Voraussetzung ist, dass die Beine um das lebendige Fahrgestell halbwegs herumpassen. Und das hängt wiederum von dessen Stockmaß (und Ernährungszustand :-) ) ab. Man muss einfach mal rumfragen, welcher Reitverein welche Tiere für welche Alterklasse anbietet. Aber in der Regel sollten 8 Jahre ein gängiges Einstiegsalter für's Reiten sein. Im Teenie-Alter gibt es an den Reiterhöfen ja schon richtige "Profis", die den Anfängern dann zur Seite stehen.

Übrigens ist Musizieren auch so eine Disziplin, in der ein wenig Mut (beim Vorspielen) dazugehört und die zu Erfolgserlebnissen führt. Aber gerade am Anfang scheint das Musizieren vom selbstbelohnenden Effekt her bei weitem nicht an das Reiten heranzukommen. Spielt deine Tochter denn ein Instrument?

Was die Erfahrungen mit "unserem" Schulpsychologen angeht, hat Töchterlein eine sehr hohe Meinung von ihm. Er ist kompetent und geschickt in der kindgerechten Beratung und in der lehrergerechten Argumentationsführung :-) .

Viele Grüße,

Neckri
Antworten