Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
sinus
Dauergast
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von sinus »

Liebe Momo,
mich würde noch mal interessieren, wie deine Einstellung zum Thema Instrument ist.
Wirst/würdest du dein Kind ein Instrument "auf klassische Weise" lernen lassen?
Also mit regelmäßigem Unterricht und verordnetem Üben?

Das ist nämlich so ein Bereich, wo ich denke und erlebe, dass ohne ein bisschen Druck meinerseits meine Tochter da nicht so dranbleiben würde. Das freie Lernkonzept würde in dem Falle hier dazu führen, dass sie keinerlei Fortschritte macht und sicherlich irgendwann frustriert aufgibt, weil sie zu dem Schluss kommt, dass sie zu schlecht/unbegabt dafür sei. (Sie meint ja immer, wenn sie was nicht gleich kann, liegt es an ihrer Dummheit)

Ich schrieb ja schonmal davon - das Üben ist hier oft nicht so "erfreulich", da von heftigsten emotionalen Ausbrüche begleitet.
Und es sieht mir auch nicht danach aus, als ob das Musizieren ihr wirklich Freude bereitet. Wenn sie bspw ein Stück kann, legt sie es ad acta und will es gar nicht mehr spielen. Das finde ich irgendwie auch befremdlich... Bzw spricht das für mich dafür, dass ihr das Musizieren an sich (noch?) nicht viel gibt, dass es evtl. eher darum geht, Fortschritte zu machen/zeigen. (Wem eigentlich? Mir? Dem Lehrer? Sich selbst?)

Übrigens haben wir den Lehrer gewechselt und die Art des Unterrichts ist eine komplett andere, meiner Meinung nach sehr sehr viel bessere. (Evtl schreib ich in dem Thema von damals nochmal mehr dazu)
Am Übungsverhalten hat sich dadurch aber leider nichts geändert. Es kommt regelmäßig zu heftigen Wutausbrüchen und daraus hervorgehendem Streit zwischen uns und man könnte meinen, es sei eine einzige Quälerei. (ist es für MICH auf jeden Fall. :roll: )

Klar könnte bzw als Verfechter des freien Lernens müsste man da sagen: warum muss das Kind denn jetzt ein Instrument lernen, wenn es offensichtlich noch nicht die emotionale Reife fürs regelmäßige Üben und vor allem das Aushalten der mit den mühsamen Fortschritten verbundenen Frustration hat.
Dazu hat es doch das ganzes Leben noch Zeit... Und vielleicht brauchts und will es das ja auch GAR nicht.
Aber erfahrungsgemäß fällt es Kindern in dem Alter so sehr viel leichter und ist das dann für später mal eine gute Basis.
(abgesehen vom nachgewiesenen positiven Einfluss auf die Hirnentwicklung).

Ich selbst habe ja quasi unter Zwang Geige lernen "müssen" und hatte nie wirklich Spaß dran.
Und auch wenn ich jahrelang (gut 25) die Geige nicht mehr angefasst hatte, befand ich es rückblickend immer als für mich wertvoll, diese musikalische Ausbildung gehabt zu haben.
Und nun spiele ich ja wieder und habe viel Freude daran und bin sehr froh und dankbar, dass ich auf diese damals erlernte Fähigkeiten zurückgreifen kann.

Erstaunlicherweise und für mich ganz und gar überraschend hat die Große übrigens nun, statt alles hinzuschmeißen - wie oft hat sie das Instrument schon verflucht und gefragt, WIESO "man" eigentlich ein Instrument lernen "muss", wie oft habe ich drüber nachgedacht, ob es das wert ist und ob das alles nicht eher kontraproduktiv für eine positive Beziehung zur Musik sein würde - den Wunsch geäußert, zwei weitere Instrumente zu lernen. (Klavier und Gitarre, bei Letzterem haben wir sie überzeugen können noch aufzuschieben)
Sie hat dann echt ein Vierteljahr immer wieder gedrängelt und gefragt, wann sie endlich ihre erste Klavierstunde haben darf.
Nun lernt sie also sogar zwei Instrumente.
Geflucht und geschimpft und getobt wird übrigens weiter. So richtig den großen Spaß kann ich da (noch?) nicht sehen. Aufhören will sie aber nicht. (Wollte ich als Kind mit der Geige aber auch nicht - aber das war nur der Ehrgeiz, etwas einmal begonnenes nicht hinschmeißen zu wollen, nicht die Liebe zum Instrument.)

Freie Entscheidung über das Üben (wie oft, wann, wie lange) hat sich nicht bewährt, dann würde sie wohl nur 1x die Woche üben. (In den 6 Wochen Sommerferien hat sie bspw fast gar nicht geübt bzw erst dann am Ende wieder, weil ich sie drängte, beim neuen und hier absolut gefragten Lehrer dann nicht aufzukreuzen und alles verlernt zu haben.)
Und sie wäre bei dem wenigen freiwilligen Üben dann sehr frustriert, dass sie keine Fortschritte macht.
Ich habe festgestellt, dass es wirklich am Besten klappt, wenn wir wirklich quasi täglich üben und "keine Luft" drankommt. Dann gibts die erste 2 Male besagte Ausbrüche und Wutanfälle, dann aber, wenn die Sachen schon besser klappen, wird es entspannter und "flutscht". Hat sie mal wegen Urlaub und langem Wochenende oder Krankheit 2,3 Tage ausgesetzt, sind die ersten Male Üben wieder ganz besonders schlimm.

Ohne den Druck meinerseits, dass sie nahezu täglich übt, käme sie gar nicht an den Punkt, dass das Üben "normal" ablaufen kann. Und sie würde aufgrund mangelnder Erfolge zu dem Schluss kommen: das ist zu schwer, ich bin zu dumm, ich kann das nicht schaffen.

Ich bin da wirklich hin- und hergerissen und in diesem speziellen Falle wirklich ratlos.
Mir widerstrebt der "Druck" meinerseits und das intensive Betreuuen des Übens, das da nötig scheint.
(wenn ich ihr nicht sage: übe jetzt dies und das, halte dich nicht an diesem und jenen auf etc, verfranzt sie sich auch schnell)

Aber ich sehe auch die positiven Ergebnisse:
Sie macht wirklich tolle Fortschritte.
Sie erlebt, dass man nicht alles auf Anhieb können kann, es sich aber rentiert, daran zu arbeiten.
(Neulich hat sie im Unterricht eine klasse Tonaufnahme zu Playback gemacht und man sah richtig, wie sie in sich reinstrahlte über den Erfolg. Zugeben würde sie das übrigens aber NIE, sie hat IMMER was an sich auszusetzen...)
Sie lernt jetzt etwas, was ihr nie wieder im Leben so leicht fallen wird zu lernen...
Und vor allem: ganz so schlimm wie es sich für mich - und von außen betrachtet für sie auch - anfühlt, kann es ja irgendwie auch nicht sein, wenn sie ja sogar selbst noch weitere Instrumente lernen mag...? :gruebel:
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
Momo
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von Momo »

Liebe Sinus,
das ist wirklich eine sehr schwierige Frage!!! Ich habe ja selbst Unterrichtserfahrung als Kind gehabt, ich habe 13 Jahre lang Geigenunterricht genommen. Ich musste auch täglich eine halbe Stunde üben und hatte dazu selten richtig Lust, zumindest das Aufraffen war nicht leicht. Sobald ich angefangen hatte zu üben, machte es mir jedoch meistens Spaß (na gut, nicht immer ;) ). Ich brauchte also schon die Begleitung meines Lehrers und meiner Eltern, doch die Eigenmotivation von mir war hoch genug, auf jeden Fall weiterspielen zu wollen und auch etwas dafür zu tun. Durch das positive Feedback und durch mein scheinbare Talent (ich wurde zum Beispiel im Schülerorchester zur ersten ersten Geige erkoren), fühlte ich mich weiter angespornt. Doch dahin musste ich natürlich auch erstmal kommen...

Die Geige hatte ich mir selbst ausgewählt und dieses Instrument passte auch gut zu mir, ich mag es noch heute sehr. Ich weiß, Deine Tochter hat sich Ihr Instrument auch selbst gewählt, doch vielleicht passt es doch nicht wirklich? Andererseits ist es toll, dass sie diese Fortschritte macht und darin würde ich sie auch in jedem Fall bestärken. Also, beim Unterricht bei dem guten neuen Lehrer hat sie Spaß und geht gerne hin? Schwierig sind vor allem die Übungszeiten zu Hause? Was könnte man da vielleicht ändern? Hat Deine Tochter eine Idee, was ihr helfen könnte, die Übungszeiten entspannter zu gestalten? Vielleicht, wenn sie ganz alleine übt, ohne, dass Du zuhörst? Setzt sie sich eventuell auch dadurch zusätzlich unter Druck? Sie ist frustriert, wenn etwas nicht gleich klappt, doch genau das ist ja der Übungsprozess. Oder eine andere Idee- Sie teilt ihr Musikstück in ganz kleine Teile ein und übt dann immer, bei besonders schwierigen Stellen, nur ein oder zwei Takte, bis es läuft usw. Also nicht zu viel auf einmal und lieber mal eine Pause einlegen. Denn wenn man dann merkt, dass sich alles plötzlich zusammenfügt, ist es ein wunderbares Gefühl. Das wäre schön, wenn sie dies mehr erleben könnte! Dann möchte man nämlich gar nicht mehr aufhören zu spielen.
Hast Du über die Übungssituation zu Hause und den hohen Ehrgeiz Deiner Tochter mal mit dem neuen Lehrer gesprochen? Vielleicht hat er auch eine Idee, was ihr helfen könnte. Oder er zeigt ihr vielleicht im Unterricht bestimmte Ansätze auf.

Auf Deine Frage zurück, ob man beim Lernen eines Instrumentes alles freier gestalten kann- ich denke, wenn einen ein Instrument begeistert, kann es funktionieren. Dann möchte man nämlich von sich aus üben. Klar gibt es auch Durststrecken, doch die Freude überwiegt. Wann begeistert einen ein Instrument? Wenn man möglichst viele schöne Gefühle erlebt, durch den Klang, die Form, durch Erfolgserlebnisse beim Spielen. Dabei sollte jedoch möglichst kein Druck entstehen. Darunter leidet die Begeisterung. Und wenn die Begeisterung nicht vorhanden ist oder war? Vielleicht ist es doch nicht das passende Instrument? Vielleicht ist es das Klavier, wo man sehr schnell Erfolgserlebnisse hat (weil man immer zumindest "gerade Töne" spielt, solange das Klavier nicht verstimmt ist ;) )?

Ich weiß, es ist ein Balanceakt, nicht einfach. Doch wenn der Druck und der Frust zu groß wird, würde ich mich fragen- was überwiegt: Die schönen Momente oder der Frust? Wenn der Frust überwiegt- ist es das wert, weiter zu spielen? Oder lieber nach einer Alternative suchen?

Alles Liebe wünscht Momo


Ach ja, in unserer freien Schule gibt es einen Musikraum und dort steht auch ein einladendes Klavier. Jede Woche kommt eine Musiklehrerin und bietet ihre Unterstützung an, Klavierspielen zu lernen. Ich frage mal, wie es funktioniert und ob es Kinder gibt, die wirklich regelmäßig kommen und üben, wie sie unterrichtet, wie die Kinder üben usw. Finde ich auch interessant die Frage :)
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
sinus
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von sinus »

...wie sie sich das Üben vorstellt, habe ich sie natürlich schon gefragt.
Sie möchte ausdrücklich, dass ich sie begleite/dabei bin und auch helfe.

Ich glaube inzwischen, sie braucht mich als "Blitzableiter".
Es gibt sehr oft sehr schräge Situationen, wo sie zum Beisiel jault "Ich kann das nicht, ich weiß nicht, was jetzt für ein Ton kommt!"
Und wenn ich ihr dann helfe, faucht sie mich keine 3 Sekunden nach ihrer ersten Aussage an: "Ich weiß das doch alleine, ich kann das doch!"
Andermal nölt sie auch: "Nun hilf mir doch mal!" und will dann doch nicht hören, was ich zu sagen habe.
Also an sich total absurd. Auch wenn ich natürlich verstehe, dass sie es allein schaffen will. So war ich als Kind auch!
Ich vermute, dass sie einerseits alleine will, andererseits durchaus merkt, dass sie mich noch braucht und ich wichtige HiIfen geben kann. Und dann frustriert über diese Erkenntnis ist.
Sie hat auch schon geklagt: "Du weißt und kannst immer alles!"
Also der klassische Konflikt eines Kindes, was viel weiß und kann und sich dessen auch bewusst ist, gleichzeitig aber auch erkennt, dass es eben doch noch Grenzen gibt gegenüber den Erwachsenen.

Sie sagte übrigens auf meine Frage, wie sie wünscht, dass ich reagiere: "Du muss richtig mit mir schimpfen, dann nehme ich mich danach auch zusammen!"
Und es ist auch wirklich oft so: ein heftiges Gewitter, es knallt zwischen uns beim Üben, alles entläd sich und danach klappt es ganz wunderbar.
Also sowohl die Stücke, als auch das Üben an sich. Und am Ende ist alles gut. Nach dem Üben ist sie inzwischen eigentlich fast immer gut drauf und zufrieden.
Ich finde das aber für mich alles sehr anstrengend. Auch wenn ich mich schon etwas dran gewöhnt habe inzwischen.
Aber ich denke doch immermal, dass es doch auch anders gehen müsste...
Am Besten passt übrigens das Zitat was d im anderen Thema geschrieben hast über hochsensible Kinder die an sich und der Welt verzweifeln und mit jedem solchen Ausbruch neuen Schwung holen. (Das Beispiel mit dem Jungen)

Die Lehrer haben übrigens BEIDE gleich reagiert auf meine Erwähnung des Ablaufs des Übens hin:
Und zwar, dass diese Art Ehrgeiz nicht das Schlechste für einen Musiker sei - es sei der beste Weg, um richtig gut zu werden. :roll:
Und dass sie schon denken, dass ich das Üben weiterhin begleiten sollte.
Aktuell nehme ich mich aber zunehmend raus, indem ich immerhin nicht mehr neben ihr sitze, sondern an meinem Rechner nebenbei etwas arbeite.(Im gleichenRaum)
Sie selbst würde aber bevorzugen, dass ich weiterhin neben ihr sitze.
Und sie hat sich einen Boxsack gewünscht.
(den wir leider nicht hier unterkriegen...)
Zuletzt geändert von sinus am So 30. Okt 2016, 13:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von Momo »

Liebe Sinus,
sag mal, wie wäre es, wenn Du sie beim Üben auf Deiner Geige begleiten würdest? Gibt es vielleicht Stücke für beide Instrumente? Oder irgendetwas, dass Du aktiv mit Freude mitmachen kannst und dass Ihr zusammen eine schöne Zeit beim Üben erlebt? Ich kann Dich sehr gut verstehen, dass es auch für Dich sehr anstrengend ist und ich denke, auf Dauer ist es ein schwieriger Weg, wenn Du so streng sein musst, damit Deine Tochter in die Konzentration zum Üben kommt. Das ist wahrscheinlich ein Verhaltensmuster, doch das würde ich nicht vertiefen... Ich würde versuchen, zusammen mit Deiner Tochter andere Wege zu finden und ihr auch klar sagen, was Du willst und was nicht (also auf Dich und Deine Bedürfnisse bezogen, z.B. dass Du nicht mit ihr schimpfen magst, aber gerne bereit bist, sie beim Üben zu begleiten etc.).

Liebe Grüße von Momo
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sinus
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von sinus »

Hab ich auch schon vorgeschlagen. Das will sie auf keinen Fall. :roll:
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von sinus »

Natürlich habe ich das auch schon überlegt, inwieweit das so sein könnte
Aber warum sagt sie dann, dass sie zwei (!) weitere Instrumente lernen möchte?
(Was meine Kapazitäten an Geld und Zeit und ihre an Freizeit an Grenzen bringt, die ich ihr gegenüber auch erwähnt habe.)
Und warum wählte sie ein Instrument, mit dem ich persönlich eher nichts anfangen kann?
Zuletzt geändert von sinus am Di 1. Nov 2016, 13:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von Momo »

Liebe Sinus, wie konsequent habt Ihr schon den Versuch gemacht, dass Du Deine Tochter über einen längeren Zeitraum frei üben lassen hast? Und wie begleitest Du Ihre Übungszeit? Wie geduldig bist Du selbst (ich spreche als leider etwas ungeduldiger Mensch aus Erfahrung :oops: )? Wie viel greifst Du aktiv ein? Wie oft korrigierst Du sie? Wie wohlwollend nimmst Du Anteil am Üben? Welche Rolle nimmst Du ein?

Ich glaube, ich würde Mal versuchen, mich selbst zu reflektieren und diese und auch weitere Fragen ganz tief und ehrlich zu beantworten. Vielleicht gibt es hier einen Schlüssel zu einem anderen Miteinander während der Übungssituation.

Momo
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von sinus »

Momo hat geschrieben:Liebe Sinus, wie konsequent habt Ihr schon den Versuch gemacht, dass Du Deine Tochter über einen längeren Zeitraum frei üben lassen hast? Und wie begleitest Du Ihre Übungszeit? Wie geduldig bist Du selbst (ich spreche als leider etwas ungeduldiger Mensch aus Erfahrung :oops: )? Wie viel greifst Du aktiv ein? Wie oft korrigierst Du sie? Wie wohlwollend nimmst Du Anteil am Üben? Welche Rolle nimmst Du ein?

Ich glaube, ich würde Mal versuchen, mich selbst zu reflektieren und diese und auch weitere Fragen ganz tief und ehrlich zu beantworten. Vielleicht gibt es hier einen Schlüssel zu einem anderen Miteinander während der Übungssituation.

Momo
Ich reagiere in der Tat schnell ungeduldig und ärgerlich.
Aber nicht, wenn sie was falsch macht oder etwas nicht klappt, sondern wenn sie sich selbst runtermacht, weil sie mal was falsch gemacht hat.
("Ich bin ein Versager!", "Ich bin einfach zu blöd!")
Solche Sätze regen mich unendlich auf und damit reiben wir uns dann auch gegenseitig schnell auf.
Ich bin also im Grunde immer wieder damit beschäftigt, "wohlwollend Anteil zu nehmen", indem ich ihr vor Augen halte, wie viel sie schon kann und wie gute Fortschritte sie macht. Ihr selbst ist es nie gut genug... :roll:
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von Momo »

Gerne möchte ich Euch Mal beschreiben, wie ein Morgen vor Schulstart bei uns so abläuft, gerade weil heute Morgen so ein schöner Morgen war :)

Gestern Abend war ja Halloweenparty und es ist sehr spät geworden... somit habe ich meine Tochter bis 8:30 Uhr schlafen lassen, da sie ja erst um 9:30 Uhr in der Schule sein muss. Sie war dann nach dem Aufstehen noch so begeistert von der gestrigen Party und von der ganzen Verkleidung, dass sie kurzentschlossen ihre liebste Schulfreundin angerufen und mit ihr verabredet hat, mit langen Haarperrücken, wild geschminkt und mit ihren Plastikspinnen zur Schule zu gehen. Sie haben sich fröhlich auch schon bestimmte Spiele ausgedacht, die sie dann in der Schule spielen möchte. Meine Tochter packte mit Feuereifer alles zusammen und verließ mit wehenden Haaren, wildem Schminkgesicht und ganz viel Vorfreude auf den tollen Tag das Haus. Als ich sie so gehen sah, wurde mir besonders bewusst, wie wunderbar es ist, sie einfach so gehen lassen zu können. Sie darf so zur Schule gehen. Auch ich bin als Mutter frei und muss mir keine Gedanken machen, wie die Lehrer wohl reagieren werden. Wunderbar! Wäre es nicht schön, wenn alle Menschen diese Freiheiten hätten??!!!

Momo
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Re: Lagebericht 2 Wochen Freie Schule

Beitrag von sinus »

PS: Im Brief Lehrerin an Kind bei Abschluss der 1. Klasse stand übrigens wörtlich:

"Du bist eine sehr ehrgeizige Schülerin, die alle Aufgaben perfekt lösen möchte.
Das finde ich toll, aber es ist auch wichtig zu lernen, dass man sich selber manchmal
etwas Zeit und Ruhe gönnt. Keiner kann immer alles richtig machen. (...)"

Und - wie war wohl die Reaktion des Kindes darauf?
"Ich bin ein Versager, ich habe bestimmt die schlechteste Beurteilung von allen..."
:?

In schulische Belange mische ich mich übrigens gar nicht ein, wir bzw sie auch allein übt und lernt nichts
("ich kann das und wenn ich Fehler mache, sind es Flüchtigkeitsfehler und die passieren auch, wenn ich geübt habe!),
die HA werden im Hort oder allein erledigt... Zensuren gab es im ersten Schuljahr eh noch keine.
Ehrlich gesagt sind mir ihre Schulleistungen bisher so ziemlich schnuppe, viel mehr beschäftigt mich das Thema, wie es ihr dort geht.

Ich denke also durchaus, dass es ein Charakterzug des Kindes ist und ich nur bedingt Einfluss auf ihren
Ehrgeiz/Perfektionismus habe.
Zuletzt geändert von sinus am Di 1. Nov 2016, 14:39, insgesamt 3-mal geändert.
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