mich würde noch mal interessieren, wie deine Einstellung zum Thema Instrument ist.
Wirst/würdest du dein Kind ein Instrument "auf klassische Weise" lernen lassen?
Also mit regelmäßigem Unterricht und verordnetem Üben?
Das ist nämlich so ein Bereich, wo ich denke und erlebe, dass ohne ein bisschen Druck meinerseits meine Tochter da nicht so dranbleiben würde. Das freie Lernkonzept würde in dem Falle hier dazu führen, dass sie keinerlei Fortschritte macht und sicherlich irgendwann frustriert aufgibt, weil sie zu dem Schluss kommt, dass sie zu schlecht/unbegabt dafür sei. (Sie meint ja immer, wenn sie was nicht gleich kann, liegt es an ihrer Dummheit)
Ich schrieb ja schonmal davon - das Üben ist hier oft nicht so "erfreulich", da von heftigsten emotionalen Ausbrüche begleitet.
Und es sieht mir auch nicht danach aus, als ob das Musizieren ihr wirklich Freude bereitet. Wenn sie bspw ein Stück kann, legt sie es ad acta und will es gar nicht mehr spielen. Das finde ich irgendwie auch befremdlich... Bzw spricht das für mich dafür, dass ihr das Musizieren an sich (noch?) nicht viel gibt, dass es evtl. eher darum geht, Fortschritte zu machen/zeigen. (Wem eigentlich? Mir? Dem Lehrer? Sich selbst?)
Übrigens haben wir den Lehrer gewechselt und die Art des Unterrichts ist eine komplett andere, meiner Meinung nach sehr sehr viel bessere. (Evtl schreib ich in dem Thema von damals nochmal mehr dazu)
Am Übungsverhalten hat sich dadurch aber leider nichts geändert. Es kommt regelmäßig zu heftigen Wutausbrüchen und daraus hervorgehendem Streit zwischen uns und man könnte meinen, es sei eine einzige Quälerei. (ist es für MICH auf jeden Fall.

Klar könnte bzw als Verfechter des freien Lernens müsste man da sagen: warum muss das Kind denn jetzt ein Instrument lernen, wenn es offensichtlich noch nicht die emotionale Reife fürs regelmäßige Üben und vor allem das Aushalten der mit den mühsamen Fortschritten verbundenen Frustration hat.
Dazu hat es doch das ganzes Leben noch Zeit... Und vielleicht brauchts und will es das ja auch GAR nicht.
Aber erfahrungsgemäß fällt es Kindern in dem Alter so sehr viel leichter und ist das dann für später mal eine gute Basis.
(abgesehen vom nachgewiesenen positiven Einfluss auf die Hirnentwicklung).
Ich selbst habe ja quasi unter Zwang Geige lernen "müssen" und hatte nie wirklich Spaß dran.
Und auch wenn ich jahrelang (gut 25) die Geige nicht mehr angefasst hatte, befand ich es rückblickend immer als für mich wertvoll, diese musikalische Ausbildung gehabt zu haben.
Und nun spiele ich ja wieder und habe viel Freude daran und bin sehr froh und dankbar, dass ich auf diese damals erlernte Fähigkeiten zurückgreifen kann.
Erstaunlicherweise und für mich ganz und gar überraschend hat die Große übrigens nun, statt alles hinzuschmeißen - wie oft hat sie das Instrument schon verflucht und gefragt, WIESO "man" eigentlich ein Instrument lernen "muss", wie oft habe ich drüber nachgedacht, ob es das wert ist und ob das alles nicht eher kontraproduktiv für eine positive Beziehung zur Musik sein würde - den Wunsch geäußert, zwei weitere Instrumente zu lernen. (Klavier und Gitarre, bei Letzterem haben wir sie überzeugen können noch aufzuschieben)
Sie hat dann echt ein Vierteljahr immer wieder gedrängelt und gefragt, wann sie endlich ihre erste Klavierstunde haben darf.
Nun lernt sie also sogar zwei Instrumente.
Geflucht und geschimpft und getobt wird übrigens weiter. So richtig den großen Spaß kann ich da (noch?) nicht sehen. Aufhören will sie aber nicht. (Wollte ich als Kind mit der Geige aber auch nicht - aber das war nur der Ehrgeiz, etwas einmal begonnenes nicht hinschmeißen zu wollen, nicht die Liebe zum Instrument.)
Freie Entscheidung über das Üben (wie oft, wann, wie lange) hat sich nicht bewährt, dann würde sie wohl nur 1x die Woche üben. (In den 6 Wochen Sommerferien hat sie bspw fast gar nicht geübt bzw erst dann am Ende wieder, weil ich sie drängte, beim neuen und hier absolut gefragten Lehrer dann nicht aufzukreuzen und alles verlernt zu haben.)
Und sie wäre bei dem wenigen freiwilligen Üben dann sehr frustriert, dass sie keine Fortschritte macht.
Ich habe festgestellt, dass es wirklich am Besten klappt, wenn wir wirklich quasi täglich üben und "keine Luft" drankommt. Dann gibts die erste 2 Male besagte Ausbrüche und Wutanfälle, dann aber, wenn die Sachen schon besser klappen, wird es entspannter und "flutscht". Hat sie mal wegen Urlaub und langem Wochenende oder Krankheit 2,3 Tage ausgesetzt, sind die ersten Male Üben wieder ganz besonders schlimm.
Ohne den Druck meinerseits, dass sie nahezu täglich übt, käme sie gar nicht an den Punkt, dass das Üben "normal" ablaufen kann. Und sie würde aufgrund mangelnder Erfolge zu dem Schluss kommen: das ist zu schwer, ich bin zu dumm, ich kann das nicht schaffen.
Ich bin da wirklich hin- und hergerissen und in diesem speziellen Falle wirklich ratlos.
Mir widerstrebt der "Druck" meinerseits und das intensive Betreuuen des Übens, das da nötig scheint.
(wenn ich ihr nicht sage: übe jetzt dies und das, halte dich nicht an diesem und jenen auf etc, verfranzt sie sich auch schnell)
Aber ich sehe auch die positiven Ergebnisse:
Sie macht wirklich tolle Fortschritte.
Sie erlebt, dass man nicht alles auf Anhieb können kann, es sich aber rentiert, daran zu arbeiten.
(Neulich hat sie im Unterricht eine klasse Tonaufnahme zu Playback gemacht und man sah richtig, wie sie in sich reinstrahlte über den Erfolg. Zugeben würde sie das übrigens aber NIE, sie hat IMMER was an sich auszusetzen...)
Sie lernt jetzt etwas, was ihr nie wieder im Leben so leicht fallen wird zu lernen...
Und vor allem: ganz so schlimm wie es sich für mich - und von außen betrachtet für sie auch - anfühlt, kann es ja irgendwie auch nicht sein, wenn sie ja sogar selbst noch weitere Instrumente lernen mag...?
