Diskussionsthema Schule

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Rabaukenmama
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben:
Ich glaube alle Themen sind spannend, wenn man sie spannend vermittelt. Mein Geschichtslehrer war auch ganz klassisch ein super trockener Typ, ich konnte mich nie für Geschichte begeistern. Schade, denn im Grunde ist dieses Thema super spannend. Doch selbst heute verbinde ich mit diesem Thema noch trockene Zahlen und undurchsichtige Zusammenhänge. Mein Interesse, welches ich vielleicht durch einen lebendigen Lehrer hätte entwickeln oder erhalten können, muss ich mir jetzt als Erwachsene hart erarbeiten. Deshalb stimme ich Dir zu, gewisse Dinge, die nicht den ersten Interessen von Kindern entsprechen, sind natürlich auch wichtig zu lernen. Hir kommt es dann darauf an, wie das Wissen vermittelt wird um trotzdem eine Begeisterung oder ein Interesse der Schüler zu wecken.
Klar kann man ein- und dieselben Inhalte langweilig oder spannend vermitteln. Aber deshalb wird längst nicht jeder ALLES spannend empfinden. Und gerade wenn das Diskussionsthema Schule lautet stellt sich die Frage: wo ist das Mittelmaß, das notwendige beizubringen und trotzdem genug Individualität zuzulassen um eigenen, speziellen Interessen im Rahmen des Unterrichts nachgehen zu dürfen.

Wenn es darum geht, wie man das System positiv verändern könnte lautet eine Hauptfrage: soll es die klassischen Unterrichtsgegenstände wie Deutsch, Mathematik, Englisch, Biologie, Geschichte, Physik, Bildnerischer Erziehung, Leibesübungen usw. auch in Zukunft geben? Wenn ja dann ausschließlich oder zusätzlich zu fächerübergreifendem Unterricht? Oder nur fächerübergreifender Unterricht, aber trotzdem mit defninierten Zielen? Soll es Prüfungen geben und wenn ja sollen diese fachspezifisch oder fächerübergreifend sein? Soll es Zeugnisse geben? Wenn ja dann ausschließlich mit Noten, ausschließlich verbal oder eine Kombination von beidem? Ist es ohne Prüfungen, Schularbeiten oder Tests für ein Lehrperson überhaupt möglich, in einer Klasse von 20 bis 28 Schülern den Überblick zu bewahren und festzustellen, welches Kind in welchem Gegenstand gut oder schlecht ist? Werden dann nicht nur die "lauten", lebhaften Schüler wahrgenommen und die zurückhaltenderen gehen irgendwie "unter"?

Bei mir setzten alle Veränderungen bei den Lehrern an. Das andere kann man nach und nach optimieren und den jeweiligen Bedürfnissen der Kinder und der Zeit in der wir leben, anpassen. Aber das ist so eine Frage wie die Henne-Ei-Frage: was gab es zuerst? Kann man das System durch bessere Lehrer verändern oder bringt ein verbessertes System automatisch bessere Lehrer hervor? Genau kann ich die Frage nicht beantworten. Aber ich bin der festen Überzeugung dass es keinesfalls falsch sein, kann mehr Sorgfalt bei der Auswahl der Lehrer walten zu lassen und die zukünftigen Lehrer auch mit mehr Konfliktbewältigsstrategien, Motivationsmethoden und psychologischen Kenntnissen auszustatten bevor man sie unterrichten lässt. Und es ist dann natürlich auch naheliegend dass Lehrern, die über mehr und bessere Fähigkeiten verfügen, auch eine bessere Bezahlung sowie ein höheres gesellschaftliches Ansehen zusteht.
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Karen
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Karen »

Alibaba, ich war damals nicht weiter aber leidensdruck war zu gross so dass ganze peergroup entschieden hat was zu ändern. Eltern haben davon erst wind bekommen wenn wir schon von regionalschulbehörden gestanden sind. Nicht die eltern, die kinder müssen was ändern wollen wenn sie unzufrieden sind. Dann ist es aufgabe die eltern sie aufzuzeigen was machbar ist, was nicht, was gesetzte erlauben und wie kann ein kind peergroup dazu bringen meinungen zu ändern und was passieren kann wenn man verliert. Motto: alleine werde ich rausfliegen,aber die können nicht 10 schuler rauswerfen. Um gehört zu sein, muss es von schüler, nicht von eltern kommen. Oft ist es so: kind komm entsetzt nach hause da was passiert ist, mama geht in die schule klähren. Alternative wäre: kind kommt ensetzt nach hause, mama erklährt was es möglich ist zu machen: andere kinder ansprechen deren das gleiche passiert ist und die das ungerecht gefunden haben (ungerecht behandelt zu sein schweisst enorm zu sammen), alles sauber dokumentieren (eltern sind gefragt hier zu helfen), ein beschwerde brief schreiben, mit allen wieder besprechen und unterschreiben und gemeinsam zu schulleiter bringen. Eltern sind nicht dabei. Nicht alle kinder können das, aber es gibt 1-2 pro klasse die das können (kann man die gewiennen?). Und so ist ein erster schritt gemacht.
Bliss
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Bliss »

Momo hat geschrieben: Wie ich ja schon an anderer Stelle geschrieben habe, nehme ich seit einiger Zeit Klavierunterricht. Dieses Instrument wollte ich schon immer gerne spielen können und weil meine Tochter mit der Lehrerin nicht klar kam, habe ich einfach ihren Unterricht genommen. Da ich absolute Anfängerin war, musste ich natürlich mit furchtbar langweiligen Übungen beginnen. Auch die ersten Lieder waren schrecklich langweilig und ich hatte keine Lust zum Üben. Ich musste mich jedes mal überwinden und kam somit auch nicht wirklich weiter. Irgendwann hatte ich genug davon und habe mir aus dem Internet die Noten von dem Stück organisiert, welches ich unbedingt spielen können wollte- "Comptine dùn autre ete", das wunderschöne Klavierstück aus dem Film "Die fabelhafte Welt der Amelie", vielleicht kennt Ihr dieses Stück? Zugegebener Maßen kein Klavierstück für Anfänger, doch das war mir egal. Mit diesen Noten bewaffnet sauste ich fröhlich und motiviert zur nächsten Klavierstunde, hielt meiner Lehrerin die Blätter unter die Nase mit den Worten "Das will ich spielen!". Tja, Ihr könnt Euch bestimmt vorstellen, wie meine Lehrerin geschaut hat, ich konnte ja gerade mal "Hänschen klein" einigermaßen flüssig spielen :lol: Doch ich bestand darauf und somit legten wir Stück für Stück los. Und wisst Ihr was? Ich kann es nun kaum erwarten, zu üben. Ich beiße mich richtig fest, übe Takt für Takt und freue mich riesig über die Fortschritte. Meine Finger scheinen mittlerweile alles ganz von alleine zu spielen, ich brauche die Noten kaum mehr. Bei der letzen Klavierstunde war meine Lehrerin völlig baff. Wie konnte das sein? Ganz einfach- jetzt bin ich motiviert! Ich mache etwas auch eigenem Antrieb und Freude am Tun. Und plötzlich geht es mir ganz leicht "von der Hand", im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich freue mich sehr über diese Erfahrung und wollte diese einfach mit Euch teilen. Im Hinblick auf unsere Kinder und ihre Schule sollten wir uns dies wirklich vor Augen führen, viele Schwierigkeiten würden sich sicherlich in Luft auflösen!
Und andere Schwierigkeiten würden geschaffen.

Du übst jetzt mit großer Motivation. Aber dieses Vorgehen birgt auch einige Gefahren. Du hast die ganzen vorbereitenden Übungen übersprungen, die dazu dienen die richtige Technik zu erlernen und die Muskulatur aufzubauen. Wenn man da nun eine Abkürzung nimmt besteht die große Gefahr von Fehlbelastungen. Beispiel Ballettanzen: für viele ist Spitze tanzen eine ganze große Motivation. Wenn man damit aber zu früh anfängt wird man nicht lange Freunde daran haben sondern sich die Füße ruinieren und vielleicht gar nicht mehr tanzen können. Beim Klavierspielen wird es nicht so drastisch werden und du spielst sowieso nur zum Spaß, aber bei einem Kind fände ich es schon sehr fahrläßig so vorzugehen. Denn diese Fehler aus der Anfangszeit können sich im späteren Leben rächen, wenn das Kind doch von einer Profikarriere träumt. Denn diese langweiligen Übungen haben halt in der Regel schon ihren Sinn.

Und wenn du dieses Stück dann kannst mußt du beim nächsten trotzdem wieder viele Schritte zurückgehen müssen. Reicht dann die Motivation dafür aus, jedes Stück so zu lernen. Wie schaut das auf Schule übertragen aus. Was bleibt, wenn man ohne Grundlagen an ein interessantes Projekt geht. Was nimmt man mit, das über den Einzelfall hinaus geht.

Momo hat geschrieben:Es mag stimmen, das Kinder unterschiedliche Lernwege brauchen. Und doch haben alle Kinder grundsätzlich einen Lernwillen. Ich glaube auch, dass sich sowohl in den Köpfen der Politiker als auch in den Köpfen der Eltern einiges ändern muss, wenn sich das ganze System ändern soll. Was uns Erwachsenen vor Allem fehlt, ist das Vertrauen in die Kompetenz und den Lernwillen der Kinder! Viele können sich dies nicht vorstellen. Doch warum nicht? Wie haben unsere Kinder sprechen und Laufen etc. etc. gelernt? Aus ihrer vollsten Eigenmotivation heraus. Kein Ziehen und Zerren, keine Beurteilungen, haben dies beschleunigt. Wir Erwachsenen gehen davon aus, dass man Kinder zum Lernen zwingen oder wenigstens bewegen muss. Das ist nicht so! Das ganze Leben ist lernen und das, was wirklich im Gehirn hängen bleibt sind Erlebnisse und Erkenntnisse, die aus Eigenmotivation und mit Begeisterung erfahren wurden
Mir fehlt da ehrlich gesagt auch das Vertrauen. Ja, sprechen und laufen haben lernen die meisten Kinder. Ist ja nun auch für fast jeden notwendig. Aber sprachlich bleiben viele auf so niedrigem Niveau, dass sie nur einfache Sachverhalte ausdrücken können und die motorische Entwicklung geht auch nicht bei jedem von alleine weiter. Nicht bei jedem Kind langt der Eigenantrieb dafür aus Seilspringen, Ball werfen und fangen, schwimmen oder Radfahren zu lernen. Und damit meine ich nicht nur die Kinder, die keine Gelegenheit dazu haben. Und das sind ja alles Sachen, die ein Kind sich schon vor Schuleintritt aneignen kann. Warum machen manche Kinder das nicht?
Bliss
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Bliss »

Rabaukenmama hat geschrieben: Es ging nicht um hörbeeinträchtigte Kinder an Regelschulen (die gibt es in Ö auch und zwar weit mehr als 50) sondern um INKLUSIV beschulte Kinder. Damit ist gemeint dass Gebärdensprache in der Schule neben deutsch vollwertige Unterrichtssprache ist. Die einzeln integrierten Kinder sind in der Regel von klein auf gut mit Hörhilfen versorgt und es wird meistens auch Wert darauf gelegt dass sie gar nicht erst mit Gebärdensprache in Berührung kommen (weil sich das Gerücht dass das den Lautspracherwerb hemmt immer noch hartnäckig hält). Gebärdensprache gedolmetscht (von professionellen Dolmetschern oder speziell ausgebildeten Hörgeschädigtenpädagogen) wird wenn´s hoch hergeht ein paar Stunden in der Woche oder bei Prüfungen. Die Lehrer an diesen Schulen müssen auch kein Wort Gebärdensprache können. Meistens gibt´s das Recht auf Gebärdensprache aber überhaupt nur auf dem Papier weil fast immer nur EIN hörgeschädigtes Kind in einer Klasse ist und da eine ständige vorhandene, gebärdensprachkompetente Lehrkraft viel zu teuer wärde. Das habe ich nicht gemeint!

Man nennt das bei uns auch inklusive Beschulung, wenn der Lehrer über Mikrofon spricht. Inzwischen hat man sowieso eher Probleme noch eine Förderschule zu finden, die werden reihenweise dicht gemacht.
Momo
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Momo »

Jetzt wird es hier ja richtig spannend, schön, Eure vielen Beiträge!

Bliss hat geschrieben:
Und andere Schwierigkeiten würden geschaffen.

Du übst jetzt mit großer Motivation. Aber dieses Vorgehen birgt auch einige Gefahren. Du hast die ganzen vorbereitenden Übungen übersprungen, die dazu dienen die richtige Technik zu erlernen und die Muskulatur aufzubauen. Wenn man da nun eine Abkürzung nimmt besteht die große Gefahr von Fehlbelastungen. Beispiel Ballettanzen: für viele ist Spitze tanzen eine ganze große Motivation. Wenn man damit aber zu früh anfängt wird man nicht lange Freunde daran haben sondern sich die Füße ruinieren und vielleicht gar nicht mehr tanzen können. Beim Klavierspielen wird es nicht so drastisch werden und du spielst sowieso nur zum Spaß, aber bei einem Kind fände ich es schon sehr fahrläßig so vorzugehen. Denn diese Fehler aus der Anfangszeit können sich im späteren Leben rächen, wenn das Kind doch von einer Profikarriere träumt. Denn diese langweiligen Übungen haben halt in der Regel schon ihren Sinn.

Und wenn du dieses Stück dann kannst mußt du beim nächsten trotzdem wieder viele Schritte zurückgehen müssen. Reicht dann die Motivation dafür aus, jedes Stück so zu lernen. Wie schaut das auf Schule übertragen aus. Was bleibt, wenn man ohne Grundlagen an ein interessantes Projekt geht. Was nimmt man mit, das über den Einzelfall hinaus geht.
Gerade gestern hatte ich wieder eine Klavierstunde. Im Gegensatz zu früheren Unterrichtsstunden habe ich mich riesig darauf gefreut und meine Lehrerin schwankte zwischen Staunen über meine großen plötzlichen Fortschritte und fast einem schlechten Gewissen, dass sie mir so lange diese langweiligen Übungen zugemutet hat. Sie meinte, sie selbst hat daraus gelernt. Ich habe ihr gesagt, dass ich die anfänglichen Übungen für den Einstieg in Ordnung fand, doch nun bekommt das Lernen dieses Instruments eine ganz andere Qualität.. Ich möchte keine Profi- Pianistin werden, ich lerne für mich und aus purer Freude am Klavierspielen. So wie Kinder aus purer Freude am Lernen zur Schule gehen sollten. Wäre das nicht traumhaft? Und alle Kinder könnten sich ihren Fähigkeiten entsprechend entwickeln. Und sie würden sich zu wunderbaren, fröhlichen, kompetenten, verantwortungsvollen, klugen, kritischen, motivierten, gesunden Menschen entwickeln. Ich könnte diese Aufzählung noch unendlich erweitern. Ich sehe und erlebe es selbst, dass gerade durch die intensive Beschäftigung mit einem Thema ganz nebenbei und fast automatisch die Grundsätze gelernt werden. Ein Kind, welches z.B. durch ständig wiederholende Schreibübungen die Lust am Schreiben verliert, aber aufblüht, wenn es einfach frei Geschichten erfinden und schreiben darf (siehe anderer Thread hier im Forum), sollte meiner Meinung nach einfach erstmal schreiben, schreiben, schreiben. Die korrekte Schreibweise, das Schriftbild, das wird sich automatisch entwickeln! Wenn die Begeisterung jedoch erlischt, dann wird sich überhaupt nichts entwickeln!! Welch ein tragischer Verlust, oder?
Und keine Sorge Bliss- ich habe sehr viele Ideen, welche Klavierstücke ich als nächstes wählen werde. Jetzt habe ich "Blut geleckt" und gerade durch diese Motivation werden mir die Ideen sicherlich nicht ausgehen ;)

Auf die Schule bezogen ist es für mich wirklich ein Schlüsselerlebnis. Ich wünsche uns allen, solche Erlebnisse zu haben. Und daraus resultierend Ideen für neue Schulformen zu entwickeln.

Für mich klingt z.B. die neue Schulform in Finnland höchst spannend (Finnland schneidet ja bekanntlich bei der Pisa Studie Exzellent ab). Die klassischen Schulfächer werden durch alltagsrelevante Themen ersetzt. Geschichte und Sozialkunde gehen beispielsweise im Thema "EU" auf und werden unter aktuellem Bezug vermittelt. Mathematik und Englisch wird den Schülern anhand der "Gastronomie" näher gebracht. Die themenspezifische Gruppenarbeit soll dabei die kommunikativen und kreativen Fähigkeiten der Schüler anhand alltags- und berufsbezogener Inhalte fördern. Hier werden die einzelnen Fächer nicht mehr getrennt von einander unterrichtet, sondern alles fließt in Projekten ineinander. Das klingt für mich viel viel spannender, logischer und realistischer als die Vermittlung von getrennten Schulfächern.

Meiner Meinung nach gibt es im Deutschen Schulsystem u.a. zwei Baustellen. Zum Einen die grundsätzliche Unterrichtsgestaltung. Die Art der teilweise stupiden Wissensvermittlung. Dazu zählt auch das Bewertungssystem, welches zur Folge hat, nur noch für gute Noten zu lernen. Das ist aus meiner Sicht absolut am Sinn vorbei. Wissen wird dadurch nicht aus eigenem Interesse am Thema verinnerlicht sonder aus Interesse an einer guten Note. Die Inhalte werden also genauso schnell wieder vergessen wie sie in den Kopf gestopft wurden. Absoluter Unsinn!
Zum Anderen muss die Auswahl und Ausbildung der Lehrer dringend optimiert und modernisiert werden. Wie ich schon mal an anderer Stelle geschrieben habe, müssten sich Lehrer ähnlich wie ein Schaupieler durch Prüfungen/Castings qualifizieren, denn Lehrer brauchen ähnliche Qualitäten. Vor allem müssen sie in der Lage sein, Unterrichtsinhalte lebendig zu vermitteln und Kindern auf Augenhöhe begegnen können. Lehrer, die keine Kinder mögen oder die frustriert sind, weil aus ihnen kein Wissenschaftler etc. geworden ist, haben in diesem Beruf absolut nichts zu suchen! Wenn also der Lehrerberuf hohe Ansprüche und Herausforderungen an die zukünftigen Lehrer stellt, wird dieser Beruf sicherlich sehr an Attraktivität und Ansehen gewinnen.

Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Bliss
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Bliss »

Momo hat geschrieben: Und keine Sorge Bliss- ich habe sehr viele Ideen, welche Klavierstücke ich als nächstes wählen werde. Jetzt habe ich "Blut geleckt" und gerade durch diese Motivation werden mir die Ideen sicherlich nicht ausgehen ;)
Das war ja eigentlich auch nicht meine Sorge, sondern die Schäden durch nicht erlernte Technik.
Rabaukenmama
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

Bliss hat geschrieben:
Momo hat geschrieben: Und keine Sorge Bliss- ich habe sehr viele Ideen, welche Klavierstücke ich als nächstes wählen werde. Jetzt habe ich "Blut geleckt" und gerade durch diese Motivation werden mir die Ideen sicherlich nicht ausgehen ;)
Das war ja eigentlich auch nicht meine Sorge, sondern die Schäden durch nicht erlernte Technik.
Ich weiß was du meinst, Bliss, denn mir ist es genau so ergangen. Ich habe ja als Kind bei einem alten Musikprofessor, den ich sehr gemocht habe, 3,5 Jahre lang Konzertgitarre gelernt. Da ich ja eine Ausnahmebegabung für auswendig-lernen habe fiel mir der Unterricht am Anfang sehr leicht. Außerdem mochte ich ja den alten Professor sehr und habe hauptsächlich geübt, um ihm eine Freude zu machen.

Dann wurden die Stücke anspruchsvoller und der alte Professor erklärte mir, was es bedeutet, wenn ein # als Vorzeichen steht. Das habe ich nicht gleich kapiert, wollte ihn aber auch nicht durch viel nachfragen kränken. Dann kamen immer mehr ### und dann auch noch "b" als Vorzeichen und bald hatte ich keine Ahnung mehr, worum es ging. Denn tatsächlich kannte ich die Tonleiter nur in C-Dur. Trotzdem habe ich so getan als würde ich alles verstehen, nur haben sich immer mehr Fehler beim spielen eingeschlichen weil ich gar keine Ahnung hatte welche Note das jetzt eigentlich ist, die da steht. Geholfen hat mir wieder mein gutes Merkvermögen. Hat mich der Professor 1 oder 2x korrigiert wußte ich, wie ich die Note IN DIESEM STÜCK greifen sollte. Dann wurde mein lieber, alter Professor schwer krank und starb. Irgendwie haben wir damals (ich war 13 und hatte gerade den Schulwechsel ins Internat wegen Mobbing hinter mir) keinen neuen Gitarrelehrer gesucht und außer ein paar Begleit-Duren für Kinder- und Weihnachtslieder ist nichts vom Unterricht hängen geblieben.

Seit 4 Monaten nehme ich wieder privat Gitarreunterricht. Mein Lehrer ist ein begeisterter Musiker und JETZT erarbeiten wir schön langsam die Harmonielehre, die ich als Kind nie kapiert habe. Es ist ziemlich trockener Stoff und viel Theorie: jede Dur-Tonleiter hat eine Moll-Verwandte und bestimmte Duren schließen andere aus. Um von mir selbst aus Stücke auf Gitarre begleiten zu können (es war immer ein großer Wunsch von mir, meine eigenen Texte zu vertonen) brauche ich aber dieses Hintergrundwissen. Und ich habe für´s klassische Konzertgitarre-spielen die Werke von Mauro Guliani entdeckt, die mir sehr gut gefallen. Trotzdem spiele ich in meinen Stunden nicht nur sondern übe Harmonielehre um wirklich Zugang zu "meinem" Instrument zu bekommen.

Heute weiß ich dass ich damals als Kind auch nicht mehr lange gespielt hätte, wäre mein alter Professor nicht verstorben. Meine Finger konnten Stücke auswendig spielen die mein Kopf nicht annähernd verstanden hat und das war eine große Diskrepanz. Aber da die Aussage "Was Hänschen nicht lernt lernt Hans nimmer mehr" so nicht stimmt nutze ich jetzt meine zweite Chance und hoffe, bald meine eigenen Stücke mit Singstimme und Gitarre begleiten zu können :) .
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Momo
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Momo »

Bliss hat geschrieben:
Das war ja eigentlich auch nicht meine Sorge, sondern die Schäden durch nicht erlernte Technik.
Rabaukenmama hat geschrieben:
Ich weiß was du meinst, Bliss, denn mir ist es genau so ergangen. Ich habe ja als Kind bei einem alten Musikprofessor, den ich sehr gemocht habe, 3,5 Jahre lang Konzertgitarre gelernt. Da ich ja eine Ausnahmebegabung für auswendig-lernen habe fiel mir der Unterricht am Anfang sehr leicht. Außerdem mochte ich ja den alten Professor sehr und habe hauptsächlich geübt, um ihm eine Freude zu machen.
Liebe Rabaukenmama, meiner Meinung nach gibst Du Dir selbst die Antwort auf das Problem. Du hast nicht geübt, weil es Dir selbst Freude gemacht hat, sondern um Deinem Lehrer eine Freude zu machen, die Motivation war eine andere. Und deshalb hast Du Dich wahrscheinlich auch gescheut, Deinen lieben Professor zu fragen, als Du Zusammenhänge nicht verstanden hast. Wahrscheinlich wolltest Du Deinen Lehrer nicht "enttäuschen". Hättest Du geübt und gespielt, weil Du vom Gitarrenspiel begeistert bist, dann wäre der Ansatz anders gewesen. Außerdem hast Du vielleicht in der Schule bereits die Erfahrung gemacht, dass Fragen nicht immer erwünscht sind? Das ist natürlich zwingend notwendig, dass Schüler von Anfang an lernen, dass alle Fragen erwünscht sind und keine Frage "dumm" ist, sondern einen weiterbringen. Wenn der Lehrer auf Augenhöhe mit den Kindern ist und diese nie etwas anderes erfahren haben, dann trauen sie sich auch, zu fragen und zu zeigen, wenn sie etwas nicht verstehen.

Bei meinem Klavierspiel ist es so, dass auch ich mich hinsetzen muss um im Moment vor allem die Noten im Baßschlüssel zu lernen. Doch wenn ich weiterkommen will, und das ist ja mein großer Wunsch, dann brauche ich diese Zusammenhänge. Und dies kann mir kein anderer abnehmen, dass muss ich sowieso selbst lernen und mir merken. Wenn jedoch diese Erkenntnis und Motivation von mir selbst kommt, lerne ich ganz anders. Nun sehe ich selbst die Notwendigkeit und nehme diese gern in Kauf, um weiterzukommen. Meine Lehrerin ist eigentlich eher dazu da, immer wieder Impulse, Feedback und kurze Hilfestellungen zu geben, alles weitere erarbeite ich mir selbst.

Ich glaube, ähnlich könnte man es auf die Schule beziehen. Alle Menschen haben ein anderes Lerntempo und eine andere Art zu lernen. Während sich einige Kinder bei einem einheitlich vorgegebenen Unterricht mit einheitlichem Tempo furchtbar langweilen und abschalten, sind andere Kinder schon überfordert und schalten deshalb ab. Wirklich aufmerksam und aktiv beteiligen sich vielleicht eine Hand voll Schüler, das ist aus meiner Sicht ein großes Problem und hat einen großen Verlust von nicht entdeckten Talenten und Potentialen zur Folge.

Noch mal auf das Lernen einer Sprache bezogen- Kinder lernen ganz von allein, wenn Eltern sich einfach nur mit ihnen unterhalten, sie möglichst nicht korrigieren oder belehren. Sondern ggf. den Satz des Kindes noch mal richtig wiederholen, sollte ein Fehler enthalten gewesen sein. Wenn Kinder ihre Sprache nicht weiter ausformen, sind sie in diesem Prozess irgendwie gestört worden. Vielleicht sind sie zu oft verbessert worden und haben die Motivation verloren. Oder sie haben auch einfach andere Talente und Interessen, die erstmal im Vordergrund stehen und die Sprache bildet sich trotzdem weiter. Es gibt einfach Kinder, die gerne sprechen und Kinder die gerne klettern, dass ist natürlich auch nicht bei allen gleich ausgeprägt. Das ist ja genau der Punkt. Man darf nicht vergleichen und beurteilen, sondern muss darauf vertrauen, dass sich das Kind seinen Talenten und Möglichkeiten entsprechend entwickelt und lernt!

Und um auf Deinen Satz zurückzukommen Bliss, meiner Meinung nach entstehen keine Schäden durch nicht erlernte Technik, sondern durch stupide Vorgaben, durch welche die Motivation bei den Menschen verloren geht.

Momo
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Bliss »

Momo hat geschrieben: Und um auf Deinen Satz zurückzukommen Bliss, meiner Meinung nach entstehen keine Schäden durch nicht erlernte Technik, sondern durch stupide Vorgaben, durch welche die Motivation bei den Menschen verloren geht.
Diejenigen, die aufgrund von z.b zu frühem Spitzentanz invalide sind sehen das vermutlich anders. Wenn man mit Willen fehlende Technik ersetzt ist einfach eine immense Gefahr von Überbelastungen da, wie Sehnenscheidentzündungen etc.

Aber das ist es auch, was mich oft stört. Alles muss sofort sein. Es langt offenbar nicht, dass man ein Instrument erlernen darf. Die Belohnung das Wunschstück zu spielen muss sofort kommen. Völlig egal, ob das auf lange Sicht gut ist oder nicht. Die Zeit und Motiviation etwas von Grund auf zu erlernen fehlt, weil da ja auch mal langweilige Sachen gemacht werden müssen.

Ich habe ja beruflich mit programmieren zu tun und da gibt es auch viele, die sich nie die Zeit genommen haben das systematisch zu erlernen, sondern sich bei jedem Einzelfall neu durchwurschteln müssen. Das dauert einerseits inzwischen viel länger, zweitens macht es bei Teamwork die Fehlerkorrektur irre schwierig.

Und da wäre dann z.B mein Problem, wenn du Schule so haben wolltest. Ich erwarte mir was anderes. Ich möchte auf gar keinen Fall, dass meine Kinder bei allem den sofortigen Motivationskick brauchen. Ich möchte, dass sie sich auch durchbeißen können, wenn die Belohnung etwas zu können lange auf sich warten läßt. Dass sie trotzdem in der Lage sind dran zu bleiben und sich selber Zwischenziele zu setzen. Und ich möchte, dass sie die Grundlagen richtig lernen. Auch wenn es nicht das spannendste ist, aber eben einfach auf lange Sicht das beste. Schön ist es natürlich, wenn es einem Lehrer gelingt auch das oft langweilige einigermaßen ansprechend rüberzubringen. Aber ich finde es halt vor allem wichtig, dass die Kinder es hinterher können.

Und gerade das Beispiel mit dem freien Schreiben: leider kommt die Rechtschreibung nicht bei jedem von alleine automatisch irgendwann nach. Ich finde es sollte aber schon so sein, dass ein Schulabgänger das kann. Und wenn es nicht von selber kommt, dann muss es halt irgenwann mal erlernt werden, und wenns langweilig ist.

Also, wenn es auch einen spannenden Weg gibt, etwas richtig zu erlernen: bitte, gern. Aber das Ergebnis muss einfach passen, einfach nur eine schöne Zeit in der Schule gehabt zu haben würde mir nicht reichen, wenn das Ergebnis hinter her nicht entsprechend ist.
Momo
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Momo »

Bliss hat geschrieben:
Diejenigen, die aufgrund von z.b zu frühem Spitzentanz invalide sind sehen das vermutlich anders. Wenn man mit Willen fehlende Technik ersetzt ist einfach eine immense Gefahr von Überbelastungen da, wie Sehnenscheidentzündungen etc.
In diesem speziellen Fall gebe ich Dir natürlich recht. Doch ich traue den Kindern in diesem Fall auch zu, dies selbst zu spüren und natürlich den Körper nur so weit zu belasten, wie es gesund ist. Ich bin überzeugt, dass sie dies tun, wenn es beim Lernen keinen Leistungsdruck gibt. Denn Leistungsdruck verändert z.B. die Eigenwahrnehmung.
... Außerdem gehört Spitzentanz meiner Einschätzung nach nicht zur klassischen Schulausbildung...;)

Es geht mir nicht um den Kick und um die Belohnung. Es geht mir um die Eigenmotivation. Das ist ein Geschenk und meiner Meinung nach die Basis jeden effektiven Lernens. Ganz automatisch beißt man sich bei selbstmotiviertem Lernen hindurch, vielleicht sogar noch viel verbissener, weil man etwas unbedingt können oder lernen will. Deinen Ansatz kann ich theoretisch verstehen, finde ihn aber sehr kopflastig und auf diesem trockenen Weg kann viel verloren gehen, vor allem bei Kindern, die sehr in der Gegenwart leben und ganz schnell sehr begeistert bei einer Sache sein können. Was ist an Begeisterung falsch???

Das Beispiel Schreiben: Klar kann man bei älteren Kindern, sollten sie tatsächlich nicht von alleine die Motivation zeigen, Wörter richtig zu schreiben (was ich mir nicht vorstellen kann, meiner Tochter ist dies schon mit ihren 5 Jahren wichtig und bei anderen Kindern beobachte ich dies ebenfalls), dann kann man das Kind ja gerne dazu ermutigen. Doch nicht anders herum in dem Sinne- erstmal "richtig" schreiben können und dann erst darf man sich erst literarisch entfalten. Nach diesem Ansatz geht viel kaputt und verloren, wie wir hier ja auch im Forum in erschreckender Häufigkeit lesen können. Siehst Du diesen Zusammenhang nicht so, oder vielleicht anders? Was sagst Du zu der Tatsache, dass Kinder ihre Motivation genau durch diese unflexiblen Lernmethoden verlieren und dann nicht nur unmotiviert sind, sondern regelrecht zum Lernen gezwungen werden müssen?

Momo
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